Justiz ebnet Jacob Zuma den Weg ins Amt des Staatspräsidenten Südafrikas
Dr. Günter Pabst - Jetzt sehen sie sich bestätigt, dass sie immer schon richtig lagen: Die Anklage gegen Jacob Zuma, seit Dezember 2007 Präsident des African National Congress (ANC), ist ein politischer Plot. Ausgeheckt von Staatspräsident Thabo Mbeki, umgesetzt von der National Prosecuting Authority (NPA), mit bereitwilliger Unterstützung weiter Teile der Medien.
Sie, das sind die Scharfmacher der letzten Monate: Julius Malema, der militante Führer der ANC Youth League (ANCYL), Gwede Mantashe, Generalsekretär des ANC, Blade Nzimande, Generalsekretär der Communist Party (SACP), und Zwelenzima Vavi, Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes COSATU. Mit ihren konzertierten Aktionen hatten sie sich für Zuma ins Zeug gelegt. Dabei hatten sie auch den Einsatz von Gewalt gegen jeden Versuch angekündigt, ihrer Galionsfigur den Weg ins Amt des Staatspräsidenten zu verbauen. Auch die Justiz war so ins Fadenkreuz der Zuma-Protagonisten geraten.
Am 12. September hat Richter Chris Nicholson am High Court in Pietermaritzburg entschieden, dass die Anklage der NPA gegen Jacob Zuma wegen diverser Delikte (u.a. Bestechlichkeit, Geldwäsche und Betrug im Zusammenhang mit den Rüstungsgeschäften vor etwa 10 Jahren) unwirksam sei.
Der Grund: Unzulässige politische Einflussnahme der Regierung auf die NPA, so wie das Zuma-Lager immer behauptet hatte. Und tatsächlich gibt es dafür Indizien, die in dem Verfahren aufgerollt und auf den Prüfstand gestellt wurden. Das bewegte Ringen um Recht, Gerechtigkeit im Zentrum hochbrisanter Politik begann 2003 mit der Entscheidung der NPA unter dem damaligen Chef Bulelani Ngcuka, Zumas “Finanzberater” Schabir Shaik wegen Bestechung anzuklagen. Zuma sah keine Anklage, obwohl es nach eigenem Bekunden der NPA “prima facie’-Beweise gegen diesen gäbe.
Die NPA ging also gegen den Zahlenden der Bestechungsgelder vor, nicht aber gegen den Empfänger Zuma, zu dieser Zeit Vize-Präsident des Landes. Schon damals konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Shaik zum Testfall mit geringem Risiko bei einem Fehlschlag gemacht wurde. Nach dem Urteil gegen Shaik (15 Jahre Haft) und der richterlichen Feststellung einer “generell korrupten Beziehung” Shaik/Zuma hatte Staatspräsident Thabo Mbeki das politische Mittel in der Hand, sich Zuma zu entledigen.
Er nutzt es und entliess ihn als seinen Vize. Mit dem Urteil gegen Shaik im Rücken begann nun die NPA, die auf Eis gelegten Ermittlungen gegen Zuma voranzutreiben. Dabei wurden handwerkliche Fehler gemacht, die das Verfahren in die Länge zogen. Für genaue Beobachter sah es lange Zeit so aus, als würde die Anklage mit Bedacht verzögern werden, um das Damoklesschwert einer Verurteilung so lange wie möglich über Zuma hängen zu lassen. Denn so war seine Energie gebunden und die Unsicherheit über seine Zukunft würde seinen politischen Aufstieg bremsen.
Es kam dann – wie bekannt ist – ganz anders. Die Basis des ANC, mehrheitlich überzeugt von einer politischen Konspiration gegen Zuma und angefressen von der zunehmenden Machtarroganz des Mbeki-Lagers, hob Zuma auf den Schild des ANC-Präsidenten. Thabo Mbeki, seit 10 Jahren an der Spitze des ANC, kassierte damit eine vernichtende Niederlage. Es dauerte danach gerade mal eine Woche und die NPA erhob nun eiligst Anklage gegen Jacob Zuma (am 28. Dezember 2007, wo doch auch in Südafrika während Weihnachten und Neujahr sonst alle Räder stillstehen).
Es roch förmlich danach: Das “Imperium schlägt zurück” mit dem verzweifelten Versuch, den weiteren Aufstieg Zumas und damit den Abstieg Mbekis doch noch zu verhindern. War es eine Weisung aus Regierungskreisen oder doch mehr nur “vorauseilender Gehorsam”? Dieser Frage musste Chris Nicholson nicht intensiv nachgehen. Denn es gab da ein durchschlagendes Indiz für die Abhängigkeit der NPA von der politischen Führung. Im September 2007 hatte nämlich Staatspräsident Mbeki den damaligen Chef der NPA Vusi Pikoli suspendiert, und zwar mit der Begründung, das Vertrauensverhältnis zwischen Pikoli und Justizministerin Bridget Mbandla sei zerrüttet.
Formal hatte Mbeki die Befugnis zur Suspendierung. Da es aber – nach richtiger Wertung von Richter Nicholson - kein Arbeitsverhältnis zwischen NPA und Justizminister gäbe, weil die NPA nach der Verfassung ein unabhängiges Organ der Rechtspflege sei, könne es auch kein zerrüttetes Vertrauensverhältnis geben. Die Suspendierung zeige daher, wie intensiv die Regierung auf die NPA Einfluss nehme. Und es war auch schon kurz nach der Pikoli-Suspendierung klar geworden, warum dieser gehen musste. Er hatte es gewagt, gegen den Polizei-Chef (und Mbeki-Vertrauten) Jackie Selebi wegen angeblicher Verbindungen zur organisierten Kriminalität nicht nur zu ermitteln, sondern sogar einen Haftbefehl zu erwirken.
Selebi war danach nicht mehr zu halten, aber Pikoli musste für seine dreiste Demonstration von Unabhängigkeit aus dem Verkehr gezogen werden. Aus Mbeki-Sicht war ja wohl nicht auszudenken, was einer aufmüpfigen NPA unter Pikoli im Verfahren gegen Zuma womöglich eingefallen wäre! Beim Neuen an der NPA-Spitze konnte man ziemlich sicher sein, dass der nicht aus dem Ruder läuft. Er musste sich nur das Beispiel des Vusi Pikoli vor Augen führen, wenn man ihm eine “Stallorder” geben würde. Mit dieser Argumentationskette war für Richter Nicholson genügend deutlich belegt, dass die NPA unter unzulässiger Einflussnahme der Regierung stand.
Wenn man nun die Ereignisse der letzten zehn Monate einmal holistisch analysiert, ergibt sich ein ernüchterndes Bild. Zuma wird als neuer Präsident des Landes nicht mehr zu verhindern sein. Die nächsten Wahlen sind spätestens Mitte 2009; die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Urnengangs ist hoch, denn der ANC wird nichts unversucht lassen, sich des jetzt gänzlich im Abseits stehenden Thabo Mbeki schnellstmöglich zu entledigen.
Die rechtlichen Möglichkeiten der NPA, das Verfahren gegen Zuma neu zu beleben, sind nur noch theoretischer Natur – interessanter Stoff für ein juristisches Oberseminar, aber praktisch einfach nicht vorstellbar. Mit dem Aufstieg des Jacob Zuma werden sich die Kräfte bestätigt fühlen, die Gewalt als Mittel zum Machterhalt offensichtlich für legitim halten. Zuma selbst wird für immer das Etikett eines korrupten Politikers it sich herumtragen.
Denn die Tatsache bleibt unbestritten, dass er sich von Schabir Shaik jahrelang aushalten liess, während die Shaik-Familie Staatsaufträge erhielt. Die ehrenwerte Vermutung der Unschuld ist das eine. Etwas ganz anderes ist die Frage, ob jemand mit einer dermaßen befleckten Weste für das höchste Staatsamt qualifiziert ist. Gerade Südafrika sollte in der Nachfolge des Nelson Mandela jemand vorzeigen können, der in charakterlicher Hinsicht über jeden Zweifel erhaben ist.
Und schließlich bleibt noch ein ganz anderer Nachgeschmack zurück. Wer weiß schon, wie sehr Chris Nicholson sich von der Gewaltrethorik des Zuma-Lagers hat beeinflussen lassen? Eine Entscheidung gegen Zuma hätte Gefahr für Leib und Leben bedeutet – der Mob wäre wohl nicht mehr überall zu halten gewesen. Kein guter Gedanke, wenn man die Zukunft der Demokratie in Südafrika denkt.
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Dr. Günter Pabst hat in den letzten Jahren zu verschiedenen rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen und politischen Themen in Fachzeitschriften und Magazinen Beiträge veröffentlicht. Mehrfach wurde er eingeladen, vor Wirtschaftsdelegationen in Südafrika und auf Seminaren und Workshops in Deutschland Vorträge zu diversen Südafrika-Themen zu halten. Dr. Papst ist Rechtsanwalt, seine Hompage finden sie unter Pabst & Pabst Consulting.
Sie, das sind die Scharfmacher der letzten Monate: Julius Malema, der militante Führer der ANC Youth League (ANCYL), Gwede Mantashe, Generalsekretär des ANC, Blade Nzimande, Generalsekretär der Communist Party (SACP), und Zwelenzima Vavi, Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes COSATU. Mit ihren konzertierten Aktionen hatten sie sich für Zuma ins Zeug gelegt. Dabei hatten sie auch den Einsatz von Gewalt gegen jeden Versuch angekündigt, ihrer Galionsfigur den Weg ins Amt des Staatspräsidenten zu verbauen. Auch die Justiz war so ins Fadenkreuz der Zuma-Protagonisten geraten.
Am 12. September hat Richter Chris Nicholson am High Court in Pietermaritzburg entschieden, dass die Anklage der NPA gegen Jacob Zuma wegen diverser Delikte (u.a. Bestechlichkeit, Geldwäsche und Betrug im Zusammenhang mit den Rüstungsgeschäften vor etwa 10 Jahren) unwirksam sei.
Der Grund: Unzulässige politische Einflussnahme der Regierung auf die NPA, so wie das Zuma-Lager immer behauptet hatte. Und tatsächlich gibt es dafür Indizien, die in dem Verfahren aufgerollt und auf den Prüfstand gestellt wurden. Das bewegte Ringen um Recht, Gerechtigkeit im Zentrum hochbrisanter Politik begann 2003 mit der Entscheidung der NPA unter dem damaligen Chef Bulelani Ngcuka, Zumas “Finanzberater” Schabir Shaik wegen Bestechung anzuklagen. Zuma sah keine Anklage, obwohl es nach eigenem Bekunden der NPA “prima facie’-Beweise gegen diesen gäbe.
Die NPA ging also gegen den Zahlenden der Bestechungsgelder vor, nicht aber gegen den Empfänger Zuma, zu dieser Zeit Vize-Präsident des Landes. Schon damals konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Shaik zum Testfall mit geringem Risiko bei einem Fehlschlag gemacht wurde. Nach dem Urteil gegen Shaik (15 Jahre Haft) und der richterlichen Feststellung einer “generell korrupten Beziehung” Shaik/Zuma hatte Staatspräsident Thabo Mbeki das politische Mittel in der Hand, sich Zuma zu entledigen.
Er nutzt es und entliess ihn als seinen Vize. Mit dem Urteil gegen Shaik im Rücken begann nun die NPA, die auf Eis gelegten Ermittlungen gegen Zuma voranzutreiben. Dabei wurden handwerkliche Fehler gemacht, die das Verfahren in die Länge zogen. Für genaue Beobachter sah es lange Zeit so aus, als würde die Anklage mit Bedacht verzögern werden, um das Damoklesschwert einer Verurteilung so lange wie möglich über Zuma hängen zu lassen. Denn so war seine Energie gebunden und die Unsicherheit über seine Zukunft würde seinen politischen Aufstieg bremsen.
Es kam dann – wie bekannt ist – ganz anders. Die Basis des ANC, mehrheitlich überzeugt von einer politischen Konspiration gegen Zuma und angefressen von der zunehmenden Machtarroganz des Mbeki-Lagers, hob Zuma auf den Schild des ANC-Präsidenten. Thabo Mbeki, seit 10 Jahren an der Spitze des ANC, kassierte damit eine vernichtende Niederlage. Es dauerte danach gerade mal eine Woche und die NPA erhob nun eiligst Anklage gegen Jacob Zuma (am 28. Dezember 2007, wo doch auch in Südafrika während Weihnachten und Neujahr sonst alle Räder stillstehen).
Es roch förmlich danach: Das “Imperium schlägt zurück” mit dem verzweifelten Versuch, den weiteren Aufstieg Zumas und damit den Abstieg Mbekis doch noch zu verhindern. War es eine Weisung aus Regierungskreisen oder doch mehr nur “vorauseilender Gehorsam”? Dieser Frage musste Chris Nicholson nicht intensiv nachgehen. Denn es gab da ein durchschlagendes Indiz für die Abhängigkeit der NPA von der politischen Führung. Im September 2007 hatte nämlich Staatspräsident Mbeki den damaligen Chef der NPA Vusi Pikoli suspendiert, und zwar mit der Begründung, das Vertrauensverhältnis zwischen Pikoli und Justizministerin Bridget Mbandla sei zerrüttet.
Formal hatte Mbeki die Befugnis zur Suspendierung. Da es aber – nach richtiger Wertung von Richter Nicholson - kein Arbeitsverhältnis zwischen NPA und Justizminister gäbe, weil die NPA nach der Verfassung ein unabhängiges Organ der Rechtspflege sei, könne es auch kein zerrüttetes Vertrauensverhältnis geben. Die Suspendierung zeige daher, wie intensiv die Regierung auf die NPA Einfluss nehme. Und es war auch schon kurz nach der Pikoli-Suspendierung klar geworden, warum dieser gehen musste. Er hatte es gewagt, gegen den Polizei-Chef (und Mbeki-Vertrauten) Jackie Selebi wegen angeblicher Verbindungen zur organisierten Kriminalität nicht nur zu ermitteln, sondern sogar einen Haftbefehl zu erwirken.
Selebi war danach nicht mehr zu halten, aber Pikoli musste für seine dreiste Demonstration von Unabhängigkeit aus dem Verkehr gezogen werden. Aus Mbeki-Sicht war ja wohl nicht auszudenken, was einer aufmüpfigen NPA unter Pikoli im Verfahren gegen Zuma womöglich eingefallen wäre! Beim Neuen an der NPA-Spitze konnte man ziemlich sicher sein, dass der nicht aus dem Ruder läuft. Er musste sich nur das Beispiel des Vusi Pikoli vor Augen führen, wenn man ihm eine “Stallorder” geben würde. Mit dieser Argumentationskette war für Richter Nicholson genügend deutlich belegt, dass die NPA unter unzulässiger Einflussnahme der Regierung stand.
Wenn man nun die Ereignisse der letzten zehn Monate einmal holistisch analysiert, ergibt sich ein ernüchterndes Bild. Zuma wird als neuer Präsident des Landes nicht mehr zu verhindern sein. Die nächsten Wahlen sind spätestens Mitte 2009; die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Urnengangs ist hoch, denn der ANC wird nichts unversucht lassen, sich des jetzt gänzlich im Abseits stehenden Thabo Mbeki schnellstmöglich zu entledigen.
Die rechtlichen Möglichkeiten der NPA, das Verfahren gegen Zuma neu zu beleben, sind nur noch theoretischer Natur – interessanter Stoff für ein juristisches Oberseminar, aber praktisch einfach nicht vorstellbar. Mit dem Aufstieg des Jacob Zuma werden sich die Kräfte bestätigt fühlen, die Gewalt als Mittel zum Machterhalt offensichtlich für legitim halten. Zuma selbst wird für immer das Etikett eines korrupten Politikers it sich herumtragen.
Denn die Tatsache bleibt unbestritten, dass er sich von Schabir Shaik jahrelang aushalten liess, während die Shaik-Familie Staatsaufträge erhielt. Die ehrenwerte Vermutung der Unschuld ist das eine. Etwas ganz anderes ist die Frage, ob jemand mit einer dermaßen befleckten Weste für das höchste Staatsamt qualifiziert ist. Gerade Südafrika sollte in der Nachfolge des Nelson Mandela jemand vorzeigen können, der in charakterlicher Hinsicht über jeden Zweifel erhaben ist.
Und schließlich bleibt noch ein ganz anderer Nachgeschmack zurück. Wer weiß schon, wie sehr Chris Nicholson sich von der Gewaltrethorik des Zuma-Lagers hat beeinflussen lassen? Eine Entscheidung gegen Zuma hätte Gefahr für Leib und Leben bedeutet – der Mob wäre wohl nicht mehr überall zu halten gewesen. Kein guter Gedanke, wenn man die Zukunft der Demokratie in Südafrika denkt.


sfux - 16. Sep, 08:01 Article 1573x read
Zuma ist nicht korrupt?