Gewollter Militäreinsatz am Horn von Afrika?
Michael Schulze von Glaßer - Mit Berufung auf einen als „Verschluß-Sache“-deklarierten Bericht des deutschen Verteidigungsministeriums an den Bundestag veröffentlichte SPIEGEL-Online am 4. Dezember 2008 unter der reißerischen Überschrift „Piratenattacke auf MS-Astor – Marine vereitelt Angriff auf deutsches Kreuzfahrtschiff“ den ersten Artikel über einen angeblichen Angriff somalischer Piraten auf das Kreuzfahrtschiff in der deutschen Presse: „Das deutsche Vier-Sterne-Schiff ‚MS Astor’ ist nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen im Golf von Oman von Seeräubern angegriffen worden. Die Passagiere kamen mit dem Schrecken davon: Die Fregatte ‚Mecklenburg-Vorpommern’ konnte die Attacke in letzter Minute verhindern. Mit Schüssen aus einem Maschinengewehr hat die deutsche Fregatte ‚Mecklenburg-Vorpommern’ im Golf von Oman einen Piratenangriff auf das deutsche Kreuzfahrtschiff MS Astor abgewehrt. (1)“ Die Meldung verbreitete sich wie ein Lauffeuer – alle deutschen Medien berichteten über den Zwischenfall am Horn von Afrika.
Stolzes Schiff: "Die MS ‚Astor’ ist definitiv nicht angegriffen worden und fährt weiterhin auf ihren geplanten Routen."
Weniger Beachtung fand hingegen die Stellungnahme der Reederei des laut SPIEGEL angegriffenen Kreuzfahrtschiffs am Folgetag. Transocean-Tours schildert den Vorfall aus ihrer Sicht ausführlich:
„Die MS ‚Astor’ ist definitiv nicht angegriffen worden und fährt weiterhin auf ihren geplanten Routen. Auch das Einsatzführungskommando in Potsdam bestätigt, dass die ‚Astor’ nicht beschossen wurde. […] Die Passage der ‚Astor’ führte durch einen international überwachten Seekorridor, in dem auch die deutsche Fregatte F218 patrouillierte. Am Vormittag des 28. November 2008 waren in ca. drei Seemeilen Entfernung (ca. 6 Kilometer) zwei kleinere Schiffe gesichtet worden. Ob es sich dabei um Fischerboote handelte die in dieser viel befahrenen Region oft zu sehen sind oder ob es sich um Boote von Piraten handelte, ist nicht bekannt.
Zwischen 11.10 und 11:20 Uhr hat sich die Fregatte Mecklenburg Vorpommern zwischen MS ‚Astor’ und den beiden Booten positioniert – in ca. 2,5 Seemeilen Entfernung (ca. 5 Kilometer) zur ‚Astor’. Um 11.20 Uhr hat die Mecklenburg Vorpommern nach den Informationen, die der Schiffsführung der ‚Astor’ vorliegen, Kurs genommen in Richtung eines Frachtschiffes. Weder die 492 Passagiere an Bord noch die Besatzung haben ein Eingreifen der Fregatte erkennen können. Es gab zu dem Zeitpunkt, als sich die ‚Astor’ und die Fregatte begegneten, keine Schüsse und keine Berichte seitens der Fregatte über Angriffe auf diese oder geplante Angriffe auf die ‚Astor’.“ (2)
Der deutsche Kapitän der Fregatte F218-„Mecklenburg-Vorpommern“ Kai-Achim Schönbach bestätigte am 8. Dezember 2008 im ZDF „heute-journal“-Interview wiederum den Einsatz von Schusswaffen der „Mecklenburg-Vorpommern“ gegen die zwei mutmaßlichen Piratenboote: „Wir haben Warnschüsse abgegeben“. (3)
John Will, Pressesprecher von Transocean sicherte auf Nachfrage hingegen nochmals zu, dass die Besatzung und die Passagiere der „MS Astor“ zum Zeitpunkt des angeblichen Zwischenfalls keine Schüsse oder andere Auffälligkeiten bemerkt haben: „Wir haben 492 Passagiere und 260 Crew-Mitglieder die das nicht gemerkt haben.“ Es habe auch keine Mitteilung oder Warnung von der Fregatte gegeben. Transocean sieht den Vorfall nicht als „bewiesen“ an. (4)
Angriff auf Kreuzfahrtschiff nur vorgeschoben?
„Die [zwei verdächtigen] Boote waren in der Rückschau betrachtet auf einer Art Abfangkurs zur MS Astor“ (5), war eine interessante Aussage des Fregattenkapitäns der „Mecklenburg-Vorpommern“ im ZDF-Interview. Wurde die „MS Astor“ also erst nachträglich zur Begründung für die Schüsse der Marine und im weiteren für eine deutsche Beteiligung an einem EU-Militäreinsatz am Horn von Afrika herangezogen? (6)
Wurde überhaupt geschossen? Die widersprechenden Aussagen lassen Raum für Spekulationen. Immerhin haben sowohl Transocean als auch das deutsche Verteidigungsministerium gute Gründe für ihre Aussagen. Wer bei seiner Kreuzfahrt Piraten-Angriffe fürchten muss, wird sich demnächst davor hüten mit Transocean-Tours durch den Golf von Aden zu reisen. Immerhin kündigte die Reederei an, die Route nicht zu ändern und weiterhin die Küste Somalias endlang zu fahren.
Das die Bundesregierung – vor allem der deutsche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) – einem Einsatz am Horn von Afrika schon länger positiv gegenüberstanden ist kein Geheimnis. Schon seit Ende 2001 beteiligt sich die Bundesmarine mit einigen Hundert Seeleuten und der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) an einer internationalen Anti-Terror-Mission vor der Küste Ost-Afrikas. (7) Schon heute macht die deutsche Fregatte – wie der Fall der „MS Astor“ zeigt – im Rahmen des Anti-Terror-Kriegs Jagd auf Piraten vor der somalischen Küste. Für den OEF-Einsatz am Horn von Afrika stimmten am 13. November diesen Jahres 378 Abgeordnete der großen Koalition sowie fast alle Abgeordneten der FDP-Fraktion. Gegen die Verlängerung des OEF-Mandats stimmten nur 28 Abgeordnete der großen Koalition sowie die Fraktion der Grünen und der Linken. (8)
Allerdings wurde der in der Bevölkerung unpopuläre OEF-Einsatz seit Beginn immer weiter eingeschränkt. Dies traf auch den Marineeinsatz am Horn von Afrika: sah das Mandat 2007 noch eine Obergrenze von 1.000 Seeleuten vor (9), liegt die Obergrenze heute bei nur noch 800 Seeleuten (10). Tatsächlich im Einsatz sind jedoch weit weniger – rund 230 Seeleute. (11)
Scheinbar will sich die Bundesregierung aus der unpopulären, von den USA angeführten, Anti-Terror-Mission – mit der sich keine Mehrheit in der Bundesrepublik finden lässt - zurückziehen und stattdessen eine ähnliche EU-Mission am Horn von Afrika profilieren. Statt die Obergrenze des OEF-Mandats voll auszuschöpfen ringen Bundesregierung und Verteidigungsministerium um eine EU-Mission mit einer Obergrenze von 1.400 Seeleuten der Bundeswehr. Zudem würde die deutsche Bevölkerung durch einen EU-Marineeinsatz am Horn von Afrika weiter an den – wie es der Europaabgeordnete Tobias Pflüger (GUE/NGL) zutreffend bezeichnet - „Dauerzustand Auslandseinsatz“ (12) gewöhnt.
Im Vertraulichen-Bericht vom Verteidigungsministerium an den Bundestag aus dem der SPIEGEL zitiert und der Nachrichten Heute ebenfalls vorliegt heißt es: „In Djibuti und im Golf von Aden ist die Bedrohungslage zurzeit als niedrig eingestuft“. Ministerium und Regierung sind sich der niedrigen Bedrohung also bewusst – das Bundeskabinett winkte eine deutsche Beteiligung am Anti-Piraten-Einsatz der EU, die so genannte Mission „Atalanta“, mit bis zu 1.400 Soldatinnen und Soldaten trotzdem am 10. Dezember 2008 durch. (13)
Auch, dass die „schnellen Boote“ der mutmaßlichen Piraten laut dem Geheimbericht nach den Schüssen der deutschen Marine „mit hoher Fahrt in jemenitisches Hoheitsgewässer einliefen“ und nicht die somalische Küste ansteuerten wirft Fragen auf – soll Somalia doch der Ausgangspunkt für die Piraterie am Horn von Afrika sein.
Der gewollte Militäreinsatz am Horn von Afrika
Der mutmaßliche Zwischenfall um die „MS Astor“ ist nicht die erste Ungereimtheit im Streit um einen Militäreinsatz vor der Küste Somalias: in der Nacht vom 18. auf den 19. November 2008 hat die indische Fregatte „INS Tabar“ im Golf von Aden ein vermeintliches Piratenmutterschiff beschossen und versenkt. Die Medien berichteten ausführlich über den „Erfolg“ der Inder bei der Piratenjagd. Rund eine Woche später sagte der einzige Überlebende aus, dass Piraten den thailändischen Fischkutter „Ekawat Nava 5“ geentert hätten. Als sich das indische Kriegsschiff näherte gaben die Piraten einige Schüsse ab und verließen den Fischtrawler mit Schnellbooten.
Die „Ekawat Nava 5“ wurde dann in Folge des Beschusses durch das indische Kriegsschiff in einem Flammeninferno versenkt. Ein Besatzungsmitglied wurde tot geborgen und 14 werden bis heute vermisst. (14) Die deutschen Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die am 19. Dezember 2008 im Bundestag über die deutsche Marinebeteiligung bei „Atalanta“ abstimmen werden, sollten sich bewusst sein, dass die wahren Absichten hinter dem EU-Militäreinsatz noch immer nicht ausgesprochen wurden und die öffentliche Diskussion schon jetzt mit Propaganda vergiftet wurde.
Quellen:
1- SPIEGEL-Online: „Piratenattacke auf MS Astor: Marine vereitelt Angriff auf deutsches Kreuzfahrtschiff“, 04.12.2008
2- TransoceanTours: „ MS »ASTOR«: 05.12. NEU Zur aktuellen Berichterstattung “. 05.12.2008
3- ZDF – „heute-journal“: „Marine soll künftig auch Piraten jagen“, 08.12.2008
4- Telefonat mit dem Pressesprecher von Transocean-Tours - John Will, 09.12.2008
5- ZDF – „heute-journal“: „Marine soll künftig auch Piraten jagen“, 08.12.2008
6- SPIEGEL-Online: „Piraten-Angriffe: Kreuzfahrtschiffe fahren weiter durch Golf von Aden“, 05.12.2008
7- Informationsstelle Militarisierung: „Maritimes Säbelrasseln“, 05.12.2008 http://www.imi-online.de/2008.php3?id=1855
8- Abgeordnetenwatch: „Verlängerung des Anti-Terror-Einsatzes (OEF)“, 13.11.2008
9- Bundestagsdrucksache 16/6939
10- Bundestagsdrucksache 16/19720
11- Informationsstelle Militarisierung: „Maritimes Säbelrasseln“, 05.12.2008
12- Tobias Pflüger (MdEP) im Vortrag über „Die militärische Absicherung der Wirtschaftsmacht EU“ auf dem Friedensratschlag 2008 – Kassel, den 7. Dezember 2008
13- Süddeutsche Zeitung-Online: „Marine vor Einsatz gegen Piraten am Horn von Afrika“, 10.12.2008
14- Informationsstelle Militarisierung: „Maritimes Säbelrasseln“, 05.12.2008
Stolzes Schiff: "Die MS ‚Astor’ ist definitiv nicht angegriffen worden und fährt weiterhin auf ihren geplanten Routen."
Weniger Beachtung fand hingegen die Stellungnahme der Reederei des laut SPIEGEL angegriffenen Kreuzfahrtschiffs am Folgetag. Transocean-Tours schildert den Vorfall aus ihrer Sicht ausführlich:
„Die MS ‚Astor’ ist definitiv nicht angegriffen worden und fährt weiterhin auf ihren geplanten Routen. Auch das Einsatzführungskommando in Potsdam bestätigt, dass die ‚Astor’ nicht beschossen wurde. […] Die Passage der ‚Astor’ führte durch einen international überwachten Seekorridor, in dem auch die deutsche Fregatte F218 patrouillierte. Am Vormittag des 28. November 2008 waren in ca. drei Seemeilen Entfernung (ca. 6 Kilometer) zwei kleinere Schiffe gesichtet worden. Ob es sich dabei um Fischerboote handelte die in dieser viel befahrenen Region oft zu sehen sind oder ob es sich um Boote von Piraten handelte, ist nicht bekannt.
Zwischen 11.10 und 11:20 Uhr hat sich die Fregatte Mecklenburg Vorpommern zwischen MS ‚Astor’ und den beiden Booten positioniert – in ca. 2,5 Seemeilen Entfernung (ca. 5 Kilometer) zur ‚Astor’. Um 11.20 Uhr hat die Mecklenburg Vorpommern nach den Informationen, die der Schiffsführung der ‚Astor’ vorliegen, Kurs genommen in Richtung eines Frachtschiffes. Weder die 492 Passagiere an Bord noch die Besatzung haben ein Eingreifen der Fregatte erkennen können. Es gab zu dem Zeitpunkt, als sich die ‚Astor’ und die Fregatte begegneten, keine Schüsse und keine Berichte seitens der Fregatte über Angriffe auf diese oder geplante Angriffe auf die ‚Astor’.“ (2)
Der deutsche Kapitän der Fregatte F218-„Mecklenburg-Vorpommern“ Kai-Achim Schönbach bestätigte am 8. Dezember 2008 im ZDF „heute-journal“-Interview wiederum den Einsatz von Schusswaffen der „Mecklenburg-Vorpommern“ gegen die zwei mutmaßlichen Piratenboote: „Wir haben Warnschüsse abgegeben“. (3)
John Will, Pressesprecher von Transocean sicherte auf Nachfrage hingegen nochmals zu, dass die Besatzung und die Passagiere der „MS Astor“ zum Zeitpunkt des angeblichen Zwischenfalls keine Schüsse oder andere Auffälligkeiten bemerkt haben: „Wir haben 492 Passagiere und 260 Crew-Mitglieder die das nicht gemerkt haben.“ Es habe auch keine Mitteilung oder Warnung von der Fregatte gegeben. Transocean sieht den Vorfall nicht als „bewiesen“ an. (4)
Angriff auf Kreuzfahrtschiff nur vorgeschoben?
„Die [zwei verdächtigen] Boote waren in der Rückschau betrachtet auf einer Art Abfangkurs zur MS Astor“ (5), war eine interessante Aussage des Fregattenkapitäns der „Mecklenburg-Vorpommern“ im ZDF-Interview. Wurde die „MS Astor“ also erst nachträglich zur Begründung für die Schüsse der Marine und im weiteren für eine deutsche Beteiligung an einem EU-Militäreinsatz am Horn von Afrika herangezogen? (6)
Wurde überhaupt geschossen? Die widersprechenden Aussagen lassen Raum für Spekulationen. Immerhin haben sowohl Transocean als auch das deutsche Verteidigungsministerium gute Gründe für ihre Aussagen. Wer bei seiner Kreuzfahrt Piraten-Angriffe fürchten muss, wird sich demnächst davor hüten mit Transocean-Tours durch den Golf von Aden zu reisen. Immerhin kündigte die Reederei an, die Route nicht zu ändern und weiterhin die Küste Somalias endlang zu fahren.
Das die Bundesregierung – vor allem der deutsche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) – einem Einsatz am Horn von Afrika schon länger positiv gegenüberstanden ist kein Geheimnis. Schon seit Ende 2001 beteiligt sich die Bundesmarine mit einigen Hundert Seeleuten und der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) an einer internationalen Anti-Terror-Mission vor der Küste Ost-Afrikas. (7) Schon heute macht die deutsche Fregatte – wie der Fall der „MS Astor“ zeigt – im Rahmen des Anti-Terror-Kriegs Jagd auf Piraten vor der somalischen Küste. Für den OEF-Einsatz am Horn von Afrika stimmten am 13. November diesen Jahres 378 Abgeordnete der großen Koalition sowie fast alle Abgeordneten der FDP-Fraktion. Gegen die Verlängerung des OEF-Mandats stimmten nur 28 Abgeordnete der großen Koalition sowie die Fraktion der Grünen und der Linken. (8)
Allerdings wurde der in der Bevölkerung unpopuläre OEF-Einsatz seit Beginn immer weiter eingeschränkt. Dies traf auch den Marineeinsatz am Horn von Afrika: sah das Mandat 2007 noch eine Obergrenze von 1.000 Seeleuten vor (9), liegt die Obergrenze heute bei nur noch 800 Seeleuten (10). Tatsächlich im Einsatz sind jedoch weit weniger – rund 230 Seeleute. (11)
Scheinbar will sich die Bundesregierung aus der unpopulären, von den USA angeführten, Anti-Terror-Mission – mit der sich keine Mehrheit in der Bundesrepublik finden lässt - zurückziehen und stattdessen eine ähnliche EU-Mission am Horn von Afrika profilieren. Statt die Obergrenze des OEF-Mandats voll auszuschöpfen ringen Bundesregierung und Verteidigungsministerium um eine EU-Mission mit einer Obergrenze von 1.400 Seeleuten der Bundeswehr. Zudem würde die deutsche Bevölkerung durch einen EU-Marineeinsatz am Horn von Afrika weiter an den – wie es der Europaabgeordnete Tobias Pflüger (GUE/NGL) zutreffend bezeichnet - „Dauerzustand Auslandseinsatz“ (12) gewöhnt.
Im Vertraulichen-Bericht vom Verteidigungsministerium an den Bundestag aus dem der SPIEGEL zitiert und der Nachrichten Heute ebenfalls vorliegt heißt es: „In Djibuti und im Golf von Aden ist die Bedrohungslage zurzeit als niedrig eingestuft“. Ministerium und Regierung sind sich der niedrigen Bedrohung also bewusst – das Bundeskabinett winkte eine deutsche Beteiligung am Anti-Piraten-Einsatz der EU, die so genannte Mission „Atalanta“, mit bis zu 1.400 Soldatinnen und Soldaten trotzdem am 10. Dezember 2008 durch. (13)
Auch, dass die „schnellen Boote“ der mutmaßlichen Piraten laut dem Geheimbericht nach den Schüssen der deutschen Marine „mit hoher Fahrt in jemenitisches Hoheitsgewässer einliefen“ und nicht die somalische Küste ansteuerten wirft Fragen auf – soll Somalia doch der Ausgangspunkt für die Piraterie am Horn von Afrika sein.
Der gewollte Militäreinsatz am Horn von Afrika
Der mutmaßliche Zwischenfall um die „MS Astor“ ist nicht die erste Ungereimtheit im Streit um einen Militäreinsatz vor der Küste Somalias: in der Nacht vom 18. auf den 19. November 2008 hat die indische Fregatte „INS Tabar“ im Golf von Aden ein vermeintliches Piratenmutterschiff beschossen und versenkt. Die Medien berichteten ausführlich über den „Erfolg“ der Inder bei der Piratenjagd. Rund eine Woche später sagte der einzige Überlebende aus, dass Piraten den thailändischen Fischkutter „Ekawat Nava 5“ geentert hätten. Als sich das indische Kriegsschiff näherte gaben die Piraten einige Schüsse ab und verließen den Fischtrawler mit Schnellbooten.
Die „Ekawat Nava 5“ wurde dann in Folge des Beschusses durch das indische Kriegsschiff in einem Flammeninferno versenkt. Ein Besatzungsmitglied wurde tot geborgen und 14 werden bis heute vermisst. (14) Die deutschen Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die am 19. Dezember 2008 im Bundestag über die deutsche Marinebeteiligung bei „Atalanta“ abstimmen werden, sollten sich bewusst sein, dass die wahren Absichten hinter dem EU-Militäreinsatz noch immer nicht ausgesprochen wurden und die öffentliche Diskussion schon jetzt mit Propaganda vergiftet wurde.
Quellen:
1- SPIEGEL-Online: „Piratenattacke auf MS Astor: Marine vereitelt Angriff auf deutsches Kreuzfahrtschiff“, 04.12.2008
2- TransoceanTours: „ MS »ASTOR«: 05.12. NEU Zur aktuellen Berichterstattung “. 05.12.2008
3- ZDF – „heute-journal“: „Marine soll künftig auch Piraten jagen“, 08.12.2008
4- Telefonat mit dem Pressesprecher von Transocean-Tours - John Will, 09.12.2008
5- ZDF – „heute-journal“: „Marine soll künftig auch Piraten jagen“, 08.12.2008
6- SPIEGEL-Online: „Piraten-Angriffe: Kreuzfahrtschiffe fahren weiter durch Golf von Aden“, 05.12.2008
7- Informationsstelle Militarisierung: „Maritimes Säbelrasseln“, 05.12.2008 http://www.imi-online.de/2008.php3?id=1855
8- Abgeordnetenwatch: „Verlängerung des Anti-Terror-Einsatzes (OEF)“, 13.11.2008
9- Bundestagsdrucksache 16/6939
10- Bundestagsdrucksache 16/19720
11- Informationsstelle Militarisierung: „Maritimes Säbelrasseln“, 05.12.2008
12- Tobias Pflüger (MdEP) im Vortrag über „Die militärische Absicherung der Wirtschaftsmacht EU“ auf dem Friedensratschlag 2008 – Kassel, den 7. Dezember 2008
13- Süddeutsche Zeitung-Online: „Marine vor Einsatz gegen Piraten am Horn von Afrika“, 10.12.2008
14- Informationsstelle Militarisierung: „Maritimes Säbelrasseln“, 05.12.2008
sfux - 15. Dez, 20:39 Article 4144x read