Deutschlands Energieversorgung im Jahr 2050
Felix Werdermann - Kohle, Gas, Atomkraft, Sonne, Wind, Wasser: Alle Energieträger haben ihre Vertreter. Aber welche Energien werden im Jahr 2050 welche Rolle in Deutschland spielen? Dieser Frage stellten sich am Dienstag vier Podiumsgäste auf einer Veranstaltung der Nachhaltigkeits-Initiative und dem Energie-Seminar der Technischen Universität Berlin.
Wie also sieht die Energieversorgung im Jahr 2050 aus? Peter Hennicke vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie legte vor: Der deutsche Kraftwerkspark müsse „risikominimal sein, nicht nur CO2-frei.“ Das heißt: Ausstieg aus der Atomkraft und zusätzlich 90% CO2-Emissionen einsparen. Ob das realisierbar ist? „Die Antwort lautet ganz definitiv ja. Da gibt es überhaupt keine Zweifel unter Experten, dass das technisch möglich ist“, so der emeritierte Professor für Wirtschafts- und Energiepolitik. Er schlägt vor, auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu setzen.
Energieeffizienz ist auch eines der Lieblings-Themen von Stephan Kohler, Vorsitzender der deutschen Netzagentur, kurz dena . „Wir diskutieren immer über Energieträger“, kritisiert er, dabei sei die entscheidende Fragestellung: „Wie kann Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum garantiert werden mit weniger Energie?“ Ganz verkneifen kann er sich eine Antwort auf die Frage nach den Energieträgern aber doch nicht: Heute müsse man sich entscheiden zwischen „neuen, effizienten Kohle- und Gaskraftwerken“ und der Atomkraft. Das liege daran, dass bei 8.760 Stunden im Jahr Solaranlagen nur weniger als tausend Stunden Strom liefern könnten, Windenergie etwa 1.400 Stunden im Jahr.
Stromlücke oder Effizienzlücke?
Seine Agentur hatte mit Gelder, die größtenteils von den großen deutschen Energiekonzernen kommen , eine „Effizienzlücke“ für das Jahr 2012 prognostiziert. In den Medien wurde diese als „Stromlücke“ bekannt und diente den großen Stromkonzernen dazu, Pläne für neue fossile Großkraftwerke zu legitimieren.
Von der Angst vor der „Stromlücke“ konnte auch die deutsche Atomindustrie profitieren, die versucht, längere Laufzeiten für die Atomreaktoren in Deutschland durchzusetzen. Bernd Arts vom Deutschen Atomforum , dem Zusammenschluss der Atomindustrie, bringt aber auch Klima-Argumente: Eine 40-prozentige Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 seien mit den bisherigen Maßnahmen nicht erreichbar, und wenn man aus der Atomkraft aussteige, müsse man sich „auf einiges gefasst machen.“
Die CDU ist bereits aufgesprungen und hält Atomstrom für Ökoenergie . Mit der Atomkraftnutzung hat auch Arts, der früher wissenschaftlicher Mitarbeiter beim CDU-Bundestagsabgeordneten Kurt-Dieter Grill war, kein Problem: Sie entspreche den Nachhaltigkeits-Prinzipien Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit. Dass die Uran-Vorräte knapp werden, Atomkraft massiv subventioniert wird und erhebliche Umweltschäden verursacht, erwähnte der selbst ernannte „Fan der Kernenergie in Deutschland“ nicht.
Atomkraft und CO2-freier Strom
Die Atomkraft könne einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, schließlich sei „unumstritten, dass die Kernenergie CO2-freien Strom erzeugt.“ Bei diesen Worten ging ein erstes Gelächter durch das Publikum. Mit dieser Begründung hatte das Atomforum schon vor etwa einem Jahr für die deutschen Atomkraftwerke - „Deutschlands ungeliebte Klimaschützer“ - geworben. „CO2-Ausstoß: Null“ war auf den Plakaten zu lesen, die Atomkraftwerke in idyllischer Landschaft zeigten. Die Werbekampagne wurde auf EU-Ebene mit dem „Greenwashing Award“ ausgezeichnet, das Argument des CO2-freien Atomstroms von Umweltverbänden scharf kritisiert. Schon 2006 hatte eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums gezeigt, dass für Atomstrom etwa 31 g CO2 pro Kilowattstunde anfallen, dies liegt hauptsächlich an den vorgelagerten Prozessen wie der Urangewinnung oder dem Transport.
Mit Restlaufzeiten über die Bundestagswahl kommen
Solche Werbekampagnen gehören wie auch die Anträge von Restmengenübertragungen zu der Strategie der Atomkonzerne, ihre Meiler weiterlaufen zu lassen. Im so genannten Atomkompromiss wurde im Jahr 2000 festgelegt, dass den Atomkraftwerken eine bestimmte Restmenge an Strom zugesichert wird, die sie noch produzieren dürfen. Danach müssen die Kraftwerke vom Netz gehen.
Hennicke vom Wuppertal Institut sieht das anders: „Diese Miteinander-Idylle wurde schon in den 60er Jahren widerlegt.“
Allerdings ist es den AKW-Betreibern möglich zu beantragen, dass Restmengen von einem Atomkraftwerk auf ein anderes übertragen werden. Ursprünglich war diese Regelung dafür gedacht, um alte Kraftwerke eher abschalten zu können, ohne wirtschaftliche Verluste befürchten zu müssen. Nun versuchen die Betreiber, Strommengen auf die alten AKWs zu übertragen, um diese noch länger am Netz zu halten. RWE-Chef Jürgen Großmann hatte im Dezember 2007 dem Spiegel sogar gesagt: „Wir können den Reaktor in Biblis so fahren, dass wir mit den Restlaufzeiten über die nächste Bundestagswahl kommen. Und dann gibt es vielleicht ein anderes Denken in Bevölkerung und Regierung.“
Aufkündigung des Atomkompromisses: „Unverschämtheit!“
Frank Schwabe, klimapolitischer Sprecher in der SPD-Bundestagsfraktion, sieht darin einen Bruch des „Atomkonsens“. Es sei eine „Unverschämtheit, wenn der heute aufgekündigt wird.“ Für viele Atomkraftgegner war dies allerdings schon vorher absehbar, da sie davon ausgehen, dass die Atomindustrie kein Interesse an der Einhaltung dieser Vereinbarung habe. Auch Schwabe sieht die Fehler ein und kommt zu dem Schluss, alles müsse „gesetzlich fixiert“ werden.
Bei der Klimapolitik der Bundesregierung, die die von SPD und CDU/CSU gestützt wird, ist hingegen wenig gesetzlich fixiert: Verbindliche Reduktionsziele, die mit Sanktionen bei Nichteinhaltung belegt wären, gibt es bislang nicht. Dabei sind die Ziele hoch gesteckt. Bis zum Jahr 2020 möchte die Regierung 40% CO2 einsparen im Vergleich zu 1990, davon wurde bereits ein großer Teil durch den Zusammenbruch der Wirtschaft in der ehemaligen DDR erreicht. Das langfristige Ziel ist jedoch minus 90 Prozent bis 2050.
90 Prozent weniger möglich
„Wenn man dafür kämpft, ist das Ziel erreichbar“, ist Schwabe überzeugt. Dafür müsse aber die Hälfte der Energie eingespart und die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Die Hälfte des Energiebedarfs soll durch sie im Jahr 2050 gedeckt werden, im Stromsektor sogar 80 Prozent. Für die restlichen 20 Prozent könnten nach Ansicht Schwabes auch effiziente Kohlekraftwerke laufen, das solle dann der Preis entscheiden. Und an dem soll die Politik durch die Vorgaben beim Emissionshandel einiges drehen: In Zukunft sollen mehr CO2-Zertifikate versteigert und nicht verschenkt werden, damit für die Unternehmen tatsächlich ein Anreiz besteht, einzusparen. Die SPD fordere ab dem Jahr 2013 sämtliche Zertifikate auf EU-Ebene zu versteigern.
Dass er im Emissionshandel kein Allheilmittel sieht, machte Schwabe aber auch deutlich: Problematisch seien internationale Maßnahmen, die es europäischen Unternehmen erlauben, doch mehr zu emittieren als die Obergrenzen vorsehen, wenn durch Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern angeblich CO2 eingespart würde. Außerdem sei die Obergrenze, das so genannte „cap“ der Emissionen immer auch eine politische Frage und bei „dreißig, vierzig neu gebauten Kraftwerken“ gebe es einen hohen Druck, diese laufen zu lassen.
Mit Kohlekraftwerken die Zukunft zementiert
Die Planungen für neue Kohlekraftwerke brannten auch den Zuschauern unter den Nägeln. Daniela Setton von der „klima-allianz“, einem Zusammenschluss von inzwischen 99 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, äußerte die Befürchtung, durch den Neubau von Kohlekraftwerken würde auch die „Nutzung zementiert“. Dem liegen Erfahrungen zu Grunde, dass Kohlekraftwerke etwa 40-50 Jahre, manchmal bis zu 60 Jahren laufen und somit im Jahr 2050 noch am Netz wären – also in dem Jahr, in dem Deutschland nur noch ein Zehntel dessen ausstoßen möchte, was heute an CO2 emittiert wird. Setton stellte die Frage: „Wie kann man ernsthaft über ökologische Erneuerung reden, wenn über 20 neue Kohlekraftwerke geplant sind?“
Zivile und militärische Nutzung
Aus dem Publikum meldete sich auch ein Vertreter des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung zu Wort. Aber anstatt – wie man hätte erwarten können – mehr Subventionen für die Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland zu fordern, für die im Klimapaket der Bundesregierung eine Obergrenze von 750 Mio. Euro gesetzt wurde, kritisierte er die Atomkraftnutzung. Wie es möglich sei, die zivile von der militärischen Nutzung zu trennen, wollte er wissen. Der Iran sei das bekannteste Beispiel dafür, dass dies unmöglich sei „und andere Staaten scharren ja auch schon mit den Hufen.“
Die Verbreitung von radioaktivem Material sei „natürlich ein Problem“ gab ihm auch Arts vom Deutschen Atomforum recht. Aber „man sollte es keinem Land verwehren“, friedlich die Atomkraft zu nutzen. Eine Begründung dafür gab er nicht.
Miteinander statt Gegeneinander
Heute ginge es „nicht um ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander“ von Atomkraft und erneuerbarer Energien, so Arts. Dies habe die Atomindustrie in den letzten Jahren gelernt. Hennicke vom Wuppertal Institut sieht das allerdings anders: „Diese Miteinander-Idylle wurde schon in den 60er Jahren widerlegt.“ Ein langsames Umdenken habe bei den Konzernen erst nach dem Atomkompromiss stattgefunden. Auch Kohler von der dena wandte gegen die Kombination Atomkraft plus Erneuerbare ein, dass man bei einen großen Anteil von erneuerbaren Energien zusätzlich „flexible Kraftwerke“ benötige, die sich schnell hoch- und runterfahren lassen. Dafür seien Atomkraftwerke nicht geeignet.
Viele strittige Fragen bleiben also ungeklärt. Einen kleinen Zukunftsausblick gab es dann aber doch und zwar von Peter Hennicke: In dem Zeitraum von 2020 bis 2025, „spätestens im Jahr 2030“ würden die erneuerbaren Energien genauso günstig wie die fossilen Energieträger. Wann genau dies eintrifft, hänge davon ab, wie stark die externen Kosten, wie beispielsweise die verursachten Klimaschäden, in den Preis eingerechnet werden. Der Zeitpunkt komme aber bestimmt, und „deswegen ist es so wichtig, dass wir den Erneuerbaren diesen Schub geben.“
Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien
Wie also sieht die Energieversorgung im Jahr 2050 aus? Peter Hennicke vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie legte vor: Der deutsche Kraftwerkspark müsse „risikominimal sein, nicht nur CO2-frei.“ Das heißt: Ausstieg aus der Atomkraft und zusätzlich 90% CO2-Emissionen einsparen. Ob das realisierbar ist? „Die Antwort lautet ganz definitiv ja. Da gibt es überhaupt keine Zweifel unter Experten, dass das technisch möglich ist“, so der emeritierte Professor für Wirtschafts- und Energiepolitik. Er schlägt vor, auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu setzen.
Energieeffizienz ist auch eines der Lieblings-Themen von Stephan Kohler, Vorsitzender der deutschen Netzagentur, kurz dena . „Wir diskutieren immer über Energieträger“, kritisiert er, dabei sei die entscheidende Fragestellung: „Wie kann Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum garantiert werden mit weniger Energie?“ Ganz verkneifen kann er sich eine Antwort auf die Frage nach den Energieträgern aber doch nicht: Heute müsse man sich entscheiden zwischen „neuen, effizienten Kohle- und Gaskraftwerken“ und der Atomkraft. Das liege daran, dass bei 8.760 Stunden im Jahr Solaranlagen nur weniger als tausend Stunden Strom liefern könnten, Windenergie etwa 1.400 Stunden im Jahr.
Stromlücke oder Effizienzlücke?
Seine Agentur hatte mit Gelder, die größtenteils von den großen deutschen Energiekonzernen kommen , eine „Effizienzlücke“ für das Jahr 2012 prognostiziert. In den Medien wurde diese als „Stromlücke“ bekannt und diente den großen Stromkonzernen dazu, Pläne für neue fossile Großkraftwerke zu legitimieren.
Von der Angst vor der „Stromlücke“ konnte auch die deutsche Atomindustrie profitieren, die versucht, längere Laufzeiten für die Atomreaktoren in Deutschland durchzusetzen. Bernd Arts vom Deutschen Atomforum , dem Zusammenschluss der Atomindustrie, bringt aber auch Klima-Argumente: Eine 40-prozentige Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 seien mit den bisherigen Maßnahmen nicht erreichbar, und wenn man aus der Atomkraft aussteige, müsse man sich „auf einiges gefasst machen.“
Die CDU ist bereits aufgesprungen und hält Atomstrom für Ökoenergie . Mit der Atomkraftnutzung hat auch Arts, der früher wissenschaftlicher Mitarbeiter beim CDU-Bundestagsabgeordneten Kurt-Dieter Grill war, kein Problem: Sie entspreche den Nachhaltigkeits-Prinzipien Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit. Dass die Uran-Vorräte knapp werden, Atomkraft massiv subventioniert wird und erhebliche Umweltschäden verursacht, erwähnte der selbst ernannte „Fan der Kernenergie in Deutschland“ nicht.
Atomkraft und CO2-freier Strom
Die Atomkraft könne einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, schließlich sei „unumstritten, dass die Kernenergie CO2-freien Strom erzeugt.“ Bei diesen Worten ging ein erstes Gelächter durch das Publikum. Mit dieser Begründung hatte das Atomforum schon vor etwa einem Jahr für die deutschen Atomkraftwerke - „Deutschlands ungeliebte Klimaschützer“ - geworben. „CO2-Ausstoß: Null“ war auf den Plakaten zu lesen, die Atomkraftwerke in idyllischer Landschaft zeigten. Die Werbekampagne wurde auf EU-Ebene mit dem „Greenwashing Award“ ausgezeichnet, das Argument des CO2-freien Atomstroms von Umweltverbänden scharf kritisiert. Schon 2006 hatte eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums gezeigt, dass für Atomstrom etwa 31 g CO2 pro Kilowattstunde anfallen, dies liegt hauptsächlich an den vorgelagerten Prozessen wie der Urangewinnung oder dem Transport.
Mit Restlaufzeiten über die Bundestagswahl kommen
Solche Werbekampagnen gehören wie auch die Anträge von Restmengenübertragungen zu der Strategie der Atomkonzerne, ihre Meiler weiterlaufen zu lassen. Im so genannten Atomkompromiss wurde im Jahr 2000 festgelegt, dass den Atomkraftwerken eine bestimmte Restmenge an Strom zugesichert wird, die sie noch produzieren dürfen. Danach müssen die Kraftwerke vom Netz gehen.
Hennicke vom Wuppertal Institut sieht das anders: „Diese Miteinander-Idylle wurde schon in den 60er Jahren widerlegt.“
Allerdings ist es den AKW-Betreibern möglich zu beantragen, dass Restmengen von einem Atomkraftwerk auf ein anderes übertragen werden. Ursprünglich war diese Regelung dafür gedacht, um alte Kraftwerke eher abschalten zu können, ohne wirtschaftliche Verluste befürchten zu müssen. Nun versuchen die Betreiber, Strommengen auf die alten AKWs zu übertragen, um diese noch länger am Netz zu halten. RWE-Chef Jürgen Großmann hatte im Dezember 2007 dem Spiegel sogar gesagt: „Wir können den Reaktor in Biblis so fahren, dass wir mit den Restlaufzeiten über die nächste Bundestagswahl kommen. Und dann gibt es vielleicht ein anderes Denken in Bevölkerung und Regierung.“
Aufkündigung des Atomkompromisses: „Unverschämtheit!“
Frank Schwabe, klimapolitischer Sprecher in der SPD-Bundestagsfraktion, sieht darin einen Bruch des „Atomkonsens“. Es sei eine „Unverschämtheit, wenn der heute aufgekündigt wird.“ Für viele Atomkraftgegner war dies allerdings schon vorher absehbar, da sie davon ausgehen, dass die Atomindustrie kein Interesse an der Einhaltung dieser Vereinbarung habe. Auch Schwabe sieht die Fehler ein und kommt zu dem Schluss, alles müsse „gesetzlich fixiert“ werden.
Bei der Klimapolitik der Bundesregierung, die die von SPD und CDU/CSU gestützt wird, ist hingegen wenig gesetzlich fixiert: Verbindliche Reduktionsziele, die mit Sanktionen bei Nichteinhaltung belegt wären, gibt es bislang nicht. Dabei sind die Ziele hoch gesteckt. Bis zum Jahr 2020 möchte die Regierung 40% CO2 einsparen im Vergleich zu 1990, davon wurde bereits ein großer Teil durch den Zusammenbruch der Wirtschaft in der ehemaligen DDR erreicht. Das langfristige Ziel ist jedoch minus 90 Prozent bis 2050.
90 Prozent weniger möglich
„Wenn man dafür kämpft, ist das Ziel erreichbar“, ist Schwabe überzeugt. Dafür müsse aber die Hälfte der Energie eingespart und die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Die Hälfte des Energiebedarfs soll durch sie im Jahr 2050 gedeckt werden, im Stromsektor sogar 80 Prozent. Für die restlichen 20 Prozent könnten nach Ansicht Schwabes auch effiziente Kohlekraftwerke laufen, das solle dann der Preis entscheiden. Und an dem soll die Politik durch die Vorgaben beim Emissionshandel einiges drehen: In Zukunft sollen mehr CO2-Zertifikate versteigert und nicht verschenkt werden, damit für die Unternehmen tatsächlich ein Anreiz besteht, einzusparen. Die SPD fordere ab dem Jahr 2013 sämtliche Zertifikate auf EU-Ebene zu versteigern.
Dass er im Emissionshandel kein Allheilmittel sieht, machte Schwabe aber auch deutlich: Problematisch seien internationale Maßnahmen, die es europäischen Unternehmen erlauben, doch mehr zu emittieren als die Obergrenzen vorsehen, wenn durch Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern angeblich CO2 eingespart würde. Außerdem sei die Obergrenze, das so genannte „cap“ der Emissionen immer auch eine politische Frage und bei „dreißig, vierzig neu gebauten Kraftwerken“ gebe es einen hohen Druck, diese laufen zu lassen.
Mit Kohlekraftwerken die Zukunft zementiert
Die Planungen für neue Kohlekraftwerke brannten auch den Zuschauern unter den Nägeln. Daniela Setton von der „klima-allianz“, einem Zusammenschluss von inzwischen 99 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, äußerte die Befürchtung, durch den Neubau von Kohlekraftwerken würde auch die „Nutzung zementiert“. Dem liegen Erfahrungen zu Grunde, dass Kohlekraftwerke etwa 40-50 Jahre, manchmal bis zu 60 Jahren laufen und somit im Jahr 2050 noch am Netz wären – also in dem Jahr, in dem Deutschland nur noch ein Zehntel dessen ausstoßen möchte, was heute an CO2 emittiert wird. Setton stellte die Frage: „Wie kann man ernsthaft über ökologische Erneuerung reden, wenn über 20 neue Kohlekraftwerke geplant sind?“
Zivile und militärische Nutzung
Aus dem Publikum meldete sich auch ein Vertreter des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung zu Wort. Aber anstatt – wie man hätte erwarten können – mehr Subventionen für die Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland zu fordern, für die im Klimapaket der Bundesregierung eine Obergrenze von 750 Mio. Euro gesetzt wurde, kritisierte er die Atomkraftnutzung. Wie es möglich sei, die zivile von der militärischen Nutzung zu trennen, wollte er wissen. Der Iran sei das bekannteste Beispiel dafür, dass dies unmöglich sei „und andere Staaten scharren ja auch schon mit den Hufen.“
Die Verbreitung von radioaktivem Material sei „natürlich ein Problem“ gab ihm auch Arts vom Deutschen Atomforum recht. Aber „man sollte es keinem Land verwehren“, friedlich die Atomkraft zu nutzen. Eine Begründung dafür gab er nicht.
Miteinander statt Gegeneinander
Heute ginge es „nicht um ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander“ von Atomkraft und erneuerbarer Energien, so Arts. Dies habe die Atomindustrie in den letzten Jahren gelernt. Hennicke vom Wuppertal Institut sieht das allerdings anders: „Diese Miteinander-Idylle wurde schon in den 60er Jahren widerlegt.“ Ein langsames Umdenken habe bei den Konzernen erst nach dem Atomkompromiss stattgefunden. Auch Kohler von der dena wandte gegen die Kombination Atomkraft plus Erneuerbare ein, dass man bei einen großen Anteil von erneuerbaren Energien zusätzlich „flexible Kraftwerke“ benötige, die sich schnell hoch- und runterfahren lassen. Dafür seien Atomkraftwerke nicht geeignet.
Viele strittige Fragen bleiben also ungeklärt. Einen kleinen Zukunftsausblick gab es dann aber doch und zwar von Peter Hennicke: In dem Zeitraum von 2020 bis 2025, „spätestens im Jahr 2030“ würden die erneuerbaren Energien genauso günstig wie die fossilen Energieträger. Wann genau dies eintrifft, hänge davon ab, wie stark die externen Kosten, wie beispielsweise die verursachten Klimaschäden, in den Preis eingerechnet werden. Der Zeitpunkt komme aber bestimmt, und „deswegen ist es so wichtig, dass wir den Erneuerbaren diesen Schub geben.“
Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien
sfux - 26. Jun, 11:03 Article 6781x read