Südafrika: Die Schlammschlacht hat begonnen
Dr. Günter Pabst, Kapstadt - Es war ja zu erwarten: Einige Leute aus den Führungsetagen des African National Congress (ANC) und seiner Verbündeten können es nicht ertragen, dass die Mehrheit der Wähler im Western Cape die Democratic Alliance (DA) an die Macht gebracht haben, diese von Weissen dominierte Oppositionspartei. DA-Vorsitzende Helen Zille (58) regiert nun als Premier die Provinz, und das auch noch mit absoluter Mehrheit. Überall in Südafrika hat der ANC die Zügel fest in der Hand, nur nicht der süd-westlichen Küstenregion des Landes. Da liegen nun die Nerven bei einigen Genossen so blank, dass sie sich zu erstaunlichen verbalen Entgleisungen haben hinreissen lassen.
Zur Chronoligie: Nach der Wahl zum Premier hatte Helen Zille ihr Kabinett vorgestellt – zehn Männer, keine einzige Frau. Und obendrein sind sechs der zehn Männer weiss (drei coloured, einer schwarz). Man mag bei den diplomatischen Fähigkeiten Zilles Fragezeichen setzen. Denn bei der übersteigerten Rassen- und Geschlechter-Sensibilität im Nach-Apartheid-Südafrika macht man sich mit so einer solchen Konstellation natürlich angreifbar. Aber immerhin hat sie ein Zeichen gesetzt, dass sie nicht diesen Wahn demografischer Ausgewogenheit um jeden Preis mitmacht, der so viele unqualifizierte Menschen nur der Quote wegen in wichtige Ämter befördert.
Zunächst hörte man Kommentare auf “Sachbearbeiter-Ebene”, die scharf waren, sich aber im Rahmen politisch vertretbarer Wortwahl hielten. Diese Zusammensetzung des Kabinetts sei eine Schande, ein Schlag ins Gesicht aller Frauen und verletze die Grundsätze demografischer Ausgewogenheit. Dann wurde es aber heftiger. Die neue Ministerin für Frauen, Jugendliche + Kinder, Noluthando Mayende-Sibiya, meldete Kritik an, gewissermaßen in offizieller Funktion. Zille reagierte. Der ANC sei nun wirklich kein leuchtendes Beispiel für Frauen-Freundlichkeit. Nie sei die Organisation von einer Frau geführt worden.
Und der aktuelle ANC- und Staatspräsident Jacob Zuma sei nun mal “ein bekennender Frauenheld und Poligamist, der seine (Anmerkung zum letzten Stand der offiziellen Zählung: drei) Frauen dem Risiko einer HIV-Infizierung ausgesetzt habe, nachdem er mit einer HIV-positiven Frau in voller Kenntnis der Erkrankung ungeschützten Sex hatte. Diese Tatsache war in dem Strafverfahren gegen Zuma publik geworden, in dem er sich wegen angeblicher Vergewaltigung dieser Frau zu verantworten hatte, aber freigesprochen wurde.
Nun - das war ja wohl Majestätsbeleidigung! Floyd Shivambu, Sprecher der ANC Youth League (ANCYL), titulierte Helen Zille als “ein rassistisches Mädchen, das keinen Respekt vor…afrikanischer Kultur und Tradition hat”. Als Kind schon “muss sie ihren Verstand verloren haben”. Der ANC im Western Cape folgte mit dem Kommentar, ihr Attacke auf Zuma zeuge “von tiefem Hass und tiefer Respektlosigkeit gegenüber Schwarzen”. Und wieder legte die ANCYL noch einen drauf, noch tiefer unter der Gürtellinie: “ Zille hat ein rein männliches Kabinett ernannt von nutzlosen Leuten, deren Mehrheit ihre Freunde und Liebhaber sind, so dass sie weiterhin mit denen herumschlafen kann…”.
Wer dachte, dass nach diesem Tiefpunkt in der politischen Kultur ein Machtwort aus dem Luthuli House (ANC-Zentrale in Johannesburg) kommen würde, musste noch auf eine weitere Eskalation warten. Der neue Minister für Höhere Bildung, Blade Nzimande (bis zu seiner Ernennung durch Zuma Generalsekretär der Kommunistischen Partei), liess verlauten, er zweifle an der Zurechnungsfähigkeit Hellen Zilles. ”Ich bin besorgt, ob Zille noch alle Tassen im Schrank hat” – oder so ähnlich.
Und richtig gruselig wird einem, wenn man die Worte von Kebby Maphatsoe vernimmt und auch noch ernst nimmt. Der Vorsitzende der MK Military Veterans’ Association, so etwas wie die Rentnertruppe des ehemaligen militärischen Arms des ANC aus Zeiten des Anti-Apartheid-Kampfes: “Zille hat jetzt gerade die Hälfte ihrer Sex-boys zu Ministern gemacht, damit diese immer nahe genug bei ihr sind, um ihr ausgeprägtes Huren-Libido zu befriedigen” Und weiter: “Wenn Zille nicht aufhört mit ihrem anti-afrikanischem und rassistischem Verhalten, werden wir das Western Cape unregierbar machen.” Schlimmer geht’s nimmer, zumindest verbal nicht.
Endlich sah sich nun der General-Sekretär des ANC, Gwede Mantashe, bemüht, zumindest die ANCYL in die Schranken zu verweisen. Mehr aber auch nicht.
Was sich da im Western Cape entwickelt, ist Sprengstoff für den Zusammenhalt der so viel gepriesenen “Rainbow Nation”. Helen Zille trauen Viele zu, den ANC vorzuführen, zu zeigen, wie man eine effektive Politik ohne Vetternwirtschaft, Korruption und Verschwendung gemacht wird. Das kann dem ANC gefährlich werden. Und immer wenn die schwarzen Machthaber um ihren Machterhalt fürchten, werden die Gegner gerne als rassistisch, sexistisch und kolonialistisch gebrandmarkt. Damit werden die Urängste in den Köpfen und Herzen der schwarzen Mehrheit angesprochen – Argumente sind dann nicht mehr nötig.
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Dr. Günter Pabst hat in den letzten Jahren zu verschiedenen rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen und politischen Themen in Fachzeitschriften und Magazinen Beiträge veröffentlicht. Mehrfach wurde er eingeladen, vor Wirtschaftsdelegationen in Südafrika und auf Seminaren und Workshops in Deutschland Vorträge zu diversen Südafrika-Themen zu halten. Dr. Papst ist Rechtsanwalt, seine Hompage finden sie unter Pabst & Pabst Consulting.
Zur Chronoligie: Nach der Wahl zum Premier hatte Helen Zille ihr Kabinett vorgestellt – zehn Männer, keine einzige Frau. Und obendrein sind sechs der zehn Männer weiss (drei coloured, einer schwarz). Man mag bei den diplomatischen Fähigkeiten Zilles Fragezeichen setzen. Denn bei der übersteigerten Rassen- und Geschlechter-Sensibilität im Nach-Apartheid-Südafrika macht man sich mit so einer solchen Konstellation natürlich angreifbar. Aber immerhin hat sie ein Zeichen gesetzt, dass sie nicht diesen Wahn demografischer Ausgewogenheit um jeden Preis mitmacht, der so viele unqualifizierte Menschen nur der Quote wegen in wichtige Ämter befördert.
Zunächst hörte man Kommentare auf “Sachbearbeiter-Ebene”, die scharf waren, sich aber im Rahmen politisch vertretbarer Wortwahl hielten. Diese Zusammensetzung des Kabinetts sei eine Schande, ein Schlag ins Gesicht aller Frauen und verletze die Grundsätze demografischer Ausgewogenheit. Dann wurde es aber heftiger. Die neue Ministerin für Frauen, Jugendliche + Kinder, Noluthando Mayende-Sibiya, meldete Kritik an, gewissermaßen in offizieller Funktion. Zille reagierte. Der ANC sei nun wirklich kein leuchtendes Beispiel für Frauen-Freundlichkeit. Nie sei die Organisation von einer Frau geführt worden.
Und der aktuelle ANC- und Staatspräsident Jacob Zuma sei nun mal “ein bekennender Frauenheld und Poligamist, der seine (Anmerkung zum letzten Stand der offiziellen Zählung: drei) Frauen dem Risiko einer HIV-Infizierung ausgesetzt habe, nachdem er mit einer HIV-positiven Frau in voller Kenntnis der Erkrankung ungeschützten Sex hatte. Diese Tatsache war in dem Strafverfahren gegen Zuma publik geworden, in dem er sich wegen angeblicher Vergewaltigung dieser Frau zu verantworten hatte, aber freigesprochen wurde.
Nun - das war ja wohl Majestätsbeleidigung! Floyd Shivambu, Sprecher der ANC Youth League (ANCYL), titulierte Helen Zille als “ein rassistisches Mädchen, das keinen Respekt vor…afrikanischer Kultur und Tradition hat”. Als Kind schon “muss sie ihren Verstand verloren haben”. Der ANC im Western Cape folgte mit dem Kommentar, ihr Attacke auf Zuma zeuge “von tiefem Hass und tiefer Respektlosigkeit gegenüber Schwarzen”. Und wieder legte die ANCYL noch einen drauf, noch tiefer unter der Gürtellinie: “ Zille hat ein rein männliches Kabinett ernannt von nutzlosen Leuten, deren Mehrheit ihre Freunde und Liebhaber sind, so dass sie weiterhin mit denen herumschlafen kann…”.
Wer dachte, dass nach diesem Tiefpunkt in der politischen Kultur ein Machtwort aus dem Luthuli House (ANC-Zentrale in Johannesburg) kommen würde, musste noch auf eine weitere Eskalation warten. Der neue Minister für Höhere Bildung, Blade Nzimande (bis zu seiner Ernennung durch Zuma Generalsekretär der Kommunistischen Partei), liess verlauten, er zweifle an der Zurechnungsfähigkeit Hellen Zilles. ”Ich bin besorgt, ob Zille noch alle Tassen im Schrank hat” – oder so ähnlich.
Und richtig gruselig wird einem, wenn man die Worte von Kebby Maphatsoe vernimmt und auch noch ernst nimmt. Der Vorsitzende der MK Military Veterans’ Association, so etwas wie die Rentnertruppe des ehemaligen militärischen Arms des ANC aus Zeiten des Anti-Apartheid-Kampfes: “Zille hat jetzt gerade die Hälfte ihrer Sex-boys zu Ministern gemacht, damit diese immer nahe genug bei ihr sind, um ihr ausgeprägtes Huren-Libido zu befriedigen” Und weiter: “Wenn Zille nicht aufhört mit ihrem anti-afrikanischem und rassistischem Verhalten, werden wir das Western Cape unregierbar machen.” Schlimmer geht’s nimmer, zumindest verbal nicht.
Endlich sah sich nun der General-Sekretär des ANC, Gwede Mantashe, bemüht, zumindest die ANCYL in die Schranken zu verweisen. Mehr aber auch nicht.
Was sich da im Western Cape entwickelt, ist Sprengstoff für den Zusammenhalt der so viel gepriesenen “Rainbow Nation”. Helen Zille trauen Viele zu, den ANC vorzuführen, zu zeigen, wie man eine effektive Politik ohne Vetternwirtschaft, Korruption und Verschwendung gemacht wird. Das kann dem ANC gefährlich werden. Und immer wenn die schwarzen Machthaber um ihren Machterhalt fürchten, werden die Gegner gerne als rassistisch, sexistisch und kolonialistisch gebrandmarkt. Damit werden die Urängste in den Köpfen und Herzen der schwarzen Mehrheit angesprochen – Argumente sind dann nicht mehr nötig.


sfux - 15. Mai, 08:32 Article 1684x read