Polit-Thriller Arctic Sea: "Zugucken und schweigen"
World Content News - Es ist grotesk: Russland weiß, was sich hinter dem Drama um die Arctic Sea verbirgt. Die NATO hat genaue Kenntnisse und schweigt. Die schwedischen und die finnischen Schifffahrtsbehörden sind im Bilde, was sich im Juli tatsächlich auf der Ostsee abgespielt hat, aber kein Kommentar. Dies lässt nur einen Schluss zu: Bei Bekanntwerden würde ein Staat (und das muss nicht zwingend Russland sein) nachhaltig seine Reputation verlieren.
Beinahe sicher darf man sich inzwischen sein, dass es sich nicht um eine banale Entführungsgeschichte handelt, sonst hätten die Behörden in Russland längst die Flucht nach vorne angetreten, hätten das Schiff freigegeben und würden es nicht länger der Öffentlichkeit vorenthalten.
Bedrohter und geflücheteter Wojtenko: Hingucken und aufklären
Das Mysterium besteht fort, nicht mal ein aktuelles Foto gibt es von der Arctic Sea. Anderslautende Behauptungen stammen von einer einzelnen deutschen Zeitung ohne jeglichen Beleg. Das Versteckspiel mit dem Schiff könnte drei mögliche Ursachen haben:
Experten könnten sofort erkennen, dass da auf dem Schiff außer Holz noch etwas ist (oder war), was dort nicht hingehört. Dies ist die derzeit gängigste Vermutung. Es soll sich um Raketen für den Iran handeln, so wird fast einhellig spekuliert. Zur Zeit konkurrieren zwei Thesen miteinander, nach denen entweder der israelische Geheimdienst (Mossad) oder der russische Geheimdienst (FSB) das Schiff gekapert hat. In beiden Fällen beruft man sich auf nicht näher bezeichnete Quellen.
Zweitens: Das Schiff könnte Spuren aufweisen, die auf eine militärische Operation oder auf ein Unglück hinweisen, die man besser nicht offenlegt. Es wurde ja von den Behörden schon angedeutet, dass der Frachter beschädigt sei.
Und dritte Möglichkeit, wohl die prekärste, aber inzwischen auch nicht mehr ganz ausgeschlossen: Bei dem Beuteschiff handelt es sich nicht um die Arctic Sea, sondern um einen anderen Frachter, der mit der AIS-Kennung der Arctic Sea unterwegs war. Das eigentliche Schiff wird entweder versteckt oder ist - gesunken.
Dies klingt wild und unwahrscheinlich und das Verschweigen wäre eine Katastrophe für sich - wenn da nicht eine seltsame Bemerkung eines Anwaltes aus Litauen wäre, der einen der mutmaßlichen Piraten vertritt: Er hätte gehört, in der Nacht der Kaperung wäre ein Schiff mit russischer Besatzung auf der Ostsee in Seenot geraten, es hätte auch Tote gegeben, dies wäre jedoch nicht öffentlich gemacht worden. Schwere Kost, aber jeglicher Beweis dazu fehlt.

Wild geworden: Ein Schiff - viele Signale - Save our Souls?
Fest steht: Die AIS- und Radarsignale, die die Arctic Sea vor ihrer angeblichen Kaperung von sich gegeben hat, sind ein mindestens ebenso großes Mysterium, sie zeugen davon, dass sich das Schiff auf keiner üblichen Transportfahrt befand.
Der Seefahrer- Blog, der sich an die Analyse der Spuren gemacht hat, kommt zum Ergebnis: Hier waren an diesem Tag mindestens zwei Schiffe mit der gleichen Funkkennung unterwegs, ein Signal davon war manipuliert. Auch der Experte Michail Wojtenko, der sich auf Schiffsunfälle spezialisiert hat und der soeben, weil unbequem geworden, seinen Job verloren hat, sprach sehr früh von kopierten AIS-Signalen.
Es gibt ferner die Annahme, das die "Arctic Sea" schon kurz nach ihrem Auslaufen etwa 15 Seemeilen entfernt vom finnischen Hafen, ein Schiff oder Boot zu Besuch hatte, deren Besatzung an Bord wollte. Darauf deute ein typisches Kursmanöver hin, so der Analyst.
Was immer sich dort auf der Ostsee abgespielt haben mag, die dortigen Behörden, die die Seewege überwachen, dürften ein recht genaues Bild haben. Sagen aber nichts. Nur ein ungenannter Experte aus NATO-Kreisen meint: "Es ist unglaublich, dass sich so etwas unter den Augen Europas abspielt. Und wir müssen auch noch zugucken und schweigen."
Dabei ist es eigentlich zum Schreien: Weil die Kasse stimmen muss, von wem auch immer, jetzt hat die Presse auch noch einen Millionär unter den Piraten entdeckt: Demnach ist der wegen Entführung angeklagte Dimitri Savins im richtigen Leben auch noch Vorsitzender einer pleite gegangenen estländischen Schifffahrtsgesellschaft namens Pakri Tankers, die sich auf den Transport von Chemikalien und Erdölprodukten spezialisiert hatte.
Die Mitarbeiter des Unternehmens sollen nicht schlecht gestaunt haben, als sie in den Nachrichten ihren eigenen Chef sahen, der von den russischen Befreiern abgeführt wurde.
Diese Nachricht hat allerdings reichlich lange gebraucht, bis sie in die Presse kam. Und die Identität des Anführers Andrej Lunev, der angeblich vor drei Jahren bei einem Unfall als verstorben galt, hat sich im nachhinein auch nicht bestätigt. Es handelte sich bloß um einen Namensvetter.
Der geschasste Wojtenko glaubt inzwischen, wichtige Details der komplexen Geschichte enträtselt zu haben. Und er hat versprochen, die ganze Wahrheit über die "Arctic Sea" herauszufinden.
Quellen:
Was geschah wirklich mit dem verschwundenen Frachter? Eine Spurensuche (Märkische Allgemeine, 05.09.2009)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
Beinahe sicher darf man sich inzwischen sein, dass es sich nicht um eine banale Entführungsgeschichte handelt, sonst hätten die Behörden in Russland längst die Flucht nach vorne angetreten, hätten das Schiff freigegeben und würden es nicht länger der Öffentlichkeit vorenthalten.
Bedrohter und geflücheteter Wojtenko: Hingucken und aufklären
Das Mysterium besteht fort, nicht mal ein aktuelles Foto gibt es von der Arctic Sea. Anderslautende Behauptungen stammen von einer einzelnen deutschen Zeitung ohne jeglichen Beleg. Das Versteckspiel mit dem Schiff könnte drei mögliche Ursachen haben:
Experten könnten sofort erkennen, dass da auf dem Schiff außer Holz noch etwas ist (oder war), was dort nicht hingehört. Dies ist die derzeit gängigste Vermutung. Es soll sich um Raketen für den Iran handeln, so wird fast einhellig spekuliert. Zur Zeit konkurrieren zwei Thesen miteinander, nach denen entweder der israelische Geheimdienst (Mossad) oder der russische Geheimdienst (FSB) das Schiff gekapert hat. In beiden Fällen beruft man sich auf nicht näher bezeichnete Quellen.
Zweitens: Das Schiff könnte Spuren aufweisen, die auf eine militärische Operation oder auf ein Unglück hinweisen, die man besser nicht offenlegt. Es wurde ja von den Behörden schon angedeutet, dass der Frachter beschädigt sei.
Und dritte Möglichkeit, wohl die prekärste, aber inzwischen auch nicht mehr ganz ausgeschlossen: Bei dem Beuteschiff handelt es sich nicht um die Arctic Sea, sondern um einen anderen Frachter, der mit der AIS-Kennung der Arctic Sea unterwegs war. Das eigentliche Schiff wird entweder versteckt oder ist - gesunken.
Dies klingt wild und unwahrscheinlich und das Verschweigen wäre eine Katastrophe für sich - wenn da nicht eine seltsame Bemerkung eines Anwaltes aus Litauen wäre, der einen der mutmaßlichen Piraten vertritt: Er hätte gehört, in der Nacht der Kaperung wäre ein Schiff mit russischer Besatzung auf der Ostsee in Seenot geraten, es hätte auch Tote gegeben, dies wäre jedoch nicht öffentlich gemacht worden. Schwere Kost, aber jeglicher Beweis dazu fehlt.

Wild geworden: Ein Schiff - viele Signale - Save our Souls?
Fest steht: Die AIS- und Radarsignale, die die Arctic Sea vor ihrer angeblichen Kaperung von sich gegeben hat, sind ein mindestens ebenso großes Mysterium, sie zeugen davon, dass sich das Schiff auf keiner üblichen Transportfahrt befand.
Der Seefahrer- Blog, der sich an die Analyse der Spuren gemacht hat, kommt zum Ergebnis: Hier waren an diesem Tag mindestens zwei Schiffe mit der gleichen Funkkennung unterwegs, ein Signal davon war manipuliert. Auch der Experte Michail Wojtenko, der sich auf Schiffsunfälle spezialisiert hat und der soeben, weil unbequem geworden, seinen Job verloren hat, sprach sehr früh von kopierten AIS-Signalen.
Es gibt ferner die Annahme, das die "Arctic Sea" schon kurz nach ihrem Auslaufen etwa 15 Seemeilen entfernt vom finnischen Hafen, ein Schiff oder Boot zu Besuch hatte, deren Besatzung an Bord wollte. Darauf deute ein typisches Kursmanöver hin, so der Analyst.
Was immer sich dort auf der Ostsee abgespielt haben mag, die dortigen Behörden, die die Seewege überwachen, dürften ein recht genaues Bild haben. Sagen aber nichts. Nur ein ungenannter Experte aus NATO-Kreisen meint: "Es ist unglaublich, dass sich so etwas unter den Augen Europas abspielt. Und wir müssen auch noch zugucken und schweigen."
Dabei ist es eigentlich zum Schreien: Weil die Kasse stimmen muss, von wem auch immer, jetzt hat die Presse auch noch einen Millionär unter den Piraten entdeckt: Demnach ist der wegen Entführung angeklagte Dimitri Savins im richtigen Leben auch noch Vorsitzender einer pleite gegangenen estländischen Schifffahrtsgesellschaft namens Pakri Tankers, die sich auf den Transport von Chemikalien und Erdölprodukten spezialisiert hatte.
Die Mitarbeiter des Unternehmens sollen nicht schlecht gestaunt haben, als sie in den Nachrichten ihren eigenen Chef sahen, der von den russischen Befreiern abgeführt wurde.
Diese Nachricht hat allerdings reichlich lange gebraucht, bis sie in die Presse kam. Und die Identität des Anführers Andrej Lunev, der angeblich vor drei Jahren bei einem Unfall als verstorben galt, hat sich im nachhinein auch nicht bestätigt. Es handelte sich bloß um einen Namensvetter.
Der geschasste Wojtenko glaubt inzwischen, wichtige Details der komplexen Geschichte enträtselt zu haben. Und er hat versprochen, die ganze Wahrheit über die "Arctic Sea" herauszufinden.
Quellen:
Was geschah wirklich mit dem verschwundenen Frachter? Eine Spurensuche (Märkische Allgemeine, 05.09.2009)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
sfux - 5. Sep, 20:23 Article 5791x read