„Aba jetzt geh’n wir doch mal von den Fakten aus“
Kommentar von Harald Haack – Das vorläufige Wahlergebnis in Deutschland ist klar: Keiner kann mit den Ergebnissen regieren. Anstatt aber nach Hause zu gehen und sich schlafen zu legen und das endgültige Wahlergebnis in 14 Tagen abzuwarten, redeten sich Stoiber (CSU), Westerwelle (FDP), Merkel (CDU), Schröder (SPD), Fischer (Grüne) und Bisky (PDS/Linke) in der Sendung „Wahl05“ von ARD und ZDF die Köpfe heiß und führten den Wahlkampf fort. Witzig: Wer als TV-Zuschauer nicht genau auf den oben rechts eingeblendeten Titel der Sendung blickte oder seine Brille gerade nicht auf der Nase hatte, las „wahllos“.
„Aba jetzt geh’n wir doch mal von den Fakten aus“, forderte milchmädchenhaft Angela Merkel, pochte darauf, dass sie die Wahlgewinnerin sei, und man sah ihr an, wie sehr sie ihr Gesicht verloren hatte, während sich Schröders Gesicht überlegen grinsend zu einer selbstgefälligen Fratze aufblähte und die Gesichter von Fischer und Stoiber eigentümlich blass wirkten. Nur Westerwelle leuchte in warmen Gelb und Bisky in kaltem Rot. Tatsächlich erreichte Merkel und ihre CDU bis 21 Uhr laut ARD-Hochrechnung 220 Sitze. Die von ihr favorierte Partnerpartei, die FDP, erreichte 62 Sitze im Parlament. Dagegen versagte Rot-Grün mit 213/50 Sitzen. Merkel hat nach vorläufigen Wahlergebnissen zwar stimmenmäßig die Wahl gewonnen, jedoch nicht die erforderliche Regierungsmehrheit, und die liegt bei 300 Sitzen. Erst gegen 22 Uhr wurde der Patt deutlich: 222 (SPD) und 222 (CDU) laut Forsa-Umfrage. „Pat und Paterchen“ in Deutschlands Bundestagswahl? Oops! Die Werte schwankten. Bis 23 Uhr hatte die CDU wieder zwei Prozent mehr.
Praktisch kann keine Gruppierung der Kontrahenten regieren, es sei denn, es ließen sich Parteien zu irgendwelchen exotischen Koalisationen oder verlogenen Tolerierungen herab.
Faktisch hat jede Partei verloren, Rot-Grün (SPD-Grüne) wie auch Schwarz-Gelb (CDU/CSU-FDP), doch beide Kontrahenten behaupten vehement die Wahl gewonnen zu haben. Offensichtlich leiden alle deutschen Politiker und deren Anhänger nicht nur unter ihrem Lügensyndrom, sondern auch an einem erheblichen Realitätsverlust. So scheint es jedenfalls. SPIEGEL-TV ruft die FDP als Wahlsieger aus, übersieht jedoch auch deren Verluste und deren Abstiegstendenz, gemessen an den Bundestagswahlergebnissen seit dem Gipfelergebnis von 1961 mit damals satten 12,8 Prozent. Und Guido Westerwelle log sich in die eigene Tasche und verkündete das historisch höchste Wahlergebnis der FDP, erreichte doch nur 10 Prozent dieses Mal. Die Grünen blieben in den Hochrechnungsergebnissen zwar stur bei gut 8,1 Prozent laut ARD, doch historisch gesehen scheinen sie die wahren Wahlgewinner zu sein, obwohl Joschka Fischer nur mit einem Kampf um die 6 Prozent gerechnet hatte: Kontinuierlich nahmen sie an Stimmen zu. Dem gegenüber ist ein deutlicher Abwärtstrend der Bundestagswahlen von 1949 bis 2005 bei den Unionsparteien CDU/CSU zu verzeichnen.
Noch aber steht das Wahlergebnis eines Dresdner Wahlkreises aus. Sollte in 14 Tagen das derzeitige Ergebnis dann nicht entschieden verändern, so sollte vernünftigerweise eine neue Wahl stattfinden. Hinzu kämen vorher mögliche Anfechtungen dieser jetzigen Wahl, weil es in Berlin zu einer Wahlpanne gekommen war. Der Berliner Amtsschimmel wusste die Wähler nicht in ihre richtigen Wahlbezirke einzuordnen. Bekannt wurde die Panne zu spät. Rund 50 Stimmen der betreffenden Berliner Wahlbezirke, die bis 11 Uhr abgegeben wurden, sind damit ungültig. Und dies ausgerechnet in der Regierungshauptstadt der von Kanzler Schröder einst so genannten „Berliner Republik“! Der Berliner Bär hat einen gelassen; fetter Bärenschiss eben.
Wer koalisationsmäßig die „Koala-Bären“ sein werden, kann letztendlich wirklich erst in 14 Tagen entschieden werden.
Fakt ist: Diese Wahl hätte man sich auch ersparen können. Ein reines Geplänkel der Parteien, um Aktionismus vorzutäuschen. Damit ist niemanden geholfen. Wenn nicht ein Los darüber entscheiden soll, wer Deutschland künftig regieren wird, dann muss neu gewählt werden – oder ein Elf-Meter- oder Torwand-Schiessen findet statt; angeordnet von Bundespräsidenten Köhler und unterstützt von Ex-Fussballspieler Beckenbauer. Den dafür nötigen Fussball habe ich kürzlich nach dem Betanken meines Autos an einer Tankstelle geschenkt bekommen, und ich würde ihn für diesen Zweck spenden.
Wäre ich ein Wahl-Querulant, würde ich diese Wahl anfechten, denn Joschka Fischer musste seinen Personalausweis den Wahlhelfern vorlegen. Von mir hat dies keiner verlangt. Theoretisch hätte auch mein Nachbar mit meiner Wahlkarte wählen können. Vielleicht ja bin ich zwar weniger berühmt als Joschka Fischer, aber als Parteiloser um so berüchtigter. Nein, diesen Schuh will ich mir nicht anziehen. Ich befürchte, dass bei dieser Bundestagswahl insgesamt gepfuscht wurde, dass es viele kleine Pannen gab. Ein menschliches Versagen? Vielleicht.
Fakt ist sicherlich auch: Deutschland sollte sich zu mehr Demokratie bekennen und sich künftig keinen solchen Pseudo-US-Wahlkampf leisten wie gerade geschehen.
Weiterführende Artikel
„Aba jetzt geh’n wir doch mal von den Fakten aus“, forderte milchmädchenhaft Angela Merkel, pochte darauf, dass sie die Wahlgewinnerin sei, und man sah ihr an, wie sehr sie ihr Gesicht verloren hatte, während sich Schröders Gesicht überlegen grinsend zu einer selbstgefälligen Fratze aufblähte und die Gesichter von Fischer und Stoiber eigentümlich blass wirkten. Nur Westerwelle leuchte in warmen Gelb und Bisky in kaltem Rot. Tatsächlich erreichte Merkel und ihre CDU bis 21 Uhr laut ARD-Hochrechnung 220 Sitze. Die von ihr favorierte Partnerpartei, die FDP, erreichte 62 Sitze im Parlament. Dagegen versagte Rot-Grün mit 213/50 Sitzen. Merkel hat nach vorläufigen Wahlergebnissen zwar stimmenmäßig die Wahl gewonnen, jedoch nicht die erforderliche Regierungsmehrheit, und die liegt bei 300 Sitzen. Erst gegen 22 Uhr wurde der Patt deutlich: 222 (SPD) und 222 (CDU) laut Forsa-Umfrage. „Pat und Paterchen“ in Deutschlands Bundestagswahl? Oops! Die Werte schwankten. Bis 23 Uhr hatte die CDU wieder zwei Prozent mehr.
Praktisch kann keine Gruppierung der Kontrahenten regieren, es sei denn, es ließen sich Parteien zu irgendwelchen exotischen Koalisationen oder verlogenen Tolerierungen herab.
Faktisch hat jede Partei verloren, Rot-Grün (SPD-Grüne) wie auch Schwarz-Gelb (CDU/CSU-FDP), doch beide Kontrahenten behaupten vehement die Wahl gewonnen zu haben. Offensichtlich leiden alle deutschen Politiker und deren Anhänger nicht nur unter ihrem Lügensyndrom, sondern auch an einem erheblichen Realitätsverlust. So scheint es jedenfalls. SPIEGEL-TV ruft die FDP als Wahlsieger aus, übersieht jedoch auch deren Verluste und deren Abstiegstendenz, gemessen an den Bundestagswahlergebnissen seit dem Gipfelergebnis von 1961 mit damals satten 12,8 Prozent. Und Guido Westerwelle log sich in die eigene Tasche und verkündete das historisch höchste Wahlergebnis der FDP, erreichte doch nur 10 Prozent dieses Mal. Die Grünen blieben in den Hochrechnungsergebnissen zwar stur bei gut 8,1 Prozent laut ARD, doch historisch gesehen scheinen sie die wahren Wahlgewinner zu sein, obwohl Joschka Fischer nur mit einem Kampf um die 6 Prozent gerechnet hatte: Kontinuierlich nahmen sie an Stimmen zu. Dem gegenüber ist ein deutlicher Abwärtstrend der Bundestagswahlen von 1949 bis 2005 bei den Unionsparteien CDU/CSU zu verzeichnen.
Noch aber steht das Wahlergebnis eines Dresdner Wahlkreises aus. Sollte in 14 Tagen das derzeitige Ergebnis dann nicht entschieden verändern, so sollte vernünftigerweise eine neue Wahl stattfinden. Hinzu kämen vorher mögliche Anfechtungen dieser jetzigen Wahl, weil es in Berlin zu einer Wahlpanne gekommen war. Der Berliner Amtsschimmel wusste die Wähler nicht in ihre richtigen Wahlbezirke einzuordnen. Bekannt wurde die Panne zu spät. Rund 50 Stimmen der betreffenden Berliner Wahlbezirke, die bis 11 Uhr abgegeben wurden, sind damit ungültig. Und dies ausgerechnet in der Regierungshauptstadt der von Kanzler Schröder einst so genannten „Berliner Republik“! Der Berliner Bär hat einen gelassen; fetter Bärenschiss eben.
Wer koalisationsmäßig die „Koala-Bären“ sein werden, kann letztendlich wirklich erst in 14 Tagen entschieden werden.
Fakt ist: Diese Wahl hätte man sich auch ersparen können. Ein reines Geplänkel der Parteien, um Aktionismus vorzutäuschen. Damit ist niemanden geholfen. Wenn nicht ein Los darüber entscheiden soll, wer Deutschland künftig regieren wird, dann muss neu gewählt werden – oder ein Elf-Meter- oder Torwand-Schiessen findet statt; angeordnet von Bundespräsidenten Köhler und unterstützt von Ex-Fussballspieler Beckenbauer. Den dafür nötigen Fussball habe ich kürzlich nach dem Betanken meines Autos an einer Tankstelle geschenkt bekommen, und ich würde ihn für diesen Zweck spenden.
Wäre ich ein Wahl-Querulant, würde ich diese Wahl anfechten, denn Joschka Fischer musste seinen Personalausweis den Wahlhelfern vorlegen. Von mir hat dies keiner verlangt. Theoretisch hätte auch mein Nachbar mit meiner Wahlkarte wählen können. Vielleicht ja bin ich zwar weniger berühmt als Joschka Fischer, aber als Parteiloser um so berüchtigter. Nein, diesen Schuh will ich mir nicht anziehen. Ich befürchte, dass bei dieser Bundestagswahl insgesamt gepfuscht wurde, dass es viele kleine Pannen gab. Ein menschliches Versagen? Vielleicht.
Fakt ist sicherlich auch: Deutschland sollte sich zu mehr Demokratie bekennen und sich künftig keinen solchen Pseudo-US-Wahlkampf leisten wie gerade geschehen.

sfux - 19. Sep, 08:24 Article 2173x read
Köstliche Unterhaltung