Hypo-Alpe Skandalbank - Kapituliert die Staatsanwaltschaft?

Dr. Alexander von Paleske --- Heute kam eine Meldung im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die österreichische Skandalbank Hypo-Alpe-Adria über den Ticker, die aufhorchen lässt.

Post von der Skandalpe
Die jetzigen und ehemaligen Mitarbeiter der Skandalbank bekamen Post von ihrem jetzigen bzw. ehemaligen Arbeitgeber. Inhalt: Wir suchen einen „Gesangsverein“.

Genauer gesagt: es werden Leute gesucht, die bereit sind, auszupacken, im Jargon auch „singen“ genannt.

Im Gegenzug verspricht die Alpenbank:

- Keine Bestrafung, jedenfalls sollen keine Anzeigen gegen die Sangbereiten erstattet werden.

- Keine Zivilklagen auf Schadenersatz, jedenfalls soweit keine persönliche Bereicherung vorlag


- Weiterbeschäftigungsgarantie (auch in Krisenzeiten?)

Der Hintergrund
Die Ermittlungen sind ins Stocken geraten. Die Staatsanwälte müssen sich durch zig-Tausende von Dokumenten durcharbeiten und schaffen das offenbar nicht.

Selbst den angeblichen Hauptverantwortlichen wie Kulterer und Striedinger konnten bisher nur vergleichsweise „kleine Fische“ zur Last gelegt werden.

Das ist erschütternd.

Vor einem Jahr interviewte ich den ehemaligen Berliner Generalstaatsanwalt Dr. Hansjürgen Karge auch zu diesem Thema:

Frage Dr.v. Paleske
Die Staatsanwaltschaften nennen sich scherzhafterweise manchmal Einstellungsbehörden statt Strafverfolgungsbehörden, weil mehr als 70 Prozent aller Verfahren eingestellt werden.
Ist die Staatsanwaltschaft nicht „Klassenjustiz“ insofern, als Tagediebe, Handtaschenräuber etc., wo der Sachverhalt meistens recht einfach aufzuklären ist, verfolgt, angeklagt und verurteilt werden, hingegen Wirtschaftskriminelle, wo der Sachverhalt oftmals komplex ist, wo Sachverständige notwendig sind, weil den Staatsanwälten die erforderlichen Kenntnisse fehlen, oftmals frei ausgehen, weil die Staatsanwaltschaft kapituliert?

Antwort Dr. Hansjürgen Karge
Ich selbst habe mich nach zwei Jahren allgemeiner Kriminalitätsbekämpfung auf das Wirtschaftsstrafrecht gestürzt, aus genau diesen von Ihnen genannten Gründen. Es gab aus vielen soziologischen Untersuchungen, beispielsweise aus den USA, die Erkenntnis, dass vornehmlich der Kleinkriminelle verfolgt wird. Boshafterweise könnte man sagen: Das entspricht dem, was die Staatsanwälte können.

Wenn es kompliziert wird, wozu die organisierte Kriminalität im allgemeinen aber insbesondere die Wirtschaftskriminalität gehört, war jedoch die Hoffnung, dass wir auch da effektiver werden können.

Man hatte zuerst in Nordrhein-Westfalen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gegründet, inzwischen gibt es überall schwerpunktmässig arbeitende Wirtschafts-Staatsanwälte.

Jedoch, wir sind, aus meiner Sicht gesehen, letztlich gescheitert. Die Justiz hat nicht die finanziellen Ressourcen gehabt, um genügend gute Fachleute einzustellen. Und neben den Fachleuten muss die Justiz Staatsanwälte haben, die den energischen Willen haben, Straftaten zu verfolgen. Das ist nichts Anstößiges, wie manche „fortschrittliche“ Menschen meinen.
Verfolgungswillen zu haben, und sich auch wehzutun beim Arbeiten, und nicht nachzugeben, ohne diesen starken Willen wird man bei schwierigen Komplexen keinen Erfolg haben.

Und daran fehlt es neben der Masse und den Ressourcen. Es ist nicht so sehr die fehlende wirtschaftliche Ausbildung der Staatsanwälte, es ist der Wille, zu verfolgen und natürlich die Möglichkeiten der Unterstützung durch die Polizei und durch Wirtschaftsfachleute, die uns nach wie vor weitgehend fehlen.


Deshalb also der verzweifelte Aufruf der neuen Crew in der Hypo-Alpe.

Ob dieser Aufruf Erfolg haben wird, ist zweifelhaft. Man muss befürchten, dass auch Leute in der 2. Ebene möglicherweise von angeblich krummen Geschäften profitiert haben.

Was in Österreich deshalb droht, ist nicht mehr und nicht weniger, dass die offenbar personell völlig unzureichend besetzte Staatsanwaltschaft letzten Endes vor dem schieren Berg der Dokumente kapitulieren wird, und mögliche Täter straffrei ausgehen werden.

Die bisher angelaufenen und nicht erledigten anderen Verfahren wie der immofinanzskandal, über die wir ausführlich berichteten, lassen da wenig Hoffnung aufkommen..


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KOMMENTARE


Tommy Rasmussen (Gast) - 5. Nov, 17:58
der Wille, zu verfolgen...
"Es ist nicht so sehr die fehlende wirtschaftliche Ausbildung der Staatsanwälte, es ist der Wille, zu verfolgen.."

GENAU:

Frank Fahsel: “Ich war von 1973 bis 2004 Richter am Landgericht Stuttgart und habe in dieser Zeit ebenso unglaubliche wie unzählige, vom System organisierte Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen erlebt, gegen die nicht anzukommen war/ist, weil sie systemkonform sind. Ich habe unzählige Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte erleben müssen, die man schlicht “kriminell” nennen kann.….. In der Justiz gegen solche Kollegen vorzugehen, ist nicht möglich, denn das System schützt sich vor einem Outing selbst – durch konsequente Manipulation."
Frank Fahsel, Fellbach, in der “Süddeutschen Zeitung”, 9.4.2008
onlinedienst - 4. Nov, 11:50 Article 1978x read
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