„Diese Menschen haben nie eine Straftat begangen“
Michael Schulze von Glaßer im Gespräch mit Frank Gockel während einer Nachtdemonstration am 29./30. August 2008 im Rahmen des ‚Tag ohne Abschiebung’ vor der Justizvollzugsanstalt Büren. Frank Gockel engagiert sich seit über 10 Jahren in der Flüchtlingsberatung. Er ist Vorsitzender des Vereins ‚Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.’, dem 2006 der Aachener Friedenspreis verliehen wird.
Warum blockieren gerade 150 Menschen die Justizvollzugsanstalt Büren?
Die JVA Büren ist einer der größten Abschiebeknäste Europas – zumindest der größte in Deutschland. Die JVA ist ein Symbol für die Abschiebepolitik Deutschlands. Wir haben uns für heute ganz konkret vorgenommen den Abschiebeknast für einen Tag „abschiebefrei“ geben werden, dass heute Nacht keine Abschiebungen durchgeführt werden und kein Transporter hier durchkommt. Wichtig ist, dass wir nicht allein sind. Es ist eine bundesweite Aktion die dezentral auch in vielen andern Städten durchgeführt wird. Heute ein Tag, nächstes Jahr eine Woche, danach hoffentlich ein Monat und dann wollen wir mal weitersehen.

Frank Gockel: Einige trieb es in ihrer Not zum Selbstmord, andere starben bei der Abschiebung.
Den‚Tag ohne Abschiebung’ auf den 30. August zu legen war kein Zufall…
Wir haben dieses Datum ausgewählt, weil an diesem Tag in verschiedenen Jahren mindestens vier Flüchtlinge ums Leben gekommen sind. Einer von diesen Flüchtlingen war Rachid Sbaai, der hier in der JVA in einer Arrestzelle ums Leben gekommen ist. Die Todesursache ist bis heute ungeklärt – wir sind bis heute dabei zu recherchieren wieso er dort sterben musste. Wir wissen nicht wie er dort um Lbene gekommen ist. Er saß in einer Arrestzelle. Die Zelle hat Feuer gefangen. Er hat um Hilfe gerufen worauf die Beamten aber nicht reagiert haben. Wir haben noch sehr viele Fragen, die auch hoffentlich noch geklärt werden. Es ist schon seit Jahren Tradition am 30. August wenigstens eine Mahnwache vorm Abschiebeknast Büren abzuhalten.
Das Menschen in Abschiebehaft sterben ist recht unbekannt, die Presse berichtet kaum darüber…
Dabei sind es weit über 300 Flüchtlinge, die seit 1993 in Deutschland ums Leben gekommen sind. Einige trieb es in ihrer Not zum Selbstmord, andere starben bei der Abschiebung. Zwischenfälle sind keine Seltenheit. Die Medien berichten leider nicht darüber. Ich arbeite im Kreis Lippe mit Flüchtlingen zusammen. Dort haben allein in diesem Jahr zwei Flüchtlinge versucht Selbstmord zu begehen. Im Nachbarkreis Paderborn hat sich eine Frau das Leben genommen – in den Zeitungen ist darüber nichts zu lesen.
Zum Abschiebeknast Büren: wie viel Leute werden dort zurzeit festgehalten?
In Büren sind momentan rund 180 Menschen inhaftiert, die JVA ist für über 300 Abschiebehäftlinge ausgelegt. Früher waren es mehr. In der Zwischenzeit wurde aber eine Abteilung in normale Strafhaft umgewandelt.
Wie lange werden die Flüchtlinge in der JVA festgehalten?
Das ist ganz unterschiedlich. In der Regel sind es etwa 50 Tage. Einige sind nur ein, zwei Tage in Haft, andere sitzen über Monate in ihren Zellen. Auch sechs monatige Haft ist keine Seltenheit. Im Extremfall kann die Haft bis zu 18 Monate dauern.
Welcher Beschäftigung gehen in Flüchtlinge während der Haft nach?
Wichtig ist erstmal, dass diese Menschen nie eine Straftat begangen haben. Ihr einziges Verbrechen war es nach Deutschland zu kommen und Deutschland möchte sie wieder loswerden. Sie sitzen dort in Zellen, einige haben die Möglichkeit zu arbeiten. Es gibt aber nur monotone ein-Euro Jobs. Viele sitzen auch in ihren Zellen rum, haben täglich eine Stunde Rundgang und Sport. Das ganze Leben – auch das Essen – findet in den Zellen statt.
Was passiert nach Ende der Abschiebehaft?
Ungefähr 70 % der Menschen werden abgeschoben, dass heißt, dass sie nachts – meisten zwischen 3 und 6 Uhr – zu den Flughäfen gebracht werden. Deswegen veranstalten wir auch heute diese Nachtdemonstration um diese Transporte zu verhindern. 30 % der Flüchtlinge kommen wieder frei, dürfen mit einer Duldung in Deutschland bleiben, sollen aber früher oder später trotzdem abgeschoben werden.
Vielen Dank für dieses Interview!
Weitere Informationen: Abschiebefrei
Warum blockieren gerade 150 Menschen die Justizvollzugsanstalt Büren?
Die JVA Büren ist einer der größten Abschiebeknäste Europas – zumindest der größte in Deutschland. Die JVA ist ein Symbol für die Abschiebepolitik Deutschlands. Wir haben uns für heute ganz konkret vorgenommen den Abschiebeknast für einen Tag „abschiebefrei“ geben werden, dass heute Nacht keine Abschiebungen durchgeführt werden und kein Transporter hier durchkommt. Wichtig ist, dass wir nicht allein sind. Es ist eine bundesweite Aktion die dezentral auch in vielen andern Städten durchgeführt wird. Heute ein Tag, nächstes Jahr eine Woche, danach hoffentlich ein Monat und dann wollen wir mal weitersehen.

Frank Gockel: Einige trieb es in ihrer Not zum Selbstmord, andere starben bei der Abschiebung.
Den‚Tag ohne Abschiebung’ auf den 30. August zu legen war kein Zufall…
Wir haben dieses Datum ausgewählt, weil an diesem Tag in verschiedenen Jahren mindestens vier Flüchtlinge ums Leben gekommen sind. Einer von diesen Flüchtlingen war Rachid Sbaai, der hier in der JVA in einer Arrestzelle ums Leben gekommen ist. Die Todesursache ist bis heute ungeklärt – wir sind bis heute dabei zu recherchieren wieso er dort sterben musste. Wir wissen nicht wie er dort um Lbene gekommen ist. Er saß in einer Arrestzelle. Die Zelle hat Feuer gefangen. Er hat um Hilfe gerufen worauf die Beamten aber nicht reagiert haben. Wir haben noch sehr viele Fragen, die auch hoffentlich noch geklärt werden. Es ist schon seit Jahren Tradition am 30. August wenigstens eine Mahnwache vorm Abschiebeknast Büren abzuhalten.
Das Menschen in Abschiebehaft sterben ist recht unbekannt, die Presse berichtet kaum darüber…
Dabei sind es weit über 300 Flüchtlinge, die seit 1993 in Deutschland ums Leben gekommen sind. Einige trieb es in ihrer Not zum Selbstmord, andere starben bei der Abschiebung. Zwischenfälle sind keine Seltenheit. Die Medien berichten leider nicht darüber. Ich arbeite im Kreis Lippe mit Flüchtlingen zusammen. Dort haben allein in diesem Jahr zwei Flüchtlinge versucht Selbstmord zu begehen. Im Nachbarkreis Paderborn hat sich eine Frau das Leben genommen – in den Zeitungen ist darüber nichts zu lesen.
Zum Abschiebeknast Büren: wie viel Leute werden dort zurzeit festgehalten?
In Büren sind momentan rund 180 Menschen inhaftiert, die JVA ist für über 300 Abschiebehäftlinge ausgelegt. Früher waren es mehr. In der Zwischenzeit wurde aber eine Abteilung in normale Strafhaft umgewandelt.
Wie lange werden die Flüchtlinge in der JVA festgehalten?
Das ist ganz unterschiedlich. In der Regel sind es etwa 50 Tage. Einige sind nur ein, zwei Tage in Haft, andere sitzen über Monate in ihren Zellen. Auch sechs monatige Haft ist keine Seltenheit. Im Extremfall kann die Haft bis zu 18 Monate dauern.
Welcher Beschäftigung gehen in Flüchtlinge während der Haft nach?
Wichtig ist erstmal, dass diese Menschen nie eine Straftat begangen haben. Ihr einziges Verbrechen war es nach Deutschland zu kommen und Deutschland möchte sie wieder loswerden. Sie sitzen dort in Zellen, einige haben die Möglichkeit zu arbeiten. Es gibt aber nur monotone ein-Euro Jobs. Viele sitzen auch in ihren Zellen rum, haben täglich eine Stunde Rundgang und Sport. Das ganze Leben – auch das Essen – findet in den Zellen statt.
Was passiert nach Ende der Abschiebehaft?
Ungefähr 70 % der Menschen werden abgeschoben, dass heißt, dass sie nachts – meisten zwischen 3 und 6 Uhr – zu den Flughäfen gebracht werden. Deswegen veranstalten wir auch heute diese Nachtdemonstration um diese Transporte zu verhindern. 30 % der Flüchtlinge kommen wieder frei, dürfen mit einer Duldung in Deutschland bleiben, sollen aber früher oder später trotzdem abgeschoben werden.
Vielen Dank für dieses Interview!

sfux - 14. Sep, 20:05 Article 3673x read