Vor einem Jahr: Lehman-Pleite am 15.9.2008 und Beginn der Weltfinanzkrise
Dr. Alexander von Paleske - War da was? Der Deutsche Aktienindex DAX schon wieder über 5400 Punkten, die Talsohle der Krise offenbar erreicht, die Deutsche Bank schreibt schon wieder Milliardengewinne.
Eine rhetorische Frage, denn schliesslich handelte es sich um die schwerste Finanz-und Wirtschaftskrise weltweit seit 1929 und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Deutschland werden in ihrer vollen Wucht erst in den nächsten Monaten zum Tragen kommen. Dann nämlich, wenn in grossem Umfang Kurzarbeiter entlassen werden.
Ausserdem halten sich angeblich Firmen mit Entlassungen vor den anstehenden Bundestagswahlen zurück, um damit die Chancen einer schwarz-gelben Regierung zu verbessern, wie die Financial Times Deutschland berichtete.
Aus den USA haben wir schon ein paar Zahlen, was die Krise gekostet hat:
- 5 Millionen Arbeitsplätze vernichtet
- 1 Million Häuser zwangsversteigert
- 26 Billionen Dollar an Ersparnissen vernichtet
- Der gleiche Betrag noch einmal in die Wirtschaft
gepumpt, um einen weiteren Absturz zu verhindern.
War sonst noch etwas?
Ja natürlich, dass die Politiker unisono erklärten, von der Krise überrascht worden zu sein. Das erstaunt, denn es gab ja einige Warnungen und genügend Warnhinweise nach der Subprimekrise, , u.a. haben auch wir hier mehrfach auf die bevorstehende Weltfinanzkrise hingewiesen.
Dann dass Frau Merkel sie zunächst einmal für ein rein US-amerikanisches Phänomen hielt, mit dem man selbst eigentlich gar nichts zu tun habe.
Dass beim ersten Rettungsversuch der Hypo Real Estate Worte fielen wie , „das dürfe sich aber auf gar keinen Fall wiederholen“. Und dass die Staatsbank KfW noch schnell 300 Millionen an die Lehman-Bank nach deren Pleite überwies - Peanuts in der Bankensprache.
Mittlerweile sind aus diesem ersten goldenen Rettungsanker für die HRE von 30 MilliardenEuro mehr als 100 Milliarden geworden – nur für die HRE alleine.
Die Gesamtstaatsverschuldung Deutschlands beträgt mittlerweile 1,65 Billionen Euro und wird weiter ansteigen, um mindestens 100 Milliarden Euro bis zum nächsten Jahr.
Selbstmorde als Folge
Das Elend, das in jeder Arbeitslosigkeit steckt und das in einigen Fällen zum Selbstmord der Betroffenen führen kann lässt sich in den oben genannten Zahlen kaum ausdrücken..
Am Montag hat der Vorsitzende des Nationalen Suizid-Praeventionsprogramms, Armin Schmidtke, aber darauf aufmerksam gemacht. Zwar nicht aus Deutschland, aber aus Frankreich lägen bereits diesbezügliche Suizid-Zahlen vor.
Nun hat die hochangesehene Medizinzeitung LANCET in ihrer Ausgabe vom 25.7.2009, (Vol. 374 Seite 315ff) eine Studie von Davis Stuckler et al. von der Universität Oxford veröffentlicht, in welcher diese vemuteten Zusammenhänge belegt werden. Als Beobachtungszeitraum diente ihnen die Zeit von 1970-2007, damit war die jetzige Krise natürlich noch nicht erfasst. Für die jetzige Krise erwarten sie schlimmere Auswirkungen, da abrupt einsetzend und tiefer gehend.
Ihre Schlussfolgerungen sind:
Rises in unemployment are associated with significant short term increases in premature deaths.
Wobei sich dann noch herausstellte, dass in Ländern, in denen gute soziale Programme bestehen, die auch die psychosozialen Folgen der Arbeitslosigkeit abfedern, wie beispielsweise in Schweden und Finnland, ein derartig deutlicher Anstieg der Selbstmordrate nicht zu verzeichnen war.
Wer kann zur Verantwortung gezogen werden?
Damit stellt sich automatisch auch die Frage, was haben eigentlich die Casino-Banker, die sich gerne Investment Banker nennen, strafrechtlich zu befürchten. Sie waren es ja, die mit dem Derivate-Handel, insbesondere den Credit Default Swaps, ganz erheblich zum Entstehen der Finanzkrise und ihr folgend der Wirtschaftskrise beigetragen haben?
Ich richtete diese Frage an den ehemaligen Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwalt a.D. Dr. Hansjürgen Karge im Rahmen eines Interviews vor wenigen Wochen.
Frage: Kommen wir auf die sich verändernde Kriminalität zu sprechen. Nun haben wir ja eine Finanz-und Wirtschaftskrise , die zum Teil durch verantwortungsloses Verhalten sprich: Zockerei ausgelöst wurde, mit enormen Schäden für die Wirtschaft mit konsekutiver Arbeitslosigkeit. Mit Schäden, die letztlich von der gesamten Gesellschaft getragen werden müssen, die aber, sofern man das jetzt beurteilen kann, meist nicht als strafbares Verhalten eingestuft werden können, auf der anderen Seite aber Tagediebe im Rückfall zu erheblichen Strafen verurteilt werden.
Führt dieses diskrepante Vorgehen, das aber den Strafgesetzen entspricht, nicht zu einer massiven Erschütterung des Vertrauens in Justiz und Staat?
Antwort: Doch, ich sehe das auch so, die Leute sind verzweifelt und geraten neben Verzweiflung in Zorn, wenn sie sehen, je höher man sitzt, und je weiter man agieren kann, und je mehr Geld man hat, umso mehr wird man von der „Eierdieb-Verfolgung“ der Staatsanwaltschaft verschont.
Man muss nur sich darüber im klaren sein, dass das Problem sich durch nationale Staatsanwaltschaften allein nicht mehr lösen lässt.
Das ist ein internationales Problem und internationales Ueberwachungsproblem. Ich bin sehr dafür, dass man nicht versucht, dies mit örtlichen Staatsanwaltschaften auf dem Lande zu verfolgen, sondern dass man die ja vorhandenen Kontrollmöglichkeiten, die nicht genutzt wurden, von denselben Staaten, die jetzt auf die Banker schimpfen, dass man diese Ueberwachungs- und Kontrollmöglichkeiten ausnutzt und wenn dann jemand dagegen verstösst, dann kann ihn auch die Staatsanwaltschaft verfolgen.
Dem kann man nur zustimmen.
Das vollständige Interview hier.
Justiz in der Krise oder Krisenjustiz?
Default Swaps oder: Die nächste Weltfinanzkrise rückt näher
Finanzkrise, Bankenkrisen, Kleinanlegerbetrug – Hat die Finanzaufsicht BaFin versagt?
Finanzgauner, ihre Opfer und die BaFin
Die Grossbanken und der Staatsanwalt
Finanzkrise - Steuerzahler sollen Rettungsversuche bezahlen
Weltfinanzkrise geht in die nächste Runde
Weltfinanzkrise - Staatsbank KfW zockte bei Swaps kräftig mit
Eine rhetorische Frage, denn schliesslich handelte es sich um die schwerste Finanz-und Wirtschaftskrise weltweit seit 1929 und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Deutschland werden in ihrer vollen Wucht erst in den nächsten Monaten zum Tragen kommen. Dann nämlich, wenn in grossem Umfang Kurzarbeiter entlassen werden.
Ausserdem halten sich angeblich Firmen mit Entlassungen vor den anstehenden Bundestagswahlen zurück, um damit die Chancen einer schwarz-gelben Regierung zu verbessern, wie die Financial Times Deutschland berichtete.
Aus den USA haben wir schon ein paar Zahlen, was die Krise gekostet hat:
- 5 Millionen Arbeitsplätze vernichtet
- 1 Million Häuser zwangsversteigert
- 26 Billionen Dollar an Ersparnissen vernichtet
- Der gleiche Betrag noch einmal in die Wirtschaft
gepumpt, um einen weiteren Absturz zu verhindern.
War sonst noch etwas?
Ja natürlich, dass die Politiker unisono erklärten, von der Krise überrascht worden zu sein. Das erstaunt, denn es gab ja einige Warnungen und genügend Warnhinweise nach der Subprimekrise, , u.a. haben auch wir hier mehrfach auf die bevorstehende Weltfinanzkrise hingewiesen.
Dann dass Frau Merkel sie zunächst einmal für ein rein US-amerikanisches Phänomen hielt, mit dem man selbst eigentlich gar nichts zu tun habe.
Dass beim ersten Rettungsversuch der Hypo Real Estate Worte fielen wie , „das dürfe sich aber auf gar keinen Fall wiederholen“. Und dass die Staatsbank KfW noch schnell 300 Millionen an die Lehman-Bank nach deren Pleite überwies - Peanuts in der Bankensprache.
Mittlerweile sind aus diesem ersten goldenen Rettungsanker für die HRE von 30 MilliardenEuro mehr als 100 Milliarden geworden – nur für die HRE alleine.
Die Gesamtstaatsverschuldung Deutschlands beträgt mittlerweile 1,65 Billionen Euro und wird weiter ansteigen, um mindestens 100 Milliarden Euro bis zum nächsten Jahr.
Selbstmorde als Folge
Das Elend, das in jeder Arbeitslosigkeit steckt und das in einigen Fällen zum Selbstmord der Betroffenen führen kann lässt sich in den oben genannten Zahlen kaum ausdrücken..
Am Montag hat der Vorsitzende des Nationalen Suizid-Praeventionsprogramms, Armin Schmidtke, aber darauf aufmerksam gemacht. Zwar nicht aus Deutschland, aber aus Frankreich lägen bereits diesbezügliche Suizid-Zahlen vor.
Nun hat die hochangesehene Medizinzeitung LANCET in ihrer Ausgabe vom 25.7.2009, (Vol. 374 Seite 315ff) eine Studie von Davis Stuckler et al. von der Universität Oxford veröffentlicht, in welcher diese vemuteten Zusammenhänge belegt werden. Als Beobachtungszeitraum diente ihnen die Zeit von 1970-2007, damit war die jetzige Krise natürlich noch nicht erfasst. Für die jetzige Krise erwarten sie schlimmere Auswirkungen, da abrupt einsetzend und tiefer gehend.
Ihre Schlussfolgerungen sind:
Rises in unemployment are associated with significant short term increases in premature deaths.
Wobei sich dann noch herausstellte, dass in Ländern, in denen gute soziale Programme bestehen, die auch die psychosozialen Folgen der Arbeitslosigkeit abfedern, wie beispielsweise in Schweden und Finnland, ein derartig deutlicher Anstieg der Selbstmordrate nicht zu verzeichnen war.
Wer kann zur Verantwortung gezogen werden?
Damit stellt sich automatisch auch die Frage, was haben eigentlich die Casino-Banker, die sich gerne Investment Banker nennen, strafrechtlich zu befürchten. Sie waren es ja, die mit dem Derivate-Handel, insbesondere den Credit Default Swaps, ganz erheblich zum Entstehen der Finanzkrise und ihr folgend der Wirtschaftskrise beigetragen haben?
Ich richtete diese Frage an den ehemaligen Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwalt a.D. Dr. Hansjürgen Karge im Rahmen eines Interviews vor wenigen Wochen.
Frage: Kommen wir auf die sich verändernde Kriminalität zu sprechen. Nun haben wir ja eine Finanz-und Wirtschaftskrise , die zum Teil durch verantwortungsloses Verhalten sprich: Zockerei ausgelöst wurde, mit enormen Schäden für die Wirtschaft mit konsekutiver Arbeitslosigkeit. Mit Schäden, die letztlich von der gesamten Gesellschaft getragen werden müssen, die aber, sofern man das jetzt beurteilen kann, meist nicht als strafbares Verhalten eingestuft werden können, auf der anderen Seite aber Tagediebe im Rückfall zu erheblichen Strafen verurteilt werden.
Führt dieses diskrepante Vorgehen, das aber den Strafgesetzen entspricht, nicht zu einer massiven Erschütterung des Vertrauens in Justiz und Staat?
Antwort: Doch, ich sehe das auch so, die Leute sind verzweifelt und geraten neben Verzweiflung in Zorn, wenn sie sehen, je höher man sitzt, und je weiter man agieren kann, und je mehr Geld man hat, umso mehr wird man von der „Eierdieb-Verfolgung“ der Staatsanwaltschaft verschont.
Man muss nur sich darüber im klaren sein, dass das Problem sich durch nationale Staatsanwaltschaften allein nicht mehr lösen lässt.
Das ist ein internationales Problem und internationales Ueberwachungsproblem. Ich bin sehr dafür, dass man nicht versucht, dies mit örtlichen Staatsanwaltschaften auf dem Lande zu verfolgen, sondern dass man die ja vorhandenen Kontrollmöglichkeiten, die nicht genutzt wurden, von denselben Staaten, die jetzt auf die Banker schimpfen, dass man diese Ueberwachungs- und Kontrollmöglichkeiten ausnutzt und wenn dann jemand dagegen verstösst, dann kann ihn auch die Staatsanwaltschaft verfolgen.
Dem kann man nur zustimmen.
Das vollständige Interview hier.
Justiz in der Krise oder Krisenjustiz?
Default Swaps oder: Die nächste Weltfinanzkrise rückt näher
Finanzkrise, Bankenkrisen, Kleinanlegerbetrug – Hat die Finanzaufsicht BaFin versagt?
Finanzgauner, ihre Opfer und die BaFin
Die Grossbanken und der Staatsanwalt
Finanzkrise - Steuerzahler sollen Rettungsversuche bezahlen
Weltfinanzkrise geht in die nächste Runde
Weltfinanzkrise - Staatsbank KfW zockte bei Swaps kräftig mit
onlinedienst - 12. Sep, 23:07 Article 3418x read