Gesundheitsminister Karl Lauterbach: wenn ein "Krankmacher" den Heiland spielen will
Dr.med. Alexander von Paleske ---- 16.2. 2024 -
Mittwoch 14.2. 2024 bei Maischberger: Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird befragt, und ein kleines Streitgespräch mit dem Intensivmediziner Uwe Janssens findet statt. Lauterbach verteidigt die von ihm angestrebte Reform des Gesundheitswesens, die er schon als angebliche Revolution anpries. Tenor:
Wir sind zu teuer das muss sich ändern, wir haben zu viele Kliniken, wir müssen besser werden, das werden wir schaffen.
Lauterbach wurde allerdings nicht mit seiner Beteiligung an der Gesundheitsreform 2003 und deren Folgen konfrontiert. Negativfolgen, die völlig ausreichend sind, um ihn als erneuten Reformer vollständig zu disqualifizieren.
Ein Blick zurück
Lauterbach war bereits 2003 mit einer Reform des Gesundheitswesens befasst, zusammen mit der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).
Das Resultat: Die Abschaffung der Bettenpauschale und Einführung der Fallpauschale.
Es gibt kaum eine Reform, wie diese im Gesundheitswesen, die der Kommerzialisierung und damit Entmenschlichung so viel Vorschub geleistet hat.
Wurden bis dato die Krankenhäuser mit einer Bettenpauschale vergütet, die jährlich von den jeweiligen Krankenhäusern mit den Krankenkassen ausgehandelt werden mussten, so wurden mit der nunmehr eingeführten Fallpauschale Vergütungslisten erstellt: festgelegt wurde, wie viel pro Eingriff bezahlt wird, gleichgültig wo dieser Eingriff stattfindet, wer diesen Eingriff durchführt.
Lukrativ oder verlustbringend
Patienten wurden für die Krankenhäuser auf einen Schlag zu entweder lukrativen, weniger lukrativen Fällen, oder zu Verlustbringern. Besonders Lukrativ: operative Eingriffe (Hüfte, Kniegelenk, Rücken), Intensivbehandlung, Krebsbehandlung, Herzkatheter u.s.w.
Schlecht bezahlt hingegen die Behandlung von chronisch kranken und multimorbiden Patienten, wie sie in einer alternden Gesellschaft nun einmal zunehmen.
Aus Patienten wurden Klienten, Patienten mit längerer Verweildauer brachten nichts ein, im Gegenteil: sie wurden zu „Verlustbringern“,
Verkürzung der Liegezeit das Ziel
Die Kostenreduzierung durch drastische Verkürzung der Liegedauer war eines der erklärten Ziele dieser Lauterbach-Schmidt Reform.
Das Ziel wurde zweifellos erreicht. Allerdings: die erwartbaren Nebenwirkungen dieser Reform überstiegen die Vorteile bei weitem, und eine angemessene Verkürzung der Liegedauer hätte sich mit der Beibehaltung der Bettenpauschale auch anders sich erreichen lassen.
Die Nebenwirkungen dieser Reform im einzelnen:
- Krankenhäuser konnten nicht mehr vernünftig kalkulieren, da auch laufende Kosten, also Vorhaltekosten, über die Fallpauschale gestemmt werden mussten, aber unklar war, wie viele Einweisungen zu lukrativer Behandlung letztendlich kommen würden.
- Die Verwaltung wurde aufgebläht, da nun jeder einzelne Fall getrennt und im Detail mit der Krankenkasse abgerechnet werden musste.
- Starkes Interesse, lukrative Behandlungen vorzunehmen mit der Folge, dass Indikationen für derartige lukrative Behandlungen nicht unwesentlich ausgedehnt wurden, obgleich konservative Behandlungsmethoden – die nichts einbrachten – nicht weniger wirksam gewesen wären.
- Patienten wurden nicht allzu selten vorfristig entlassen.
Als Folge davon:
- schossen die Hüftgelenks- und Kniegelenks-Operationen, aber auch die Operationen am Rücken in die Höhe.
- trieben so die Kosten im Gesundheitswesen nach oben.
- kamen selbst alte, und sehr gebrechliche Patienten auf die Intensivstation und wurden maschinell beatmet, obgleich dies eher als inhuman anzusehen wäre.
- Wurden Krebspatienten final bestrahlt oder mit Chemotherapie behandelt, obgleich eine rein medikmentöse Palliativ-Behandlung weitaus angemessener gewesen wäre.
- Wurden Kinderstationen geschlossen, weil es sich nicht lohnte, Betten vorzuhalten, und die Behandlungen zudem schlecht honoriert wurden, mit der Folge, dass insbesondere zu Zeiten von Grippeepidemien keine ausreichende Zahl von Krankenhausbetten verfügbar war.
- Wurden Patienten, deren Behandlung lukrativ war – und die zur Zeit der Bettenpauschale problemlos an grössere Kliniken überwiesen wurden, dazu gehören auch Krebspatienten - nach Einführung der Fallpauschale auch in weniger gut dafür geeigneten Kliniken behandelt.
- Führten die Sparzwänge zu immer grösserer Arbeitshetze beim Krankenhauspersonal, viele schieden aus dem Pflegeberuf im Krankenhaus deshalb aus, weniger Schulabgänger interessierten sich für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft.
Ab in die Insolvenz
Da die Fallpauschalen - anders als die Bettenpauschalen - nicht an die laufenden Kosten des Krankenhauses angepasst werden konnten, diese vielmehr ohne Berücksichtigung der jeweiligen Vorhaltekosten festgelegt wurden, die Vorhaltekosten aber ständig anstiegen, insbesondere durch die die stark gestiegenen Preise für Energie, Material, zudem Bettenschliessungen und damit weniger Behandlungen angesichts des Personalmangels, rutschten viele Krankenhäuser in die roten Zahlen, und nicht wenige schliesslich in die Insolvenz.
Im Jahre 2023 schrieben mehr als 50% der Krankenhäuser rote Zahlen, mehr als 15% mussten bereits Insolvenz anmelden. Auch in diesem Jahr ist, wie bereits 2023, mit einer weiteren Insolvenzwelle zu rechnen.
Zusatzlich gibt es einen Investitionsstau in Euro-Milliardenhöhe, da die Länder die notwendigen Mittel nicht bereitstellten, nicht bereitstellen konnten.
Lauterbach zur Zweiten
Angesichts dieser katastrophalen, von Lauterbach mit zu verantwortenden Lage, treibt er nun seine zweite Gesundheitsreform voran:
- Kleinere bürgernahe Krankenhäuser der Grundversorgung sollen in Bettenstationen ohne Notfallbehandlung umgewandelt werden, die vom Pflegepersonal geführt werden können (Stufe Ia), Alternativ: Schliessung der Häuser.
- Krankenhäuser der mittleren Kategorie (200-400 Betten) werden entweder zu Krankenhäusern einer Art Basisversorgung mit Notfallbehandlung und kleineren chirurgischen Eingriffen und sonstigen Behandlungen herabgestuft (Stufe Ib), oder aber zu Krankenhäusern der Regelversorgung (Stufe II)mit verschiedenen Fachabteilungen, wobei sich die Zahl der Fachabteilungen danach richtet, wie viele Behandlungen pro Jahr dort durchgeführt wurden. Bei Entbindungen beispielsweise soll die Grenze bei mindestens 400 pro Jahr liegen. Wird trotzdem die Abteilung nicht geschlosssen, soll die Krankenkasse keine Behandlungskosten übernehmen müssen.
- Schliesslich die Grosskrankenhäuser Stufe III mit Maximalversorgung. Dort soll jegliche weitere Behandlung zentralisiert werden. Von bürgernaher Versorgung keine Rede.
- Aber Halt: auch hier wird es noch Verschiebungen geben, denn Lauterbach plant Transparenzlisten. Dort wird verzeichnet: die Ausstattung, die Zahl der Eingriffe pro Jahr, die Zahl der Komplikationen. Dies wird zu weiterer Verschiebung in bestimmte grosse Krankenhäusern und Universitätskliniken führen, und zu einem Konkurrenzkampf um wenig risikobehaftete aber lukrative Krankheitsfälle.
- Schliesslich soll die Zahl ambulanter Behandlungen drastisch ausgeweitet werden.
Die Folgen für die Patienten:
- Krankenhäuser der untersten Klasse (Ia) lassen sich kaum als Krankenhaus bezeichnen, eher als pure Pflegestationen.
- Die Krankenhäuser der Kategorie Ib sollen zwar Notfälle versorgen , aber keine weitergehende Diagnostik oder kompliziertere chirurgische Eingriffe vornehmen dürfen. Für viele Patienten bedeutet das: Weiterverlegung in ein weiter entfernt liegendes grosses Krankenhaus, vorausgesetzt, dass dort überhaupt ein Bett frei ist, ansonten auf die Warteliste. Wertvolle Zeit geht dadurch verloren.
Keine Abschaffung der Fallpauschale
Die Fallpauschale, die zu all den genannten Verwerfungen geführt hat,, soll nur in den Kategorie Ia Krankenhäusern also den Pflegestationen, abgeschafft werden. Zurück kommt dort de facto die Bettenpauschale. Ansosten bleibt es bei der Fallpuschale, die aber in ihrer Bedeutung reduziert werden soll: ergänzt durch eine Vorhaltepauschale, also getrennte Abrechnung des grossen Teils der Betriebskosten. Dies wird nicht verhindern, dass Kranke weiter danach beurteilt werden, ob sie Gewinnbringer oder Kostgänger sind, und entsprechend wird dann auch gehandelt werden.
Keine Existenzgarantie
Wie Lauterbach bei Maischberger darlegte, sollen die Vorhaltepauschalen eine Existenzgarantie für kleinere Krankenhäuser sein, das sind sie aber nicht. Die Krankenhausreform, die der Minister - obgleich Mediziner hatte er nie als Assistenzarzt in einem Krankenhaus gearbeitet - als Revolution bezeichnet, soll ohne Bereitstellung finanzieller Mittel bewerkstelligt werden: eine Narretei.
Keine Ueberbrückungsregelung
Bis zur Verabschiedung und Umsetzung der Reform wird es dank der hohen Zahl von Insolvenzen in der Zwischenzeit entweder zur Schliessung, oder zu einer völlig ungeregelten Reduzierung der Krankenhausbetten oder Fachabteilungen in Krankenhäusern kommen. Denn eine jetzt dringend erforderliche Ueberbrückungshilfe wird es weder durch den Bund, noch durch die Länder geben.
Im Prinzip folgt Lauterbach einem Konzept, das die profitorientierten Kliniken der Helios Gruppe bereits umgesetzt haben (Lauterbach hat bei uns abgeguckt, DIE ZEIT vom 14.9. 2023 S.24).
Keine Uberraschung: Lauterbach war selbst einmal gut bezahlter Aufsichtsrat bei einer Klinikkette.
Mehr Kranke, weniger Gesundheit
Das Gesundheitswesen wird, auch gerade angesichts der Ueberalterung der Gesellschaft mit mehr Kranken, insbesondere multimorbiden Kranken, mit Lauterbachs Reform weniger statt mehr Krankenversorgung bieten, zudem muss mit Wartelisten gerechnet werden, soweit sie nicht schon vorhanden sind.
Auch der Abbau des Investitionsstaus kommt durch die Reform nicht voran.
Hilflos bei neuer Epidemie?
Was bisher völlig übersehen wurde: Wie wird das Gesundheitswesen nach der Reform die nächste Epidemie vom Schlage Covid 19 überstehen? Es drohen eher Zustände wie 2020 in Bergamo/Italien mit Triage. Viele starben dort während der Covid-19 Epidemie ohne Behandlung vor den Toren der Krankenhäuser, weil ihre Ueberlebenschance als zu gering im Vergleich zu anderen Patienten angesehen wurde. Auch Italien hatte zuvor auf Druck ein Kostendämpfungsprogramm mit Klinikschliessungen hinter sich gebracht. Fatal.
Fazit:
Tatsächlich ist Lauterbachs geplante zweite Reform keine Revolution, nicht einmal eine wirkliche Reform, sondern ein krudes Kostendämpfungsprogramm mit Bettenstreichungen, Abstufungen von Krankenhäusern, Krankenhausschliessungen - also nichts als eine Verschlimmbesserung der Lage im Gesundheitswesen.
Mittwoch 14.2. 2024 bei Maischberger: Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird befragt, und ein kleines Streitgespräch mit dem Intensivmediziner Uwe Janssens findet statt. Lauterbach verteidigt die von ihm angestrebte Reform des Gesundheitswesens, die er schon als angebliche Revolution anpries. Tenor:
Wir sind zu teuer das muss sich ändern, wir haben zu viele Kliniken, wir müssen besser werden, das werden wir schaffen.
Lauterbach wurde allerdings nicht mit seiner Beteiligung an der Gesundheitsreform 2003 und deren Folgen konfrontiert. Negativfolgen, die völlig ausreichend sind, um ihn als erneuten Reformer vollständig zu disqualifizieren.
Ein Blick zurück
Lauterbach war bereits 2003 mit einer Reform des Gesundheitswesens befasst, zusammen mit der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).
Das Resultat: Die Abschaffung der Bettenpauschale und Einführung der Fallpauschale.
Es gibt kaum eine Reform, wie diese im Gesundheitswesen, die der Kommerzialisierung und damit Entmenschlichung so viel Vorschub geleistet hat.
Wurden bis dato die Krankenhäuser mit einer Bettenpauschale vergütet, die jährlich von den jeweiligen Krankenhäusern mit den Krankenkassen ausgehandelt werden mussten, so wurden mit der nunmehr eingeführten Fallpauschale Vergütungslisten erstellt: festgelegt wurde, wie viel pro Eingriff bezahlt wird, gleichgültig wo dieser Eingriff stattfindet, wer diesen Eingriff durchführt.
Lukrativ oder verlustbringend
Patienten wurden für die Krankenhäuser auf einen Schlag zu entweder lukrativen, weniger lukrativen Fällen, oder zu Verlustbringern. Besonders Lukrativ: operative Eingriffe (Hüfte, Kniegelenk, Rücken), Intensivbehandlung, Krebsbehandlung, Herzkatheter u.s.w.
Schlecht bezahlt hingegen die Behandlung von chronisch kranken und multimorbiden Patienten, wie sie in einer alternden Gesellschaft nun einmal zunehmen.
Aus Patienten wurden Klienten, Patienten mit längerer Verweildauer brachten nichts ein, im Gegenteil: sie wurden zu „Verlustbringern“,
Verkürzung der Liegezeit das Ziel
Die Kostenreduzierung durch drastische Verkürzung der Liegedauer war eines der erklärten Ziele dieser Lauterbach-Schmidt Reform.
Das Ziel wurde zweifellos erreicht. Allerdings: die erwartbaren Nebenwirkungen dieser Reform überstiegen die Vorteile bei weitem, und eine angemessene Verkürzung der Liegedauer hätte sich mit der Beibehaltung der Bettenpauschale auch anders sich erreichen lassen.
Die Nebenwirkungen dieser Reform im einzelnen:
- Krankenhäuser konnten nicht mehr vernünftig kalkulieren, da auch laufende Kosten, also Vorhaltekosten, über die Fallpauschale gestemmt werden mussten, aber unklar war, wie viele Einweisungen zu lukrativer Behandlung letztendlich kommen würden.
- Die Verwaltung wurde aufgebläht, da nun jeder einzelne Fall getrennt und im Detail mit der Krankenkasse abgerechnet werden musste.
- Starkes Interesse, lukrative Behandlungen vorzunehmen mit der Folge, dass Indikationen für derartige lukrative Behandlungen nicht unwesentlich ausgedehnt wurden, obgleich konservative Behandlungsmethoden – die nichts einbrachten – nicht weniger wirksam gewesen wären.
- Patienten wurden nicht allzu selten vorfristig entlassen.
Als Folge davon:
- schossen die Hüftgelenks- und Kniegelenks-Operationen, aber auch die Operationen am Rücken in die Höhe.
- trieben so die Kosten im Gesundheitswesen nach oben.
- kamen selbst alte, und sehr gebrechliche Patienten auf die Intensivstation und wurden maschinell beatmet, obgleich dies eher als inhuman anzusehen wäre.
- Wurden Krebspatienten final bestrahlt oder mit Chemotherapie behandelt, obgleich eine rein medikmentöse Palliativ-Behandlung weitaus angemessener gewesen wäre.
- Wurden Kinderstationen geschlossen, weil es sich nicht lohnte, Betten vorzuhalten, und die Behandlungen zudem schlecht honoriert wurden, mit der Folge, dass insbesondere zu Zeiten von Grippeepidemien keine ausreichende Zahl von Krankenhausbetten verfügbar war.
- Wurden Patienten, deren Behandlung lukrativ war – und die zur Zeit der Bettenpauschale problemlos an grössere Kliniken überwiesen wurden, dazu gehören auch Krebspatienten - nach Einführung der Fallpauschale auch in weniger gut dafür geeigneten Kliniken behandelt.
- Führten die Sparzwänge zu immer grösserer Arbeitshetze beim Krankenhauspersonal, viele schieden aus dem Pflegeberuf im Krankenhaus deshalb aus, weniger Schulabgänger interessierten sich für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft.
Ab in die Insolvenz
Da die Fallpauschalen - anders als die Bettenpauschalen - nicht an die laufenden Kosten des Krankenhauses angepasst werden konnten, diese vielmehr ohne Berücksichtigung der jeweiligen Vorhaltekosten festgelegt wurden, die Vorhaltekosten aber ständig anstiegen, insbesondere durch die die stark gestiegenen Preise für Energie, Material, zudem Bettenschliessungen und damit weniger Behandlungen angesichts des Personalmangels, rutschten viele Krankenhäuser in die roten Zahlen, und nicht wenige schliesslich in die Insolvenz.
Im Jahre 2023 schrieben mehr als 50% der Krankenhäuser rote Zahlen, mehr als 15% mussten bereits Insolvenz anmelden. Auch in diesem Jahr ist, wie bereits 2023, mit einer weiteren Insolvenzwelle zu rechnen.
Zusatzlich gibt es einen Investitionsstau in Euro-Milliardenhöhe, da die Länder die notwendigen Mittel nicht bereitstellten, nicht bereitstellen konnten.
Lauterbach zur Zweiten
Angesichts dieser katastrophalen, von Lauterbach mit zu verantwortenden Lage, treibt er nun seine zweite Gesundheitsreform voran:
- Kleinere bürgernahe Krankenhäuser der Grundversorgung sollen in Bettenstationen ohne Notfallbehandlung umgewandelt werden, die vom Pflegepersonal geführt werden können (Stufe Ia), Alternativ: Schliessung der Häuser.
- Krankenhäuser der mittleren Kategorie (200-400 Betten) werden entweder zu Krankenhäusern einer Art Basisversorgung mit Notfallbehandlung und kleineren chirurgischen Eingriffen und sonstigen Behandlungen herabgestuft (Stufe Ib), oder aber zu Krankenhäusern der Regelversorgung (Stufe II)mit verschiedenen Fachabteilungen, wobei sich die Zahl der Fachabteilungen danach richtet, wie viele Behandlungen pro Jahr dort durchgeführt wurden. Bei Entbindungen beispielsweise soll die Grenze bei mindestens 400 pro Jahr liegen. Wird trotzdem die Abteilung nicht geschlosssen, soll die Krankenkasse keine Behandlungskosten übernehmen müssen.
- Schliesslich die Grosskrankenhäuser Stufe III mit Maximalversorgung. Dort soll jegliche weitere Behandlung zentralisiert werden. Von bürgernaher Versorgung keine Rede.
- Aber Halt: auch hier wird es noch Verschiebungen geben, denn Lauterbach plant Transparenzlisten. Dort wird verzeichnet: die Ausstattung, die Zahl der Eingriffe pro Jahr, die Zahl der Komplikationen. Dies wird zu weiterer Verschiebung in bestimmte grosse Krankenhäusern und Universitätskliniken führen, und zu einem Konkurrenzkampf um wenig risikobehaftete aber lukrative Krankheitsfälle.
- Schliesslich soll die Zahl ambulanter Behandlungen drastisch ausgeweitet werden.
Die Folgen für die Patienten:
- Krankenhäuser der untersten Klasse (Ia) lassen sich kaum als Krankenhaus bezeichnen, eher als pure Pflegestationen.
- Die Krankenhäuser der Kategorie Ib sollen zwar Notfälle versorgen , aber keine weitergehende Diagnostik oder kompliziertere chirurgische Eingriffe vornehmen dürfen. Für viele Patienten bedeutet das: Weiterverlegung in ein weiter entfernt liegendes grosses Krankenhaus, vorausgesetzt, dass dort überhaupt ein Bett frei ist, ansonten auf die Warteliste. Wertvolle Zeit geht dadurch verloren.
Keine Abschaffung der Fallpauschale
Die Fallpauschale, die zu all den genannten Verwerfungen geführt hat,, soll nur in den Kategorie Ia Krankenhäusern also den Pflegestationen, abgeschafft werden. Zurück kommt dort de facto die Bettenpauschale. Ansosten bleibt es bei der Fallpuschale, die aber in ihrer Bedeutung reduziert werden soll: ergänzt durch eine Vorhaltepauschale, also getrennte Abrechnung des grossen Teils der Betriebskosten. Dies wird nicht verhindern, dass Kranke weiter danach beurteilt werden, ob sie Gewinnbringer oder Kostgänger sind, und entsprechend wird dann auch gehandelt werden.
Keine Existenzgarantie
Wie Lauterbach bei Maischberger darlegte, sollen die Vorhaltepauschalen eine Existenzgarantie für kleinere Krankenhäuser sein, das sind sie aber nicht. Die Krankenhausreform, die der Minister - obgleich Mediziner hatte er nie als Assistenzarzt in einem Krankenhaus gearbeitet - als Revolution bezeichnet, soll ohne Bereitstellung finanzieller Mittel bewerkstelligt werden: eine Narretei.
Keine Ueberbrückungsregelung
Bis zur Verabschiedung und Umsetzung der Reform wird es dank der hohen Zahl von Insolvenzen in der Zwischenzeit entweder zur Schliessung, oder zu einer völlig ungeregelten Reduzierung der Krankenhausbetten oder Fachabteilungen in Krankenhäusern kommen. Denn eine jetzt dringend erforderliche Ueberbrückungshilfe wird es weder durch den Bund, noch durch die Länder geben.
Im Prinzip folgt Lauterbach einem Konzept, das die profitorientierten Kliniken der Helios Gruppe bereits umgesetzt haben (Lauterbach hat bei uns abgeguckt, DIE ZEIT vom 14.9. 2023 S.24).
Keine Uberraschung: Lauterbach war selbst einmal gut bezahlter Aufsichtsrat bei einer Klinikkette.
Mehr Kranke, weniger Gesundheit
Das Gesundheitswesen wird, auch gerade angesichts der Ueberalterung der Gesellschaft mit mehr Kranken, insbesondere multimorbiden Kranken, mit Lauterbachs Reform weniger statt mehr Krankenversorgung bieten, zudem muss mit Wartelisten gerechnet werden, soweit sie nicht schon vorhanden sind.
Auch der Abbau des Investitionsstaus kommt durch die Reform nicht voran.
Hilflos bei neuer Epidemie?
Was bisher völlig übersehen wurde: Wie wird das Gesundheitswesen nach der Reform die nächste Epidemie vom Schlage Covid 19 überstehen? Es drohen eher Zustände wie 2020 in Bergamo/Italien mit Triage. Viele starben dort während der Covid-19 Epidemie ohne Behandlung vor den Toren der Krankenhäuser, weil ihre Ueberlebenschance als zu gering im Vergleich zu anderen Patienten angesehen wurde. Auch Italien hatte zuvor auf Druck ein Kostendämpfungsprogramm mit Klinikschliessungen hinter sich gebracht. Fatal.
Fazit:
Tatsächlich ist Lauterbachs geplante zweite Reform keine Revolution, nicht einmal eine wirkliche Reform, sondern ein krudes Kostendämpfungsprogramm mit Bettenstreichungen, Abstufungen von Krankenhäusern, Krankenhausschliessungen - also nichts als eine Verschlimmbesserung der Lage im Gesundheitswesen.
onlinedienst - 16. Feb, 21:15 Article 1574x read