The secret Life of Words
Sonja Wenger - «The secret life of words»; ein stiller, zutiefst bewegender Film darüber, wie der Mensch mit seiner Vergangenheit umgeht und der Frage, ob es möglich ist, durch Liebe und Verständnis die seelischen Wunden von Kriegsopfern heilen können.
Hanna (Sarah Polley) ist beinahe taub und lebt in einer abgeschotteten, klinisch sauberen, bis ins letzte Detail geregelten Welt. Als ihr Vorgesetzter sie quasi dazu zwingt, einmal Urlaub zu nehmen, lässt sie sich auf einer Ölbohrinsel im graukalten Atlantik als Krankenschwester anstellen. Sie soll den bei einem Feuer schwer verletzten Josef (Tim Robbins) so lange pflegen, bis er transportfähig ist.

Das Zusammenleben mit den Eigenbrötlern der Insel öffnet Hanna eine völlig neue Welt und aus der anfänglich professionellen Distanz zu Josef entwickelt sich bald eine für beide überraschende Intimität. Sie geht soweit, dass sie einander in ihre Geschichten einweihen, was für Hanna jedoch auch den Abbruch der Beziehung bedeutet. Als Josef wieder gesund ist, macht er sich auf die Suche nach Hanna.
Nach «My life without me» ist dies die zweite Zusammenarbeit der kanadischen Schauspielerin Sarah Polley mit der spanischen Regisseurin Isabel Coixet. Auszüge aus einem Interview mit der Regisseurin.
Sonja Wenger: Frau Coixet, worum geht es in wenigen Worten in diesem Film?
Isabel Coixet: Es geht um das Überleben. Wie ein menschliches Wesen durch die Hölle (der Folter) gehen muss und mit diesen Erfahrungen umgeht. Als ich ein Kind war, habe ich mich immer gefragt, was in Menschen vorgeht, die in einem Konzentrationslager waren. Ich dachte: Sie haben überlebt und nun wird ihr Leben wieder wunderbar sein. Erst Jahre später realisierte ich, dass für diese Menschen danach nur eine andere Art der Hölle beginnt.

So wie Hannas Therapeutin im Film einmal sagt: «Die Scham, noch am Leben zu sein». Hanna wird im real existierenden Internationalen Zentrum für die Rehabilitierung und Beratung von Folteropfern
(IRCT) in Dänemark betreut. Wie ist dieser Bezug entstanden?
Nach meinem letzten Film «My life without me», bot man mir an, einen Dokumentarfi lm über eine Nichtstaatliche Organisation zu machen. Ich hatte Jahre zuvor ein Interview mit der Gründerin des IRCT, Inge Genefke, gehört und war sehr beeindruckt von ihr. Diese Organisation kämpft auf zwei Ebenen: Zum einen auf der politischen, indem sie ganz direkt gegen die Folter kämpft, zum anderen entwickelt sie Therapien, um Folteropfern zu helfen. So kam ich für Interviews mit ihr nach Kopenhagen und habe dort und in Sarajewo, wo das IRCT ein Center hat, auch mit vielen Folteropfern direkt gesprochen. Als ich nach Spanien zurückkehrte, haben mich diese Geschichten nicht mehr losgelassen. Es war aber nie meine Absicht, einen Film über den Balkan oder den Krieg zu machen. Ich glaube nicht, dass man das als aussenstehende Person kann, zu diesem schweren Thema fehlte mir auch der Bezug. Was ich aber mitbrachte, war eine grosses Wissen über das Leiden, denn ich empfi nde schon seit meiner Kindheit eine grosse Empathie für Menschen, die gelitten haben. Ich weiss aber nicht, weshalb das so ist. In meinem Leben gab es nie eine grosse Tragödie.
Wie gehen sie mit dieser Empathie um?
Ich weiss es nicht. Aber als wir diese Dokumentation gemacht haben, konnten wir abends kaum darüber sprechen. Man hört all diese schrecklichen Geschichten und weiss gleichzeitig, dass man diesen Film machen und sich irgendwie davor schützen muss. Jeder Therapeut auf der Welt weiss, dass man einem Menschen nicht helfen kann, wenn man selber schwach ist. Ich sehe diese Fähigkeit als ein Geschenk.
Sie haben die Rolle speziell für Sarah Polley geschrieben. Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit einer solchen Schauspielerin oder mit Tim Robbins vorstellen?
Mit guten Schauspielern ist die Arbeit sehr viel einfacher, denn sie stellen immer die richtigen Fragen. Tim ist einer dieser wenigen Schauspieler, die an einem Punkt in ihrer Karriere stehen, in denen sie nur noch Rollen annehmen, die sie auch persönlich herausfordern. Und Sarah ist für mich eine der besten Schauspielerinnen dieser Generation. Es gab nur etwas, was mir wirklich Sorge bereitet hat. Ich wusste, dass beide perfekt für die Rollen sein würden. Aber was würde passieren, wenn sie zusammen kommen? Denn sie haben sich vorher nicht gekannt. Ich erinnere mich, dass Tim einen Tag, nachdem George Bush wiedergewählt worden war, für die erste Drehbuchlesung ankam. Entsprechend war er in einer ziemlich miesen Stimmung. Als wir die beiden das erste Mal zusammen sahen, dachten wir, dass dies niemals funktionieren kann. Man muss sich den physischen Unterschied vorstellen. Sarah ist diese zierliche kleine Frau und Tim... Aber vom ersten Moment an, als wir das Skript lasen, entstand diese unglaubliche Chemie zwischen den beiden und das war phantastisch!
Diese Filmschau erschien im Berner ensuite kulturmagazin
Hanna (Sarah Polley) ist beinahe taub und lebt in einer abgeschotteten, klinisch sauberen, bis ins letzte Detail geregelten Welt. Als ihr Vorgesetzter sie quasi dazu zwingt, einmal Urlaub zu nehmen, lässt sie sich auf einer Ölbohrinsel im graukalten Atlantik als Krankenschwester anstellen. Sie soll den bei einem Feuer schwer verletzten Josef (Tim Robbins) so lange pflegen, bis er transportfähig ist.

Das Zusammenleben mit den Eigenbrötlern der Insel öffnet Hanna eine völlig neue Welt und aus der anfänglich professionellen Distanz zu Josef entwickelt sich bald eine für beide überraschende Intimität. Sie geht soweit, dass sie einander in ihre Geschichten einweihen, was für Hanna jedoch auch den Abbruch der Beziehung bedeutet. Als Josef wieder gesund ist, macht er sich auf die Suche nach Hanna.
Nach «My life without me» ist dies die zweite Zusammenarbeit der kanadischen Schauspielerin Sarah Polley mit der spanischen Regisseurin Isabel Coixet. Auszüge aus einem Interview mit der Regisseurin.
Sonja Wenger: Frau Coixet, worum geht es in wenigen Worten in diesem Film?
Isabel Coixet: Es geht um das Überleben. Wie ein menschliches Wesen durch die Hölle (der Folter) gehen muss und mit diesen Erfahrungen umgeht. Als ich ein Kind war, habe ich mich immer gefragt, was in Menschen vorgeht, die in einem Konzentrationslager waren. Ich dachte: Sie haben überlebt und nun wird ihr Leben wieder wunderbar sein. Erst Jahre später realisierte ich, dass für diese Menschen danach nur eine andere Art der Hölle beginnt.

So wie Hannas Therapeutin im Film einmal sagt: «Die Scham, noch am Leben zu sein». Hanna wird im real existierenden Internationalen Zentrum für die Rehabilitierung und Beratung von Folteropfern

Nach meinem letzten Film «My life without me», bot man mir an, einen Dokumentarfi lm über eine Nichtstaatliche Organisation zu machen. Ich hatte Jahre zuvor ein Interview mit der Gründerin des IRCT, Inge Genefke, gehört und war sehr beeindruckt von ihr. Diese Organisation kämpft auf zwei Ebenen: Zum einen auf der politischen, indem sie ganz direkt gegen die Folter kämpft, zum anderen entwickelt sie Therapien, um Folteropfern zu helfen. So kam ich für Interviews mit ihr nach Kopenhagen und habe dort und in Sarajewo, wo das IRCT ein Center hat, auch mit vielen Folteropfern direkt gesprochen. Als ich nach Spanien zurückkehrte, haben mich diese Geschichten nicht mehr losgelassen. Es war aber nie meine Absicht, einen Film über den Balkan oder den Krieg zu machen. Ich glaube nicht, dass man das als aussenstehende Person kann, zu diesem schweren Thema fehlte mir auch der Bezug. Was ich aber mitbrachte, war eine grosses Wissen über das Leiden, denn ich empfi nde schon seit meiner Kindheit eine grosse Empathie für Menschen, die gelitten haben. Ich weiss aber nicht, weshalb das so ist. In meinem Leben gab es nie eine grosse Tragödie.
Wie gehen sie mit dieser Empathie um?
Ich weiss es nicht. Aber als wir diese Dokumentation gemacht haben, konnten wir abends kaum darüber sprechen. Man hört all diese schrecklichen Geschichten und weiss gleichzeitig, dass man diesen Film machen und sich irgendwie davor schützen muss. Jeder Therapeut auf der Welt weiss, dass man einem Menschen nicht helfen kann, wenn man selber schwach ist. Ich sehe diese Fähigkeit als ein Geschenk.
Sie haben die Rolle speziell für Sarah Polley geschrieben. Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit einer solchen Schauspielerin oder mit Tim Robbins vorstellen?
Mit guten Schauspielern ist die Arbeit sehr viel einfacher, denn sie stellen immer die richtigen Fragen. Tim ist einer dieser wenigen Schauspieler, die an einem Punkt in ihrer Karriere stehen, in denen sie nur noch Rollen annehmen, die sie auch persönlich herausfordern. Und Sarah ist für mich eine der besten Schauspielerinnen dieser Generation. Es gab nur etwas, was mir wirklich Sorge bereitet hat. Ich wusste, dass beide perfekt für die Rollen sein würden. Aber was würde passieren, wenn sie zusammen kommen? Denn sie haben sich vorher nicht gekannt. Ich erinnere mich, dass Tim einen Tag, nachdem George Bush wiedergewählt worden war, für die erste Drehbuchlesung ankam. Entsprechend war er in einer ziemlich miesen Stimmung. Als wir die beiden das erste Mal zusammen sahen, dachten wir, dass dies niemals funktionieren kann. Man muss sich den physischen Unterschied vorstellen. Sarah ist diese zierliche kleine Frau und Tim... Aber vom ersten Moment an, als wir das Skript lasen, entstand diese unglaubliche Chemie zwischen den beiden und das war phantastisch!

sfux - 18. Apr, 08:37 Article 2025x read