Ein Nazi-Kriegsverbrecher namens Otto Ambros, eine deutsche Karriere, ein Medikament namens Contergan, und ein englischer Dokumentarfilm
Dr. Alexander von Paleske --- 23.4.2016 ------ In Grossbritannien ist im März 2016 ein Film in die Kinos gekommen mit dem Titel:
Attacking the devil - Harold Evans and the last Nazi War Crime
Er beschäftigt sich mit dem seinerzeitigen Kampf der britischen Sonntagszeitung Sunday Times für eine angemessene Entschädigung von Tausenden Contergan-Opfern.
Das Mittel Contergan (Thalidomid)wurde in den 50er Jahren Schwangeren als Schlafmittel verschrieben, und führte zu schweren embryonalen Schäden: die Babies kamen ohne Arme und Beine zur Welt.
Weltweit kamen so rund 10.000 schwer geschädigte Kinder zur Welt
Contergan-Opfer
Der Hersteller dieses Medikaments war die deutsche Pharma-Firma Grünenthal, in Grossbritannien wurde das Medikament durch die Firma Distillers vertrieben.
Lächerlicher Betrag
Die Opfer dort verklagten die Firma Distillers auf Schadenersatz, die bot einen lächerlichen Betrag von 2 Millionen Pfund Sterling als Kompensation an, also 8000 Pfund pro Kind.
Das brachte wiederum den damaligen Chefredakteur der Wochenzeitung Sunday Times, Harold Evans, auf die Palme, und der startete eine Kampagne für eine angemessene Entschädigung.
Our Thalidomide (Contergan)- children – a national shame.
Evans gehörte zusammen mit seinen Journalisten zu einer aussterbenden Gattung von Investigativ-Journalisten, die sich an einen Skandal hängten, und den ungeachtet der erforderlichen Mittel aufdeckten und weiterverfolgten – er hatte die volle Unterstützung es damaligen Herausgebers Lord Thomson.
Schliesslich, nach Jahren der Auseinandersetzung, war Evans am Ziel: Distillers zahlte 20 Millionen statt er lumpigen drei Millionen Pfund Sterling.
Nicht das Ende
Damit war die Kampagne der Sunday Times aber keineswegs am Ende angelangt: die investigativen Journalisten hefteten sich an die Spur des Chemikers Otto Ambros, der dieses Medikament bereits in der Nazizeit als Antoidot gegen das hochtoxische Nervengas Sarin entwickelt und an KZ Häftlingen in Bergen-Belsen getestet haben soll.
Zum Testen als Antidot gehört die Exposition mit dem Nervengas, dem die Häftlinge offenbar ausgesetzt wurden.
Auch in Auschwitz experimentierte die IG Farben mit Thalidomid (Contergan).
Die Hersteller und Vertreiber wehrten sich vehement gegen diese Darstellungen in der britischen Presse, der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof, bis schliesslich auch dieser Teil veröffentlicht werden durfte.
Daher der Film-Teiltitel
„The last Nazi War Crime“
Eine deutsche Karriere
Otto Amboros 1901-1990, von Hause aus Chemiker, wurde bei der IG Farben zum Giftgas- und Buna-Experten.
Otto Ambros
Während es 2. Weltkrieges plante er die Grossherstellung von chemischen Kampfstoffen wie Sarin und Tabun.
Die IG Farben siedelte sich ebenfalls nahe dem KZ Auschwitz an und bezog von dort ihr „Menschenmaterial“.
Am 7. April 1941, sagte Ambros offen:
»Die IG Farbenindustrie hat mit dem Projekt Auschwitz einen Plan zu einer neuen Werksgründung größten Ausmaßes entworfen. Sie ist entschlossen, unter Einsatz ihrer besten Kräfte ein lebendiges Werk aufzubauen, das sich ebenso gestaltend auswirken wird wie die vielen Anlagen in West- und Mitteldeutschland. Die IG Farbenindustrie erfüllt damit eine hohe Pflicht, auf ihre Weise mitzuwirken und alle Kräfte einzusetzen, dass diese Industriegründung zu einem festen Eckpfeiler wird für ein kräftiges, gesundes Deutschtum im Osten“.
Und nach der Gründungssitzung der IG Auschwitz schrieb er:
… "außerdem wirkt sich unsere neue Freundschaft mit der SS sehr segensreich aus«.
In der Tat. Er erhielt für seinen Einsatz das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes.
Kurze Haft
Wegen seiner Untaten (Versklavung und Massenmord) wurde er als Kriegsverbrecher, insbesondere wegen seines Einsatzes in Auschwitz, im IG-Farben-Prozess zu 8 Jahren Haft verurteilt, aber bereits fünf Jahre später wieder freigelassen, und konnte nun seine neue Karriere – wie so viele andere Nazi-Schwerbelastete - im Nachkriegsdeutschland ungehindert fortsetzen.
Bei folgenden Firmen sass er im Aufsichtsrat:
- Chemie Grünenthal
- Pintsch Bamag
- Knoll
- Feldmühle
- Telefunken
Damit nicht genug: er war auch ein Berater des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer, und des ebenfalls als Kriegsverbrecher verurteilten Grossindustriellen Friedrich Flick.
Nach seinem Ableben 1990 veröffentlichte die BASF in einer Traueranzeige folgende Würdigung des Kriegsverbrechers:
„Eine ausdrucksvolle Unternehmerpersönlichkeit von grosser Ausstrahlungskraft“
Das hätten die Nazis nicht besser formulieren können.
Es bleibt zu hoffen, dass der Film auch in Deutschland gezeigt wird
Attacking the devil - Harold Evans and the last Nazi War Crime
Er beschäftigt sich mit dem seinerzeitigen Kampf der britischen Sonntagszeitung Sunday Times für eine angemessene Entschädigung von Tausenden Contergan-Opfern.
Das Mittel Contergan (Thalidomid)wurde in den 50er Jahren Schwangeren als Schlafmittel verschrieben, und führte zu schweren embryonalen Schäden: die Babies kamen ohne Arme und Beine zur Welt.
Weltweit kamen so rund 10.000 schwer geschädigte Kinder zur Welt
Contergan-Opfer
Der Hersteller dieses Medikaments war die deutsche Pharma-Firma Grünenthal, in Grossbritannien wurde das Medikament durch die Firma Distillers vertrieben.
Lächerlicher Betrag
Die Opfer dort verklagten die Firma Distillers auf Schadenersatz, die bot einen lächerlichen Betrag von 2 Millionen Pfund Sterling als Kompensation an, also 8000 Pfund pro Kind.
Das brachte wiederum den damaligen Chefredakteur der Wochenzeitung Sunday Times, Harold Evans, auf die Palme, und der startete eine Kampagne für eine angemessene Entschädigung.
Our Thalidomide (Contergan)- children – a national shame.
Evans gehörte zusammen mit seinen Journalisten zu einer aussterbenden Gattung von Investigativ-Journalisten, die sich an einen Skandal hängten, und den ungeachtet der erforderlichen Mittel aufdeckten und weiterverfolgten – er hatte die volle Unterstützung es damaligen Herausgebers Lord Thomson.
Schliesslich, nach Jahren der Auseinandersetzung, war Evans am Ziel: Distillers zahlte 20 Millionen statt er lumpigen drei Millionen Pfund Sterling.
Nicht das Ende
Damit war die Kampagne der Sunday Times aber keineswegs am Ende angelangt: die investigativen Journalisten hefteten sich an die Spur des Chemikers Otto Ambros, der dieses Medikament bereits in der Nazizeit als Antoidot gegen das hochtoxische Nervengas Sarin entwickelt und an KZ Häftlingen in Bergen-Belsen getestet haben soll.
Zum Testen als Antidot gehört die Exposition mit dem Nervengas, dem die Häftlinge offenbar ausgesetzt wurden.
Auch in Auschwitz experimentierte die IG Farben mit Thalidomid (Contergan).
Die Hersteller und Vertreiber wehrten sich vehement gegen diese Darstellungen in der britischen Presse, der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof, bis schliesslich auch dieser Teil veröffentlicht werden durfte.
Daher der Film-Teiltitel
„The last Nazi War Crime“
Eine deutsche Karriere
Otto Amboros 1901-1990, von Hause aus Chemiker, wurde bei der IG Farben zum Giftgas- und Buna-Experten.
Otto Ambros
Während es 2. Weltkrieges plante er die Grossherstellung von chemischen Kampfstoffen wie Sarin und Tabun.
Die IG Farben siedelte sich ebenfalls nahe dem KZ Auschwitz an und bezog von dort ihr „Menschenmaterial“.
Am 7. April 1941, sagte Ambros offen:
»Die IG Farbenindustrie hat mit dem Projekt Auschwitz einen Plan zu einer neuen Werksgründung größten Ausmaßes entworfen. Sie ist entschlossen, unter Einsatz ihrer besten Kräfte ein lebendiges Werk aufzubauen, das sich ebenso gestaltend auswirken wird wie die vielen Anlagen in West- und Mitteldeutschland. Die IG Farbenindustrie erfüllt damit eine hohe Pflicht, auf ihre Weise mitzuwirken und alle Kräfte einzusetzen, dass diese Industriegründung zu einem festen Eckpfeiler wird für ein kräftiges, gesundes Deutschtum im Osten“.
Und nach der Gründungssitzung der IG Auschwitz schrieb er:
… "außerdem wirkt sich unsere neue Freundschaft mit der SS sehr segensreich aus«.
In der Tat. Er erhielt für seinen Einsatz das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes.
Kurze Haft
Wegen seiner Untaten (Versklavung und Massenmord) wurde er als Kriegsverbrecher, insbesondere wegen seines Einsatzes in Auschwitz, im IG-Farben-Prozess zu 8 Jahren Haft verurteilt, aber bereits fünf Jahre später wieder freigelassen, und konnte nun seine neue Karriere – wie so viele andere Nazi-Schwerbelastete - im Nachkriegsdeutschland ungehindert fortsetzen.
Bei folgenden Firmen sass er im Aufsichtsrat:
- Chemie Grünenthal
- Pintsch Bamag
- Knoll
- Feldmühle
- Telefunken
Damit nicht genug: er war auch ein Berater des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer, und des ebenfalls als Kriegsverbrecher verurteilten Grossindustriellen Friedrich Flick.
Nach seinem Ableben 1990 veröffentlichte die BASF in einer Traueranzeige folgende Würdigung des Kriegsverbrechers:
„Eine ausdrucksvolle Unternehmerpersönlichkeit von grosser Ausstrahlungskraft“
Das hätten die Nazis nicht besser formulieren können.
Es bleibt zu hoffen, dass der Film auch in Deutschland gezeigt wird
onlinedienst - 23. Apr, 20:45 Article 5462x read