Global Fund: Neuer Chef – alte Probleme?
Dr. Alexander von Paleske --- 27.1. 2013 ---
Der Global Fund ist ein Finanzierungsinstrument zur Bekämpfung der drei großen Infektionskrankheiten Aids, Malaria und Tuberkulose. Der weltweit in 140 Ländern tätige Fonds ist eines der wichtigsten Instrumente zur Bekämpfung dieser Krankheiten.
Website: http://www.theglobalfund.org/en/
Seit dem Beginn der Arbeit des Global Fund im Jahre 2000 haben Geberländer und private Organisationen, wie die Bill und Melinda Gates Foundation, insgesamt 22.9 Milliarden US Dollar eingezahlt.
Die Spendenfreude hatte jedoch beginnend mit dem Jahre 2010 erheblich nachgelassen.
Die Gründe waren dreifach:
1. Die Globale Wirtschaftskrise: Spanien, Irland und Italien stellten sämtliche Zahlungen ein
2. Fehlgeleite Leistungen
3. Korruption, Betrug und Unterschlagung von Spendengeldern wie im Falle Sambias, Mauretaniens und anderer Länder
Kommission macht Vorschläge
Eine daraufhin einberufene Kommission, die von dem früheren Präsidenten Botswanas, Festus Mogae, und dem früheren US-Gesundheitsminister Michael Leavitt geleitet wurde, machte eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, insbesondere die Überprüfung der Mittelverwendung.
Ein General-Manager wurde daraufhin bestellt: der kolumbianische Banker Gabriel Jamarillo, der sogleich 100 Stellen strich, die Landes-Vergabeabteilung jedoch personell aufstockte
Die Geber kamen zurück, erstmals nach zwei vergabelosen Jahren können 1,5 Milliarden US Dollar für Projekte neu vergeben werde.
Resultate einer Überprüfung
Im Juli 2012 teilte der Global Fund nach interner Überprüfung mit, insgesamt 3% der Mittel von 3,8 Milliarden US Dollar, die einer Prüfung unterzogen wurden, also 114 Millionen US Dollar, seien gestohlen, unterschlagen oder zweckentfremdet worden.
Das dürfte allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein, denn hier handelte es sich um offenbare Zweckentfremdung. Kaum dürfte in diesen Fällen untersucht worden sein, was von den vergebenen Mittel prozentual tatsächlich voll dem beabsichtigten Zweck zugekommen ist.
Abzweigungs-Erfindungsreichtum
Der Abzweigungs-Erfindungsreichtum in einigen Empfängerländern ist enorm.
-Durch überhöhte Rechnungen (entweder wird deutlich über dem Marktpreis eingekauft, Rabatte nicht weitergegeben, falsche Rechnungen ausgestellt, oder Ausschreibungen umgangen oder im Ausschreibungsverfahren seitens der Anbieter Absprachen über erhöhte Preise getroffen).
-Medikamente, die wegen Nähe zum Verfallsdatum billiger angeboten wurden, aber voll in Rechnung gestellt werden, der Differenzbetrag dann eingestrichen.
-Projekte gefördert, deren Erfolg zweifelhaft bzw. überhaupt nicht messbar ist, (Theatergruppen zur HIV-Aufklärung).
-Veranstaltung von Workshops, die auf dem Papier gut aussehen, jedoch oftmals nur Bekanntes wiederkauen, und bestenfalls die Hotelindustrie mästen.
-Anschaffen von Fahrzeugen, die auch extensiv für private Zwecke genutzt werden
Ansporn durch lasche Kontrolle
Der Erfindungsreichtum wird noch angespornt durch lasche Kontrolle, die beim Global Fund systemimmanent war und immer noch sein dürfte.
Es reicht einfach nicht, Gelder wie ein Weihnachtsmann auszuteilen, und zu hoffen, dass die Verteiler und Zwischenempfänger verantwortungsvoll damit umgehen.
Derartiges Verantwortungsbewusstsein trifft auf Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) durchaus zu, nicht selten jedoch auf staatliche und nichtstaatliche Organisationen in den Empfängerländern gerade nicht.
Sofern andere Organisationen ohne eine derartige Reputation sich bewerben, hilft nur die engmaschige Überprüfung. Zu gross ist die Versuchung abzuzweigen, insbesondere für Personen, die mit einem schmalen Gehalt ganze Grossfamilien miternähren müssen.
In der TB-Behandlung ist Geld drin
Ich erinnere mich an die Worte eines Arztes: „In der TB-Behandlung ist Geld drin“, wobei klar war, was er meinte. Ein Arzt, der pro Monat 300 US Dollar verdient bei vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten.
Umgekehrt sind die Mittel des Global Fund für viele Länder und Behandlungsprogramme unersetzlich. Auch das hiesige TB-Labor braucht die finanzielle Unterstützung des Global Fund, um die dringend notwendigen diagnostischen Untersuchungen fortzuführen, neben den Kulturen vor allem die Resistenztestung.
Labore, wie dieses hier in Bulawayo/Simbabwe, sind zur effektiven Diagnose und Behandlung der TB unverzichtbar. Dieses Labor wird mit Global Fund Geldern unterstützt. Foto: Dr. v. Paleske
Neuer Direktor, alte Probleme
Mittlerweile hat der Global Fund einen neuen Exekutiv-Direktor, Mark Dybul, der einige Erfahrung aus dem US President’s Emergency Plan for AIDS Relief Relief (PEPFAR) mitbringt, und zuletzt an der Georgetown University im O‘Neill Institute for Health Law arbeitete.
Aber um drastisch sicherzustellen, dass die Gelder, und zwar ohne nennenswerte Abzweigungen, dort ankommen, wo sie hin sollen, braucht es weit mehr als nur einen neuen Mann an der Spitze.
Gerade weil wir die Gelder hier so dringend brauchen, um den grossen Seuchen AIDS, Malaria und vor allem der immer weiter sich ausbreitenden und zunehmend behandlungsresistenten Tuberkulose Herr zu werden, kann und darf ein Abzweigen nicht geduldet werden, weil nur das effektive Ankommen sicherstellt, dass auch weiter grosszügig in den Global Fund eingezahlt wird.
Zum Global Fund
Global Fund – oder: Warum Aushändigen von Geld nicht reicht
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Website: http://www.theglobalfund.org/en/
Seit dem Beginn der Arbeit des Global Fund im Jahre 2000 haben Geberländer und private Organisationen, wie die Bill und Melinda Gates Foundation, insgesamt 22.9 Milliarden US Dollar eingezahlt.
Die Spendenfreude hatte jedoch beginnend mit dem Jahre 2010 erheblich nachgelassen.
Die Gründe waren dreifach:
1. Die Globale Wirtschaftskrise: Spanien, Irland und Italien stellten sämtliche Zahlungen ein
2. Fehlgeleite Leistungen
3. Korruption, Betrug und Unterschlagung von Spendengeldern wie im Falle Sambias, Mauretaniens und anderer Länder
Kommission macht Vorschläge
Eine daraufhin einberufene Kommission, die von dem früheren Präsidenten Botswanas, Festus Mogae, und dem früheren US-Gesundheitsminister Michael Leavitt geleitet wurde, machte eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, insbesondere die Überprüfung der Mittelverwendung.
Ein General-Manager wurde daraufhin bestellt: der kolumbianische Banker Gabriel Jamarillo, der sogleich 100 Stellen strich, die Landes-Vergabeabteilung jedoch personell aufstockte
Die Geber kamen zurück, erstmals nach zwei vergabelosen Jahren können 1,5 Milliarden US Dollar für Projekte neu vergeben werde.
Resultate einer Überprüfung
Im Juli 2012 teilte der Global Fund nach interner Überprüfung mit, insgesamt 3% der Mittel von 3,8 Milliarden US Dollar, die einer Prüfung unterzogen wurden, also 114 Millionen US Dollar, seien gestohlen, unterschlagen oder zweckentfremdet worden.
Das dürfte allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein, denn hier handelte es sich um offenbare Zweckentfremdung. Kaum dürfte in diesen Fällen untersucht worden sein, was von den vergebenen Mittel prozentual tatsächlich voll dem beabsichtigten Zweck zugekommen ist.
Abzweigungs-Erfindungsreichtum
Der Abzweigungs-Erfindungsreichtum in einigen Empfängerländern ist enorm.
-Durch überhöhte Rechnungen (entweder wird deutlich über dem Marktpreis eingekauft, Rabatte nicht weitergegeben, falsche Rechnungen ausgestellt, oder Ausschreibungen umgangen oder im Ausschreibungsverfahren seitens der Anbieter Absprachen über erhöhte Preise getroffen).
-Medikamente, die wegen Nähe zum Verfallsdatum billiger angeboten wurden, aber voll in Rechnung gestellt werden, der Differenzbetrag dann eingestrichen.
-Projekte gefördert, deren Erfolg zweifelhaft bzw. überhaupt nicht messbar ist, (Theatergruppen zur HIV-Aufklärung).
-Veranstaltung von Workshops, die auf dem Papier gut aussehen, jedoch oftmals nur Bekanntes wiederkauen, und bestenfalls die Hotelindustrie mästen.
-Anschaffen von Fahrzeugen, die auch extensiv für private Zwecke genutzt werden
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Es reicht einfach nicht, Gelder wie ein Weihnachtsmann auszuteilen, und zu hoffen, dass die Verteiler und Zwischenempfänger verantwortungsvoll damit umgehen.
Derartiges Verantwortungsbewusstsein trifft auf Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) durchaus zu, nicht selten jedoch auf staatliche und nichtstaatliche Organisationen in den Empfängerländern gerade nicht.
Sofern andere Organisationen ohne eine derartige Reputation sich bewerben, hilft nur die engmaschige Überprüfung. Zu gross ist die Versuchung abzuzweigen, insbesondere für Personen, die mit einem schmalen Gehalt ganze Grossfamilien miternähren müssen.
In der TB-Behandlung ist Geld drin
Ich erinnere mich an die Worte eines Arztes: „In der TB-Behandlung ist Geld drin“, wobei klar war, was er meinte. Ein Arzt, der pro Monat 300 US Dollar verdient bei vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten.
Umgekehrt sind die Mittel des Global Fund für viele Länder und Behandlungsprogramme unersetzlich. Auch das hiesige TB-Labor braucht die finanzielle Unterstützung des Global Fund, um die dringend notwendigen diagnostischen Untersuchungen fortzuführen, neben den Kulturen vor allem die Resistenztestung.
Labore, wie dieses hier in Bulawayo/Simbabwe, sind zur effektiven Diagnose und Behandlung der TB unverzichtbar. Dieses Labor wird mit Global Fund Geldern unterstützt. Foto: Dr. v. Paleske
Neuer Direktor, alte Probleme
Mittlerweile hat der Global Fund einen neuen Exekutiv-Direktor, Mark Dybul, der einige Erfahrung aus dem US President’s Emergency Plan for AIDS Relief Relief (PEPFAR) mitbringt, und zuletzt an der Georgetown University im O‘Neill Institute for Health Law arbeitete.
Aber um drastisch sicherzustellen, dass die Gelder, und zwar ohne nennenswerte Abzweigungen, dort ankommen, wo sie hin sollen, braucht es weit mehr als nur einen neuen Mann an der Spitze.
Gerade weil wir die Gelder hier so dringend brauchen, um den grossen Seuchen AIDS, Malaria und vor allem der immer weiter sich ausbreitenden und zunehmend behandlungsresistenten Tuberkulose Herr zu werden, kann und darf ein Abzweigen nicht geduldet werden, weil nur das effektive Ankommen sicherstellt, dass auch weiter grosszügig in den Global Fund eingezahlt wird.
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