Schweizer Strommarkt - Liberalisierung um jeden Preis
Daniel Mullis - Am 22. September 2002 hatte das Schweizer Stimmvolk die Revision des Elektrizitätsmarktgesetzes (EMG) mit 52.6% abgelehnt. Das Gesetz sollte die Öffnung des Strommarktes, sowie die Angleichung an die EU-Richtlinien regeln. Innert zehn Jahren, so der Plan, sollte der Schweizer Strommarkt komplett liberalisiert werden. Schon damals warnte attac-Schweiz in einem Papier davor, dass eine Annahme des EMG eine weitere Privatisierung eines in der Schweiz bisher gut funktionierenden öffentlichen Dienstes bedeuten würde. Weiter wurde im selben Papier darauf hingewiesen, dass mit der Liberalisierung nicht automatisch eine Senkung der Stromkosten einher gehen würde, wie dies von den EMG-Befürwortern immer wieder versprochen worden sei. Ausländische Beispiele würden von einem Preisanstieg zeugen. Rückblickend haben die warnenden Stimmen recht bekommen.
Dem Nein zum Trotz - die Liberalisierung kommt
Falsch lag attac jedoch mit der Prognose, dass ein Nein zum EMG die Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung der Stromversorgung verhindern könne. Die liberal-konservative Regierung - deren rechte Exponenten sich bei jeder Gelegenheit auf den Willen des Volkes berufen - missachtete das Verdikt der Bevölkerung und führte das Liberalisierungsprojekt weiter fort. So wurde am 23. März 2007 das Stromversorgungsgesetz mit überwältigenden Mehrheiten durch die beiden eidgenössischen Räte angenommen und die Referendumsfrist verstrich ungenutzt. Die Liberalisierung des Schweizer Strommarktes war somit beschlossene Sache und trat ab 1. Januar 2008 in Kraft.
Vorerst wurde in einem ersten Schritt die Marktöffnung für GrosskundInnen mit einem Verbrauch von mehr als 100 MWh vollzogen. Fünf Jahre später (2014) soll die Liberalisierung für alle EndverbraucherInnen umgesetzt sein. Lediglich der Gebrauch vom fakultativen Referendum, dem die vollumfängliche Umsetzung des Gesetztes noch unterliegt, könnte die Liberalisierung noch auf der letzten Stufe zum Fall bringen. Ein Ergreifen des Referendums durch linke Organisationen wird sehr wahrscheinlich, sollte dem starken Anstieg der Strompreise nicht noch Einhalt geboten werden.
2008, die Strompreise explodieren
Nun da der Strommarkt liberalisiert, machen die Energiekonzerne von den neuen Möglichkeiten Gebrauch und berechnen ihre Kosten neu. Einmal mehr fallen diese Neuberechnungen nicht zu Gunsten der VerbraucherInnen aus, sondern bedeuten massive Preissteigerungen. Privathaushalte müssen Preiserhöhungen von 10 bis 20% hinnehmen und gewisse Wirtschaftsbranchen trifft es je nach Standort noch härter. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom soll nun die Preiserhöhungen untersuchen und abklären ob diese gerechtfertigt seien, doch ein grundsätzliches Eingreifen ist nicht zu erwarten.
Gleichzeitig wächst in Bundesbern die Verunsicherung. Doris Leuthard, Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements, befürchtet negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz, sollten die Strompreise zu stark steigen. Moritz Leuenberger, Vorsteher des Energiewirtschaftsdepartements, bestätigte heute gegenüber dem „Bund“, dass wenn die Preise weiter so steigen würden, der zweite Schritt vor dem Volk keine Chance haben werde.
Energieknappheit als Teilursache
Die Steigerung des Strompreises muss aber auch im Zusammenhang mit der allgemeinen Verknappung der Energieressourcen gesehen werden. So werden Stimmen laut, welche den Energiekonzernen vorwerfen, die Preise zu erhöhen und Kosten für längst amortisierte Anlagen zu berechnen, um so die in Planung stehenden neuen AKW’s zu finanzieren.
Zugegeben, die Erhöhungen der Energiepreise kann auf der VerbraucherInnenseite positive Anreize zum energiesparen bieten. Es kann aber nicht sein, dass diese Anreize in die Taschen eben jener Konzerne fliessen, die ein eminentes Interesse daran haben, dass immer mehr dazu möglichst günstig produzierte Energie bezogen wird.
Preiserhöhungen treffen vor allem die Kleinen
Neben allen ökonomischen, politischen und ökologischen Diskussionen ist Fakt, dass es vor allem die Kleinen sein werden, welche die finanzielle Schraubzwinge noch stärker zu spüren bekommen. Denn Industrie- und Dienstleistungskonzerne werden die erhöhten Energiekosten zu einem grossen Teil nicht selbst tragen, sondern auf ihre KundInnen übertragen, was zwangsläufig zu einer weiteren Teuerung von fast allen Produkten führen wird. Am härtesten treffen solche Teuerungsschübe immer jene, welche die kleinste Geldbörse besitzen und einen prozentual hohen Anteil für die Deckung der Grundkosten benötigen.
Ein weiteres Mal führt wie gewarnt ein Liberalisierungsprojekt eines Service Public zu Erhöhungen der Preise für die KundInnen und zu Steigerung der Gewinne für die Konzerne - weitere Kapitel folgen bestimmt.
Dieser Artikel erschien erstmalig bei ContaInfo
Dem Nein zum Trotz - die Liberalisierung kommt
Falsch lag attac jedoch mit der Prognose, dass ein Nein zum EMG die Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung der Stromversorgung verhindern könne. Die liberal-konservative Regierung - deren rechte Exponenten sich bei jeder Gelegenheit auf den Willen des Volkes berufen - missachtete das Verdikt der Bevölkerung und führte das Liberalisierungsprojekt weiter fort. So wurde am 23. März 2007 das Stromversorgungsgesetz mit überwältigenden Mehrheiten durch die beiden eidgenössischen Räte angenommen und die Referendumsfrist verstrich ungenutzt. Die Liberalisierung des Schweizer Strommarktes war somit beschlossene Sache und trat ab 1. Januar 2008 in Kraft.
Vorerst wurde in einem ersten Schritt die Marktöffnung für GrosskundInnen mit einem Verbrauch von mehr als 100 MWh vollzogen. Fünf Jahre später (2014) soll die Liberalisierung für alle EndverbraucherInnen umgesetzt sein. Lediglich der Gebrauch vom fakultativen Referendum, dem die vollumfängliche Umsetzung des Gesetztes noch unterliegt, könnte die Liberalisierung noch auf der letzten Stufe zum Fall bringen. Ein Ergreifen des Referendums durch linke Organisationen wird sehr wahrscheinlich, sollte dem starken Anstieg der Strompreise nicht noch Einhalt geboten werden.
2008, die Strompreise explodieren
Nun da der Strommarkt liberalisiert, machen die Energiekonzerne von den neuen Möglichkeiten Gebrauch und berechnen ihre Kosten neu. Einmal mehr fallen diese Neuberechnungen nicht zu Gunsten der VerbraucherInnen aus, sondern bedeuten massive Preissteigerungen. Privathaushalte müssen Preiserhöhungen von 10 bis 20% hinnehmen und gewisse Wirtschaftsbranchen trifft es je nach Standort noch härter. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom soll nun die Preiserhöhungen untersuchen und abklären ob diese gerechtfertigt seien, doch ein grundsätzliches Eingreifen ist nicht zu erwarten.
Gleichzeitig wächst in Bundesbern die Verunsicherung. Doris Leuthard, Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements, befürchtet negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz, sollten die Strompreise zu stark steigen. Moritz Leuenberger, Vorsteher des Energiewirtschaftsdepartements, bestätigte heute gegenüber dem „Bund“, dass wenn die Preise weiter so steigen würden, der zweite Schritt vor dem Volk keine Chance haben werde.
Energieknappheit als Teilursache
Die Steigerung des Strompreises muss aber auch im Zusammenhang mit der allgemeinen Verknappung der Energieressourcen gesehen werden. So werden Stimmen laut, welche den Energiekonzernen vorwerfen, die Preise zu erhöhen und Kosten für längst amortisierte Anlagen zu berechnen, um so die in Planung stehenden neuen AKW’s zu finanzieren.
Zugegeben, die Erhöhungen der Energiepreise kann auf der VerbraucherInnenseite positive Anreize zum energiesparen bieten. Es kann aber nicht sein, dass diese Anreize in die Taschen eben jener Konzerne fliessen, die ein eminentes Interesse daran haben, dass immer mehr dazu möglichst günstig produzierte Energie bezogen wird.
Preiserhöhungen treffen vor allem die Kleinen
Neben allen ökonomischen, politischen und ökologischen Diskussionen ist Fakt, dass es vor allem die Kleinen sein werden, welche die finanzielle Schraubzwinge noch stärker zu spüren bekommen. Denn Industrie- und Dienstleistungskonzerne werden die erhöhten Energiekosten zu einem grossen Teil nicht selbst tragen, sondern auf ihre KundInnen übertragen, was zwangsläufig zu einer weiteren Teuerung von fast allen Produkten führen wird. Am härtesten treffen solche Teuerungsschübe immer jene, welche die kleinste Geldbörse besitzen und einen prozentual hohen Anteil für die Deckung der Grundkosten benötigen.
Ein weiteres Mal führt wie gewarnt ein Liberalisierungsprojekt eines Service Public zu Erhöhungen der Preise für die KundInnen und zu Steigerung der Gewinne für die Konzerne - weitere Kapitel folgen bestimmt.

contrainfo - 4. Sep, 22:50 Article 1333x read