Verunglückte Gefahrgutzüge – Uranzug wieder unterwegs
Michael Schulze von Glaßer – Ungeachtet mehrerer Güter- und Gefahrgutzugunfälle, alles Entgleisungen, fuhr wieder der Gronauer Uranmüllzug.
Güterwaggons in Hagen von den Schienen gesprungen
Der Zugverkehr am Hagener Hauptbahnhof musste am Morgen des 11. April beinahe komplett eingestellt werden, nachdem vier Güterwaggons entgleist waren. Die Bahn vermutet einen Defekt an einem der Flachwagen, der dann zu dem Unfall führte. Weichen, Signale und Gleise wurden auf einer Länge von mehreren Hundert Metern beschädigt – die genauen Unfallkosten sind noch nicht bekannt.
Lokführer fuhr in Hamburg Gefahrgutwaggons über Prellbock hinweg
Bereits am 8. April ereignete sich ein schwerer Zugunfall in Hamburg. Beim unachtsamen Rangieren eines Güterzugs schossen zwei der 15 angeblich mit explosivem Flüssiggas gefüllten Kesselwaggons über einen Prellbock hinaus. Das Gefahrgut trat nicht aus – dennoch sperrte die Polizei das Areal am Güterbahnhof Hamburg-Unterelbe ungewöhnlich weiträumig ab - unerreichbar zunächst für Kamerateams und Fotografen.
Uranmüllzug knapp an Unfall vorbei
Es ist nun nicht so, dass Atommülltransporte sicherer sind, weil es bisher zu keinen Unfall kam. Am 4. Oktober 2007 entging nämlich ein Atommülltransport aus Gronau einer größeren Katastrophe: Der lange Güterzug passierte bei Dunkelheit bei der Ortschaft Burgsteinfurt einen völlig ungesicherten Bahnübergang, obwohl sowohl die Schranken als auch das Warnlicht wegen eines Defekts ausgefallen waren. Dass kein anderes Fahrzeug in den unbeleuchteten „Geisterzug“ raste, war purer Zufall – die für die Transporte verantwortliche Betreiberfirma Urenco und die deutsche Bahn versuchten den Zwischenfall zunächst zu vertuschen. Der Störfall wurde erst eine Woche später öffentlich bekannt.
Und wieder unterwegs
Ungeachtet dieser verunglückten Güter- und Gefahrgut-Transporte fuhr am Abend des 9. April ein mit radioaktivem Atommüll beladener Güterzug von der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau durch das Münsterland. Bei diesem Transport kam es zu keinem Unfall. Doch die Zugentgleisungen der letzten Tage zeigen jedoch die Brisanz der gefährlichen Transporte.
Unter den braunen und dunkelroten Planen des neuerlichen Transports vom vergangenen Mittwoch, befanden sich Fässer mit rund 1.000 Tonnen radioaktiven Uranmülls aus der Gronauer Anlage.
Der Uranmülltransport von Gronau fuhr über die Städte Steinfurt – Münster – Rheine – Almelo (Niederland) bis nach Rotterdam. Dort wird der deutsche Atommüll voraussichtlich am 11. April auf ein Schiff verladen. Über Nord- und Ostsee soll das Schiff mit der gefährlichen Fracht die finnische Hauptstadt Helsinki passieren um letztendlich am 16. April im russischen St. Petersburg einzutreffen – so rechnen es zumindest Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland vor.
Von St. Petersburg legt laut derer Information der Transport die letzten zweitausend Kilometer wieder als Güterzug zurück – bis nach Sibirien. Wann der Uranmüll jedoch am Zielort eintreffen wird, weiß noch nicht einmal die Urenco, ihres Zeichens Betreiberfirma der deutschen Urananreicherungsanlage und Verantwortliche für die Transporte. Allein die Anwesenheit von Greenpeace-Aktivisten im Rotterdamer Hafen verzögerte den Transport im März um einige Tage – die Urenco traute sich schlichtweg nicht den Hafen zu verlassen. Die Proteste gegen die Atommülltransporte nehmen indes immer weiter zu und begleiten den Transport mittlerweile fast an jeder Station seiner Fahrt.
Nachdem sich im Januar 2008 eine Anti-Atom-Aktivistin zwischen zwei Bäume über die Gleise abseilte und den Uranzug für mehr als sechs Stunden zum Halten brachte, wurde die Bewachung bei den letzten Transporten weiter erhöht: Bei Protesten in Emsdetten richtete die Polizei ein mittleres Chaos an als sie einen Atomkraftgegner zur erkennungsdienstlichen Behandlung mitnehmen wollten. Zahlreiche Personalien wurden festgehalten und für einige Personen Platzverweise erteilt. Bei Protesten gegen den Transport im Münsteraner Hauptbahnhof war die Polizei gleich mit der Bundespolizei im Einsatz.
Die Atomkraftgegner in Münster finden es besonders bedenklich, dass die deutschen Atommülltransporte wahrscheinlich auch durch die russische Partnerstadt Rjasan fahren und dort die Umwelt verstrahlen.
Nicht nur Radioaktivität eine Gefahr
Neben der Radioaktivität geht bei den Transporten die größte Gefahr von so genannter Flusssäure aus. Die Säure entsteht bei Kontakt des Uranhexafluorids mit (Luft-)Feuchtigkeit, ist stark ätzend und kann sich leicht gasförmig ausbreiten. Bei Protestaktionen in zahlreichen Bahnhöfen an der Strecke des Atommüllzuges wiesen Atomkraftgegner immer wieder auf diese Gefahr hin: „Wenn es im Bahnhof von Münster einen Unfall gibt und die Fässer undicht werden, müsste die gesamte Innenstadt evakuiert werden“, erklärte Matthias Eickhoff von der Gruppe „Sofortiger Atomausstieg Münster“. Er kritisierte außerdem, die Feuerwehren wüssten meist nichts von den gefährlichen Transporten und seien im Fall eines Unfalls vollkommen unvorbereitet. Zudem werden die Transporte in naher Zukunft stark zunehmen.
Die "Anti-Strahlungs-Pille"
Die Atom-Lobby ist zu einem Global-Player-Monster mutiert. Unterstützung erfährt sich durch die Bush-Administration, die schon durch ihre Verfälschung wissenschaftlicher Arbeiten böse aufgefallen war. Unter dieser Prämisse sollte man die Meldung, der nach US-Forscher einen Wirkstoff gefunden haben, der vor Schäden durch radioaktive Strahlung schützt, verstehen. Die Gefahren der Radioaktivität sollen mutmaßlich für die Öffentlichkeit negiert werden, damit noch ungehemmter mit Nuklear-Masse gehandelt werden kann. Um dies selbst für Atomgegner plausibel zu machen, heißt es in der Meldung weiter, der Wirkstoff zu einem Medikament weiterentwickelt werden, das Krebspatienten vor den Nebenwirkungen einer Strahlenbehandlung bewahrt, er eigne sich aber möglicherweise auch, um bei Unglücken in Atomkraftwerken oder bei anderen Strahlungsnotfällen wie Uranmülltransporten und denkbaren Anschlägen mit sogenannten schmutzigen Atombomben Menschen vor den Folgeschäden zu bewahren.
Über die Nebenwirkungen einer Anti-Strahlungsschäden-Pille steht in dem Artikel, der im Fachjournal "Science" (Bd. 320, S. 226) publiziert wurde, nichts. Bislang galt: Nur Tote sind gegen radioaktive Strahlung immun. Folglich kann es sich nur um eine so genannte Todespille handeln - oder Quacksalberei mit Placebo-Effekt.
Wieviele angebliche Anti-Strahlungsschäden-Pillen sollen künftig entlang der Bahnstrecke verteilt werden?
Einladung zur Koordinierung der Proteste
Die Gronauer Urananreicherungsanlage wird gerade ausgebaut und die Kapazität mehr als verdoppelt – dabei wird auch mehr Müll entstehen. Fahren die gefährlichen Uranmülltransporte heute beinahe monatlich, werden sie wohl bald alle zwei Wochen fahren. Wieviele angebliche Anti-Strahlungsschäden-Pillen sollen entlang der Bahnstrecke verteilt werden?
Die Urananreicherungsanlage ist paradoxerweise nicht vom deutschen „Atomausstieg“ betroffen. Ein Hoffnungsschimmer für die Atomkraftgegner ist jedoch, dass die Verträge der Urenco mit Russland im Jahr 2009 auslaufen – eine Vertragsverlängerung wollen sie durch öffentlichen Protest verhindern.
Zur Koordinierung der Proteste laden Initiativen vom 1. bis 4. Mai zur internationalen Frühjahrskonferenz der Anti-Atom-Bewegung ins nordrhein-westfälische Ahaus ein. Mehr Informationen zu der Konferenz und dem dazugehörigen Camp finden sich auf www.sofa-ms.de ">www.sofa-ms.de und www.bi-ahaus.de.
Güterwaggons in Hagen von den Schienen gesprungen
Der Zugverkehr am Hagener Hauptbahnhof musste am Morgen des 11. April beinahe komplett eingestellt werden, nachdem vier Güterwaggons entgleist waren. Die Bahn vermutet einen Defekt an einem der Flachwagen, der dann zu dem Unfall führte. Weichen, Signale und Gleise wurden auf einer Länge von mehreren Hundert Metern beschädigt – die genauen Unfallkosten sind noch nicht bekannt.
Lokführer fuhr in Hamburg Gefahrgutwaggons über Prellbock hinweg
Bereits am 8. April ereignete sich ein schwerer Zugunfall in Hamburg. Beim unachtsamen Rangieren eines Güterzugs schossen zwei der 15 angeblich mit explosivem Flüssiggas gefüllten Kesselwaggons über einen Prellbock hinaus. Das Gefahrgut trat nicht aus – dennoch sperrte die Polizei das Areal am Güterbahnhof Hamburg-Unterelbe ungewöhnlich weiträumig ab - unerreichbar zunächst für Kamerateams und Fotografen.
Uranmüllzug knapp an Unfall vorbei
Es ist nun nicht so, dass Atommülltransporte sicherer sind, weil es bisher zu keinen Unfall kam. Am 4. Oktober 2007 entging nämlich ein Atommülltransport aus Gronau einer größeren Katastrophe: Der lange Güterzug passierte bei Dunkelheit bei der Ortschaft Burgsteinfurt einen völlig ungesicherten Bahnübergang, obwohl sowohl die Schranken als auch das Warnlicht wegen eines Defekts ausgefallen waren. Dass kein anderes Fahrzeug in den unbeleuchteten „Geisterzug“ raste, war purer Zufall – die für die Transporte verantwortliche Betreiberfirma Urenco und die deutsche Bahn versuchten den Zwischenfall zunächst zu vertuschen. Der Störfall wurde erst eine Woche später öffentlich bekannt.
Und wieder unterwegs
Ungeachtet dieser verunglückten Güter- und Gefahrgut-Transporte fuhr am Abend des 9. April ein mit radioaktivem Atommüll beladener Güterzug von der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau durch das Münsterland. Bei diesem Transport kam es zu keinem Unfall. Doch die Zugentgleisungen der letzten Tage zeigen jedoch die Brisanz der gefährlichen Transporte.
Unter den braunen und dunkelroten Planen des neuerlichen Transports vom vergangenen Mittwoch, befanden sich Fässer mit rund 1.000 Tonnen radioaktiven Uranmülls aus der Gronauer Anlage.
Der Uranmülltransport von Gronau fuhr über die Städte Steinfurt – Münster – Rheine – Almelo (Niederland) bis nach Rotterdam. Dort wird der deutsche Atommüll voraussichtlich am 11. April auf ein Schiff verladen. Über Nord- und Ostsee soll das Schiff mit der gefährlichen Fracht die finnische Hauptstadt Helsinki passieren um letztendlich am 16. April im russischen St. Petersburg einzutreffen – so rechnen es zumindest Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland vor.
Von St. Petersburg legt laut derer Information der Transport die letzten zweitausend Kilometer wieder als Güterzug zurück – bis nach Sibirien. Wann der Uranmüll jedoch am Zielort eintreffen wird, weiß noch nicht einmal die Urenco, ihres Zeichens Betreiberfirma der deutschen Urananreicherungsanlage und Verantwortliche für die Transporte. Allein die Anwesenheit von Greenpeace-Aktivisten im Rotterdamer Hafen verzögerte den Transport im März um einige Tage – die Urenco traute sich schlichtweg nicht den Hafen zu verlassen. Die Proteste gegen die Atommülltransporte nehmen indes immer weiter zu und begleiten den Transport mittlerweile fast an jeder Station seiner Fahrt.
Nachdem sich im Januar 2008 eine Anti-Atom-Aktivistin zwischen zwei Bäume über die Gleise abseilte und den Uranzug für mehr als sechs Stunden zum Halten brachte, wurde die Bewachung bei den letzten Transporten weiter erhöht: Bei Protesten in Emsdetten richtete die Polizei ein mittleres Chaos an als sie einen Atomkraftgegner zur erkennungsdienstlichen Behandlung mitnehmen wollten. Zahlreiche Personalien wurden festgehalten und für einige Personen Platzverweise erteilt. Bei Protesten gegen den Transport im Münsteraner Hauptbahnhof war die Polizei gleich mit der Bundespolizei im Einsatz.
Die Atomkraftgegner in Münster finden es besonders bedenklich, dass die deutschen Atommülltransporte wahrscheinlich auch durch die russische Partnerstadt Rjasan fahren und dort die Umwelt verstrahlen.
Nicht nur Radioaktivität eine Gefahr
Neben der Radioaktivität geht bei den Transporten die größte Gefahr von so genannter Flusssäure aus. Die Säure entsteht bei Kontakt des Uranhexafluorids mit (Luft-)Feuchtigkeit, ist stark ätzend und kann sich leicht gasförmig ausbreiten. Bei Protestaktionen in zahlreichen Bahnhöfen an der Strecke des Atommüllzuges wiesen Atomkraftgegner immer wieder auf diese Gefahr hin: „Wenn es im Bahnhof von Münster einen Unfall gibt und die Fässer undicht werden, müsste die gesamte Innenstadt evakuiert werden“, erklärte Matthias Eickhoff von der Gruppe „Sofortiger Atomausstieg Münster“. Er kritisierte außerdem, die Feuerwehren wüssten meist nichts von den gefährlichen Transporten und seien im Fall eines Unfalls vollkommen unvorbereitet. Zudem werden die Transporte in naher Zukunft stark zunehmen.
Die "Anti-Strahlungs-Pille"
Die Atom-Lobby ist zu einem Global-Player-Monster mutiert. Unterstützung erfährt sich durch die Bush-Administration, die schon durch ihre Verfälschung wissenschaftlicher Arbeiten böse aufgefallen war. Unter dieser Prämisse sollte man die Meldung, der nach US-Forscher einen Wirkstoff gefunden haben, der vor Schäden durch radioaktive Strahlung schützt, verstehen. Die Gefahren der Radioaktivität sollen mutmaßlich für die Öffentlichkeit negiert werden, damit noch ungehemmter mit Nuklear-Masse gehandelt werden kann. Um dies selbst für Atomgegner plausibel zu machen, heißt es in der Meldung weiter, der Wirkstoff zu einem Medikament weiterentwickelt werden, das Krebspatienten vor den Nebenwirkungen einer Strahlenbehandlung bewahrt, er eigne sich aber möglicherweise auch, um bei Unglücken in Atomkraftwerken oder bei anderen Strahlungsnotfällen wie Uranmülltransporten und denkbaren Anschlägen mit sogenannten schmutzigen Atombomben Menschen vor den Folgeschäden zu bewahren.
Über die Nebenwirkungen einer Anti-Strahlungsschäden-Pille steht in dem Artikel, der im Fachjournal "Science" (Bd. 320, S. 226) publiziert wurde, nichts. Bislang galt: Nur Tote sind gegen radioaktive Strahlung immun. Folglich kann es sich nur um eine so genannte Todespille handeln - oder Quacksalberei mit Placebo-Effekt.
Wieviele angebliche Anti-Strahlungsschäden-Pillen sollen künftig entlang der Bahnstrecke verteilt werden?
Einladung zur Koordinierung der Proteste
Die Gronauer Urananreicherungsanlage wird gerade ausgebaut und die Kapazität mehr als verdoppelt – dabei wird auch mehr Müll entstehen. Fahren die gefährlichen Uranmülltransporte heute beinahe monatlich, werden sie wohl bald alle zwei Wochen fahren. Wieviele angebliche Anti-Strahlungsschäden-Pillen sollen entlang der Bahnstrecke verteilt werden?
Die Urananreicherungsanlage ist paradoxerweise nicht vom deutschen „Atomausstieg“ betroffen. Ein Hoffnungsschimmer für die Atomkraftgegner ist jedoch, dass die Verträge der Urenco mit Russland im Jahr 2009 auslaufen – eine Vertragsverlängerung wollen sie durch öffentlichen Protest verhindern.
Zur Koordinierung der Proteste laden Initiativen vom 1. bis 4. Mai zur internationalen Frühjahrskonferenz der Anti-Atom-Bewegung ins nordrhein-westfälische Ahaus ein. Mehr Informationen zu der Konferenz und dem dazugehörigen Camp finden sich auf www.sofa-ms.de ">www.sofa-ms.de und www.bi-ahaus.de.
onlineredaktion - 13. Apr, 14:08 Article 4762x read