Blair drängt auf Söldnernachschub aus Südafrika
Dr. Alexander von Paleske ---- 4.9. 2006 --- Am 29. August 2006 beschloss das südafrikanische Parlament mit 211 zu 28 Stimmen eine drastische Verschärfung des Anti-Söldner-Gesetzes. Künftig ist es bei erheblicher Strafandrohung untersagt in Kriegs oder Spannungsgebieten militärischen Dienst zu leisten. Ausgenommen davon sind Freiheitsbewegungen - es sei denn, eine Genehmigung der Regierung liege vor, die jedoch kaum erhältlich sein dürfte. Die britische Regierung versuchte über ihren Botschafter Paul Boateng in Pretoria bis zuletzt das Gesetz zu verhindern oder zumindest im Wesentlichen abzuschwächen.
Das ist überraschend. Doch was hat die britische Regierung mit dem Anti-Söldner-Gesetz in Südafrika zu tun?
Um das zu klären, will ich mich mit dem Hintergrund, der zu dem Gesetz geführt hat, befassen: Mittlerweile stehen zwischen 10.000 und 20.000 Südafrianer, größtenteils ehemalige Soldaten, in so genannten privaten Sicherheitsfirmen unter Vertrag. Eine treffendere Beschreibung aber für Sicherheitsfirma ist „Söldnerfirma“, denn um nichts anderes handelt es sich dabei.
Paul Boateng: Der Botschafter Großbritanniens versuchte Südafrikas Anti-Söldner-Gesetz zu verhindern oder zumindest im Wesentlichen abzuschwächen.
Zwei Gründe dafür.
Erstens leisten circa 800 Südafrikaner in der britischen Armee Militärdienst und zweitens möchte die britische Regierung bei den britischen Sicherheitsfirmen, wie „AEGIS“ und anderen, die Südafrikaner nicht missen; im Irak stellen sie inzwischen bei den Söldnern das größte Nationen-Kontingent.
Proven in Combat.
Diese Söldner stammen zu einem nicht unerheblichen Teil auch noch aus Südafrikas Terror-, Mörder- und Zerstörungseinheiten wie der 44. Parachute-Brigade, den Reconnaissance-Commandos (kurz „Recce“ genannt), dem Söldner-32-Buffalo-Battailion, Koevoet oder aus der Todesschwadron Civil-Cooperation-Bureau (CCB).
Morden wie die Teufel.
Diese Einheiten machten oftmals keine Gefangenen und wenn doch, dann wurden viele von ihnen mit Hilfe von Gift umgebracht, das von Südafrikas „Dr. Mengele“, Dr. Wouter Basson, bereitgestellt wurde. Ihre Leichen wurden aus einem Flugzeug über dem Atlantik „entsorgt“. Auch verwandelten diese Terroreinheiten den Süden Angolas zu Apartheidszeiten in ein Gebiet verbrannter Erde oder kamen zu „mörderischen Ausflügen“ in benachbarte Länder wie Sambia, Botswana, Zimbabwe, Mozambique, Lesotho und selbst Tansania. Kurzum Soldaten, für die unabhängige schwarze Staaten ein Feind und die Genfer Konvention ein Fremdwort waren. Also bestens geeignet für Länder, in denen der Bürgerkrieg tobt oder das Töten von Zivilisten nicht bestraft wird; wie zum Beispiel im Irak.
Dr. Wouter Basson: Die Anklageschrift des Gerichts von Pretoria beschreibt ihn als gewissenlosen Wissenschaftler. Er soll die abscheulichen Pläne seiner Auftraggeber skrupellos realisiert haben und wie einst Dr. Mengele gierig auf außergewöhnliche Forschungsreihen gewesen sein.
Die Iraker haben keinerlei Gerichtshoheit über diese Schießwütigen, deren Zahl mittlerweile bei über 20.000 liegt - also höher als das Kontingent der britischen Armee und, da sie keiner Armee angehören, fallen sie auch nicht unter die Militärgerichtsbarkeit irgendeines Entsendelandes. Ein rechtsfreier Raum sozusagen, der zum Töten einlädt. Und wenn einige von den Söldnern umkommen, dann kräht, anders als bei dem Tod regulärer Soldaten, kein Hahn danach. Also ideal - allerdings nicht für die irakische Bevölkerung. Und weil die südafrikanische Regierung ein Gegner des Krieges im Irak ist, hat sie keinerlei Interesse den Export dieser Söldner fortführen zu lassen. Deshalb hat sie sich von den Demarchen des britischen Botschafters auch nicht beeindrucken lassen - bisher jedenfalls nicht.
Spuren der Zerstörung durch Suedafrikas Soldateska, Lobito, Angola,1975.
Aber die britische Regierung will keine Ruhe geben. Sie will nach der Verabschiedung des Gesetzes durch die Länderkammer, das eine reine Formsache werden dürfte, nunmehr alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Gesetz nachträglich aufzuweichen: So sehr sind ihr die Söldner aus Südafrika ans Herz gewachsen.
Die südafrikanische Regierung denkt naturgemäß da ganz anders.
Die Söldnerfirmen, die sich wie nach einem Weißwaschgang jetzt „Sicherheitsfirmen“ nennen, haben ihren Ursprung in Südafrika in den Überbleibseln des Apartheidsregimes. Mit dessen Ende wurden die alten Terrorverbände und Todesschwadronen wie 32. Buffalo-Bataillion und Civil-Cooperation-Bureau aufgelöst. Die Lohnempfänger dieser Killereinheiten wären brotlos geworden, wenn nicht ein ehemaliger Offizier namens Eeben Barlow, der sowohl im Buffallo-Battalion als auch in der Todesschwadron CCB treu gedient hatte, auf die Idee gekommen wäre diesen alten Apartheidsdreck nun außerhalb Südafrikas eine Beschäftigung zu verschaffen, um selbst damit Geld zu machen.
Gesagt getan. Eine Firma namens Executive Outcomes wurde gegründet. Die ersten, die seine Dienste in großem Umfang in Anspruch nahmen, waren die Firmen Ranger Oil und Heritage Oil, beide aus Kanada. Letztere war von einem Mann namens Tony Buckingham aus den britischen Special Boat Services, einer Einheit ähnlich des Special Air Service (SAS) einer Spezialeinheit des britischen Militärs, gegründet worden.
Freude und Biertrinken nach dem Zerstörungswerk (Angola 1975), Eeben Barlow mit Schlapphut.
Ranger und Heritage Oil hatten ihre Förderanlagen in Soyo/Angola, und die standen unter Beschuss der Rebellenbewegung UNITA, geleitet von Jonas Savimbi, der einstmals von Südafrika und dem Buffalo-Battaion unterstützt wurde. Für Geld kann man sicher alles machen, auch die Seiten wechseln.
Executive Outcomes kam, sah und siegte in Soyo.
Die angolanische Regierung bot daraufhin Executive Outcomes einen Jahresvertrag von über 50 Millionen US-Dollar an, außerdem Schürfrechte für Diamanten und Öl. Buckingham mit seinem Mitstreiter Simon Mann - auch er ein ehemaliger SAS-Mann -, rieben sich die Hände, denn das Kämpfen und Sterben wurde von den schwarzen Söldnern von Executive Outcomes ausgeübt - 1989 von Eeben Barlow gegründet; erster Einsatz 1992 in Angola.
Allerdings forderte im Jahre 1996 US-Präsident Clinton die Regierung in Angola auf, diese Söldner heraus zu werfen, aber mittlerweile hatten andere Diktatoren und labile Regierungen in Afrika und anderswo von dieser Truppe gehört und heuerten sie an, wie z.B. Sierra Leone und auf der anderen Seite des Globus, Papua Neu Guinea. Executive Outcomes, das die Regierung von Angola in letzter Minute vor dem Untergang gerettet hatte, ging. Die Instrukteure blieben dort, wie auch die Minenrechte in der Hand von Buckingham und Barlow.
Von Apartheidtruppen zerstörte Brücke bei Fort Rocades - Angola 1976.
Auch Sierra Leone bot Schürfrechte an, weil man kein Bares hatte und in Papua Neu Guinea wurde diese Zahlungsmodalität gleich von der Söldnerfirma vorgeschlagen.
Da Herrn Buckingham dieser Geschäftszweig der Sicherheitsunternehmen so viel Freude machte, gründete er gleich in England eine ähnliche Version mit gehobenem Standard, die Firma Sandline, beheimatet in Chelsey, registriert auf den Bahamas. Wie schön! Als Subunternehmer dann aber wieder die Executive Outcomes.
Wie Südafrika Sehen lernte.
Die neue südafrikanische Regierung unter Nelson Mandela war anfangs froh, diesen Apartheidsdreck, der leicht für einen Bürgerkrieg seitens der Rechtsradikalen hätte mobilisiert werden können, woanders beschäftigt zu wissen. Nach und nach wurde das aber zu einem außenpolitischen Problem und bohrende Fragen wurden an die südafrikanische Regierung über diesen zweifelhaften Exportartikel gerichtet, der sich anschickte zu einem Söldner- und Minenkonglomerat mit Dependancen in Sierra Leone, Kenia, Uganda, Demokratische Republik Kongo, Rwanda, Kongo-Brazzaville, Namibia - um nur einige zu nennen - heranzuwachsen.
Dank der Recherchen der ZEIT und des FIGARO wurden 1997 diese Aktivitäten in ihren vollen Umfang, auch durch ein Dossier, der breiteren Öffentlichkeit in Europa bekannt. Daher entschloss sich Südafrika 1998 dem Spuk ein Ende zu bereiten.
Die Flugzeuge des Herrn Buckingham, Fluglinie „IBIS-Air“, sollten nicht mehr vom Flughafen Lanseria bei Johannesburg aus halb Afrika mit Söldnern, Waffen und Nachschub versorgen. Das wurde nun unter Strafe gestellt durch das erste Anti-Söldner-Gesetz. Es ist das Ende für Executive Outcomes, aber nicht für die Geschäftsidee. Tony Buckingham hatte immerhin bereits Sandline kreiert, wohin es auch den ehemaligen Oberst und späteren Obersöldner Tim Spicer - auch er ein ehemaliger SAS Mann - trieb. Executive Outcomes brauchte man nicht mehr, wohl aber die Söldner "proven in combat". Jedoch man hatte die Adressen der Söldner, und Simon Mann konnte die Einstellungsgespräche vor Ort führen.
Das erste Söldnergesetz von 1998 war also eine nicht sehr scharfe Waffe. Und wer hätte das gedacht: Ausgerechnet Mark Thatcher, der nach Südafrika gezogen war und als „Tunichtgut“ bekannt gewordene Sohn der Eisernen Lady, der ehemaligen Premierministerin Großbritanniens wurde der Erste, der dieses Gesetz in vollem Umfang zu spüren bekam. Er und eine ganze Meute von Glücksrittern, Herren aus der britischen High Society und Offiziere aus den Terrorkommandos der südafrikanischen Apartheidszeit, hatten es sich in den Kopf gesetzt, wie einst die berüchtigten postkolonialen Söldner Bob Denard, Jean-Jaques Schramme und der Deutsche "Kongo-Müller", mal eben einen ölreichen afrikanischen Staat - in diesem Fall Äquatorial Guinea - zu kapern, um sich von den Öleinnahmen einen schönen Lebensabend zu machen.
Diese gewissenlosen Gesellen, offensichtlich ohne geschichtliche Bildung, für die die Kompassnadel des Lebens immer nur auf den Geldsack zeigte, hatten sich wahrscheinlich in der Zeit vertan und Afrika 2004 mit dem Afrika von 1960 verwechselt. Das Ende ist bekannt.
Für Söhnchen Mark musste Mutter Maggie Thatcher die Jahrhundertgestalt Nelson Mandela um Gnade und Vermittlung bitten - jenen Mann also, den sie einst als „politischen Schwerkriminellen“ verleumdet hatte.
Gegen 300.000 britische Pfund und einer Bewährungsstrafe kam Mark Thatcher dann frei. Die Alternative wäre die Auslieferung an Äquatorrial Guineas Diktator Obiang Mbasogo Ngumea gewesen. Eine Reise ohne sichere Rueckfahrkarte.
Dort nämlich werden die Gräber für Angeklagte in Hochverratsprozessen bereits während des Gerichtsverfahrens ausgehoben. Zynisch könnte man das auch eine „gute Planungsarbeit“ nennen.
Nach Beginn des Irakkrieges begann ein riesiger Rekrutierungsdrive der Söldnerfirmen.
Ganz vorne dabei Tim Spicer; wir kennen ihn schon. Der hatte gerade einen 293 Millionen schweren US-Dollar-Kontrakt für seine Firma AEGIS vom Pentagon erhalten, weil er sich in Afrika und anderswo „so gut bewährt“ hatte, eben „Proven in Combat“. Aber nicht nur er, sondern auch amerikanische und südafrikanische Firmen waren dabei, und die Liste ist lang, enthält Namen wie Dyncorp, Blackwater, Erinys MPRI. Kurzum ein Multimilliarden-Dollar Gechäftszweig hatte sich etabliert.
Aber der Menschennachschub aus Europa tröpfelte nur und viele sahen, dass der Irak kein Spaziergang, sondern eher ein Marsch in die Hölle ist. Dennoch waren aber viele Südafrikaner bereit, diesen fürstlich entlohnten Marsch anzutreten; zu gering war ihr Einkommen als Wachmänner - der einzige Berufszweig, der ihnen im neuen Südafrika offen stand.
Nun also kann man den Drang des britischen Botschafters Paul Boateng verstehen. Denn was sind Sicherheitsfirmen ohne Menschenmaterial? Ich will ihm bei diesem Einsatz allerdings keinen Erfolg wünschen.
Epilog
Sandline gibt es nicht mehr. Buckingham machte die Firma sechs Wochen nach dem fehlgeschlagenen Putsch in Äquatorial Guinea dicht. Allerdings schaffte es der Herr Buckingham noch, ein paar Nebelkerzen zu werfen, um den wahren Grund für die Schließung zu verschleiern, Unter anderem zeigte sich der SPIEGEL bereit, ein Interview mit seinem Finanzchef Michael Grunberg am 3. Mai 2004 zu drucken, in dem dieser allerhand Märchen über die Vergangenheit der Firma verbreiten durfte.
Und: Das Outsourcen in Söldnerfirmen und das Töten von Zivilisten im Irak geht derweil leider munter weiter.
Dr. Alexander von Paleske ist Arzt für Innere Medizin - Haematologie und Head des Department of Oncology am Princess Marina Hospital im afrikanischen Gabarone in Botswana. Herr Dr. von Paleske ist ehemaliger Rechtsanwalt beim Landgericht Frankfurt (M).
Im Labyrinth der Glücksritter
Das ist überraschend. Doch was hat die britische Regierung mit dem Anti-Söldner-Gesetz in Südafrika zu tun?
Um das zu klären, will ich mich mit dem Hintergrund, der zu dem Gesetz geführt hat, befassen: Mittlerweile stehen zwischen 10.000 und 20.000 Südafrianer, größtenteils ehemalige Soldaten, in so genannten privaten Sicherheitsfirmen unter Vertrag. Eine treffendere Beschreibung aber für Sicherheitsfirma ist „Söldnerfirma“, denn um nichts anderes handelt es sich dabei.
Paul Boateng: Der Botschafter Großbritanniens versuchte Südafrikas Anti-Söldner-Gesetz zu verhindern oder zumindest im Wesentlichen abzuschwächen.
Zwei Gründe dafür.
Erstens leisten circa 800 Südafrikaner in der britischen Armee Militärdienst und zweitens möchte die britische Regierung bei den britischen Sicherheitsfirmen, wie „AEGIS“ und anderen, die Südafrikaner nicht missen; im Irak stellen sie inzwischen bei den Söldnern das größte Nationen-Kontingent.
Proven in Combat.
Diese Söldner stammen zu einem nicht unerheblichen Teil auch noch aus Südafrikas Terror-, Mörder- und Zerstörungseinheiten wie der 44. Parachute-Brigade, den Reconnaissance-Commandos (kurz „Recce“ genannt), dem Söldner-32-Buffalo-Battailion, Koevoet oder aus der Todesschwadron Civil-Cooperation-Bureau (CCB).
Morden wie die Teufel.
Diese Einheiten machten oftmals keine Gefangenen und wenn doch, dann wurden viele von ihnen mit Hilfe von Gift umgebracht, das von Südafrikas „Dr. Mengele“, Dr. Wouter Basson, bereitgestellt wurde. Ihre Leichen wurden aus einem Flugzeug über dem Atlantik „entsorgt“. Auch verwandelten diese Terroreinheiten den Süden Angolas zu Apartheidszeiten in ein Gebiet verbrannter Erde oder kamen zu „mörderischen Ausflügen“ in benachbarte Länder wie Sambia, Botswana, Zimbabwe, Mozambique, Lesotho und selbst Tansania. Kurzum Soldaten, für die unabhängige schwarze Staaten ein Feind und die Genfer Konvention ein Fremdwort waren. Also bestens geeignet für Länder, in denen der Bürgerkrieg tobt oder das Töten von Zivilisten nicht bestraft wird; wie zum Beispiel im Irak.
Dr. Wouter Basson: Die Anklageschrift des Gerichts von Pretoria beschreibt ihn als gewissenlosen Wissenschaftler. Er soll die abscheulichen Pläne seiner Auftraggeber skrupellos realisiert haben und wie einst Dr. Mengele gierig auf außergewöhnliche Forschungsreihen gewesen sein.
Die Iraker haben keinerlei Gerichtshoheit über diese Schießwütigen, deren Zahl mittlerweile bei über 20.000 liegt - also höher als das Kontingent der britischen Armee und, da sie keiner Armee angehören, fallen sie auch nicht unter die Militärgerichtsbarkeit irgendeines Entsendelandes. Ein rechtsfreier Raum sozusagen, der zum Töten einlädt. Und wenn einige von den Söldnern umkommen, dann kräht, anders als bei dem Tod regulärer Soldaten, kein Hahn danach. Also ideal - allerdings nicht für die irakische Bevölkerung. Und weil die südafrikanische Regierung ein Gegner des Krieges im Irak ist, hat sie keinerlei Interesse den Export dieser Söldner fortführen zu lassen. Deshalb hat sie sich von den Demarchen des britischen Botschafters auch nicht beeindrucken lassen - bisher jedenfalls nicht.
Spuren der Zerstörung durch Suedafrikas Soldateska, Lobito, Angola,1975.
Aber die britische Regierung will keine Ruhe geben. Sie will nach der Verabschiedung des Gesetzes durch die Länderkammer, das eine reine Formsache werden dürfte, nunmehr alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Gesetz nachträglich aufzuweichen: So sehr sind ihr die Söldner aus Südafrika ans Herz gewachsen.
Die südafrikanische Regierung denkt naturgemäß da ganz anders.
Die Söldnerfirmen, die sich wie nach einem Weißwaschgang jetzt „Sicherheitsfirmen“ nennen, haben ihren Ursprung in Südafrika in den Überbleibseln des Apartheidsregimes. Mit dessen Ende wurden die alten Terrorverbände und Todesschwadronen wie 32. Buffalo-Bataillion und Civil-Cooperation-Bureau aufgelöst. Die Lohnempfänger dieser Killereinheiten wären brotlos geworden, wenn nicht ein ehemaliger Offizier namens Eeben Barlow, der sowohl im Buffallo-Battalion als auch in der Todesschwadron CCB treu gedient hatte, auf die Idee gekommen wäre diesen alten Apartheidsdreck nun außerhalb Südafrikas eine Beschäftigung zu verschaffen, um selbst damit Geld zu machen.
Gesagt getan. Eine Firma namens Executive Outcomes wurde gegründet. Die ersten, die seine Dienste in großem Umfang in Anspruch nahmen, waren die Firmen Ranger Oil und Heritage Oil, beide aus Kanada. Letztere war von einem Mann namens Tony Buckingham aus den britischen Special Boat Services, einer Einheit ähnlich des Special Air Service (SAS) einer Spezialeinheit des britischen Militärs, gegründet worden.
Freude und Biertrinken nach dem Zerstörungswerk (Angola 1975), Eeben Barlow mit Schlapphut.
Ranger und Heritage Oil hatten ihre Förderanlagen in Soyo/Angola, und die standen unter Beschuss der Rebellenbewegung UNITA, geleitet von Jonas Savimbi, der einstmals von Südafrika und dem Buffalo-Battaion unterstützt wurde. Für Geld kann man sicher alles machen, auch die Seiten wechseln.
Executive Outcomes kam, sah und siegte in Soyo.
Die angolanische Regierung bot daraufhin Executive Outcomes einen Jahresvertrag von über 50 Millionen US-Dollar an, außerdem Schürfrechte für Diamanten und Öl. Buckingham mit seinem Mitstreiter Simon Mann - auch er ein ehemaliger SAS-Mann -, rieben sich die Hände, denn das Kämpfen und Sterben wurde von den schwarzen Söldnern von Executive Outcomes ausgeübt - 1989 von Eeben Barlow gegründet; erster Einsatz 1992 in Angola.
Allerdings forderte im Jahre 1996 US-Präsident Clinton die Regierung in Angola auf, diese Söldner heraus zu werfen, aber mittlerweile hatten andere Diktatoren und labile Regierungen in Afrika und anderswo von dieser Truppe gehört und heuerten sie an, wie z.B. Sierra Leone und auf der anderen Seite des Globus, Papua Neu Guinea. Executive Outcomes, das die Regierung von Angola in letzter Minute vor dem Untergang gerettet hatte, ging. Die Instrukteure blieben dort, wie auch die Minenrechte in der Hand von Buckingham und Barlow.
Von Apartheidtruppen zerstörte Brücke bei Fort Rocades - Angola 1976.
Auch Sierra Leone bot Schürfrechte an, weil man kein Bares hatte und in Papua Neu Guinea wurde diese Zahlungsmodalität gleich von der Söldnerfirma vorgeschlagen.
Da Herrn Buckingham dieser Geschäftszweig der Sicherheitsunternehmen so viel Freude machte, gründete er gleich in England eine ähnliche Version mit gehobenem Standard, die Firma Sandline, beheimatet in Chelsey, registriert auf den Bahamas. Wie schön! Als Subunternehmer dann aber wieder die Executive Outcomes.
Wie Südafrika Sehen lernte.
Die neue südafrikanische Regierung unter Nelson Mandela war anfangs froh, diesen Apartheidsdreck, der leicht für einen Bürgerkrieg seitens der Rechtsradikalen hätte mobilisiert werden können, woanders beschäftigt zu wissen. Nach und nach wurde das aber zu einem außenpolitischen Problem und bohrende Fragen wurden an die südafrikanische Regierung über diesen zweifelhaften Exportartikel gerichtet, der sich anschickte zu einem Söldner- und Minenkonglomerat mit Dependancen in Sierra Leone, Kenia, Uganda, Demokratische Republik Kongo, Rwanda, Kongo-Brazzaville, Namibia - um nur einige zu nennen - heranzuwachsen.
Dank der Recherchen der ZEIT und des FIGARO wurden 1997 diese Aktivitäten in ihren vollen Umfang, auch durch ein Dossier, der breiteren Öffentlichkeit in Europa bekannt. Daher entschloss sich Südafrika 1998 dem Spuk ein Ende zu bereiten.
Die Flugzeuge des Herrn Buckingham, Fluglinie „IBIS-Air“, sollten nicht mehr vom Flughafen Lanseria bei Johannesburg aus halb Afrika mit Söldnern, Waffen und Nachschub versorgen. Das wurde nun unter Strafe gestellt durch das erste Anti-Söldner-Gesetz. Es ist das Ende für Executive Outcomes, aber nicht für die Geschäftsidee. Tony Buckingham hatte immerhin bereits Sandline kreiert, wohin es auch den ehemaligen Oberst und späteren Obersöldner Tim Spicer - auch er ein ehemaliger SAS Mann - trieb. Executive Outcomes brauchte man nicht mehr, wohl aber die Söldner "proven in combat". Jedoch man hatte die Adressen der Söldner, und Simon Mann konnte die Einstellungsgespräche vor Ort führen.
Das erste Söldnergesetz von 1998 war also eine nicht sehr scharfe Waffe. Und wer hätte das gedacht: Ausgerechnet Mark Thatcher, der nach Südafrika gezogen war und als „Tunichtgut“ bekannt gewordene Sohn der Eisernen Lady, der ehemaligen Premierministerin Großbritanniens wurde der Erste, der dieses Gesetz in vollem Umfang zu spüren bekam. Er und eine ganze Meute von Glücksrittern, Herren aus der britischen High Society und Offiziere aus den Terrorkommandos der südafrikanischen Apartheidszeit, hatten es sich in den Kopf gesetzt, wie einst die berüchtigten postkolonialen Söldner Bob Denard, Jean-Jaques Schramme und der Deutsche "Kongo-Müller", mal eben einen ölreichen afrikanischen Staat - in diesem Fall Äquatorial Guinea - zu kapern, um sich von den Öleinnahmen einen schönen Lebensabend zu machen.
Diese gewissenlosen Gesellen, offensichtlich ohne geschichtliche Bildung, für die die Kompassnadel des Lebens immer nur auf den Geldsack zeigte, hatten sich wahrscheinlich in der Zeit vertan und Afrika 2004 mit dem Afrika von 1960 verwechselt. Das Ende ist bekannt.
Für Söhnchen Mark musste Mutter Maggie Thatcher die Jahrhundertgestalt Nelson Mandela um Gnade und Vermittlung bitten - jenen Mann also, den sie einst als „politischen Schwerkriminellen“ verleumdet hatte.
Gegen 300.000 britische Pfund und einer Bewährungsstrafe kam Mark Thatcher dann frei. Die Alternative wäre die Auslieferung an Äquatorrial Guineas Diktator Obiang Mbasogo Ngumea gewesen. Eine Reise ohne sichere Rueckfahrkarte.
Dort nämlich werden die Gräber für Angeklagte in Hochverratsprozessen bereits während des Gerichtsverfahrens ausgehoben. Zynisch könnte man das auch eine „gute Planungsarbeit“ nennen.
Nach Beginn des Irakkrieges begann ein riesiger Rekrutierungsdrive der Söldnerfirmen.
Ganz vorne dabei Tim Spicer; wir kennen ihn schon. Der hatte gerade einen 293 Millionen schweren US-Dollar-Kontrakt für seine Firma AEGIS vom Pentagon erhalten, weil er sich in Afrika und anderswo „so gut bewährt“ hatte, eben „Proven in Combat“. Aber nicht nur er, sondern auch amerikanische und südafrikanische Firmen waren dabei, und die Liste ist lang, enthält Namen wie Dyncorp, Blackwater, Erinys MPRI. Kurzum ein Multimilliarden-Dollar Gechäftszweig hatte sich etabliert.
Aber der Menschennachschub aus Europa tröpfelte nur und viele sahen, dass der Irak kein Spaziergang, sondern eher ein Marsch in die Hölle ist. Dennoch waren aber viele Südafrikaner bereit, diesen fürstlich entlohnten Marsch anzutreten; zu gering war ihr Einkommen als Wachmänner - der einzige Berufszweig, der ihnen im neuen Südafrika offen stand.
Nun also kann man den Drang des britischen Botschafters Paul Boateng verstehen. Denn was sind Sicherheitsfirmen ohne Menschenmaterial? Ich will ihm bei diesem Einsatz allerdings keinen Erfolg wünschen.
Epilog
Sandline gibt es nicht mehr. Buckingham machte die Firma sechs Wochen nach dem fehlgeschlagenen Putsch in Äquatorial Guinea dicht. Allerdings schaffte es der Herr Buckingham noch, ein paar Nebelkerzen zu werfen, um den wahren Grund für die Schließung zu verschleiern, Unter anderem zeigte sich der SPIEGEL bereit, ein Interview mit seinem Finanzchef Michael Grunberg am 3. Mai 2004 zu drucken, in dem dieser allerhand Märchen über die Vergangenheit der Firma verbreiten durfte.
Und: Das Outsourcen in Söldnerfirmen und das Töten von Zivilisten im Irak geht derweil leider munter weiter.
Dr. Alexander von Paleske ist Arzt für Innere Medizin - Haematologie und Head des Department of Oncology am Princess Marina Hospital im afrikanischen Gabarone in Botswana. Herr Dr. von Paleske ist ehemaliger Rechtsanwalt beim Landgericht Frankfurt (M).
Im Labyrinth der Glücksritter
sfux - 4. Sep, 08:05 Article 19219x read