Discounter Aldi, Tod des Mit-Gründers und die Medien
Dr. Alexander von Paleske --- 23.7. 2014 -----
Karl Albrecht, Aldi-Mitgründer, und nach der geschäftlichen Trennung dann Aldi-Süd Inhaber, ist vor einer Woche im Alter von 94 Jahren verstorben.

Kein Grund, wenn nicht.....
Für uns wäre das aber eigentlich kein Grund, sich weiter mit Karl Albrecht - er war reichster Mann Deutschlands mit einem Vermögen von rund 18 Milliarden Euro - zu beschäftigen.
Die Medien jedoch überschlagen sich nachgerade mit Lobeshymnen auf den Verstorbenen: genial, bescheiden hochgradig effektiv und - das ist der Grund für diesen Artikel – immer "besorgt um das Wohlergehen" seiner Mitarbeiter.
Ein Interview vor dem Tode
In dem Interview, das der Patriach aus der Nachkriegs-Gründerzeit vor einigen Wochen dem ehemaligen SPIEGEL- Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron gab, heisst es wörtlich:
…trieb Albrecht ein ständiger Gedanke: Wie halte ich meine Mitarbeiter zufrieden? Wie bleibe ich so attraktiv, um die besten Talente ins Unternehmen zu holen und dort zu halten?
Schon früh hatte ihn das zu einer ungewöhnlichen Entscheidung gebracht. Eines Morgens in den frühen siebziger Jahren trug er sie seinen Geschäftsführern vor. Das Entsetzen stand ihnen in die Gesichter geschrieben, als der Patriarch verkündete: „Unsere Leute verdienen nicht genug“. Von nun an sollte die gesamte Belegschaft 30 Prozent mehr Gehalt bekommen. „Sie hielten mich für verrückt, aber ich habe das durchgesetzt“, sagte Albrecht mit verschmitzter Mine. Selbst am Sterbebett sollte ihn das noch beschäftigen, gab er seinen Nachfahren auf: „Bezahlt unsere Leute gut, sie leisten viel.“
Ist die Rechnung aufgegangen? Nach Ansicht von Karl Albrecht unbedingt. „Gut bezahlte Mitarbeiter leisten mehr“, sagte er immer wieder. Noch heute zahlt Aldi Süd seinen Angestellten weit über Tarif, entlohnt seine Führungsmannschaften fürstlich und hat wenig Auseinandersetzungen mit Gewerkschaften und kaum Betriebsräte - anders als Aldi Nord. In der Gehaltsfrage war Theo seinem Bruder nicht gefolgt.
Plausch statt kritischem Journalismus
Keine Nachfrage seitens des Journalisten Müller von Blumencron, kein Vorhalt über bekannt gewordene Zustände bei Aldi-Süd, die offenbar an Menschenverachtung grenzten, wie der ehemalige Aldi-Manager Andreas Straub in seinem Buch „Aldi, einfach billig“ berichtete.

- dass offenbar nicht selten Überstunden in ALDI-Filialen und auch im unteren Management geschrubbt werden, nicht nur geschrubbt, sondern erwartet werden,
- dass ein erhebliches Arbeitstempo angesagt ist, allerdings in der heutigen Arbeitswelt keineswegs mehr ungewöhnlich, gleichwohl kaum zu billigen.
- dass Einschüchterung der Beschäftigten und Angsterzeugung bis hin zur Gefahr der Zerstörung der Persönlichkeit offenbar entweder bewusst eingesetzt, oder zumindest billigend in Kauf genommen wurden.
- dass offenbar systematisch Gründe für Abmahnungen - absichtlich - herbeigeführt wurden, um bei beabsichtigter Kündigung durch „Vorratshaltung“ in der Personalakte ggf. schon etwas in der Hand zu haben.
- dass offenbar Beschäftigte, die man rauswerfen wollte - „rausnehmen“ wie es dort offenbar verschleiernd heisst - mit mehreren "Terminatoren" - teilweise mehrstündig - unter Duck gesetzt wurden, sodass die Betroffenen dann keinen anderen Ausweg sahen, als einen bereits vorbereiteten Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.
- dass bestimmte ALDI-Manager offenbar nicht einmal davor zurückschreckten, selbst Lügen und unhaltbare Behauptungen nicht nur in diesen "finalen Gesprächen“ aufzutischen, sondern selbst in Arbeitsgerichtsprozessen, wie im Falle des Autors Straub. Bösartig könnte man das als "Vorbereitungshandlung zum Prozessbetrug" bezeichnen.
- dass sich auch offenbar mangelnder Respekt vor der Justiz dazu gesellte "Facetten der Wahrheit" wie man offenbar beliebte das zu bezeichnen

Noch einmal nachgelegt - ein Jahr nach dem ersten Buch über ALDI
Nicht einmal ein Vorhalt
Wenigstens ein Vorhalt in dieser Richtung hätte man von dem Journalisten erwarten dürfen, ebenso ein Verweis darauf in den zahllosen Nachrufen in den Medien – jedoch Fehlanzeige.
Bleibt die Frage, wenn schon der glänzende Lack ab ist, was die Beschäftigten angeht, vielleicht doch immerhin ein Geschäftsmodell zum Nutzen aller, auch gerade sozial Schwacher, sich etwas leisten zu können.
Schnäppchenmentalität gefördert
Auch das ist nicht zutreffend, im Gegenteil: Albrecht hat mit seinem Discounter die Schnäppchenmentalität der Deutschen eher gefördert, noch lange bevor ein Elektronik-Kaufhaus daraus den Spruch machte: „Geiz ist geil“.
Seine Läden hatten nicht nur ein paar Schnäppchen anzubieten, sie wurden zum Inbegriff des Schäppchen-Ladens schlechthin. Jeder Aldi-Artikel war im Prinzip ein Schnäppchen.
Die „Geilheit des Geizes“ entpuppt sich aber bei näherem Hinsehen nicht nur als durch die konsequente Einfachheit, und die Reduktion der Auswahl herbeigeführt, sondern auch als das Resultat des Drucks auf die Erzeuger: Noch billiger. Ein Druck, der wiederum an die Belegschaft der Erzeuger weitergegeben wurde:: Noch schneller noch weniger Produktionskosten. Verschärft noch durch die Konkurrenz zwischen Aldi und Lidl.
Der Kommentar des Karl Albrecht: "Ohne Lidl wären wir eingeschlafen“ , dürfte sich kaum auf die eigene Belegschaft bezogen haben - mit oder ohne Lidl.
Discounter ALDI-Süd, ein ehemaliger leitender Angestellter, Günter Wallraff und der SPIEGEL oder: Angriff ganz unten?
Karl Albrecht, Aldi-Mitgründer, und nach der geschäftlichen Trennung dann Aldi-Süd Inhaber, ist vor einer Woche im Alter von 94 Jahren verstorben.

Kein Grund, wenn nicht.....
Für uns wäre das aber eigentlich kein Grund, sich weiter mit Karl Albrecht - er war reichster Mann Deutschlands mit einem Vermögen von rund 18 Milliarden Euro - zu beschäftigen.
Die Medien jedoch überschlagen sich nachgerade mit Lobeshymnen auf den Verstorbenen: genial, bescheiden hochgradig effektiv und - das ist der Grund für diesen Artikel – immer "besorgt um das Wohlergehen" seiner Mitarbeiter.
Ein Interview vor dem Tode
In dem Interview, das der Patriach aus der Nachkriegs-Gründerzeit vor einigen Wochen dem ehemaligen SPIEGEL- Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron gab, heisst es wörtlich:
…trieb Albrecht ein ständiger Gedanke: Wie halte ich meine Mitarbeiter zufrieden? Wie bleibe ich so attraktiv, um die besten Talente ins Unternehmen zu holen und dort zu halten?
Schon früh hatte ihn das zu einer ungewöhnlichen Entscheidung gebracht. Eines Morgens in den frühen siebziger Jahren trug er sie seinen Geschäftsführern vor. Das Entsetzen stand ihnen in die Gesichter geschrieben, als der Patriarch verkündete: „Unsere Leute verdienen nicht genug“. Von nun an sollte die gesamte Belegschaft 30 Prozent mehr Gehalt bekommen. „Sie hielten mich für verrückt, aber ich habe das durchgesetzt“, sagte Albrecht mit verschmitzter Mine. Selbst am Sterbebett sollte ihn das noch beschäftigen, gab er seinen Nachfahren auf: „Bezahlt unsere Leute gut, sie leisten viel.“
Ist die Rechnung aufgegangen? Nach Ansicht von Karl Albrecht unbedingt. „Gut bezahlte Mitarbeiter leisten mehr“, sagte er immer wieder. Noch heute zahlt Aldi Süd seinen Angestellten weit über Tarif, entlohnt seine Führungsmannschaften fürstlich und hat wenig Auseinandersetzungen mit Gewerkschaften und kaum Betriebsräte - anders als Aldi Nord. In der Gehaltsfrage war Theo seinem Bruder nicht gefolgt.
Plausch statt kritischem Journalismus
Keine Nachfrage seitens des Journalisten Müller von Blumencron, kein Vorhalt über bekannt gewordene Zustände bei Aldi-Süd, die offenbar an Menschenverachtung grenzten, wie der ehemalige Aldi-Manager Andreas Straub in seinem Buch „Aldi, einfach billig“ berichtete.

- dass offenbar nicht selten Überstunden in ALDI-Filialen und auch im unteren Management geschrubbt werden, nicht nur geschrubbt, sondern erwartet werden,
- dass ein erhebliches Arbeitstempo angesagt ist, allerdings in der heutigen Arbeitswelt keineswegs mehr ungewöhnlich, gleichwohl kaum zu billigen.
- dass Einschüchterung der Beschäftigten und Angsterzeugung bis hin zur Gefahr der Zerstörung der Persönlichkeit offenbar entweder bewusst eingesetzt, oder zumindest billigend in Kauf genommen wurden.
- dass offenbar systematisch Gründe für Abmahnungen - absichtlich - herbeigeführt wurden, um bei beabsichtigter Kündigung durch „Vorratshaltung“ in der Personalakte ggf. schon etwas in der Hand zu haben.
- dass offenbar Beschäftigte, die man rauswerfen wollte - „rausnehmen“ wie es dort offenbar verschleiernd heisst - mit mehreren "Terminatoren" - teilweise mehrstündig - unter Duck gesetzt wurden, sodass die Betroffenen dann keinen anderen Ausweg sahen, als einen bereits vorbereiteten Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.
- dass bestimmte ALDI-Manager offenbar nicht einmal davor zurückschreckten, selbst Lügen und unhaltbare Behauptungen nicht nur in diesen "finalen Gesprächen“ aufzutischen, sondern selbst in Arbeitsgerichtsprozessen, wie im Falle des Autors Straub. Bösartig könnte man das als "Vorbereitungshandlung zum Prozessbetrug" bezeichnen.
- dass sich auch offenbar mangelnder Respekt vor der Justiz dazu gesellte "Facetten der Wahrheit" wie man offenbar beliebte das zu bezeichnen

Noch einmal nachgelegt - ein Jahr nach dem ersten Buch über ALDI
Nicht einmal ein Vorhalt
Wenigstens ein Vorhalt in dieser Richtung hätte man von dem Journalisten erwarten dürfen, ebenso ein Verweis darauf in den zahllosen Nachrufen in den Medien – jedoch Fehlanzeige.
Bleibt die Frage, wenn schon der glänzende Lack ab ist, was die Beschäftigten angeht, vielleicht doch immerhin ein Geschäftsmodell zum Nutzen aller, auch gerade sozial Schwacher, sich etwas leisten zu können.
Schnäppchenmentalität gefördert
Auch das ist nicht zutreffend, im Gegenteil: Albrecht hat mit seinem Discounter die Schnäppchenmentalität der Deutschen eher gefördert, noch lange bevor ein Elektronik-Kaufhaus daraus den Spruch machte: „Geiz ist geil“.
Seine Läden hatten nicht nur ein paar Schnäppchen anzubieten, sie wurden zum Inbegriff des Schäppchen-Ladens schlechthin. Jeder Aldi-Artikel war im Prinzip ein Schnäppchen.
Die „Geilheit des Geizes“ entpuppt sich aber bei näherem Hinsehen nicht nur als durch die konsequente Einfachheit, und die Reduktion der Auswahl herbeigeführt, sondern auch als das Resultat des Drucks auf die Erzeuger: Noch billiger. Ein Druck, der wiederum an die Belegschaft der Erzeuger weitergegeben wurde:: Noch schneller noch weniger Produktionskosten. Verschärft noch durch die Konkurrenz zwischen Aldi und Lidl.
Der Kommentar des Karl Albrecht: "Ohne Lidl wären wir eingeschlafen“ , dürfte sich kaum auf die eigene Belegschaft bezogen haben - mit oder ohne Lidl.

onlinedienst - 23. Jul, 21:23 Article 4553x read