NRW - Kopfnoten: Beweisführung umgedreht
Michael Schulze von Glaßer – Rund 2.000 Schülerinnen und Schüler demonstrierten am 19. Januar in der Nordrhein-Westfälischen Landeshauptstadt gegen die Wiedereinführung so genannter Kopfnoten. Das Düsseldorfer Schulministerium unter der CDU-Ministerin Barbara Sommer hatte die Noten zur Halbjahreszeugnisvergabe nach Jahrzehnten wieder eingeführt (Nachrichten heute berichtete).
Neben der Demonstration organisierte die LandesschülerInnenvertretung NRW eine groß angelegte Beschwerdeaktion gegen die Noten. Musterbriefe, die eine Begründung der Kopfnoten von den Lehrkräften einfordern, standen zum Download im Internet. Die Schülervertretungen statteten ganze Schulen mit den Beschwerdeformularen aus und verursachten eine Beschwerdeflut bei den Schulleitungen. Diese muss die Beschwerden zu der jeweiligen Bezirksregierung weiterleiten. Um einer Rechtfertigung für die Kopfnoten – die in den meisten Fällen schlicht nicht möglich ist – zu entgehen, griff die Konservative jüngst zu einem an Dreistigkeit kaum zu übertrumpfenden Trick: Sie kehrten die Beweisführung um. Nicht die Lehrkräfte müssen die Kopfnoten begründen, sondern die SchülerInnen ihre Beschwerde – dies geht aus einem internen Schreiben des Bezirksregierung Münster an alle Schulen hervor. Dort heißt es:
„Für das weitere Verfahren weise ich darauf hin, dass nach der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung (neben dem bestehenden Amtsermittlungsgrundsatz) dem Beschwerdeführer auch eine gewisse Mitwirkungspflicht obliegt. Diese Mitwirkungspflicht besteht darin, wirkungsvolle Hinweise mitzuteilen, um ein Überdenken der Prüfungsentscheidung zu erwirken. Ein solches Überdenken ist aber nur möglich, wenn Einwände substantiiert, d. h. konkret und nachvollziehbar, vorgebracht werden.
Daran fehlt es beispielsweise bei den Beschwerden, die unter Verwendung des Musterformulars der Landesschülervertretung eingelegt wurden.
Ich bitte daher, mir alle diese Beschwerden zuzuleiten. Sie werden dann von hier mit einem einheitlichen „Ablehnungsschreiben“ beschieden (Dezernat 48).“
Die Schülerinnen und Schüler haben – laut dem Schreiben - eine „gewisse Mitwirkungspflicht“ – doch was ist mit der Pflicht der Lehrkräfte ihre Notenvergabe zu begründen?
Immerhin will die Bezirksregierung begründete Beschwerden zulassen und die Lehrerschaft dazu verpflichten ihre Notenvergabe zu begründen. Dennoch zeigen die Behörden einmal wieder, mit welchen Kniffen sie Kritik von sich weisen. Kopfnoten werden gegen den Willen der Schülerinnen und Schüler und sogar der meisten Lehrkräfte durchgedrückt – aufmucken unerwünscht. Das ist im Übrigen auch ein Ziel, das mit der Vergabe von Kopfnoten erreicht werden soll. Wie ein Damoklesschwert hängen die Noten über den jungen Menschen, äußern sie Kritik an der Lehrkraft oder sind sie dem Lehrer/der Lehrerin einfach unsympathisch, müssen sie mit einer schlechten Kopfnoten rechnen – so funktioniert Unterdrückung.
Siehe auch:
Nachrichten heute: Schwarz-gelbe Bildungsmiserere – Demo gegen Kopfnoten in Düsseldorf
Neben der Demonstration organisierte die LandesschülerInnenvertretung NRW eine groß angelegte Beschwerdeaktion gegen die Noten. Musterbriefe, die eine Begründung der Kopfnoten von den Lehrkräften einfordern, standen zum Download im Internet. Die Schülervertretungen statteten ganze Schulen mit den Beschwerdeformularen aus und verursachten eine Beschwerdeflut bei den Schulleitungen. Diese muss die Beschwerden zu der jeweiligen Bezirksregierung weiterleiten. Um einer Rechtfertigung für die Kopfnoten – die in den meisten Fällen schlicht nicht möglich ist – zu entgehen, griff die Konservative jüngst zu einem an Dreistigkeit kaum zu übertrumpfenden Trick: Sie kehrten die Beweisführung um. Nicht die Lehrkräfte müssen die Kopfnoten begründen, sondern die SchülerInnen ihre Beschwerde – dies geht aus einem internen Schreiben des Bezirksregierung Münster an alle Schulen hervor. Dort heißt es:
„Für das weitere Verfahren weise ich darauf hin, dass nach der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung (neben dem bestehenden Amtsermittlungsgrundsatz) dem Beschwerdeführer auch eine gewisse Mitwirkungspflicht obliegt. Diese Mitwirkungspflicht besteht darin, wirkungsvolle Hinweise mitzuteilen, um ein Überdenken der Prüfungsentscheidung zu erwirken. Ein solches Überdenken ist aber nur möglich, wenn Einwände substantiiert, d. h. konkret und nachvollziehbar, vorgebracht werden.
Daran fehlt es beispielsweise bei den Beschwerden, die unter Verwendung des Musterformulars der Landesschülervertretung eingelegt wurden.
Ich bitte daher, mir alle diese Beschwerden zuzuleiten. Sie werden dann von hier mit einem einheitlichen „Ablehnungsschreiben“ beschieden (Dezernat 48).“
Die Schülerinnen und Schüler haben – laut dem Schreiben - eine „gewisse Mitwirkungspflicht“ – doch was ist mit der Pflicht der Lehrkräfte ihre Notenvergabe zu begründen?
Immerhin will die Bezirksregierung begründete Beschwerden zulassen und die Lehrerschaft dazu verpflichten ihre Notenvergabe zu begründen. Dennoch zeigen die Behörden einmal wieder, mit welchen Kniffen sie Kritik von sich weisen. Kopfnoten werden gegen den Willen der Schülerinnen und Schüler und sogar der meisten Lehrkräfte durchgedrückt – aufmucken unerwünscht. Das ist im Übrigen auch ein Ziel, das mit der Vergabe von Kopfnoten erreicht werden soll. Wie ein Damoklesschwert hängen die Noten über den jungen Menschen, äußern sie Kritik an der Lehrkraft oder sind sie dem Lehrer/der Lehrerin einfach unsympathisch, müssen sie mit einer schlechten Kopfnoten rechnen – so funktioniert Unterdrückung.
Siehe auch:
Nachrichten heute: Schwarz-gelbe Bildungsmiserere – Demo gegen Kopfnoten in Düsseldorf
onlineredaktion - 3. Mär, 11:23 Article 4985x read
Kann man so sehen, muss man aber nicht
Dann sollte man davon ausgehen, dass die meisten Lehrer professionel genug sind, um persönliche Ressentiments einer leidlich fairen Benotung unterzuordnen. (Leidlich fair deswegen, weil *keine* Notenvergabe auf diesem Planeten wirklich absolut *objektiv* ist, und Noten deswegen sowieso von vorneherein verdammenswerte Instrumente der Unterdrückung des sich entwickelnden kindlichen Charakters darstellen mit dem wir die werdenden Erwachsenen in´s Unglück reissen....)
Zudem zeigen Untersuchungen seit Jahrzehnten über Kontinente hinweg, dass diese Werkzeuge des Bösen (also die Schulnoten im Allgemeinen und Bewertungen von Verhalten, Mitarbeit und sozialer Interaktionsfähigkeit im Besonderen) eine ziemlich valide und reliable Prognose für zukünftiges Leistungsverhalten und Berufserfolg erlauben.