Briten unter Wasser - Land unter in „Mittelerde“
Harald Haack (aus Bristol) - Landstriche in den Grafschaften Gloucestershire und Herefordshire stehen unter Wasser. Britische Medien erreifern sich und nennen es eine „Jahrhundertflut. Die ersten Regenfronten sind bereits Vergangenheit, schon nähert sich vom Atlantik eine weitere Unwetterfront, und in diesem Mittelengland, wo in Birmingham einst J.R.R. Tolkien einen Teil seiner Kindheit verbrachte und später als Autor der „Mittelerde“ („Der Herr der Ringe“) berühmt wurde, bahnt sich – ohne zu übertreiben - eine Katastrophe an.

Die Wettersituation am vergangenen Freitag-Abend (20.07.2007). Die Niederschlagsfelder (dunkel dargestellt) drehten sich entgegen des Uhrzeigersinns. Im Bereich von Hamburg teilte sich die Wetterfront. Über Mittelengland entluden sich die Wolken und ließen Flüsse weitläufig über ihre Ufer treten.

Die Wettersituation von Dienstag-Nachmittag (24.07.2007) Meteorologen in Großbritannien warnen vor dem neuen von Westen heran nahenden Regenband.
© Satelliten-Bilder mit Temperatur-Darstellung: www.wetterspiegel.de
Als ich am vergangenen Freitag zusammen mit meinem Producer Cecil Ferrell in seinem Privatflugzeug vom Bristol Airport abhob, war die Wettersituation über Europa schon ziemlich chaotisch gewesen. Ferrell mußte nach Berlin, wollte mich aber freundlicherweise in Hamburg absetzen und am Sonntag wieder dort abholen.
Er ist zwar ein erfahrener Pilot, aber ihm macht es Spaß ihm neue Passagiere erst einmal Angst zu machen. Kollegen hatten mich gewarnt. Doch da ich mir vorher mittels Satellitenbilder eine Prognose erstellt hatte, gelang es ihm nicht sich mir gegenüber mit dem legendären Heldenmut eines Postfliegers wie Antoine de Saint-Exupéry, dem Schöpfer des „Kleinen Prinzen“, aufzuspielen.
Wir flogen zunächst über den Ärmel-Kanal nach Frankreich, dann an der Küste entlang zu den Niederlanden, mussten aber zurück nach Belgien, um von dort irgendwo bei Saarbrücken nach Deutschland einfliegen zu können. Erst abends in Hamburg sah ich, als ich mir die Satelliten-Aufzeichnungen des Wettergeschehens aus dem Internet holte, wie sich vor uns die Unwetterfront geteilt hatte - als sei es ein biblisches Meer gewesen.
Während wir einen ruhigen Flug genossen hatten, goss es hinter uns in England fürchterlich. Dann am Sonntag-Nachmittag flogen wir zurück und entschieden uns für den Weg über die Nordsee. Nur dort war es ruhig. Wir befanden uns gewissermaßen im Auge des Tiefdruckgebietes. Weit um uns herum tobte das Wetter. Gewitter und heftige Regenschauer; in Deutschland, aber auch und besonders im Bereich um Birmingham herum. Aber diese Gefahr existierte nur in unseren Köpfen, weil wir uns informiert hatten. Um uns herum schien die Welt optisch in Ordnung. Scheinbar schönstes Flugwetter.
Wir kamen am Bristol Airport an, als gerade ein schwerer Regenguss einsetzte. Aber die Landung verlief glatt und wir konnten bald in den Wagen stürzen und zurück nach Failand bei Bristol fahren, wo wir gegenwärtig an Special Effects für eine amerikanisch-britische Spielfilmproduktion arbeiten.
Als wir am Wohnhaus beim Studio ankamen, stand der Kiesweg zum Haupthaus bereits unter Wasser. Der Garten hinter dem Haus hatte sich in einen Teich verwandelt, und zu unserer Überraschung dröhnten plötzlich die Notstromaggregate aus einem zum Studiokomplex gehörendem Gebäude. In Failand, wie auch in vielen anderen Ortschaften Englands war der Strom ausgefallen. Wir brauchen die Notstromaggregate, um zu verhindern, dass solche Stromausfälle im öffentlichen Stromnetz unsere Tagesarbeit zunichte machen. Wir haben hier nämlich eine "Renderfarm". In der stehen viele untereinander vernetzte Computer, die über Nacht komplexe Animationen rendern, d.h. optisch feinrechnen, so dass sie später im Kino oder von DVD vollkommen realistisch aussehen.
Auch jetzt, wo ich nach einem anstrengendem Montag diesen Artikel schreibe, dröhnt es wieder zu mir herüber. Von meinem Fenster aus kann ich die Kreuzung Westen/Clevedon Road nicht sehen, aber da die Notstromaggregate wieder angesprungen sind, gehe ich davon aus, dass wir zur Zeit unseren eigenen Strom nutzen müssen.
Britisches Chaos
Nach Angaben der britischen Umweltbehörde wurden solch schlimme Hochwasser zuletzt 1947 registriert. Doch, was ich jetzt leider nicht so ohne weiteres überprüfen kann, da sich die Daten auf der Festplatte meines Computers in Hamburg befinden, gab es in den vergangenen Jahren irgendwo hier in Mittelerde, pardon: Mittelengland, heftige Überschwemmungen nach Regengüssen. War es 2002? Wahrscheinlich, aber egal: Das was jetzt hier passiert zählt. Die sonst so gelassenen Briten sollen inzwischen nämlich von einer „kalten Angst“ erfasst worden sein. Mehr als 48.000 Haushalte in den heute, am Montag ohne Strom, rund 70.000 Menschen mussten ohne Trinkwasser auskommen. In den kommenden Tagen könnten nach Schätzung der Behörden mehr als 350.000 Menschen ohne sauberes Wasser sein.
Als hätten die Briten in Tewkesbury ihren schwarzen Humor noch nicht verloren, erklärt dieses Hinweisschild was los ist.
© Foto: Ashley Pawliger
Die Lage ist wirklich dramatisch: Tausende Häuser sind überflutet, der Eisenbahn- und Straßenverkehr ist weitgehend lahm gelegt. Ähnlich wie kürzlich in Süddeutschland stehen hier große Teile von Autobahnen unter Wasser.

Dieses Foto, eine Kombination aus Google-Earth-Bild und aktueller Luftaufnahme vom Kloster in Tewkesbury zeigt die räumliche Situation und die Überschwemmung. Oben am Bildrand der Fluß, der weitläufig über die Ufer getreten ist und der auf Luftnahmen zur Zeit nicht mehr sichtbar ist. Da sich das Kloster selbst auf einer Anhöhe errichtet wurde, ist anzunehmen, dass diese Überflutung hier nicht die erste ihrer Art ist und somit auch in früheren Jahrhunderten auftrat. Die Ortschaft wuchs also in eine Idylle aus Bächen, Flüssen und Feldern hinein - ungeachtet dessen was die Menschen dort einst wußten. Eine Gefahr, die mutmaßlich in Vergessenheit geriet.

Der rote Punkt markiert die Lage des Klosters von Tewkesbury. Hervorgehoben sind die Wasserläufe. Eine bedrohliche Situation, die künftig entschärft werden müßte.
© Google Earth
Die Leute blieben mit ihren Autos stecken. Die Angst verbreitete sich schon wie eine heran brodelnde Flut, obwohl das Wasser noch nicht da war. So wurde mit der Überflutung von mehr als 40 Straßen in der Grafschaft Oxfordshire in Mittelengland gerechnet. Am Rand von Oxford wurde ein Altenheim evakuiert. So wie ich es vor einigen Jahren, 2002, in Lauenburg an der Elbe erlebt hatte, schleppten Anwohner stundenlang Sandsäcke, um ihre Häuser vor der Überschwemmung zu sichern. Britische Kollegen, die übers Wochenende in Mittelengland zu Hause waren, berichteten mir, sie hätten am Wochenende ihren Bewegungsmangel als Computer-Animateure kompensiert und Sandsack um Sandsack gefüllt und geschleppt. Schon machen sich deren Erfahrungen die Runde: Es ist unvorteilhaft einen Sack voll zu machen. Der ist dann zu schwer, um von Hand zu Hand gereicht zu werden. Aber diese Erkenntnis muss sich erst einmal durchsetzen und verbreiten. Und momentan bereiteten sich die örtlichen Behörden darauf vor, mehr als 1‘500 Menschen zu evakuieren; ein Sportstadion wird als Notunterkunft hergerichtet.
Für die Briten ist es unglaublich. Sie erleben nun am eigenen Leib und in dem Land ihrer Königin das, was sie bisher nur aus dem Fernsehen her kennen, wenn beispielsweise Bangladesch wieder einmal überschwemmt wurde.
„Auto“ fängt mit „Au“ an und hört mit „o“ auf
Am Wochenende setzte mit dem Beginn der Sommerferien in Großbritannien der Reiseverkehr ein, und durch Mittelengland fahren die meisten; auch mein Kollege Stephan Fuchs, der von den Hebriden an der Westküste Schottlands quer durch Großbritannien fahren muss, um in die Schweiz zurück zu fahren. Hoffentlich haben er und seine Familie das Glück und kommen glatt durch, denn viele Autofahrer blieben, wie schon erwähnt, in den Fluten stecken. Zwischen den Anschlußstellen J9 und J11 mußte die M5 in beide Richtungen gesperrt werden. Auch andere Autobahnen und Landstraße wurde gesperrt. Teilweise geschah dies, um Schaulustige zurück zu halten und um Rettungskräften den Weg frei zu machen.
Ich mag gar nicht daran denken, wenn mir das passiert wäre, denn mein Peugeot ist schon 12 Jahre, erfreut sich allerbester Gesundheit, aber ist den KFZ-Versicherungen nichts mehr wert. Und das ist etwas, was sicherlich in Deutschland noch relativ selten ist - ich hänge an der alten Karre, weil sie mich chemisch nicht mehr belastet, d.h. vollstänkert.
Doch in Großbritannien sind alte Autos oftmals die Regel. Viele unter den Normalverdienern der Briten staunten kürzlich wieder einmal über meinen alten Peugeot 405 Break, der in England sauteuer war. Das mag vielleicht ein Import/Export-Problem gewesen sein, doch etliche Engländer können sich nicht einmal mehr die KFZ-Versicherung leisten und fahren eiskalt ohne. Wer einen Unfall mit jenen hat, ist oft angeschmiert. Aber wer von diesen Ärmsten mit dem Auto in den Fluten stecken blieb, wird sich nun fragen müssen, wie das Leben ohne Auto weiter gehen soll. Ihnen nützt es nichts, wenn Premierminister Gordon Brown die Überschwemmungen mit dem Klimawandel erklärt; der wurde doch sowieso von den Anderen verursacht. Aber dennoch: Neben der Feuerwehr sind die Army wie auch die Coastguard voll eingespannt. Und wie gesagt: Der nächste, heftige Regenguss rauscht über dem Atlantik schon heran.
„How come a storm to England?“ Diese Überschrift lass ich während meiner vielen Aufenthalte in Cornwall einmal in einem alten Kinderbuch aus dem 19. Jahrhundert, das auf einem Flohmarkt angeboten wurde. Die Erklärung dazu hat sich nicht geändert: Das Wetter kommt vom Westen, aus der „Wetterküche“ des Atlantiks. Neu dürfte indes sein, dass sich östlich des berüchtigten Bermuda-Dreiecks am Mittelatlantischen Rücken eine Zone unterseeischer vulkanischer Aktivität befindet, die gegenwärtig das Wettergeschehen in Europa bestimmt - als Teil des Klimawandels.
Mehr darüber später - entweder hier oder woanders.
Hinweis: Die Fotos und Satelliten-Bilder wurden nachträglich am 24. Juli hier hereingestellt.


Die Wettersituation am vergangenen Freitag-Abend (20.07.2007). Die Niederschlagsfelder (dunkel dargestellt) drehten sich entgegen des Uhrzeigersinns. Im Bereich von Hamburg teilte sich die Wetterfront. Über Mittelengland entluden sich die Wolken und ließen Flüsse weitläufig über ihre Ufer treten.

Die Wettersituation von Dienstag-Nachmittag (24.07.2007) Meteorologen in Großbritannien warnen vor dem neuen von Westen heran nahenden Regenband.
© Satelliten-Bilder mit Temperatur-Darstellung: www.wetterspiegel.de
Als ich am vergangenen Freitag zusammen mit meinem Producer Cecil Ferrell in seinem Privatflugzeug vom Bristol Airport abhob, war die Wettersituation über Europa schon ziemlich chaotisch gewesen. Ferrell mußte nach Berlin, wollte mich aber freundlicherweise in Hamburg absetzen und am Sonntag wieder dort abholen.
Er ist zwar ein erfahrener Pilot, aber ihm macht es Spaß ihm neue Passagiere erst einmal Angst zu machen. Kollegen hatten mich gewarnt. Doch da ich mir vorher mittels Satellitenbilder eine Prognose erstellt hatte, gelang es ihm nicht sich mir gegenüber mit dem legendären Heldenmut eines Postfliegers wie Antoine de Saint-Exupéry, dem Schöpfer des „Kleinen Prinzen“, aufzuspielen.
Wir flogen zunächst über den Ärmel-Kanal nach Frankreich, dann an der Küste entlang zu den Niederlanden, mussten aber zurück nach Belgien, um von dort irgendwo bei Saarbrücken nach Deutschland einfliegen zu können. Erst abends in Hamburg sah ich, als ich mir die Satelliten-Aufzeichnungen des Wettergeschehens aus dem Internet holte, wie sich vor uns die Unwetterfront geteilt hatte - als sei es ein biblisches Meer gewesen.
Während wir einen ruhigen Flug genossen hatten, goss es hinter uns in England fürchterlich. Dann am Sonntag-Nachmittag flogen wir zurück und entschieden uns für den Weg über die Nordsee. Nur dort war es ruhig. Wir befanden uns gewissermaßen im Auge des Tiefdruckgebietes. Weit um uns herum tobte das Wetter. Gewitter und heftige Regenschauer; in Deutschland, aber auch und besonders im Bereich um Birmingham herum. Aber diese Gefahr existierte nur in unseren Köpfen, weil wir uns informiert hatten. Um uns herum schien die Welt optisch in Ordnung. Scheinbar schönstes Flugwetter.
Wir kamen am Bristol Airport an, als gerade ein schwerer Regenguss einsetzte. Aber die Landung verlief glatt und wir konnten bald in den Wagen stürzen und zurück nach Failand bei Bristol fahren, wo wir gegenwärtig an Special Effects für eine amerikanisch-britische Spielfilmproduktion arbeiten.
Als wir am Wohnhaus beim Studio ankamen, stand der Kiesweg zum Haupthaus bereits unter Wasser. Der Garten hinter dem Haus hatte sich in einen Teich verwandelt, und zu unserer Überraschung dröhnten plötzlich die Notstromaggregate aus einem zum Studiokomplex gehörendem Gebäude. In Failand, wie auch in vielen anderen Ortschaften Englands war der Strom ausgefallen. Wir brauchen die Notstromaggregate, um zu verhindern, dass solche Stromausfälle im öffentlichen Stromnetz unsere Tagesarbeit zunichte machen. Wir haben hier nämlich eine "Renderfarm". In der stehen viele untereinander vernetzte Computer, die über Nacht komplexe Animationen rendern, d.h. optisch feinrechnen, so dass sie später im Kino oder von DVD vollkommen realistisch aussehen.
Auch jetzt, wo ich nach einem anstrengendem Montag diesen Artikel schreibe, dröhnt es wieder zu mir herüber. Von meinem Fenster aus kann ich die Kreuzung Westen/Clevedon Road nicht sehen, aber da die Notstromaggregate wieder angesprungen sind, gehe ich davon aus, dass wir zur Zeit unseren eigenen Strom nutzen müssen.
Britisches Chaos
Nach Angaben der britischen Umweltbehörde wurden solch schlimme Hochwasser zuletzt 1947 registriert. Doch, was ich jetzt leider nicht so ohne weiteres überprüfen kann, da sich die Daten auf der Festplatte meines Computers in Hamburg befinden, gab es in den vergangenen Jahren irgendwo hier in Mittelerde, pardon: Mittelengland, heftige Überschwemmungen nach Regengüssen. War es 2002? Wahrscheinlich, aber egal: Das was jetzt hier passiert zählt. Die sonst so gelassenen Briten sollen inzwischen nämlich von einer „kalten Angst“ erfasst worden sein. Mehr als 48.000 Haushalte in den heute, am Montag ohne Strom, rund 70.000 Menschen mussten ohne Trinkwasser auskommen. In den kommenden Tagen könnten nach Schätzung der Behörden mehr als 350.000 Menschen ohne sauberes Wasser sein.
Als hätten die Briten in Tewkesbury ihren schwarzen Humor noch nicht verloren, erklärt dieses Hinweisschild was los ist.
© Foto: Ashley Pawliger
Die Lage ist wirklich dramatisch: Tausende Häuser sind überflutet, der Eisenbahn- und Straßenverkehr ist weitgehend lahm gelegt. Ähnlich wie kürzlich in Süddeutschland stehen hier große Teile von Autobahnen unter Wasser.

Dieses Foto, eine Kombination aus Google-Earth-Bild und aktueller Luftaufnahme vom Kloster in Tewkesbury zeigt die räumliche Situation und die Überschwemmung. Oben am Bildrand der Fluß, der weitläufig über die Ufer getreten ist und der auf Luftnahmen zur Zeit nicht mehr sichtbar ist. Da sich das Kloster selbst auf einer Anhöhe errichtet wurde, ist anzunehmen, dass diese Überflutung hier nicht die erste ihrer Art ist und somit auch in früheren Jahrhunderten auftrat. Die Ortschaft wuchs also in eine Idylle aus Bächen, Flüssen und Feldern hinein - ungeachtet dessen was die Menschen dort einst wußten. Eine Gefahr, die mutmaßlich in Vergessenheit geriet.

Der rote Punkt markiert die Lage des Klosters von Tewkesbury. Hervorgehoben sind die Wasserläufe. Eine bedrohliche Situation, die künftig entschärft werden müßte.
© Google Earth
Die Leute blieben mit ihren Autos stecken. Die Angst verbreitete sich schon wie eine heran brodelnde Flut, obwohl das Wasser noch nicht da war. So wurde mit der Überflutung von mehr als 40 Straßen in der Grafschaft Oxfordshire in Mittelengland gerechnet. Am Rand von Oxford wurde ein Altenheim evakuiert. So wie ich es vor einigen Jahren, 2002, in Lauenburg an der Elbe erlebt hatte, schleppten Anwohner stundenlang Sandsäcke, um ihre Häuser vor der Überschwemmung zu sichern. Britische Kollegen, die übers Wochenende in Mittelengland zu Hause waren, berichteten mir, sie hätten am Wochenende ihren Bewegungsmangel als Computer-Animateure kompensiert und Sandsack um Sandsack gefüllt und geschleppt. Schon machen sich deren Erfahrungen die Runde: Es ist unvorteilhaft einen Sack voll zu machen. Der ist dann zu schwer, um von Hand zu Hand gereicht zu werden. Aber diese Erkenntnis muss sich erst einmal durchsetzen und verbreiten. Und momentan bereiteten sich die örtlichen Behörden darauf vor, mehr als 1‘500 Menschen zu evakuieren; ein Sportstadion wird als Notunterkunft hergerichtet.
Für die Briten ist es unglaublich. Sie erleben nun am eigenen Leib und in dem Land ihrer Königin das, was sie bisher nur aus dem Fernsehen her kennen, wenn beispielsweise Bangladesch wieder einmal überschwemmt wurde.
„Auto“ fängt mit „Au“ an und hört mit „o“ auf
Am Wochenende setzte mit dem Beginn der Sommerferien in Großbritannien der Reiseverkehr ein, und durch Mittelengland fahren die meisten; auch mein Kollege Stephan Fuchs, der von den Hebriden an der Westküste Schottlands quer durch Großbritannien fahren muss, um in die Schweiz zurück zu fahren. Hoffentlich haben er und seine Familie das Glück und kommen glatt durch, denn viele Autofahrer blieben, wie schon erwähnt, in den Fluten stecken. Zwischen den Anschlußstellen J9 und J11 mußte die M5 in beide Richtungen gesperrt werden. Auch andere Autobahnen und Landstraße wurde gesperrt. Teilweise geschah dies, um Schaulustige zurück zu halten und um Rettungskräften den Weg frei zu machen.
Ich mag gar nicht daran denken, wenn mir das passiert wäre, denn mein Peugeot ist schon 12 Jahre, erfreut sich allerbester Gesundheit, aber ist den KFZ-Versicherungen nichts mehr wert. Und das ist etwas, was sicherlich in Deutschland noch relativ selten ist - ich hänge an der alten Karre, weil sie mich chemisch nicht mehr belastet, d.h. vollstänkert.
Doch in Großbritannien sind alte Autos oftmals die Regel. Viele unter den Normalverdienern der Briten staunten kürzlich wieder einmal über meinen alten Peugeot 405 Break, der in England sauteuer war. Das mag vielleicht ein Import/Export-Problem gewesen sein, doch etliche Engländer können sich nicht einmal mehr die KFZ-Versicherung leisten und fahren eiskalt ohne. Wer einen Unfall mit jenen hat, ist oft angeschmiert. Aber wer von diesen Ärmsten mit dem Auto in den Fluten stecken blieb, wird sich nun fragen müssen, wie das Leben ohne Auto weiter gehen soll. Ihnen nützt es nichts, wenn Premierminister Gordon Brown die Überschwemmungen mit dem Klimawandel erklärt; der wurde doch sowieso von den Anderen verursacht. Aber dennoch: Neben der Feuerwehr sind die Army wie auch die Coastguard voll eingespannt. Und wie gesagt: Der nächste, heftige Regenguss rauscht über dem Atlantik schon heran.
„How come a storm to England?“ Diese Überschrift lass ich während meiner vielen Aufenthalte in Cornwall einmal in einem alten Kinderbuch aus dem 19. Jahrhundert, das auf einem Flohmarkt angeboten wurde. Die Erklärung dazu hat sich nicht geändert: Das Wetter kommt vom Westen, aus der „Wetterküche“ des Atlantiks. Neu dürfte indes sein, dass sich östlich des berüchtigten Bermuda-Dreiecks am Mittelatlantischen Rücken eine Zone unterseeischer vulkanischer Aktivität befindet, die gegenwärtig das Wettergeschehen in Europa bestimmt - als Teil des Klimawandels.
Mehr darüber später - entweder hier oder woanders.
Hinweis: Die Fotos und Satelliten-Bilder wurden nachträglich am 24. Juli hier hereingestellt.
hha - 23. Jul, 23:44 Article 6519x read