Suizidabsturz der Germanwings-Maschine und die Bruchlandung eines Nimbus
Dr. Alexander von Paleske --- 28.3.2015 -----
Vor einem Jahr veröffentlichte die Pilotin Julia November ihre Negativ-Erfahrungen bei einer Billigfluglinie unter dem Titel:
„Kaufen Sie noch ein Los, bevor wir abstürzen – Aus dem Alltag als Pilotin bei einer Billig-Airline“
Es ist fraglich, ob sie ihrem Buch, angesichts der tragischen Ereignisse in den französischen Alpen, heute noch den gleichen Titel geben würde. Denn abgestürzt ist nicht etwa eine Maschine ihres Arbeitgebers, sondern eine Maschine der Germanwings.
Zwar ist Germanwings auch eine Low Cost Airline, aber gleichzeitig eine 100%ige Tochter der Lufthansa, die dort in jeder Hinsicht, gerade auch bei den Sicherheitsbestimmungen, das Sagen hat.
Unvollständig abgekupfert
Germanwings sollte die verlustbringenden Kurz- und Mittelstrecken der Lufthansa profitabel machen, um den Low Cost Carriern wie Ryanair Paroli zu bieten. Insofern wurde deren Geschäftsmodell „abgekupfert“, nicht jedoch deren strengere Sicherheitsbestimmungen.
Bei Ryanair wird die Vier-Augen-Regel bereits seit langem praktiziert, eine Regel, die in den USA längst zwingend vorgeschrieben ist: Immer müssen zwei Personen im Cockpit sein.
Die Regel wurde eingeführt, um die Passagiere vor eventuellen zerstörerischen Aktionen eines der Piloten zu schützen. Die jetzt gegen diese Regel von ein paar Bedenkenträgern geäusserten Befürchtungen können jedoch in keiner Weise überzeugen.
Keine Hirngespinste
Das waren keineswegs Hirngespinste von wildgewordenen Sicherheitsfanatikern: Es gab bereits mehrere Suizidabstürze in der Vergangenheit. Zuletzt hatte der tragische Suizid-Absturz einer LAM Maschine im November 2013 über Namibia die Notwendigkeit unterstrichen, dafür zu sorgen, dass sich ein Pilot niemals allein im Cockpit aufhalten darf, die Tür von innen verriegeln kann, und anschliessend das Flugzeug abstürzen lässt.
Sowohl der Absturz der LAM Maschine, wie auch der Absturz der Germanwings-Maschine, hätte sich durch die Vier-Augen-Regel mit grosser Wahrscheinlichkeit verhindern lassen. Insofern war die bisherige Nichteinführung der Vier-Augen-Regel bei der Lufthansa ein schwerer Fehler.
Es darf doch wohl nicht die Regel gelten:
"Erst muss etwas passieren, damit etwas geschieht"
Dabei ist es auch unbeachtlich, dass das Luftfahrt-Bundesamt die Vier-Augen-Regel bisher nicht zur Vorschrift machte. Das Bundesamt legt lediglich Mindeststandards fest.
Hinter vorgehaltener Hand
Piloten haben hinter vorgehaltener Hand sehr wohl über das Sicherheitsrisiko ohne Vier-Augen-Regel gesprochen.
De österreichische Luftfahrtzeitschrift Austrian Wings hatte vor einem Jahr in einem ausführlichen Artikel unter Verweis auf die Suizidabstürze auf diese Probleme hingewiesen.
Die Lufthansa und mit ihr eine Reihe anderer Fluggesellschaften unternahmen nichts, anders als die Billig-Linien Ryanair, Flybe und Jet2com aber auch die tschechische Fluggesellschaft CSA.
Nimbus beschädigt
Der Sicherheitsnimbus der Lufthansa gründete sich ja gerade darauf, dass in Punkto Sicherheit bei der Kranich-Linie weit mehr getan wurde, als nur den Mindeststandards zu genügen.
Der tragische Suizidabsturz der Germanwings-Maschine hat nicht nur das Leben von 150 Menschen gefordert, er hat auch einen Nimbus in Mitleidenshaft gebracht: Die Lufthansa als Luftlinie, bei der Sicherheit an allererster Stelle steht. Zumindest nach dem letzten Absturz einer Lufthansa Maschine (Jumbo-Jets) am 20.11. 1974 in Nairobi.
Um das Vertrauen in die Kranichlinie wiederherzustellen, genügt es kaum, die Angehörigen der Opfer zu entschädigen, und dann zur Tagesordnung überzugehen.
Der Vorstand Carsten Spohr muss sich nicht nur schwere Vorwürfe in Punkto Sicherheitspolitik gefallen lassen, sondern auch nach dem Unfall sich uneinsichtig gezeigt zu haben.
Auf einer internationalen Pressekonferenz vor zwei Tagen betonte er, auf die Vier-Augen-Regel angesprochen: Er habe volles Vertrauen in seine Piloten – blindes Vertrauen möchte man ergänzend hinzufügen. Nur einen Tag später wurde die Vier Augen-Regel dann europaweit eingeführt.
Medien-Lamento fehlgeleitet
Auch wenn in den Medien in Deutschland und anderswo nun darüber lamentiert wird, man hätte die Psychopathologie des Kopiloten doch rechtzeitig erkennen müssen: Diese Pathologie der Psyche ist eben oftmals nur sehr schwierig zu erkennen und eröffnet sich weit eher im Bekanntenkreis, als bei einem Arzt.
Weit wichtiger, als über die Beschränkung der ärztlichen Schweigepflicht nahzudenken, ist es, wie suizidale Aktionen solcher Personen durch umfassende Sicherheit weitgehend unmöglich gemacht werden können: Suizidale Aktionen von Passagieren wie von Piloten.
Rücktritt erforderlich
Eine Wiederherstellung des Vertrauens in die Kranichlinie setzt eine neue Führungsmannschaft voraus, die andere Prioritäten setzt, als nur Kostensenkung, Kostensenkung und nochmals Kostensenkung, sondern an allererster Stelle die Sicherheit für die Flugpassagiere.
Carsten Spohr sollte seinen Vorstands-Sessel räumen, und zwar sofort.
Den immer streikbereiten Lufthansa-Piloten muss vorgeworfen werden, die Vier-Augen-Regel nur hinter vorgehaltener Hand problematisiert, nicht aber als Forderung gegenüber dem Management erhoben, und - notfalls durch Streik - durchgesetzt zu haben.
Eine Anmerkung zum Absturz der Germanwings-Maschine
Vor einem Jahr veröffentlichte die Pilotin Julia November ihre Negativ-Erfahrungen bei einer Billigfluglinie unter dem Titel:
„Kaufen Sie noch ein Los, bevor wir abstürzen – Aus dem Alltag als Pilotin bei einer Billig-Airline“
Es ist fraglich, ob sie ihrem Buch, angesichts der tragischen Ereignisse in den französischen Alpen, heute noch den gleichen Titel geben würde. Denn abgestürzt ist nicht etwa eine Maschine ihres Arbeitgebers, sondern eine Maschine der Germanwings.
Zwar ist Germanwings auch eine Low Cost Airline, aber gleichzeitig eine 100%ige Tochter der Lufthansa, die dort in jeder Hinsicht, gerade auch bei den Sicherheitsbestimmungen, das Sagen hat.
Unvollständig abgekupfert
Germanwings sollte die verlustbringenden Kurz- und Mittelstrecken der Lufthansa profitabel machen, um den Low Cost Carriern wie Ryanair Paroli zu bieten. Insofern wurde deren Geschäftsmodell „abgekupfert“, nicht jedoch deren strengere Sicherheitsbestimmungen.
Bei Ryanair wird die Vier-Augen-Regel bereits seit langem praktiziert, eine Regel, die in den USA längst zwingend vorgeschrieben ist: Immer müssen zwei Personen im Cockpit sein.
Die Regel wurde eingeführt, um die Passagiere vor eventuellen zerstörerischen Aktionen eines der Piloten zu schützen. Die jetzt gegen diese Regel von ein paar Bedenkenträgern geäusserten Befürchtungen können jedoch in keiner Weise überzeugen.
Keine Hirngespinste
Das waren keineswegs Hirngespinste von wildgewordenen Sicherheitsfanatikern: Es gab bereits mehrere Suizidabstürze in der Vergangenheit. Zuletzt hatte der tragische Suizid-Absturz einer LAM Maschine im November 2013 über Namibia die Notwendigkeit unterstrichen, dafür zu sorgen, dass sich ein Pilot niemals allein im Cockpit aufhalten darf, die Tür von innen verriegeln kann, und anschliessend das Flugzeug abstürzen lässt.
Sowohl der Absturz der LAM Maschine, wie auch der Absturz der Germanwings-Maschine, hätte sich durch die Vier-Augen-Regel mit grosser Wahrscheinlichkeit verhindern lassen. Insofern war die bisherige Nichteinführung der Vier-Augen-Regel bei der Lufthansa ein schwerer Fehler.
Es darf doch wohl nicht die Regel gelten:
"Erst muss etwas passieren, damit etwas geschieht"
Dabei ist es auch unbeachtlich, dass das Luftfahrt-Bundesamt die Vier-Augen-Regel bisher nicht zur Vorschrift machte. Das Bundesamt legt lediglich Mindeststandards fest.
Hinter vorgehaltener Hand
Piloten haben hinter vorgehaltener Hand sehr wohl über das Sicherheitsrisiko ohne Vier-Augen-Regel gesprochen.
De österreichische Luftfahrtzeitschrift Austrian Wings hatte vor einem Jahr in einem ausführlichen Artikel unter Verweis auf die Suizidabstürze auf diese Probleme hingewiesen.
Die Lufthansa und mit ihr eine Reihe anderer Fluggesellschaften unternahmen nichts, anders als die Billig-Linien Ryanair, Flybe und Jet2com aber auch die tschechische Fluggesellschaft CSA.
Nimbus beschädigt
Der Sicherheitsnimbus der Lufthansa gründete sich ja gerade darauf, dass in Punkto Sicherheit bei der Kranich-Linie weit mehr getan wurde, als nur den Mindeststandards zu genügen.
Der tragische Suizidabsturz der Germanwings-Maschine hat nicht nur das Leben von 150 Menschen gefordert, er hat auch einen Nimbus in Mitleidenshaft gebracht: Die Lufthansa als Luftlinie, bei der Sicherheit an allererster Stelle steht. Zumindest nach dem letzten Absturz einer Lufthansa Maschine (Jumbo-Jets) am 20.11. 1974 in Nairobi.
Um das Vertrauen in die Kranichlinie wiederherzustellen, genügt es kaum, die Angehörigen der Opfer zu entschädigen, und dann zur Tagesordnung überzugehen.
Der Vorstand Carsten Spohr muss sich nicht nur schwere Vorwürfe in Punkto Sicherheitspolitik gefallen lassen, sondern auch nach dem Unfall sich uneinsichtig gezeigt zu haben.
Auf einer internationalen Pressekonferenz vor zwei Tagen betonte er, auf die Vier-Augen-Regel angesprochen: Er habe volles Vertrauen in seine Piloten – blindes Vertrauen möchte man ergänzend hinzufügen. Nur einen Tag später wurde die Vier Augen-Regel dann europaweit eingeführt.
Medien-Lamento fehlgeleitet
Auch wenn in den Medien in Deutschland und anderswo nun darüber lamentiert wird, man hätte die Psychopathologie des Kopiloten doch rechtzeitig erkennen müssen: Diese Pathologie der Psyche ist eben oftmals nur sehr schwierig zu erkennen und eröffnet sich weit eher im Bekanntenkreis, als bei einem Arzt.
Weit wichtiger, als über die Beschränkung der ärztlichen Schweigepflicht nahzudenken, ist es, wie suizidale Aktionen solcher Personen durch umfassende Sicherheit weitgehend unmöglich gemacht werden können: Suizidale Aktionen von Passagieren wie von Piloten.
Rücktritt erforderlich
Eine Wiederherstellung des Vertrauens in die Kranichlinie setzt eine neue Führungsmannschaft voraus, die andere Prioritäten setzt, als nur Kostensenkung, Kostensenkung und nochmals Kostensenkung, sondern an allererster Stelle die Sicherheit für die Flugpassagiere.
Carsten Spohr sollte seinen Vorstands-Sessel räumen, und zwar sofort.
Den immer streikbereiten Lufthansa-Piloten muss vorgeworfen werden, die Vier-Augen-Regel nur hinter vorgehaltener Hand problematisiert, nicht aber als Forderung gegenüber dem Management erhoben, und - notfalls durch Streik - durchgesetzt zu haben.
Eine Anmerkung zum Absturz der Germanwings-Maschine
onlinedienst - 28. Mär, 12:05 Article 4895x read
es gab doch einen Notruf
warum haben so viele flugbesatzungen, nach dem absturz, sich geweigert ihren flug anzutreten? haben die mehr gewusst ?