Schwarzer Stern Ghana
Malte Olschewski - Erst nach langer Zeit beginnt der schwarze Stern zu strahlen. Die Republik Ghana hat in diesen Tagen 50 Jahre ihrer Unabhängigkeit gefeiert. Die ehemalige Goldküste war neben den Sonderfällen Liberia, Südafrika und Äthiopien am 6.3.1957 zum ersten schwarz-afrikanischen Staat geworden. Ghanas Präsident und Ideologe Kwame Nkrumah löste eine Bewegung aus, in der in den nächsten zwanzig Jahren alle Kolonien Schwarzafrikas unabhängig wurden. Ghana galt damals als erster und vorrangiger Staat des Kontinentes. Nach drei Jahrzehnten blutiger Metzeleien an der Staatsspitze scheint Ghana ein Comeback gelungen zu sein.
Kolonialzeit und Unabhängigkeitsbestrebungen
Die Briten hatten nach langen Kämpfen und mit betrügerischen Methoden das imperiale Großreich des Aschanti-Stammes und seine hohe Kultur zerschlagen. Als sie den König der Aschantis Prempeh deportierten und die Auslieferung seines Thrones verlangten, rief dessen Mutter das Volk zu den Waffen. „Queen Mother“ oder Yaa Asantewa führte persönlich ihre Truppen in den Kampf um die Hauptstadt Kumasi. Sie wurde 1900 gefangen genommen und deportiert. Seitdem haben alle Machthaber in Ghana Respekt vor den Aschantis.
Auch heute noch können sie ihre Zeremonien feiern und ihre politisch machtlosen Könige auf den „Goldenen Stuhl“ heben. Das hat den ersten Premier und späteren Präsidenten Ghanas, Kwame Nkrumah, von Panafrika träumen lassen: Die meisten vor der Unabhängigkeit stehenden Kolonien sollten zu einem machtvollen, schwarzafrikanischen Superstaat fusioniert werden. Das relativ kleine Ghana würde an seine Spitze treten.
Der Schwarze Stern
Das Staatsymbol des Schwarzen Sterns hatte Nkrumah schon im Gefängnis entworfen, in dem er wegen Aufruhrs eine dreijährige Strafe zu verbüssen hatte. Dieses dunkle Gestirn sollte zum Symbol des künftigen Staates von Panafrika werden. Am 1.7.1960 erklärte Nkrumah die Republik und sich selbst zum Staatspräsidenten. Die neue Währung des „Cedi“ zu 100 Pesewas (Peseten) leitete sich von einem Muschelgeld aus vorkolonialen Zeiten ab. Nkrumah sah sich schon als „Kaiser von Panafrika“, doch zu seinem Leidwesen wollte sich kein Nachbarland mit Ghana vereinigen.
Der schwarzafrikanische Marxist Nkrumah türmte repräsentative Bauten auf, schuf aber auch zahllose soziale Einrichtungen. Er setzte eine rasante Industrialisierung durch, wobei die Landwirtschaft vernachlässigt wurde. Er baute einen riesigen Staudamm. Bei derartig großen Plänen war jede Opposition verboten.
Nkrumah war entgangen, daß die Unterschiede zwischen den Kolonien schon viel zu tief waren. Außerdem war „Panafrika“ mit einer gemeinsamen Regierung und Bürokratie für die ungezählten Anwärter auf Posten und Pfründe der unabhängig werdenden Staaten unvor-stellbar. Sergeanten wollten Generäle werden. Wer Englisch sprechen konnte, wollte Minister werden und wurde es auch. Ein Herrscher über zehn Marktbuden erhob Anspruch auf das Ministerium des Handel und der Wirtschaft. Winkeladvokaten begehrten das Amt des Justizministers.
Diese tausendfachen Wünsche wären in einem panafrikanischen Zentralstaat unter Tugendwächter Nkrumah unerfüllt geblieben. Da sich Nkrumah als Sozialist verstand, zog der sich die Feindschaft der USA zu. 1966 stürzten plötzlich die Weltmarktpreise für Kaokao in die Tiefe. Dem „Osagyefo“(Retter), wie er sich nennen liess, ging das Geld für weitere Projekte aus. Die USA hatten auf dem Wektmarkt für einen Sturz der für Ghana wichtigen Preise für Kaokao gesorgt. Der amerikanische Geheimdienst CIA hatte im Militär mehrere Generäle zu einem Putsch ermuntert.
Regierungswechsel durch Putschisten
Nkrumah wurde am 24.2.1966 während eines Besuches in China von Oberst Kotoka und Major Afrifa gestürzt, die einen „Nationalen Befreiungsrat“ unter General Joseph Ankrah ins Leben riefen. Kotoka wurde ein Jahr später bei einem Gegenputsch zweier Leutnants getötet. Die beiden Putschisten sind sofort exkutiert worden. Ankrah wurde am 2.4.1969 zum Rücktritt gezwungen, worauf sich Afrifa zum Staatschef ausrief.
Afrifa liess von Oberstrichter Edmund Adowa eine neue Verfassung schreiben. Die folgenden Wahlen wurden von Kofia Busia als Chef der grössten Partei gewonnen. Busia wurde Premier, während Adowa das Amt eines poltisch machtlosen Präsidenten erhielt. General Ignatius Acheampong beendete am 13.1.1972 die Parteienherrschaft, um am 5.7.1978 von seinem engsten Kameraden, General Fred Akuffo, gestürzt zu werden. Wieder einmal bereitete man eine Rückkehr zur Demokratie vor.
Am 15.5.1979 rollte ein neuer Putsch durch die Hauptstadt Accra. Der Staatstreich wurde niedergeschlagen. Der 25jährige Hauptmann Jerry Rawlings, Sohn eines Schotten und einer Ghanesin, kam in Haft. Nach wenigen Tagen kam es zu einem neuen Putsch gegen das Regime Akuffo. Am 4.6.1979 wurde Rawlings aus der Haft befreit, worauf der an die Spitze einer neuen Militärregierung trat.
Da er dort zu bleiben gedachte, musste Ghana ein schauriges Spektakel erleben: Mit Joseph Ankrah, Ignatius Acheampong und Fred Akuffo wurden drei ehemalige Staatschefs von einem Volksgerichtshof wegen „Korruption“ zum Tod verurteilt und in höchster Eile am 16. und 26.6.1979 hingerichtet. Ebenso wurden fünf Generäle exekutiert.
In Ghana wimmelte es damals von Parteien. Auch die bisher verbotene Einheitspartei Nkrumahs, die CPP (Convention People's Party), war wieder zugelassen worden. Da gab es eine Aschantipartei in der Busia-Tradition, während gleich drei, durch Stämme getragene Parteien von Nkrumah träumten. Die Unabhängigkeitspartei suchte eine Allianz der Stammeshäuptlinge zu schaffen. Die Partei des Fant-Stammes war einem Bündnis mit Rawlings-Gegner in der Busia-Tradition nicht abgeneigt. Die Parteien änderten dazu noch ständig ihre Namen.
Der von Blut bespritzte Hauptmann liess Wahlen zu, die am am 24.9.1980 von der Nationalpartei in der Tradition Nkrumahs gewonnen wurden. Das wollte Rawlings nicht gefallen, der sogleich die Regierung Hilla Limann stürzte und an der Spitze eines Vertreidigungsrates wieder selbst die Macht übernahm. Fünf Putschversuche gegen Rawlings und zahllose Exekutionen folgten. Durch Fusionen und Einkauf kleinerer Gruppen konnte Rawlings als Parteipolitiker mit dem „Nationaldemokratischen Kongress“ seine Basis verbreitern.
Die Nkrumah- und die Busia-Anhänger blieben als Opposition übrig. 260 Delegierte verabschiedeten 1992 eine neue, am US-Vorbild orientierte Verfassung, die in einer Volksabstimmung angenommen wurde. Die gleichzeitig abgehaltenen Wahlen wurden von Rawlings mit 58 Prozent der Stimmen gewonnen. Als Präsident der „Vierten Republik“ wurde er Musterschüler des Weltwährungsfonds. Daraufhin haben US-Medien Ghana als „Demokratie“ gefeiert. US-Präsident Clinton und auch die englische Queen kamen auf Besuch.
Beispielhaft für den Rest Schwarzafrikas
Das Beispiel Ghana weist in die Zukunft. Moderne und kluge Diktatoren brauchen keine blutige Repression mehr. Es geht auch anders. Wenn ein Machthaber sein Land den multinationalen Konzernen zur Ausbeutung freigibt und sich in manipulierten Wahlen ein Votum sichert, kann er bald als „Demokrat“ gelten.
Er wird von den USA und von der Weltbank gelobt und gefördert. Auch Rawlings ging diesen Weg. Er genoss höchste Protektion durch die USA, obwohl weiterhin politische Gegner verschwunden sind. Er feierte sich in einem Personenkult als „Junior Jesus“. Im ganzen Land waren schwarze Sterne und eine drohende Faust mit einem Spruchband zu sehen: „Für die Nation!“ oder „Beteilige Dich!“ stand darauf zu lesen. Und jeder wusste, wem diese Faust gehörte. Auch die Wahlen von 1996 gingen an Rawlings.
Da ihm die Verfassung eine dritte Amtszeit verbot, gewann sein alter Widersacher John Kufuor den Urnenengang vom 7.12.2000. Es war dies der erste unblutige Regimewechsel in der Geschichte Ghanas. Kufuor, Sohn eines Aschanti-Häuptlings, bremste den Abbau der Sozialeinrichtungen und machte Ghana in wenigen Jahren zu einem Beispiel für den Rest von Schwarzafrika.
Kolonialzeit und Unabhängigkeitsbestrebungen
Die Briten hatten nach langen Kämpfen und mit betrügerischen Methoden das imperiale Großreich des Aschanti-Stammes und seine hohe Kultur zerschlagen. Als sie den König der Aschantis Prempeh deportierten und die Auslieferung seines Thrones verlangten, rief dessen Mutter das Volk zu den Waffen. „Queen Mother“ oder Yaa Asantewa führte persönlich ihre Truppen in den Kampf um die Hauptstadt Kumasi. Sie wurde 1900 gefangen genommen und deportiert. Seitdem haben alle Machthaber in Ghana Respekt vor den Aschantis.
Auch heute noch können sie ihre Zeremonien feiern und ihre politisch machtlosen Könige auf den „Goldenen Stuhl“ heben. Das hat den ersten Premier und späteren Präsidenten Ghanas, Kwame Nkrumah, von Panafrika träumen lassen: Die meisten vor der Unabhängigkeit stehenden Kolonien sollten zu einem machtvollen, schwarzafrikanischen Superstaat fusioniert werden. Das relativ kleine Ghana würde an seine Spitze treten.
Der Schwarze Stern
Das Staatsymbol des Schwarzen Sterns hatte Nkrumah schon im Gefängnis entworfen, in dem er wegen Aufruhrs eine dreijährige Strafe zu verbüssen hatte. Dieses dunkle Gestirn sollte zum Symbol des künftigen Staates von Panafrika werden. Am 1.7.1960 erklärte Nkrumah die Republik und sich selbst zum Staatspräsidenten. Die neue Währung des „Cedi“ zu 100 Pesewas (Peseten) leitete sich von einem Muschelgeld aus vorkolonialen Zeiten ab. Nkrumah sah sich schon als „Kaiser von Panafrika“, doch zu seinem Leidwesen wollte sich kein Nachbarland mit Ghana vereinigen.
Der schwarzafrikanische Marxist Nkrumah türmte repräsentative Bauten auf, schuf aber auch zahllose soziale Einrichtungen. Er setzte eine rasante Industrialisierung durch, wobei die Landwirtschaft vernachlässigt wurde. Er baute einen riesigen Staudamm. Bei derartig großen Plänen war jede Opposition verboten.
Nkrumah war entgangen, daß die Unterschiede zwischen den Kolonien schon viel zu tief waren. Außerdem war „Panafrika“ mit einer gemeinsamen Regierung und Bürokratie für die ungezählten Anwärter auf Posten und Pfründe der unabhängig werdenden Staaten unvor-stellbar. Sergeanten wollten Generäle werden. Wer Englisch sprechen konnte, wollte Minister werden und wurde es auch. Ein Herrscher über zehn Marktbuden erhob Anspruch auf das Ministerium des Handel und der Wirtschaft. Winkeladvokaten begehrten das Amt des Justizministers.
Diese tausendfachen Wünsche wären in einem panafrikanischen Zentralstaat unter Tugendwächter Nkrumah unerfüllt geblieben. Da sich Nkrumah als Sozialist verstand, zog der sich die Feindschaft der USA zu. 1966 stürzten plötzlich die Weltmarktpreise für Kaokao in die Tiefe. Dem „Osagyefo“(Retter), wie er sich nennen liess, ging das Geld für weitere Projekte aus. Die USA hatten auf dem Wektmarkt für einen Sturz der für Ghana wichtigen Preise für Kaokao gesorgt. Der amerikanische Geheimdienst CIA hatte im Militär mehrere Generäle zu einem Putsch ermuntert.
Regierungswechsel durch Putschisten
Nkrumah wurde am 24.2.1966 während eines Besuches in China von Oberst Kotoka und Major Afrifa gestürzt, die einen „Nationalen Befreiungsrat“ unter General Joseph Ankrah ins Leben riefen. Kotoka wurde ein Jahr später bei einem Gegenputsch zweier Leutnants getötet. Die beiden Putschisten sind sofort exkutiert worden. Ankrah wurde am 2.4.1969 zum Rücktritt gezwungen, worauf sich Afrifa zum Staatschef ausrief.
Afrifa liess von Oberstrichter Edmund Adowa eine neue Verfassung schreiben. Die folgenden Wahlen wurden von Kofia Busia als Chef der grössten Partei gewonnen. Busia wurde Premier, während Adowa das Amt eines poltisch machtlosen Präsidenten erhielt. General Ignatius Acheampong beendete am 13.1.1972 die Parteienherrschaft, um am 5.7.1978 von seinem engsten Kameraden, General Fred Akuffo, gestürzt zu werden. Wieder einmal bereitete man eine Rückkehr zur Demokratie vor.
Am 15.5.1979 rollte ein neuer Putsch durch die Hauptstadt Accra. Der Staatstreich wurde niedergeschlagen. Der 25jährige Hauptmann Jerry Rawlings, Sohn eines Schotten und einer Ghanesin, kam in Haft. Nach wenigen Tagen kam es zu einem neuen Putsch gegen das Regime Akuffo. Am 4.6.1979 wurde Rawlings aus der Haft befreit, worauf der an die Spitze einer neuen Militärregierung trat.
Da er dort zu bleiben gedachte, musste Ghana ein schauriges Spektakel erleben: Mit Joseph Ankrah, Ignatius Acheampong und Fred Akuffo wurden drei ehemalige Staatschefs von einem Volksgerichtshof wegen „Korruption“ zum Tod verurteilt und in höchster Eile am 16. und 26.6.1979 hingerichtet. Ebenso wurden fünf Generäle exekutiert.
In Ghana wimmelte es damals von Parteien. Auch die bisher verbotene Einheitspartei Nkrumahs, die CPP (Convention People's Party), war wieder zugelassen worden. Da gab es eine Aschantipartei in der Busia-Tradition, während gleich drei, durch Stämme getragene Parteien von Nkrumah träumten. Die Unabhängigkeitspartei suchte eine Allianz der Stammeshäuptlinge zu schaffen. Die Partei des Fant-Stammes war einem Bündnis mit Rawlings-Gegner in der Busia-Tradition nicht abgeneigt. Die Parteien änderten dazu noch ständig ihre Namen.
Der von Blut bespritzte Hauptmann liess Wahlen zu, die am am 24.9.1980 von der Nationalpartei in der Tradition Nkrumahs gewonnen wurden. Das wollte Rawlings nicht gefallen, der sogleich die Regierung Hilla Limann stürzte und an der Spitze eines Vertreidigungsrates wieder selbst die Macht übernahm. Fünf Putschversuche gegen Rawlings und zahllose Exekutionen folgten. Durch Fusionen und Einkauf kleinerer Gruppen konnte Rawlings als Parteipolitiker mit dem „Nationaldemokratischen Kongress“ seine Basis verbreitern.
Die Nkrumah- und die Busia-Anhänger blieben als Opposition übrig. 260 Delegierte verabschiedeten 1992 eine neue, am US-Vorbild orientierte Verfassung, die in einer Volksabstimmung angenommen wurde. Die gleichzeitig abgehaltenen Wahlen wurden von Rawlings mit 58 Prozent der Stimmen gewonnen. Als Präsident der „Vierten Republik“ wurde er Musterschüler des Weltwährungsfonds. Daraufhin haben US-Medien Ghana als „Demokratie“ gefeiert. US-Präsident Clinton und auch die englische Queen kamen auf Besuch.
Beispielhaft für den Rest Schwarzafrikas
Das Beispiel Ghana weist in die Zukunft. Moderne und kluge Diktatoren brauchen keine blutige Repression mehr. Es geht auch anders. Wenn ein Machthaber sein Land den multinationalen Konzernen zur Ausbeutung freigibt und sich in manipulierten Wahlen ein Votum sichert, kann er bald als „Demokrat“ gelten.
Er wird von den USA und von der Weltbank gelobt und gefördert. Auch Rawlings ging diesen Weg. Er genoss höchste Protektion durch die USA, obwohl weiterhin politische Gegner verschwunden sind. Er feierte sich in einem Personenkult als „Junior Jesus“. Im ganzen Land waren schwarze Sterne und eine drohende Faust mit einem Spruchband zu sehen: „Für die Nation!“ oder „Beteilige Dich!“ stand darauf zu lesen. Und jeder wusste, wem diese Faust gehörte. Auch die Wahlen von 1996 gingen an Rawlings.
Da ihm die Verfassung eine dritte Amtszeit verbot, gewann sein alter Widersacher John Kufuor den Urnenengang vom 7.12.2000. Es war dies der erste unblutige Regimewechsel in der Geschichte Ghanas. Kufuor, Sohn eines Aschanti-Häuptlings, bremste den Abbau der Sozialeinrichtungen und machte Ghana in wenigen Jahren zu einem Beispiel für den Rest von Schwarzafrika.
sfux - 10. Mär, 21:41 Article 2114x read