Mörderischer Fremdenhass in Südafrika
Dr. Alexander von Paleske --- 17.4. 2015 ---
Vor drei Wochen: Besuch eines Restaurants in Johannesburg. Schnell stellt sich heraus: alle Bediensteten sind Simbabwer, keine Südafrikaner.
Auf Frage nach ihrer Bezahlung: Alle arbeiten ohne festes Gehalt. Ihre Bezahlung besteht in den Trinkgeldern.
Kein Job für Südafrikaner
Kaum ein Südafrikaner würde einen solchen Job annehmen, zumal noch gegen gesetzliche Vorschriften verstossend.
Die Beschäftigung von Ausländern zu Hungerlöhnen ist keineswegs die Ausnahme im Dienstleistungssektor in Südafrika, sondern eher die Regel.
Theoretisch könnten die Beschäftigten gegen diese rechtswidrigen Arbeitsbedingungen juristisch vorgehen, allerdings mit der Folge des Verlustes des Arbeitsplatzes und der Ausweisung, denn die weit überwiegende Zahl der rund 4 Millionen Simbabwer ist illegal im Lande, entweder illegal über die Grenze gekommen, oder legal eingereist, aber als Tourist ohne Arbeitserlaubnis. Insofern gegen die Visabestimmungen verstossend.
Dies schafft Konflikte mit arbeitslosen Südafrikanern in den Townships.
Ausländische Ladenbesitzer
Weiterer Konfliktstoff: die ausländischen Ladenbesitzer in den Townships; oftmals Somalier und Nigerianer. Gut vernetzt mit ihren Landsleuten, schaffen sie es, die Preise der südafrikanischen Ladenbesitzer zu unterbieten. Auch das schafft keine Freunde.
Hinzu kommt die Frustration in den Townships über mangelnde Infrastrukturmassnahmen und geringe Fortschritte 21 Jahre nach dem Ende der Apartheid.
So entlädt sich jetzt die Unzufriedenheit in Gewaltorgien gegen Ausländer, ausgehend von Durban hat diese Welle der Gewalt auch auf andere Städte Südafrikas übergegriffen, angeheizt noch von Aufforderungen des Zulukönigs Zwelithini, die Ausländers sollten das Land verlassen.
Demonstration gegen die Gewalt gegen Ausländer gestern, 16.4. 2015 - Screenshots: Dr. v. Paleske
Genaue Zahl unbekannt
Wie viele Ausländer in Südafrika leben, ist unbekannt. Neben Simbabwern sind es vor allem Mozambikaner, Nigerianer und Somalier,
Einige beschafften sich von den hochkorrupten Immigrationsbehörden eine Aufenthaltserlaubnis bzw. sogar einen südafrikanischen Pass, aber die Masse der Immigranten hat gar nicht das Geld, um über Bestechung an diese Papiere zu kommen.
Nicht zum ersten Mal
Es ist nicht der erste Ausbruch von Gewalt. Bereits 2008 kam es zu massiven Ausschreitungen, die Dutzende von Todesopfern forderten, wir berichteten darüber.
Nichts ist seither geschehen, um die Ursachen der Gewalt anzugehen, weder lokal oder regional.
Viele Simbabwer in Südafrika würden es vorziehen, in ihrem Heimatland zu arbeiten, aber dort gibt es keine Arbeit. Die Arbeitslosenrate liegt bei über 80%. Statt der von der Regierung vor einem Jahr versprochenen 1 Million neuer Arbeitsplätze schliessen weitere Fabriken, und mehr Menschen werden arbeitslos.
Die Lage, insbesondere im verarbeitenden Sektor ist, mehr als trübe. In Bulawayo, einst das industrielle Herz Simbabwes, haben fast alle Textilbetriebe dichtgemacht. Die im Lande hergestellte Baumwolle wird unverarbeitet exportiert.
Nachhaltige Unterstützung des industriellen Sektors durch Steueranreize, Abschaffung höchst überflüssiger Lohnnebenkosten wie Pflichtabgaben an das halbstaatliche National-Employment Council: Fehlanzeige.
Kaum Bankkredite
Bankkredite sind , wenn überhaupt, nur schwer zu bekommen. Die Bankzinsen lagen bis vor kurzem noch bei 30%.
Das Festhalten am US Dollar als Landeswährung führt nicht nur zum Devisenabfluss, sondern auch noch zur Deflation.
Die Importquote an Konsumgütern hat sich vervielfacht, weil fast kaum noch etwas lokal produziert wird, abgesehen von Grundnahrungsmitteln.
Hinzu kommt die zunehmende Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber wirtschaftlichen Problemen. Die Politiker der Regierungspartei sind mit internen Machtkämpfen vollauf beschäftigt, auf den Sitzungen des Entscheidungsgremiums Politbüro spielen Wirtschaftsfragen nur eine völlig untergeordnete Rolle, wie des ehemalige Politbüromitglied Cephas Msipa vor einer Woche enthüllte.
Palast für Minister
Einer der neuen Führungspersonen, der Minister Saviour Kasukuwere, ist mit dem Bau eines privaten Dutzende -Zimmer-Hauses einschliesslich Aufzug vollauf beschäftigt. Da alle seine Exkursionen als Businessman in die Geschäftswelt mit Bauchlandungen endeten, darf über die Herkunft der Gelder zur Herstellung seines Palastes spekuliert werden.
Die Korruption im Lande ist weit verbreitet, der Verfall der Professionalität im öffentlichen Sektor beklagenswert.
Letzter Ausweg: Südafrika
Unter diesen Umstände ist der einzige Ausweg Südafrika. Eine Reise in das 9000 Klometer entfernte Europa ist ausgeschlossen, zumal strikte Visa-Bestimmungen eine Reise dorthin für Wirtschaftsflüchtlinge so gut wie unmöglich machen.
So dreht sich der Teufelskreis weiter.
Ein Ende der Migration nach Südafrika, trotz der Xenophobie und der Gewaltausbrüche, ist nicht absehbar. Mehrere Familienmitglieder hängen zum Überleben an den mageren Löhnen, die zum grossen Teil nach Hause überwiesen werden.
Die Politiker innerhalb und ausserhalb Südafrikas verurteilen die Gewalt, rufen zum Frieden auf, schicken die Polizei, die völlig überfordert ist - und ändern nichts an den Zuständen, die zu diesen Gewaltausbrüchen geführt haben.
Ruft zum Ende der Gewalt auf: Südafrikas Präsident Jacob Zuma gestern im Parlament - Screenshot: Dr. v. Paleske
Nachtrag 19.4. 2015 10-00 a.m.
Bisher kein Ende der Gewalt:
Independent, Südafrika, 19.4. 2015
Sunday Times Südafrika 19.4. 2015
Krisenrepublik Südafrika – 42 Tote und 15.000 interne Flüchtlinge
Südafrika: Krieg in den Townships
Vor drei Wochen: Besuch eines Restaurants in Johannesburg. Schnell stellt sich heraus: alle Bediensteten sind Simbabwer, keine Südafrikaner.
Auf Frage nach ihrer Bezahlung: Alle arbeiten ohne festes Gehalt. Ihre Bezahlung besteht in den Trinkgeldern.
Kein Job für Südafrikaner
Kaum ein Südafrikaner würde einen solchen Job annehmen, zumal noch gegen gesetzliche Vorschriften verstossend.
Die Beschäftigung von Ausländern zu Hungerlöhnen ist keineswegs die Ausnahme im Dienstleistungssektor in Südafrika, sondern eher die Regel.
Theoretisch könnten die Beschäftigten gegen diese rechtswidrigen Arbeitsbedingungen juristisch vorgehen, allerdings mit der Folge des Verlustes des Arbeitsplatzes und der Ausweisung, denn die weit überwiegende Zahl der rund 4 Millionen Simbabwer ist illegal im Lande, entweder illegal über die Grenze gekommen, oder legal eingereist, aber als Tourist ohne Arbeitserlaubnis. Insofern gegen die Visabestimmungen verstossend.
Dies schafft Konflikte mit arbeitslosen Südafrikanern in den Townships.
Ausländische Ladenbesitzer
Weiterer Konfliktstoff: die ausländischen Ladenbesitzer in den Townships; oftmals Somalier und Nigerianer. Gut vernetzt mit ihren Landsleuten, schaffen sie es, die Preise der südafrikanischen Ladenbesitzer zu unterbieten. Auch das schafft keine Freunde.
Hinzu kommt die Frustration in den Townships über mangelnde Infrastrukturmassnahmen und geringe Fortschritte 21 Jahre nach dem Ende der Apartheid.
So entlädt sich jetzt die Unzufriedenheit in Gewaltorgien gegen Ausländer, ausgehend von Durban hat diese Welle der Gewalt auch auf andere Städte Südafrikas übergegriffen, angeheizt noch von Aufforderungen des Zulukönigs Zwelithini, die Ausländers sollten das Land verlassen.
Demonstration gegen die Gewalt gegen Ausländer gestern, 16.4. 2015 - Screenshots: Dr. v. Paleske
Genaue Zahl unbekannt
Wie viele Ausländer in Südafrika leben, ist unbekannt. Neben Simbabwern sind es vor allem Mozambikaner, Nigerianer und Somalier,
Einige beschafften sich von den hochkorrupten Immigrationsbehörden eine Aufenthaltserlaubnis bzw. sogar einen südafrikanischen Pass, aber die Masse der Immigranten hat gar nicht das Geld, um über Bestechung an diese Papiere zu kommen.
Nicht zum ersten Mal
Es ist nicht der erste Ausbruch von Gewalt. Bereits 2008 kam es zu massiven Ausschreitungen, die Dutzende von Todesopfern forderten, wir berichteten darüber.
Nichts ist seither geschehen, um die Ursachen der Gewalt anzugehen, weder lokal oder regional.
Viele Simbabwer in Südafrika würden es vorziehen, in ihrem Heimatland zu arbeiten, aber dort gibt es keine Arbeit. Die Arbeitslosenrate liegt bei über 80%. Statt der von der Regierung vor einem Jahr versprochenen 1 Million neuer Arbeitsplätze schliessen weitere Fabriken, und mehr Menschen werden arbeitslos.
Die Lage, insbesondere im verarbeitenden Sektor ist, mehr als trübe. In Bulawayo, einst das industrielle Herz Simbabwes, haben fast alle Textilbetriebe dichtgemacht. Die im Lande hergestellte Baumwolle wird unverarbeitet exportiert.
Nachhaltige Unterstützung des industriellen Sektors durch Steueranreize, Abschaffung höchst überflüssiger Lohnnebenkosten wie Pflichtabgaben an das halbstaatliche National-Employment Council: Fehlanzeige.
Kaum Bankkredite
Bankkredite sind , wenn überhaupt, nur schwer zu bekommen. Die Bankzinsen lagen bis vor kurzem noch bei 30%.
Das Festhalten am US Dollar als Landeswährung führt nicht nur zum Devisenabfluss, sondern auch noch zur Deflation.
Die Importquote an Konsumgütern hat sich vervielfacht, weil fast kaum noch etwas lokal produziert wird, abgesehen von Grundnahrungsmitteln.
Hinzu kommt die zunehmende Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber wirtschaftlichen Problemen. Die Politiker der Regierungspartei sind mit internen Machtkämpfen vollauf beschäftigt, auf den Sitzungen des Entscheidungsgremiums Politbüro spielen Wirtschaftsfragen nur eine völlig untergeordnete Rolle, wie des ehemalige Politbüromitglied Cephas Msipa vor einer Woche enthüllte.
Palast für Minister
Einer der neuen Führungspersonen, der Minister Saviour Kasukuwere, ist mit dem Bau eines privaten Dutzende -Zimmer-Hauses einschliesslich Aufzug vollauf beschäftigt. Da alle seine Exkursionen als Businessman in die Geschäftswelt mit Bauchlandungen endeten, darf über die Herkunft der Gelder zur Herstellung seines Palastes spekuliert werden.
Die Korruption im Lande ist weit verbreitet, der Verfall der Professionalität im öffentlichen Sektor beklagenswert.
Letzter Ausweg: Südafrika
Unter diesen Umstände ist der einzige Ausweg Südafrika. Eine Reise in das 9000 Klometer entfernte Europa ist ausgeschlossen, zumal strikte Visa-Bestimmungen eine Reise dorthin für Wirtschaftsflüchtlinge so gut wie unmöglich machen.
So dreht sich der Teufelskreis weiter.
Ein Ende der Migration nach Südafrika, trotz der Xenophobie und der Gewaltausbrüche, ist nicht absehbar. Mehrere Familienmitglieder hängen zum Überleben an den mageren Löhnen, die zum grossen Teil nach Hause überwiesen werden.
Die Politiker innerhalb und ausserhalb Südafrikas verurteilen die Gewalt, rufen zum Frieden auf, schicken die Polizei, die völlig überfordert ist - und ändern nichts an den Zuständen, die zu diesen Gewaltausbrüchen geführt haben.
Ruft zum Ende der Gewalt auf: Südafrikas Präsident Jacob Zuma gestern im Parlament - Screenshot: Dr. v. Paleske
Nachtrag 19.4. 2015 10-00 a.m.
Bisher kein Ende der Gewalt:
Independent, Südafrika, 19.4. 2015
Sunday Times Südafrika 19.4. 2015
Krisenrepublik Südafrika – 42 Tote und 15.000 interne Flüchtlinge
Südafrika: Krieg in den Townships
onlinedienst - 17. Apr, 19:14 Article 4131x read