Wahlmanipulation durch Ex-Stasi-Mitarbeiter?
Harald Haack – Ronny S.* saß in Bautzen wegen einer dusseligen Bemerkung ein. Knast habe ihm das eingebracht. In einer Kneipe habe er einige Biere getrunken und über Erich Honecker gelästert. Schon am nächsten Tag hatten sie ihn dann von der Baustelle, auf der er damals in Salzwedel arbeitete, weggeholt und zu einer Villa gebracht, der Salzwedeler Stasi-Zentrale, eingebuchtet und tagelang verhört. Ein Richter habe ihm später zu 8 Jahren Zwangsaufenthalt in Bautzen verurteilt. Erst sechs Jahre später, nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, ließ man ihn laufen. Aber Arbeit wollte ihm, den gelernten Klempner, der aus politischen Gründen im Gefängnis gesessen hatte, niemand mehr geben.
Am Freitag vor dem Wahlsonntag der Landtagswahl 2006 in Sachsen-Anhalt standen sie wieder vor seiner Wohnungstür, die einstigen Stasi-Mitarbeiter, die selben strengen Gesichter, die ihn zum Volksfeind gestempelt hatten. Als er die Tür öffnete, drängelten sie ihn in seine kleine Mietswohnung. Zunächst habe er nur zwei im Hausflur vor der Tür gesehen. Im Nu aber waren drei der Kerle in der Stube und stießen ihn aufs Sofa. Es habe sich im Grunde genommen nichts geändert, sollen sie ihm gesagt haben. Die Stasi gebe es noch. Dass er frei herumlaufe, habe er nur den „Wirren der Wende“ zu verdanken. Und dann hätten sie ihn verprügelt und ihm weitere Prügel angedroht, falls er es wagen sollte am Sonntag zur Wahl zu gehen. Für den Fall, dass er zur Polizei renne und Anzeige erstatte, drohten sie ihn, ihn verschwinden zu lassen – so wie damals in der DDR viele Leute spurlos verschwanden.
Ronny S.* ging nicht zur Wahl. Auch nicht zur Polizei. Er blieb zu Hause wie viele Salzwedeler und andere Wahlberechtigte in Sachsen-Anhalt.
Nachdem er am Montag-Abend nach einem Besuch in seiner Stammkneipe in der Burgstraße zu Hause den Fernseher eingeschaltet hatte, sah er den Bericht über den Stasi-Aufmarsch in Hohenschönhausen. Der Auftritt von Matthias Melster, einem ehemaligen Bautzener Mithäftling, im MDR-Magazin „Fakt“, machte ihn Mut den Überfall der Stasi-Schergen nicht sang und klanglos hinzunehmen. Mit der Polizei wolle er nichts zu tun haben, aber die Sache müsse an die Öffentlichkeit. Sicherlich gebe es noch mehr Leute, denen man befohlen habe die Wahl zu schwänzen. Die sollten sich bitte bei „[journalismus] – nachrichten von heute“ oder anderen unabhängigen „Presse-Fritzen“ melden. Gemeinsam sei man doch stark, sagte er und er hoffe, dass dem Wirken der „kriminellen Vereinigung“ der Ex-Stasi-Mitarbeiter dann endlich „ein Riegel“ vorgeschoben werde.
* Name geändert
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FAKT vom 27.03.2006
Stasi-Aufmarsch in Hohenschönhausen
Manuskript des Beitrages von Helmuth Frauendorfer
Am Freitag vor dem Wahlsonntag der Landtagswahl 2006 in Sachsen-Anhalt standen sie wieder vor seiner Wohnungstür, die einstigen Stasi-Mitarbeiter, die selben strengen Gesichter, die ihn zum Volksfeind gestempelt hatten. Als er die Tür öffnete, drängelten sie ihn in seine kleine Mietswohnung. Zunächst habe er nur zwei im Hausflur vor der Tür gesehen. Im Nu aber waren drei der Kerle in der Stube und stießen ihn aufs Sofa. Es habe sich im Grunde genommen nichts geändert, sollen sie ihm gesagt haben. Die Stasi gebe es noch. Dass er frei herumlaufe, habe er nur den „Wirren der Wende“ zu verdanken. Und dann hätten sie ihn verprügelt und ihm weitere Prügel angedroht, falls er es wagen sollte am Sonntag zur Wahl zu gehen. Für den Fall, dass er zur Polizei renne und Anzeige erstatte, drohten sie ihn, ihn verschwinden zu lassen – so wie damals in der DDR viele Leute spurlos verschwanden.
Ronny S.* ging nicht zur Wahl. Auch nicht zur Polizei. Er blieb zu Hause wie viele Salzwedeler und andere Wahlberechtigte in Sachsen-Anhalt.
Nachdem er am Montag-Abend nach einem Besuch in seiner Stammkneipe in der Burgstraße zu Hause den Fernseher eingeschaltet hatte, sah er den Bericht über den Stasi-Aufmarsch in Hohenschönhausen. Der Auftritt von Matthias Melster, einem ehemaligen Bautzener Mithäftling, im MDR-Magazin „Fakt“, machte ihn Mut den Überfall der Stasi-Schergen nicht sang und klanglos hinzunehmen. Mit der Polizei wolle er nichts zu tun haben, aber die Sache müsse an die Öffentlichkeit. Sicherlich gebe es noch mehr Leute, denen man befohlen habe die Wahl zu schwänzen. Die sollten sich bitte bei „[journalismus] – nachrichten von heute“ oder anderen unabhängigen „Presse-Fritzen“ melden. Gemeinsam sei man doch stark, sagte er und er hoffe, dass dem Wirken der „kriminellen Vereinigung“ der Ex-Stasi-Mitarbeiter dann endlich „ein Riegel“ vorgeschoben werde.
* Name geändert


Stasi-Aufmarsch in Hohenschönhausen
Manuskript des Beitrages von Helmuth Frauendorfer
sfux - 28. Mär, 16:02 Article 1535x read