Protest gegen Castor-Transporte: Der Preis der Unfreiheit
World Content News - «Gehorsam kann man nicht erzwingen»: Die auch unter dem Akrobaten-Namen "Flinkes Eichhörnchen" bekannte französische Anti-Atomkraft-Künstlerin Cécile Lecomte (26) musste Ende September für einen Tag in den Knast von Hildesheim, weil sie sich weigerte, ein Bußgeld von 5 Euro zu bezahlen. Das Bußgeld gegen Lecomte war verhängt worden, nachdem sie sich im November 2006 an einer Demonstration auf Bahnschienen gegen einen Castortransport nach Gorleben beteiligt hatte.

Die heute in Lüneburg lebende Aktivistin ist zu zahlreichen Themen aktiv: Bei der französischen öko-libertären Gruppe Chiche! ist sie 1999 aktiv geworden. Die damalige BWL-Studentin setzte sich vor allem mit der Konsumgesellschaft auseinander. Sie beschäftigte sich vor allem mit dem antikapitalistischen Konzept der »Décroissance« (auf Deutsch etwa »Schrumpftum« als Gegensatz zum wirtschaftlichen Wachstum).

«Haft ist total zwecklos"»: Das Amtsgericht Hannover hatte im August die Erzwingungshaft angeordnet. Lecomte ließ den genannten Antrittstermin jedoch verstreichen. In einem Offenen Brief (siehe unten) an das Gericht erklärte sie: «Gehorsam kann man nicht erzwingen». Gleichzeitig legte die Atomkraftgegnerin Verfassungsbeschwerde wegen «Unverhältnismäßigkeit» der Erzwingungshaft ein.
Was mit der 5€-Justizposse dem Staat letztendlich an tatsächlichen Kosten entstanden sind, haben Leila Adamkiewitz und Dirk Drazewski von wendland-net.de in einer vergnüglichen Putzfrauenrechnung festgehalten: 510 Euro für Peterwagen, Staatshotel, Verpflegung und Verwaltungskosten.
Noch sind relativ viele offene Rechnungen mit dem Staat zu begleichen: So hatte Lecomte z.B. am 5. September 2007 mit ihrer akrobatischen Performance gegen einen Zug demonstriert, der einen Leerbehälter neuer Bauart vom Typ "Castor HAW 28 M" zu Testzwecken nach Gorleben transportieren sollte. "Flinkes Eichhörnchen" seilte sich just in Höhe des Lüneburger Tiergartens über der Transportstrecke nach Dannenberg ab. Folge: Der Zug musste einen zweistündigen Stopp einlegen.
Voraussichtlich am 8. November 2008 soll nach Angaben von Umweltschützern wieder ein Castor-Transport nach Gorleben unterwegs sein. Es sind bereits große Protestaktionen angekündigt. Und so wie es aussieht, wird auch die ehemalige Frankreichmeisterin in Sportklettern zu Land, zu Wasser und vor allem aus der Luft die atomaren Scheinlöser wieder einmal vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Denn, so Lecomte:
„Solange weiter gefährliche Atomtransporte rollen, werde ich unbelehrbar bleiben und meinem Widerstand kreativ Ausdruck verleihen“

Dokumentation:
Quellen:
Atomkraftgegnerin wegen Fünf-Euro-Bußgeld verhaftet
(ngo-online.de, 23.09.2008)
Atomkraftgegnerin soll wegen 5 Euro Bußgeld ins Gefängnis
(redglobe.de, 20.08.2008)
Akrobatisch gegen Atomkraft (taz, 17.01.2008)
Folgen des Castor-Protestes noch in der Schwebe
(Münstersche Zeitung, 22.04.2008)
Am Vorabend des 20. Juli: Bußgeld nach mutiger Aktion
(Linkszeitung, 20.07.2008)
Profil: Bewegungsarbeiterin Cécile Lecomte
(Bewegungsstiftung)
A wie Aufpassen (dernewsticker.de, 04.10.2008)
Castor-Alarm 2008 (castor.de)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News

Die heute in Lüneburg lebende Aktivistin ist zu zahlreichen Themen aktiv: Bei der französischen öko-libertären Gruppe Chiche! ist sie 1999 aktiv geworden. Die damalige BWL-Studentin setzte sich vor allem mit der Konsumgesellschaft auseinander. Sie beschäftigte sich vor allem mit dem antikapitalistischen Konzept der »Décroissance« (auf Deutsch etwa »Schrumpftum« als Gegensatz zum wirtschaftlichen Wachstum).

«Haft ist total zwecklos"»: Das Amtsgericht Hannover hatte im August die Erzwingungshaft angeordnet. Lecomte ließ den genannten Antrittstermin jedoch verstreichen. In einem Offenen Brief (siehe unten) an das Gericht erklärte sie: «Gehorsam kann man nicht erzwingen». Gleichzeitig legte die Atomkraftgegnerin Verfassungsbeschwerde wegen «Unverhältnismäßigkeit» der Erzwingungshaft ein.
Was mit der 5€-Justizposse dem Staat letztendlich an tatsächlichen Kosten entstanden sind, haben Leila Adamkiewitz und Dirk Drazewski von wendland-net.de in einer vergnüglichen Putzfrauenrechnung festgehalten: 510 Euro für Peterwagen, Staatshotel, Verpflegung und Verwaltungskosten.
Noch sind relativ viele offene Rechnungen mit dem Staat zu begleichen: So hatte Lecomte z.B. am 5. September 2007 mit ihrer akrobatischen Performance gegen einen Zug demonstriert, der einen Leerbehälter neuer Bauart vom Typ "Castor HAW 28 M" zu Testzwecken nach Gorleben transportieren sollte. "Flinkes Eichhörnchen" seilte sich just in Höhe des Lüneburger Tiergartens über der Transportstrecke nach Dannenberg ab. Folge: Der Zug musste einen zweistündigen Stopp einlegen.
Voraussichtlich am 8. November 2008 soll nach Angaben von Umweltschützern wieder ein Castor-Transport nach Gorleben unterwegs sein. Es sind bereits große Protestaktionen angekündigt. Und so wie es aussieht, wird auch die ehemalige Frankreichmeisterin in Sportklettern zu Land, zu Wasser und vor allem aus der Luft die atomaren Scheinlöser wieder einmal vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Denn, so Lecomte:
„Solange weiter gefährliche Atomtransporte rollen, werde ich unbelehrbar bleiben und meinem Widerstand kreativ Ausdruck verleihen“

Dokumentation:
Offener Brief an das Amtsgericht Hannover
Madame, Monsieur,
Am 14. November 07 wurde ich zu einem Bußgeld in Höhe von 5 Euro verurteilt, weil ich mich im Oktober 2006 an einer Schienen-Demonstration mit etwa 150 weiteren Personen beteiligt habe, um gegen die Atompolitik und den bevorstehenden Castor-Transport ins Wendland zu protestieren.
Vor Gericht habe ich damals 3 Stunden lang meine tief verwurzelten Beweggründe erläutert.
Dieses Bußgeld weigere ich mich heute und für immer zu bezahlen. Aus diesem Grund haben Sie einen Tag Erzwingungshaft gegen mich verhängt. Erzwingungshaft ist ein Beugemittel, was mich dazu zwingen soll, dieses Bußgeld zu bezahlen. Das ist also kein Strafmittel im Sinne vom Strafgesetzbuch – es geht um Ordnungswidrigkeit. Doch Gehorsam kann man nicht erzwingen, Erzwingungshaft ist also zwecklos.
Am 14. August 08 habe ich die Ladung zum Haftantritt in der JVA Vechta, Abteilung Hildesheim (160 Km entfernt von meinem Wohnsitz!!) innerhalb einer Woche erhalten. Ich werde aber nicht kommen – nicht freiwillig.
Die Verhängung von einem Tag Erzwingungshaft für 5 Euro halte ich für verfassungswidrig. Wo ist die Verhältnismäßigkeit ? Das ist ein klarer Verstoß gegen das Übermaßverbot. Daher habe ich eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht formuliert. Der Aufwand, der hier betrieben wird, verdutzt mich. Dass es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung kam, hat damit zu tun, dass es um politischen Protest geht. Bagatellsachen dieser Art werden ansonsten eingestellt. Polit-Zuschlag also. Und der Staat bleibt hart dabei, egal was es ihn kostet (die Kosten für Erzwingungshaft samt Verhaftung übersteigen mit Sicherheit bei weitem die 5 Euro Bußgeld). Es geht schlicht um Repression, und NICHT um Gerechtigkeit oder um das Wohl der Allgemeinheit. Die Justiz ist hier ein Macht-Instrument was dazu dient, das herrschende System am Leben zu erhalten.
Ich weiß wofür ich stehe. Ich halte Protest gegen eine menschenverachtende Technologie wie die Atomenergie in der Form von kreativen gewaltfreien Aktionen für legitim und notwendig. Für eine Pflicht, sogar. Das Absaufen der Asse und die ungelöste Frage der Entsorgung von Atommüll, die tägliche Freisetzung von Radioaktivität durch Atomanlagen, und die ständige Gefahr eines atomaren Unfalls wie in Tschernobyl oder wie neulich im französischen Tricastin gehen uns alle an. Es betrifft die jetzigen und die zukünftigen Generationen. Das ist meine, unsere, Ihre Verantwortung. Radioaktivität tötet uns alle – auch PolitzistInnen, RichterInnen, StaatsanwältInnen, AtomlobbyistInnen, PolitikerInnen, ...
Atompolitik und Menschenrechte sind unvereinbar. Das juristische Nachspiel von politischem Protest gehört zum Konzept des zivilen Ungehorsams. Ich weiß, dass meine Handlung von der (In)Justiz als Ordnungswidrigkeit angesehen werden kann. Diese Handlung verteidige ich aber trotzdem. Nicht bezahlen, nicht freiwillig kommen, das ist mein Weg, meine Handlung politisch zu verteidigen, dazu zu stehen. Flüchten werde ich nicht, weil ich -zwar ohne zu Kooperieren- die Folgen meiner Handlungen in Kauf nehme – auch wenn es Gefängnis sein muß. Dies lasse ich aber nicht ohne Widerstand, ohne Worte auf mich ergehen. Denn ich bin ein freier Mensch und es ist meine Verantwortung NEIN zu sagen. Ich empfehle Ihnen diesbezüglich die Werke vom französischen Philosoph Jean-Paul Sartre.
Was ist denn das, für eine Demokratie, wenn Menschen nicht wegen ihrer Tat, sondern wegen „anders Denken“ eingesperrt werden? Das nenne ich Demokratur. Allein die Tatsache, dass Menschen andere Menschen überhaupt einsperren, finde ich seltsam. Ich kämpfe für das Leben und schon gar nicht gegen Menschen.
Sie können mich verhaften lassen, meine Gedanken bleiben aber frei. Aus diesem Grund ist Erzwingungshaft zwecklos.
Salutations anti-nucléaires
Cécile Lecomte, das unbeugsame Eichhörnchen
Madame, Monsieur,
Am 14. November 07 wurde ich zu einem Bußgeld in Höhe von 5 Euro verurteilt, weil ich mich im Oktober 2006 an einer Schienen-Demonstration mit etwa 150 weiteren Personen beteiligt habe, um gegen die Atompolitik und den bevorstehenden Castor-Transport ins Wendland zu protestieren.
Vor Gericht habe ich damals 3 Stunden lang meine tief verwurzelten Beweggründe erläutert.
Dieses Bußgeld weigere ich mich heute und für immer zu bezahlen. Aus diesem Grund haben Sie einen Tag Erzwingungshaft gegen mich verhängt. Erzwingungshaft ist ein Beugemittel, was mich dazu zwingen soll, dieses Bußgeld zu bezahlen. Das ist also kein Strafmittel im Sinne vom Strafgesetzbuch – es geht um Ordnungswidrigkeit. Doch Gehorsam kann man nicht erzwingen, Erzwingungshaft ist also zwecklos.
Am 14. August 08 habe ich die Ladung zum Haftantritt in der JVA Vechta, Abteilung Hildesheim (160 Km entfernt von meinem Wohnsitz!!) innerhalb einer Woche erhalten. Ich werde aber nicht kommen – nicht freiwillig.
Die Verhängung von einem Tag Erzwingungshaft für 5 Euro halte ich für verfassungswidrig. Wo ist die Verhältnismäßigkeit ? Das ist ein klarer Verstoß gegen das Übermaßverbot. Daher habe ich eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht formuliert. Der Aufwand, der hier betrieben wird, verdutzt mich. Dass es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung kam, hat damit zu tun, dass es um politischen Protest geht. Bagatellsachen dieser Art werden ansonsten eingestellt. Polit-Zuschlag also. Und der Staat bleibt hart dabei, egal was es ihn kostet (die Kosten für Erzwingungshaft samt Verhaftung übersteigen mit Sicherheit bei weitem die 5 Euro Bußgeld). Es geht schlicht um Repression, und NICHT um Gerechtigkeit oder um das Wohl der Allgemeinheit. Die Justiz ist hier ein Macht-Instrument was dazu dient, das herrschende System am Leben zu erhalten.
Ich weiß wofür ich stehe. Ich halte Protest gegen eine menschenverachtende Technologie wie die Atomenergie in der Form von kreativen gewaltfreien Aktionen für legitim und notwendig. Für eine Pflicht, sogar. Das Absaufen der Asse und die ungelöste Frage der Entsorgung von Atommüll, die tägliche Freisetzung von Radioaktivität durch Atomanlagen, und die ständige Gefahr eines atomaren Unfalls wie in Tschernobyl oder wie neulich im französischen Tricastin gehen uns alle an. Es betrifft die jetzigen und die zukünftigen Generationen. Das ist meine, unsere, Ihre Verantwortung. Radioaktivität tötet uns alle – auch PolitzistInnen, RichterInnen, StaatsanwältInnen, AtomlobbyistInnen, PolitikerInnen, ...
Atompolitik und Menschenrechte sind unvereinbar. Das juristische Nachspiel von politischem Protest gehört zum Konzept des zivilen Ungehorsams. Ich weiß, dass meine Handlung von der (In)Justiz als Ordnungswidrigkeit angesehen werden kann. Diese Handlung verteidige ich aber trotzdem. Nicht bezahlen, nicht freiwillig kommen, das ist mein Weg, meine Handlung politisch zu verteidigen, dazu zu stehen. Flüchten werde ich nicht, weil ich -zwar ohne zu Kooperieren- die Folgen meiner Handlungen in Kauf nehme – auch wenn es Gefängnis sein muß. Dies lasse ich aber nicht ohne Widerstand, ohne Worte auf mich ergehen. Denn ich bin ein freier Mensch und es ist meine Verantwortung NEIN zu sagen. Ich empfehle Ihnen diesbezüglich die Werke vom französischen Philosoph Jean-Paul Sartre.
Was ist denn das, für eine Demokratie, wenn Menschen nicht wegen ihrer Tat, sondern wegen „anders Denken“ eingesperrt werden? Das nenne ich Demokratur. Allein die Tatsache, dass Menschen andere Menschen überhaupt einsperren, finde ich seltsam. Ich kämpfe für das Leben und schon gar nicht gegen Menschen.
Sie können mich verhaften lassen, meine Gedanken bleiben aber frei. Aus diesem Grund ist Erzwingungshaft zwecklos.
Salutations anti-nucléaires
Cécile Lecomte, das unbeugsame Eichhörnchen
Quellen:
Atomkraftgegnerin wegen Fünf-Euro-Bußgeld verhaftet
(ngo-online.de, 23.09.2008)
Atomkraftgegnerin soll wegen 5 Euro Bußgeld ins Gefängnis
(redglobe.de, 20.08.2008)
Akrobatisch gegen Atomkraft (taz, 17.01.2008)
Folgen des Castor-Protestes noch in der Schwebe
(Münstersche Zeitung, 22.04.2008)
Am Vorabend des 20. Juli: Bußgeld nach mutiger Aktion
(Linkszeitung, 20.07.2008)
Profil: Bewegungsarbeiterin Cécile Lecomte
(Bewegungsstiftung)
A wie Aufpassen (dernewsticker.de, 04.10.2008)
Castor-Alarm 2008 (castor.de)

sfux - 9. Okt, 13:56 Article 1851x read