Schutzmacht rechtsradikaler Straftaten
Harald Haack – Geht es in Deutschland mit rechten Dingen zu? Bundeskanzlerin Merkel forderte „schnelle Fahndungsergebnisse“. Prompt nahm die Polizei auch zwei Tatverdächtige fest und will sie „intensiv“ verhört haben – was auch immer man darunter verstehen soll – und hüllte sich in Schweigen. Nach Angaben eines Sprechers des Lagezentrums im Potsdamer Innenministerium waren die Vernehmungen am späten Donnerstagabend noch nicht beendet.
Die beiden aus Potsdam und Umgebung stammenden 29 und 30 Jahre alten Deutschen wurden am späten Nachmittag des 20. April wegen des Verdachts des versuchten Mordes festgenommen. Die Polizei geht davon aus, dass sie am Ostersonntag, den 16. April 2006, einen 37 Jahre alten Mann brutal verprügelt und lebensgefährlich verletzt haben. Es legen „erhebliche Verdachtsmomente dafür vor“, dass die „Täter die Tat aus Ausländerhass und auf der Grundlage einer rechtsextremistischen Gesinnung begangen haben“, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Man wolle nach Abschluss der Vernehmungen entscheiden, ob die Verdächtigen voraussichtlich am Freitagvormittag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe vorgeführt werden. Aber: Sind die der Tat verdächtigten Festgenommen tatsächlich die Täter oder lediglich auf die Schnelle eingefangene „Sündenböcke“, nur weil Potsdam jetzt angeblich unter den Schlagzeilen leidet und weil die Angelegenheit auf Wunsch führender Regierungspolitker, die sich zur „Schutzmacht rechtsradikaler Straftaten“ machen, wie Juso-Chef Björn Böhning meint, ganz schnell vergessen werden soll? Weshalb leiden die Potsdamer unter den Schlagzeilen, wenn sie es zu solchen Straftaten kommen lassen? Regt sich bei einigen das schlechte Gewissen, nicht genügend und entschieden den Rechtsextremisten, den miesen Kleinbürgern, entgegen getreten zu sein? Sollen deshalb jetzt, wo es vielleicht zu spät ist, Demonstrationen gegen die „rechte Gewalt“ stattfinden?
Wieder einmal soll eine solche Straftat beerdigt werden – dies, obwohl sich das Opfer noch in Lebensgefahr befindet (eigenartig bildlicher Sprachgebrauch vom Presse-Mainstream: „Er schwebt noch in Lebensgefahr“) und man befürchten muss, dass aus dem Mordversuch ein Mord wird, bei dem die Täter, hätte man sie denn gefasst, sicherlich mit einer sanften Strafe wegen Totschlags davon kämen.
Interessant ist meiner Meinung nach auch, dass Merkel schnelle Ergebnisse fordert und die Polizei sich sogleich zwei Tatverdächtige greift und dass das Opfer, der in Äthiopien geborene 37-jähriger deutscher Staatsbürger schwarzer Hautfarbe, dessen Name und sein Foto bereits durch den Presse-Mainstream geworfen wurde, nun nur noch als „Mann“ erwähnt wird. Und: Bundesinnenminister Schäuble machte sich wieder einmal bei Oppositionellen unbeliebt, indem er „vor voreiligen Schlüssen“ warnend die Tat relativierte.
Die Grünen-Chefin Claudia Roth in Berlin sagte über Schäubles Äußerungen, diese seien „unerträglich“ und „eines Innenministers nicht würdig“. In Potsdam ringe „ein Mensch mit dem Tode, weil er schwarzer Hautfarbe ist“, ergänzte sie. Der Mailboxmitschnitt des Überfalls verweise auch auf einen rassistischen Hintergrund der Tat. „Eine solche rassistische Gewalttat durch andere Gewalttaten an 'blonden blauäugigen Menschen' zu relativieren, ist zynisch und widerlich“, stellte sie fest.
Entgegen der fälschlichen Behauptung des CDU-Gespannes, dem Bundesinnenminister Schäuble und seines Brandenburgischen Kollegen, dem Innenminister Schönbohm, es sei in Potsdam nur ein Einzelfall gewesen in dem ein nicht blonder, blauäugiger Deutscher Opfer einer Straftat mutmaßlicher Rechtsradikaler wurde, gab es gleich nach Ostern einen erneuten Fall. Drei betrunkene „Schläger“, Männer im Alter von 17, 18 und 31 Jahren, hatten in einem Essener U-Bahnhof einen Inder zu Boden gestoßen und dann getreten und auf ihn eingeschlagen. Obwohl die Täter schon vor Wochen durch einen Angriff auf einen Schwarzafrikaner aufgefallen waren, behauptete ein Sprecher der Essener Polizei, es gebe keinen „rechtsextremistischen Hintergrund“, es handele sich um „Schläger, Klopper und Säufer“. Sie wurden inzwischen festgenommen und wurden, nach einem Aufenthalt in einer Ausnüchterungszelle, wieder laufen gelassen. Nur der Jüngste wurde angeblich einer Betreuerin übergeben.
Wie unter [journalismus – nachrichten von heute] bereits berichtet, wurde am Karfreitag ein 42-jähriger Wahlstedter, der aus Aserbaidschan stammt, von mehreren Personen am Zigarettenautomaten in der Waldstraße von Wahlstedt überfallen und niedergestochen. Als das Opfer zu Boden ging, wurde dort weiter auf ihn eingeschlagen.
Immer wieder werden brutale Angriffe auf Menschen bekannt, die nicht aus Deutschland stammen und keineswegs blond und blauäugig sind. Die Menge solcher Fälle, in denen aber solche Deutsche, die diesem stereotypen Bild entsprechen, Opfer so genannter ausländischer Straftäter wurden, tauchen nicht in den Medien auf. Gibt es sie denn eigentlich? Und überhaupt: Wie viele Deutsche sind blond und blauäugig? Gehören die Fälle nicht vielmehr der Vergangenheit an, einer Zeit, als Italiener, Albaner, Türken, Afghanen und andere als Messerstecher auffielen, weil sie Deutsche überfielen? Solche Fälle gab es besonders in den Siebziger und Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und noch vor der „Deutschen Wende“. Und darüber wurde viel und gerne berichtet, vornehmlich von der BILD-Zeitung. Aber nun, da die ehemalige DDR Teil der Bundesrepublik Deutschland wurde und westdeutsche Rechtsextremisten in den neuen Bundesländern sich gut etablieren konnten, blüht besonders in Brandenburg nicht nur der Rassen- und Ausländerhass, sondern auch der Hass auf Andersdenkende und Menschen mit nicht-christlicher Religion. Und so gab es wiederholt „Einzelfälle“, wenn Strafverfolger mit solchen Delikten wie kürzlich in Potsdam „immer wieder dienstlich“ zu tun haben. Verschwiegen wird dabei jedoch oft, dass viele der Strafverfolger mit Handlungsweisen auffielen, die sie als Schützer rechtsradikaler Straftaten ausgeben; siehe beispielsweise Essen.
Das „Eintreten oder Einschlagen auf wehrlose Andersartige mit dumpfer Vernichtungstendenz“ sei für Strafverfolger und die Politik Normalität geworden, gestand der Brandenburger Generalstaatsanwalts Erardo Rautenberg kürzlich. Kein Wunder, dass die „Einzelfälle“, die es wie am laufenden Band gibt, schnell im Presse-Mainstream untergehen.
Der Verein Opferperspektive kritisiert das. Er beklagt eine Vielzahl von Übergriffen mit rechtem Hintergrund, Fälle, die von der Potsdamer Staatsanwaltschaft und der Politik als „extremen Einzelfall“ relativiert werden. Zwei solcher Fälle gelangten in den vergangenen Monaten bundesweit an die Öffentlichkeit: Ein 15-Jähriger Jugendlicher mit dunkler Hautfarbe 19. Februar wurde Rathenow von zwei Rechtsextremisten beschimpft und mit Pfefferspray attackiert. Am 25. März gab es den Angriff auf einen Jugendlichen aus der linksalternativen Szene in Blankenfelde. Das Opfer soll von sechs Vermummten am Bahnhof geschlagen und auf die Gleise geworfen worden sein, wo die Täter auf ihn eingetreten hätten.
Seit Januar 2006 zählte der Verein landesweit 24 ähnliche Vorfälle. Vereinsprecherin Nadja Hitzel-Abdelhamid sagt: „Überfälle sind im Grunde Normalität". Und das Szenario für die Tage nach einem solchen Vorgang kennen die Mitglieder der Opferperspektive zu gut. Es laufe immer gleich ab, „entweder die Taten bekommen überhaupt keine mediale Aufmerksamkeit und geraten einfach in Vergessenheit“. Oder in besonders schweren Fällen geht es anders - wenn auch nicht besser - aus: „Eine Woche lang sind alle ganz aufgeregt, bis die Empörung wieder verebbt.“
Die beiden aus Potsdam und Umgebung stammenden 29 und 30 Jahre alten Deutschen wurden am späten Nachmittag des 20. April wegen des Verdachts des versuchten Mordes festgenommen. Die Polizei geht davon aus, dass sie am Ostersonntag, den 16. April 2006, einen 37 Jahre alten Mann brutal verprügelt und lebensgefährlich verletzt haben. Es legen „erhebliche Verdachtsmomente dafür vor“, dass die „Täter die Tat aus Ausländerhass und auf der Grundlage einer rechtsextremistischen Gesinnung begangen haben“, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Man wolle nach Abschluss der Vernehmungen entscheiden, ob die Verdächtigen voraussichtlich am Freitagvormittag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe vorgeführt werden. Aber: Sind die der Tat verdächtigten Festgenommen tatsächlich die Täter oder lediglich auf die Schnelle eingefangene „Sündenböcke“, nur weil Potsdam jetzt angeblich unter den Schlagzeilen leidet und weil die Angelegenheit auf Wunsch führender Regierungspolitker, die sich zur „Schutzmacht rechtsradikaler Straftaten“ machen, wie Juso-Chef Björn Böhning meint, ganz schnell vergessen werden soll? Weshalb leiden die Potsdamer unter den Schlagzeilen, wenn sie es zu solchen Straftaten kommen lassen? Regt sich bei einigen das schlechte Gewissen, nicht genügend und entschieden den Rechtsextremisten, den miesen Kleinbürgern, entgegen getreten zu sein? Sollen deshalb jetzt, wo es vielleicht zu spät ist, Demonstrationen gegen die „rechte Gewalt“ stattfinden?
Wieder einmal soll eine solche Straftat beerdigt werden – dies, obwohl sich das Opfer noch in Lebensgefahr befindet (eigenartig bildlicher Sprachgebrauch vom Presse-Mainstream: „Er schwebt noch in Lebensgefahr“) und man befürchten muss, dass aus dem Mordversuch ein Mord wird, bei dem die Täter, hätte man sie denn gefasst, sicherlich mit einer sanften Strafe wegen Totschlags davon kämen.
Interessant ist meiner Meinung nach auch, dass Merkel schnelle Ergebnisse fordert und die Polizei sich sogleich zwei Tatverdächtige greift und dass das Opfer, der in Äthiopien geborene 37-jähriger deutscher Staatsbürger schwarzer Hautfarbe, dessen Name und sein Foto bereits durch den Presse-Mainstream geworfen wurde, nun nur noch als „Mann“ erwähnt wird. Und: Bundesinnenminister Schäuble machte sich wieder einmal bei Oppositionellen unbeliebt, indem er „vor voreiligen Schlüssen“ warnend die Tat relativierte.
Die Grünen-Chefin Claudia Roth in Berlin sagte über Schäubles Äußerungen, diese seien „unerträglich“ und „eines Innenministers nicht würdig“. In Potsdam ringe „ein Mensch mit dem Tode, weil er schwarzer Hautfarbe ist“, ergänzte sie. Der Mailboxmitschnitt des Überfalls verweise auch auf einen rassistischen Hintergrund der Tat. „Eine solche rassistische Gewalttat durch andere Gewalttaten an 'blonden blauäugigen Menschen' zu relativieren, ist zynisch und widerlich“, stellte sie fest.
Entgegen der fälschlichen Behauptung des CDU-Gespannes, dem Bundesinnenminister Schäuble und seines Brandenburgischen Kollegen, dem Innenminister Schönbohm, es sei in Potsdam nur ein Einzelfall gewesen in dem ein nicht blonder, blauäugiger Deutscher Opfer einer Straftat mutmaßlicher Rechtsradikaler wurde, gab es gleich nach Ostern einen erneuten Fall. Drei betrunkene „Schläger“, Männer im Alter von 17, 18 und 31 Jahren, hatten in einem Essener U-Bahnhof einen Inder zu Boden gestoßen und dann getreten und auf ihn eingeschlagen. Obwohl die Täter schon vor Wochen durch einen Angriff auf einen Schwarzafrikaner aufgefallen waren, behauptete ein Sprecher der Essener Polizei, es gebe keinen „rechtsextremistischen Hintergrund“, es handele sich um „Schläger, Klopper und Säufer“. Sie wurden inzwischen festgenommen und wurden, nach einem Aufenthalt in einer Ausnüchterungszelle, wieder laufen gelassen. Nur der Jüngste wurde angeblich einer Betreuerin übergeben.
Wie unter [journalismus – nachrichten von heute] bereits berichtet, wurde am Karfreitag ein 42-jähriger Wahlstedter, der aus Aserbaidschan stammt, von mehreren Personen am Zigarettenautomaten in der Waldstraße von Wahlstedt überfallen und niedergestochen. Als das Opfer zu Boden ging, wurde dort weiter auf ihn eingeschlagen.
Immer wieder werden brutale Angriffe auf Menschen bekannt, die nicht aus Deutschland stammen und keineswegs blond und blauäugig sind. Die Menge solcher Fälle, in denen aber solche Deutsche, die diesem stereotypen Bild entsprechen, Opfer so genannter ausländischer Straftäter wurden, tauchen nicht in den Medien auf. Gibt es sie denn eigentlich? Und überhaupt: Wie viele Deutsche sind blond und blauäugig? Gehören die Fälle nicht vielmehr der Vergangenheit an, einer Zeit, als Italiener, Albaner, Türken, Afghanen und andere als Messerstecher auffielen, weil sie Deutsche überfielen? Solche Fälle gab es besonders in den Siebziger und Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und noch vor der „Deutschen Wende“. Und darüber wurde viel und gerne berichtet, vornehmlich von der BILD-Zeitung. Aber nun, da die ehemalige DDR Teil der Bundesrepublik Deutschland wurde und westdeutsche Rechtsextremisten in den neuen Bundesländern sich gut etablieren konnten, blüht besonders in Brandenburg nicht nur der Rassen- und Ausländerhass, sondern auch der Hass auf Andersdenkende und Menschen mit nicht-christlicher Religion. Und so gab es wiederholt „Einzelfälle“, wenn Strafverfolger mit solchen Delikten wie kürzlich in Potsdam „immer wieder dienstlich“ zu tun haben. Verschwiegen wird dabei jedoch oft, dass viele der Strafverfolger mit Handlungsweisen auffielen, die sie als Schützer rechtsradikaler Straftaten ausgeben; siehe beispielsweise Essen.
Das „Eintreten oder Einschlagen auf wehrlose Andersartige mit dumpfer Vernichtungstendenz“ sei für Strafverfolger und die Politik Normalität geworden, gestand der Brandenburger Generalstaatsanwalts Erardo Rautenberg kürzlich. Kein Wunder, dass die „Einzelfälle“, die es wie am laufenden Band gibt, schnell im Presse-Mainstream untergehen.
Der Verein Opferperspektive kritisiert das. Er beklagt eine Vielzahl von Übergriffen mit rechtem Hintergrund, Fälle, die von der Potsdamer Staatsanwaltschaft und der Politik als „extremen Einzelfall“ relativiert werden. Zwei solcher Fälle gelangten in den vergangenen Monaten bundesweit an die Öffentlichkeit: Ein 15-Jähriger Jugendlicher mit dunkler Hautfarbe 19. Februar wurde Rathenow von zwei Rechtsextremisten beschimpft und mit Pfefferspray attackiert. Am 25. März gab es den Angriff auf einen Jugendlichen aus der linksalternativen Szene in Blankenfelde. Das Opfer soll von sechs Vermummten am Bahnhof geschlagen und auf die Gleise geworfen worden sein, wo die Täter auf ihn eingetreten hätten.
Seit Januar 2006 zählte der Verein landesweit 24 ähnliche Vorfälle. Vereinsprecherin Nadja Hitzel-Abdelhamid sagt: „Überfälle sind im Grunde Normalität". Und das Szenario für die Tage nach einem solchen Vorgang kennen die Mitglieder der Opferperspektive zu gut. Es laufe immer gleich ab, „entweder die Taten bekommen überhaupt keine mediale Aufmerksamkeit und geraten einfach in Vergessenheit“. Oder in besonders schweren Fällen geht es anders - wenn auch nicht besser - aus: „Eine Woche lang sind alle ganz aufgeregt, bis die Empörung wieder verebbt.“
sfux - 21. Apr, 08:21 Article 1432x read