Drei Bücher und das Gefühl der Unterjochung
Harald Haack - Selten kam sie zum Schreiben. Sie fand einfach keine Zeit dazu, als Ehefrau, Mutter von vier Töchtern und Arbeiterin sowie Journalistin. Und wenn sie schrieb, dann geschah dies oft in der Nacht, was sie immer bedauerte: „Ich werde einer dieser unglücklichen Menschen sein, die im Bewusstsein dessen sterben, was nie aufgeschrieben wurde oder was nie fertig wurde“, hatte sie einmal gesagt.

Tillie Olsen: Starb sie unglücklich und im Bewusstsein dessen, „was nie aufgeschrieben wurde oder was nie fertig wurde“?
Nun ist sie gestorben; zwei Wochen von ihrem 95. Geburtstag am 14. Januar in Kalifornien: Tillie Lerner Olsen. Die sozialkritische Romanautorin starb am Montagabend in einem Krankenhaus der Stadt Oakland, wie ihre Tochter Laurie Olsen mitteilte.
Ihre beiden Bücher „Tell me a Riddle“ (Erzähl mir ein Rätsel, 1961) und „Yonnondio“ (1973), prägte zahlreiche Schriftsteller.
Ihre Eltern flohen 1905 aus Russland aus politischen Gründen vor dem zaristischen Regime in die USA. 1912 wurde sie, dem Jahr als das Passagierschiff „Titanic“ sank, in Nebraska geboren und wuchs unter einfachen Verhältnissen auf. Mit 18 Jahren schloss sie sich der Jungen Kommunistischen Liga der USA an, und mit 19 Jahren begann sie ihren ersten Roman zu schreiben: „Yonnondio“. Doch der Roman wurde aus Zeitmangel nie fertig, aber 1973 wenigstens als Fragment veröffentlicht.
Zu ihrem Thema hatte sie sich das harte Leben der einfachen Arbeiter und Arbeiterinnen und ihren Kampf für Gerechtigkeit gemacht. Für ihren Einsatz, Arbeiter und Arbeiterinnen in den USA zu organisieren, wurde sie 1934 inhaftiert. Darüber verfasste sie noch im selben Jahr die Essays „Thousand-Dollar Vagrant“ und „The Strike“. Damals, in den Zeiten der „Popular Front“ wurden solche Geschichten von verschiedenen Organisationen verlangt und Arbeiter und Arbeiterinnen gefördert, um literarisch tätig zu werden.
Erst wirklich bekannt wurde sie aber durch ihre Geschichte „The Iron Throat“, die sie 1934 in der „Partisan Review“ publizierte. Einige Verleger bemühten sich um sie, und sie sagte schließlich „Random House“ zu. Vereinbart wurde, dass sie ein Kapitel pro Monat schrieb. Dafür erhielt sie ein Stipendium. Um die nötige Ruhe und die geistige Kraft zum Schreiben zu finden, gab sie ihre kleine Tochter zu Verwandten und zog zum Schreiben nach Los Angeles. Doch schon bald vermisste ihre Tochter. 1937 beendete sie den Vertrag.
Im Jahr zuvor, 1936, hatte sie ihren Mann Jack Olsen geheiratet. Mit ihm hatte sie noch drei weitere Töchter. Für diese opferte sie sich für die nächsten folgenden 20 Jahre und nahm Gelegenheitsjobs an.
Dennoch engagierte sich sie sich politisch weiterhin für die Rechte der Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Olsens verbrachten gemeinsam viel Zeit in der Lokalpolitik und bei Gewerkschaftsveranstaltungen. Drei Mal wurde sie wegen ihren gewerkschaftlichen Aktivitäten verhaftet.
Ihre älteste Tochter brachte sie 1953 zum Schreiben zurück. Um nicht wieder im Schreiben fest zu hängen, nahm sie an einem Schreibkurs teil. Ihr Lehrer fand aber bald heraus, dass er ihr nichts mehr beibringen konnte. Deshalb empfahl er ihr einen anderen Kurs.
Sie schrieb wieder Kurzgeschichten. Für die Jahre 1955 und 1956 gewann sie den „Stegner Fellowship“ an der Stanford Universität. Unter dem Titel „Tell Me a Riddle“ wurden ihre Kurzgesichten 1961 veröffentlicht. Es wurde ihr bekanntestes Werk, und 1978 erschien von ihr noch eine Aufsatzsammlung zum Thema, warum Menschen, besonders Frauen, von literarischem Schaffen abgehalten werden.
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Tillie Olsen: Starb sie unglücklich und im Bewusstsein dessen, „was nie aufgeschrieben wurde oder was nie fertig wurde“?
Nun ist sie gestorben; zwei Wochen von ihrem 95. Geburtstag am 14. Januar in Kalifornien: Tillie Lerner Olsen. Die sozialkritische Romanautorin starb am Montagabend in einem Krankenhaus der Stadt Oakland, wie ihre Tochter Laurie Olsen mitteilte.
Ihre beiden Bücher „Tell me a Riddle“ (Erzähl mir ein Rätsel, 1961) und „Yonnondio“ (1973), prägte zahlreiche Schriftsteller.
Ihre Eltern flohen 1905 aus Russland aus politischen Gründen vor dem zaristischen Regime in die USA. 1912 wurde sie, dem Jahr als das Passagierschiff „Titanic“ sank, in Nebraska geboren und wuchs unter einfachen Verhältnissen auf. Mit 18 Jahren schloss sie sich der Jungen Kommunistischen Liga der USA an, und mit 19 Jahren begann sie ihren ersten Roman zu schreiben: „Yonnondio“. Doch der Roman wurde aus Zeitmangel nie fertig, aber 1973 wenigstens als Fragment veröffentlicht.
Zu ihrem Thema hatte sie sich das harte Leben der einfachen Arbeiter und Arbeiterinnen und ihren Kampf für Gerechtigkeit gemacht. Für ihren Einsatz, Arbeiter und Arbeiterinnen in den USA zu organisieren, wurde sie 1934 inhaftiert. Darüber verfasste sie noch im selben Jahr die Essays „Thousand-Dollar Vagrant“ und „The Strike“. Damals, in den Zeiten der „Popular Front“ wurden solche Geschichten von verschiedenen Organisationen verlangt und Arbeiter und Arbeiterinnen gefördert, um literarisch tätig zu werden.
Erst wirklich bekannt wurde sie aber durch ihre Geschichte „The Iron Throat“, die sie 1934 in der „Partisan Review“ publizierte. Einige Verleger bemühten sich um sie, und sie sagte schließlich „Random House“ zu. Vereinbart wurde, dass sie ein Kapitel pro Monat schrieb. Dafür erhielt sie ein Stipendium. Um die nötige Ruhe und die geistige Kraft zum Schreiben zu finden, gab sie ihre kleine Tochter zu Verwandten und zog zum Schreiben nach Los Angeles. Doch schon bald vermisste ihre Tochter. 1937 beendete sie den Vertrag.
Im Jahr zuvor, 1936, hatte sie ihren Mann Jack Olsen geheiratet. Mit ihm hatte sie noch drei weitere Töchter. Für diese opferte sie sich für die nächsten folgenden 20 Jahre und nahm Gelegenheitsjobs an.
Dennoch engagierte sich sie sich politisch weiterhin für die Rechte der Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Olsens verbrachten gemeinsam viel Zeit in der Lokalpolitik und bei Gewerkschaftsveranstaltungen. Drei Mal wurde sie wegen ihren gewerkschaftlichen Aktivitäten verhaftet.
Ihre älteste Tochter brachte sie 1953 zum Schreiben zurück. Um nicht wieder im Schreiben fest zu hängen, nahm sie an einem Schreibkurs teil. Ihr Lehrer fand aber bald heraus, dass er ihr nichts mehr beibringen konnte. Deshalb empfahl er ihr einen anderen Kurs.
Sie schrieb wieder Kurzgeschichten. Für die Jahre 1955 und 1956 gewann sie den „Stegner Fellowship“ an der Stanford Universität. Unter dem Titel „Tell Me a Riddle“ wurden ihre Kurzgesichten 1961 veröffentlicht. Es wurde ihr bekanntestes Werk, und 1978 erschien von ihr noch eine Aufsatzsammlung zum Thema, warum Menschen, besonders Frauen, von literarischem Schaffen abgehalten werden.

sfux - 3. Jan, 10:14 Article 847x read