Brasilien das nächste Opfer Bushs?

Karl Weiss, Rio de Janeiro - In der ‚Rheinischen Post’ vom 21. 4. erschien ein Artikel der Brasilien verdächtigt, in seiner neu eröffneten Urananreicherungsanlage Rohstoff für Atombomben anzureichern. Bei näherem Hinsehen stellt sich aber der Artikel als reine Hetze heraus.

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Verstecken die Brasilianer unter dem Zuckerhut vielleicht ein geheimes Atomprogramm?

Exakt jetzt, als der Iran gerade angekündigt hat, zum ersten Mal eine geringe Menge von Uran angereichert zu haben, beginnt Brasilien, seine Urananreicherungsanlage in Resende in der Nähe von Rio de Janeiro zu betreiben. Das ist zwar reiner Zufall, denn die Planungen Brasiliens gehen auf Zeiten zurück, als das iranischen Atomprogramm nur Fachleuten bekannt war. Doch die Reaktionäre in gewissen Zeitungsredaktionen überlegen sich in solchen Fällen, wie man diese Zufälle ausnutzen kann, um seine Giftköder auszulegen für Leute, die ihnen noch glauben.

Hören Sie nur, was die ‚RP’ alles schreibt, um seine Verdächtigung zu erhärten:

„Während international der Eindruck herrscht, das Land sei "harmlos", sind brasilianische Experten mißtrauisch." „...obwohl Brasilien der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nur begrenzte Inspektionen gestattet, kann der größte südamerikanische Staat seine Ambitionen völlig ungehindert verfolgen." „...die Chance, mehr Uran als für den Eigenverbrauch erforderlich zu produzieren, könnte in Brasilien ein Umdenken einleiten." „Durch Neukonfigurierung der Kaskaden oder eine vielfache Wiederholung der Anreicherungsschritte könne in Resende durchaus waffenfähiges Material produziert werden." „ ... Weigerung der Regierung, den IAEA-Inspektoren Zugang zu den Zentrifugen zu gewähren, ..." „Die Kontrolleure dürfen lediglich das Uran vor und nach der Anreicherung analysieren, ..." „Während der Militärherrschaft von 1964 bis 1985 hatte Brasilien starke Atom-Ambitionen. Damals wurden die beiden Kernkraftwerke gebaut, Pläne für ein Atom-U-Boot entwickelt. Es gab auch einen Geheimplan für den Test einer Atombombe im Urwald." „Worauf es im Iran wie in Brasilien wirklich ankommt, das ist das Selbstbild, ... Nationalismus, Stolz: Das sind die wahren Gründe."

Nun, urteilen Sie selbst: Haben Sie eben etwas gelesen, was ausreichende Begründung für eine solche Verdächtigung wäre? Es scheint tatsächlich so. Hier haben Sie einen klassischen Fall vor sich, wie man mit Halbwahrheiten Stimmung machen kann.

Was für Experten?
Im ersten Satz, taucht der klassische ‚Experte’ auf, ein Wort, das wir auch später im Artikel wieder antreffen. Wenn Sie ‚Experte’ oder ‚Experten’ lesen oder in den Fernsehnachrichten hören, können Sie sicher sein, man führt sie an der Nase herum. Der Journalist sagt ja nicht, in was sie denn Experten sind, das kann ja zum Beispiel Expertentum in Desinformation sein. Kurz, daß irgendwelche Experten mißtrauisch sind, hat nicht die geringste Aussagekraft.

Die nächsten Sätze beziehen sich auf die Kontrollen durch IAEA-Inspektoren. Im Atomwaffensperrvertrag ist dies klar geregelt: Die Inspektoren müssen die Möglichkeit bekommen, das Uran vor der Anreicherung und nach der Anreicherung zu analysieren, um überprüfen zu können, ob wirklich nur auf die 3 - 5% angereichert wird, die für die friedliche Nutzung notwendig sind. Dort steht nichts davon, daß die Inspektoren Zugang zu den Zentrifugen selbst haben müssen. Stellt man dies, was einfach üblich ist, als eine „Weigerung der Regierung" dar, so kann man dadurch versuchen einen Verdacht zu erregen, der in Wirklichkeit durch die Analysen der Inspektoren ausgeschlossen werden kann. Auch die Erwähnung, daß Anreicherungsanlagen auch zur Anreicherung bis zur Kernwaffenreife geeignet sind, soll Verdacht erwecken, das ist aber immer bei allen Anreicherungsanlagen der Fall. Deshalb werden ja gerade die Analysen der Inspektoren verlangt.

Besonders infam werden aber diese reaktionären Redakteure, wenn sie auf die Militärdiktatur hinweisen. Diese hatte sich im Jahr 1964 in Brasilien an die Macht geputscht, nachdem der US-Präsident Kennedy dies kurz vor seinen Tode den brasilianischen Militärs ‚nahegelegt’ hatte. Es waren also Reaktionäre an der Macht, solche wie jene, die heute reaktionäre Artikel schreiben. Tatsächlich arbeitete die Militärdiktatur an der Atombombe. Dafür sind die USA direkt verantwortlich, die jene Militärs in Fort Benning in den USA ausgebildet hatten und ihnen dort Putschen und Foltern beigebracht hatten.

Rechte Militärdiktaturen
Dies sind ja gerade die Eigenschaften rechter Militärdiktaturen, wie sie die US-Regierungen über die Jahrzehnte hinweg gezüchtet haben, daß sie stumpfe Aggressivität gegen alles „Linke" mit dumpfem Nationalismus verbinden, der alles zur höheren Ehre der eigenen Nation tut und alles Ausländische bekämpft (mit Ausnahme natürlich der US-Ziehväter). Klassische Beispiele waren die Militärdiktatur in Griechenland, die einen Krieg gegen die Türkei anfing (weshalb heute ein Teil Zyperns türkisch ist) und die in Argentinien, die sich mit Großbritannien anlegte und genauso auf die Schnauze fiel.

Was denn auch der Sinn des Artikels ist, das wird am Ende klar, wo Lula als „linker Präsident" bezeichnet wird. Nun, wenn Lula links ist, dann sind auch Schröder und Blair links. Aus der Sicht hartgesottener Reaktionäre von rechts vom Schlage eines Schäuble oder Berlusconi allerdings verschwimmen Sozialdemokraten mit Kommunisten. Und bei den Kommunisten weiß man schließlich, daß sie kleine Kinder fressen. Hatte nicht gerade Berlosconi mit der Entdeckung geglänzt, im damals sozialistischen China Mao Tse Tungs seien Babys getötet und zu Seife verarbeitet worden?

So wird denn auch der letzte zitierte Satz („Nationalismus, Stolz"), der den Iran und Brasilien in einen Topf wirft, zum eigentlichen Ausdruck des ganzen Artikels. Wenn imperialistische Staaten, wie die USA, die Bundesrepublik, Frankreich oder China Anreicherungsanlagen betreiben, dann tun sie das natürlich aus Friedensliebe, wenn es ein angeblich Linker tut, dann kann das nichts anders sein als beim iranischen Regime: Unterdrückung nach innen - Aggression nach aussen. Und bei der Ursache schließen sie von sich auf Andere: „Nationalismus, Stolz".

Bleibt noch zu erwähnen, daß in diesem Artikel, wie in vielen Veröffentlichungen im Moment, wiederum die Behauptung aufgestellt wird, der UN-Sicherheitsrat hätte den Iran aufgefordert, die Anreicherung zu stoppen. Das hat er nie getan, und wenn es noch so oft behauptet wird. Das hätte er auch gar nicht können, denn dieses Recht ist allen Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrages vertraglich zugesichert.
sfux - 24. Apr, 08:00 Article 2471x read
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Paulus Publius (Gast) - 11. Mai, 19:02

US-Amerika, das Zynismusungeheuer

Das Ganze halte ich für Hirnspinnerei. Brasilien ist weder Irak noch Iran. Brasilien ist Brasilien.

Die brasilianischen Anreicherungsanlagen dürfen aufgrund der von Brasilien entwickelten Atomtechnologie NIEMALS von den Inspektoren betreten werden. Die Gefahr der industrielle Spionierung ist allzu groß...

Was die Bush-Regierung betrifft, gemessen an den Kriterien der Moderne (Demokratie - Mehrparteiensystem), Menschenrecht, -würde und alles was damit verbunden ist) würde ich
US-Amerika nicht zu dem Kreis der aufgeklärten, zivilisierten Ländern, wie z.B. Schweden oder Norwegen, zählen. Der Unterschied dort zwischen Gesprochenem und Praktiziertem ist zu riesig, dass man es nicht merkt und stützig wird. Die Umstände in den Gefängnissen
dort, z.B., sind verheerend (Drogenhandel, Übergriffe
des Personals auf die Insassen, Vergewaltigungen u.s.w.). Die rechtslose Gefangenenlage in Guantánomo (Kuba) ist die Negation
eines jeden Rechtssystems. Das Leben ist den USA sehr
billig. Man ist Kanonenfutter, man stirbt wegen
Nichtigkeiten.

Lange Rede, kürzer Sinn, US-America ist für mich kein
Beispil für Demokratie, Menschenrecht oder
Menschenwürde. Ich bin ich der Auffassung, dass Lateinamerika langsam anfängt zu verstehen, mit weniger Ausnahmen, dass US-America gar guter Partner oder kein Modell für gesellschaftliche Entwicklung sein kann.

Empfehlung: Trafficking.ch / Menschenhandel in der Schweiz

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