Wer schnorchelt im Bundeshaus?
Stephan Fuchs - Die deutschen Geheimdienste dürfen sich keine Journalisten mehr an der Leine halten. In der Schweiz ist das noch gang und gäbe; offensichtlich auch im Bundeshaus. Ist es Zeit auch hier auszumisten?
Die drei deutschen Geheimdienste dürfen Journalisten künftig weder ausspähen noch als Quellen führen. Der entsprechenden Anweisung des Kanzleramtes an den Bundesnachrichtendienst schlossen sich am Dienstag das Innenministerium für den Verfassungsschutz und das Verteidigungsministerium für den Militärischen Abschirmdienst an. Die Affäre um die Bespitzelung von Journalisten durch den BND weitete sich unterdessen trotzdem aus.
Der BND selbst bestritt, Telefone von Journalisten abgehört zu haben. Sprecher Stefan Borchert nannte eine entsprechende Meldung der «Berliner Zeitung» «pure Fiktion». Das ist wohl aber lächerlich. Es gibt in der Zunft KollegInnen en gros, die das Gegenteil beweisen können. Spiegel, Stern, Focus und andere wollen sogar Anzeige erstatten. Der «Stern» berichtete, in der früheren Wohnung seines Autors Hans Peter Schütz sei ein Gerät für Lauschangriffe entdeckt worden.
Omertà
Schlimmer als das Abhören der Dienste sind die im Geheimdienst embeded, eingebetteten Journalisten. Dass sich die Geheimdienste Journalisten als "Stöckchen bringende Hunde" halten, ist natürlich naheliegend. Journalisten haben Einblick in alle Ecken und Faccetten der Gesellschaft und haben Kontakte, nach denen der Geheimdienst lechzt. Ein Journalist im Sold der Dienste kann verheerende Auswirkungen haben; auf die Journalisten-Zunft und auf die Gesprächspartner. Ähnlich wie in der Mafia ist es für den Journalisten und den Gesprächspartner überlebenswichtig, dass der Kodex des Schweigens funktioniert. Er muss Vertrauen zum Gesprächspartner aufbauen. Er lebt von den brisanten Kontakten. Sein Wort der Verschwiegenheit gilt, der Kontakt wird geschützt. Unter allen Umständen. Auch wenn es am nächsten Tag in der Zeitung oder im Weblog steht, die Quelle muss unter Umständen mit allen Mitteln geschützt werden.
Wie praktisch das doch ist, wenn der Dienst akkreditierte Journalisten sein Eigen nennen kann, die in der Wandelhalle des Schweizer Bundeshauses die Ohren über die Bänke langziehen können, um dabei nach verwertbaren Informationen für die Geheimen zu schnorcheln. Das ist praktisch für die Dienste. Das ist aber vor allem beängstigend für die National- und Ständeräte. Und verheerend für die Öffentlichkeit, die dadurch immer weniger brisante und unbequeme informationen bekommen. Wem können wir und die Gesprächspartner bei der Arbeit noch vertrauen?
Katastrophe: BND darf keine Journalisten mehr abhören!
Die drei deutschen Geheimdienste dürfen Journalisten künftig weder ausspähen noch als Quellen führen. Der entsprechenden Anweisung des Kanzleramtes an den Bundesnachrichtendienst schlossen sich am Dienstag das Innenministerium für den Verfassungsschutz und das Verteidigungsministerium für den Militärischen Abschirmdienst an. Die Affäre um die Bespitzelung von Journalisten durch den BND weitete sich unterdessen trotzdem aus.
Der BND selbst bestritt, Telefone von Journalisten abgehört zu haben. Sprecher Stefan Borchert nannte eine entsprechende Meldung der «Berliner Zeitung» «pure Fiktion». Das ist wohl aber lächerlich. Es gibt in der Zunft KollegInnen en gros, die das Gegenteil beweisen können. Spiegel, Stern, Focus und andere wollen sogar Anzeige erstatten. Der «Stern» berichtete, in der früheren Wohnung seines Autors Hans Peter Schütz sei ein Gerät für Lauschangriffe entdeckt worden.
Omertà
Schlimmer als das Abhören der Dienste sind die im Geheimdienst embeded, eingebetteten Journalisten. Dass sich die Geheimdienste Journalisten als "Stöckchen bringende Hunde" halten, ist natürlich naheliegend. Journalisten haben Einblick in alle Ecken und Faccetten der Gesellschaft und haben Kontakte, nach denen der Geheimdienst lechzt. Ein Journalist im Sold der Dienste kann verheerende Auswirkungen haben; auf die Journalisten-Zunft und auf die Gesprächspartner. Ähnlich wie in der Mafia ist es für den Journalisten und den Gesprächspartner überlebenswichtig, dass der Kodex des Schweigens funktioniert. Er muss Vertrauen zum Gesprächspartner aufbauen. Er lebt von den brisanten Kontakten. Sein Wort der Verschwiegenheit gilt, der Kontakt wird geschützt. Unter allen Umständen. Auch wenn es am nächsten Tag in der Zeitung oder im Weblog steht, die Quelle muss unter Umständen mit allen Mitteln geschützt werden.
Wie praktisch das doch ist, wenn der Dienst akkreditierte Journalisten sein Eigen nennen kann, die in der Wandelhalle des Schweizer Bundeshauses die Ohren über die Bänke langziehen können, um dabei nach verwertbaren Informationen für die Geheimen zu schnorcheln. Das ist praktisch für die Dienste. Das ist aber vor allem beängstigend für die National- und Ständeräte. Und verheerend für die Öffentlichkeit, die dadurch immer weniger brisante und unbequeme informationen bekommen. Wem können wir und die Gesprächspartner bei der Arbeit noch vertrauen?

sfux - 17. Mai, 08:31 Article 1859x read