Organspende: Gesetzeslage inakzeptabel
Dr. med. Alexander von Paleske —— 13.02. 2023 ——–
Rund 9000 Patienten warten in Deutschland auf ein Spenderorgan, davon 7.000 Patienten auf eine Nierentransplantation, so die Statistiken der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).
Demnach haben im vergangenen Jahr 869 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet – 64 weniger als im Vorjahreszeitraum. Auf eine Million Einwohner kommen damit nur rund zehn Spender.
Die Anzahl der Organe, die Menschen nach ihrem Tod für eine Transplantation entnommen wurden,und damit schwer kranken Patientinnen und Patienten ein Ueberleben – oder zumindest eine bessere Lebensqualität – ermöglichen, sank damit um 8,4 Prozent – von 2979 auf 2795 Organe. Deren Zahl ist seit der Verabschiedung des Transplantationsgesetzes von 2020 also weiter deutlich gefallen. Die Folge: Patienten muessen oft jahrelang warten, nicht wenige sterben während der Wartezeit.
Genug potentielle Spender
Organ-Spender gäbe es theoretisch genug, denn viele Patienten, die im Krankenhaus sterben, kämen als Spender in Frage. Erforderlich war – und ist – jedoch die zu Lebzeiten erteilte Einwilligung, in einem solchen Falle zum Organspender zu werden, oder, wenn diese fehlt, die Einwilligung der nächsten Angehörigen nach dem Tode.
Gerade das bringt nicht selten die Angehörigen – und die behandelnden Aerzte – insbesondere bei Unfallopfern, in eine geradezu unerträgliche Situation: Nicht nur muss den Angehörigen die schockierende Diagnose mitgeteilt werden – und diese müssen mit dieser schockierenden Nachricht ja erst einmal zurechtkommen – anschliessend werden sie auch noch um die Einwilligung zur Organentnahme gebeten, und müssen sich rasch entscheiden, denn die Zeit drängt.
Fehlende Einwilligung
Der häufigste Grund, warum eine Organspende nicht erfolgt, ist die fehlende Einwilligung.
Die Hälfte der medizinisch möglichen Organspenden konnte deshalb nicht durchgeführt werden. Nur bei einem Viertel davon hatte die verstorbene Person eine Organentnahme schriftlich oder mündlich untersagt, Meistens verhindern die Angehörigen eine Spende.:
- In 42 Prozent der Fälle vermuteten die Angehörigen, laut DSO, dass die Toten eine Organentnahme abgelehnt hätten.
- In 35 Prozent beruhten die Ablehnungen auf eigenen Wertvorstellungen der Angehörigen, da sie nicht wussten, ob die verstorbene Person Organe spenden wollte oder nicht.
Neues Gesetz – alte Probleme bleiben
2020 wurde das neue Transplantationsgesetz im Bundestag verabschiedet. Unter führender Mitwirkung der Grünen Abgeordneten und jetzigen Aussenministerin Annalena Baerbock, die sich um eine parteiuebergreifende Koalition der Gegner der Widerspruchslösung “erfolgreich” bemühte, blieb das Parlament bei der Regelung: Organentnahmen sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Das Heil sollte stattdessen in einer Aufklärungskampagne gesucht werden.
Die Widerspruchslösung hätte bedeutet dass eine Organentnahme generell zulässig ist, sie nur dann unterbleibt, wenn entweder der Spender zu Lebzeiten, oder nahe Angehörige nach seinem Tode der Entnahme widersprechen.
Für die Widerspruchslösung liegen sehr positive Erfahrungen aus europäischen Ländern wie z.B. Oesterreich und Spanien vor, dort herrscht dann auch kein mit Deutschland vergleichbarer Organmangel.
Nichts gebessert
Kaum überraschend hat sich mit dem Transplantationsgesetz von 2020 nichts gebessert, ganz im Gegenteil, wie die Zahl der Transplantationen eindrücklich belegt.
Das war vorhersehbar denn die Zahl der Menschen, die sich zu Lebzeiten damit beschäftigen wollen, was nach dem Tod mit ihren Organen geschehen soll, ist und bleibt denkbar gering. Viele Menschen schieben die Auseinandersetzung mit dieser Frage von sich – oder vor sich her – wie generell die Beschäftigung mit dem Tode. So bleibt die Entscheidung nach dem Tode schliesslich bei den Angehörigen hängen. Eine ausserordentlich unbefriedigende Lösung.
Die Einverständniserklaerung zu Lebzeiten wurde zwar mit dem neuen Gesetz vereinfacht, und ein Online-Zentralregister beschlossen, dazu verstärkte Aufklärung durch die Krankenkassen. Aber bisher schon hatten die Krankenkassen ihre Mitglieder angeschrieben, ohne damit signifikant die Zahl der Organspender zu erhöhen.
Ein recht absurder Vorschlag der Gegner der Widerspruchslösung , lief in die Richtung, auch die Ordnungsämter bei der Ausstellung von Personalausweisen in die Aufklärung zu involvieren.
Erneuter Anlauf
Nun will Gesundheitsminister Lauterbach einen erneuten Versuch starten, doch eine parlamentarische Mehrheit für eine Widerspruchslösung zu finden.
„Das geltende Gesetz ist gescheitert .Viele Menschen sind zwar zur Organspende bereit, dokumentierten das aber nicht. Deswegen solle der Bundestag einen erneuten Anlauf nehmen, um über die Widerspruchslösung abzustimmen Das sind wir denjenigen schuldig, die vergeblich auf Organspenden warten,“
sagte Lauterbach.
.Hauptargument der Gegner der Widerspruchslösung: Hier werde in die Entscheidungsfreiheit, in die Selbstbestimmung des Patienten bzw. seiner Angehörigen eingegriffen.
Das ist jedoch unzutreffend. Zum einen kann der potentielle Spender zu Lebzeiten eine Nichteinwilligungserklärung abgeben, die zu 100% respektiert wird.
Zum anderen ist das Interesse der Angehörigen, durch die Möglichkeit, einer Organentnahme zu widersprechen, gewahrt.
Wenig stichhaltig
Das Argument der Verletzung der körperlichen Integrität des Verstorbenen ist wenig stichhaltig:
Rund 80 % aller Toten werden heute eingeäschert – damit auch die potentiell lebensrettenden Organe verbrannt. Der mutmassliche – oder zu Lebzeiten geäusserte – Wille des Verstorbenen spielt da oftmals keine Rolle. Die Urnenbestattung ist erheblich billiger, was insbesondere ins Gewicht fällt, nachdem das Sterbegeld der Krankenkassen abgeschafft wurde.
Mehr noch: Sektionen in Universitätskrankenhäusern können auch ohne Einwilligung vorgenommen werden, wenn seitens der Angehörigen nicht binnen einer Frist widersprochen wird. Auch hier werden die Organe zur weiteren feingeweblichen Untersuchung entnommen.
Fazit:
Es bleibt die dringende Aufgabe, das Transplantationsgesetz, das die gesetzten Erwartungen nicht erfüllt – nicht erfüllen konnte – zu novellieren: im Sinne einer Widerspruchslösung.
Rund 9000 Patienten warten in Deutschland auf ein Spenderorgan, davon 7.000 Patienten auf eine Nierentransplantation, so die Statistiken der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).
Demnach haben im vergangenen Jahr 869 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet – 64 weniger als im Vorjahreszeitraum. Auf eine Million Einwohner kommen damit nur rund zehn Spender.
Die Anzahl der Organe, die Menschen nach ihrem Tod für eine Transplantation entnommen wurden,und damit schwer kranken Patientinnen und Patienten ein Ueberleben – oder zumindest eine bessere Lebensqualität – ermöglichen, sank damit um 8,4 Prozent – von 2979 auf 2795 Organe. Deren Zahl ist seit der Verabschiedung des Transplantationsgesetzes von 2020 also weiter deutlich gefallen. Die Folge: Patienten muessen oft jahrelang warten, nicht wenige sterben während der Wartezeit.
Genug potentielle Spender
Organ-Spender gäbe es theoretisch genug, denn viele Patienten, die im Krankenhaus sterben, kämen als Spender in Frage. Erforderlich war – und ist – jedoch die zu Lebzeiten erteilte Einwilligung, in einem solchen Falle zum Organspender zu werden, oder, wenn diese fehlt, die Einwilligung der nächsten Angehörigen nach dem Tode.
Gerade das bringt nicht selten die Angehörigen – und die behandelnden Aerzte – insbesondere bei Unfallopfern, in eine geradezu unerträgliche Situation: Nicht nur muss den Angehörigen die schockierende Diagnose mitgeteilt werden – und diese müssen mit dieser schockierenden Nachricht ja erst einmal zurechtkommen – anschliessend werden sie auch noch um die Einwilligung zur Organentnahme gebeten, und müssen sich rasch entscheiden, denn die Zeit drängt.
Fehlende Einwilligung
Der häufigste Grund, warum eine Organspende nicht erfolgt, ist die fehlende Einwilligung.
Die Hälfte der medizinisch möglichen Organspenden konnte deshalb nicht durchgeführt werden. Nur bei einem Viertel davon hatte die verstorbene Person eine Organentnahme schriftlich oder mündlich untersagt, Meistens verhindern die Angehörigen eine Spende.:
- In 42 Prozent der Fälle vermuteten die Angehörigen, laut DSO, dass die Toten eine Organentnahme abgelehnt hätten.
- In 35 Prozent beruhten die Ablehnungen auf eigenen Wertvorstellungen der Angehörigen, da sie nicht wussten, ob die verstorbene Person Organe spenden wollte oder nicht.
Neues Gesetz – alte Probleme bleiben
2020 wurde das neue Transplantationsgesetz im Bundestag verabschiedet. Unter führender Mitwirkung der Grünen Abgeordneten und jetzigen Aussenministerin Annalena Baerbock, die sich um eine parteiuebergreifende Koalition der Gegner der Widerspruchslösung “erfolgreich” bemühte, blieb das Parlament bei der Regelung: Organentnahmen sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Das Heil sollte stattdessen in einer Aufklärungskampagne gesucht werden.
Die Widerspruchslösung hätte bedeutet dass eine Organentnahme generell zulässig ist, sie nur dann unterbleibt, wenn entweder der Spender zu Lebzeiten, oder nahe Angehörige nach seinem Tode der Entnahme widersprechen.
Für die Widerspruchslösung liegen sehr positive Erfahrungen aus europäischen Ländern wie z.B. Oesterreich und Spanien vor, dort herrscht dann auch kein mit Deutschland vergleichbarer Organmangel.
Nichts gebessert
Kaum überraschend hat sich mit dem Transplantationsgesetz von 2020 nichts gebessert, ganz im Gegenteil, wie die Zahl der Transplantationen eindrücklich belegt.
Das war vorhersehbar denn die Zahl der Menschen, die sich zu Lebzeiten damit beschäftigen wollen, was nach dem Tod mit ihren Organen geschehen soll, ist und bleibt denkbar gering. Viele Menschen schieben die Auseinandersetzung mit dieser Frage von sich – oder vor sich her – wie generell die Beschäftigung mit dem Tode. So bleibt die Entscheidung nach dem Tode schliesslich bei den Angehörigen hängen. Eine ausserordentlich unbefriedigende Lösung.
Die Einverständniserklaerung zu Lebzeiten wurde zwar mit dem neuen Gesetz vereinfacht, und ein Online-Zentralregister beschlossen, dazu verstärkte Aufklärung durch die Krankenkassen. Aber bisher schon hatten die Krankenkassen ihre Mitglieder angeschrieben, ohne damit signifikant die Zahl der Organspender zu erhöhen.
Ein recht absurder Vorschlag der Gegner der Widerspruchslösung , lief in die Richtung, auch die Ordnungsämter bei der Ausstellung von Personalausweisen in die Aufklärung zu involvieren.
Erneuter Anlauf
Nun will Gesundheitsminister Lauterbach einen erneuten Versuch starten, doch eine parlamentarische Mehrheit für eine Widerspruchslösung zu finden.
„Das geltende Gesetz ist gescheitert .Viele Menschen sind zwar zur Organspende bereit, dokumentierten das aber nicht. Deswegen solle der Bundestag einen erneuten Anlauf nehmen, um über die Widerspruchslösung abzustimmen Das sind wir denjenigen schuldig, die vergeblich auf Organspenden warten,“
sagte Lauterbach.
.Hauptargument der Gegner der Widerspruchslösung: Hier werde in die Entscheidungsfreiheit, in die Selbstbestimmung des Patienten bzw. seiner Angehörigen eingegriffen.
Das ist jedoch unzutreffend. Zum einen kann der potentielle Spender zu Lebzeiten eine Nichteinwilligungserklärung abgeben, die zu 100% respektiert wird.
Zum anderen ist das Interesse der Angehörigen, durch die Möglichkeit, einer Organentnahme zu widersprechen, gewahrt.
Wenig stichhaltig
Das Argument der Verletzung der körperlichen Integrität des Verstorbenen ist wenig stichhaltig:
Rund 80 % aller Toten werden heute eingeäschert – damit auch die potentiell lebensrettenden Organe verbrannt. Der mutmassliche – oder zu Lebzeiten geäusserte – Wille des Verstorbenen spielt da oftmals keine Rolle. Die Urnenbestattung ist erheblich billiger, was insbesondere ins Gewicht fällt, nachdem das Sterbegeld der Krankenkassen abgeschafft wurde.
Mehr noch: Sektionen in Universitätskrankenhäusern können auch ohne Einwilligung vorgenommen werden, wenn seitens der Angehörigen nicht binnen einer Frist widersprochen wird. Auch hier werden die Organe zur weiteren feingeweblichen Untersuchung entnommen.
Fazit:
Es bleibt die dringende Aufgabe, das Transplantationsgesetz, das die gesetzten Erwartungen nicht erfüllt – nicht erfüllen konnte – zu novellieren: im Sinne einer Widerspruchslösung.
onlinedienst - 14. Feb, 08:43 Article 639x read