Professor Kenneth Rankin, OBE - Nachruf auf einen grossen Arzt und Orthopäden in Afrika
Dr. Alexander von Paleske 19.8. 2011
Am 11.1. 1988 explodierte hier in Bulawayo eine Autobombe vor einem Wohnhaus im Stadteil Trenance Das Haus gehörte dem Orthopäden Kenneth Rankin, aber er wohnte nicht dort, sondern in dem Haus waren exilierte Mitglieder des von der südafrikanischen Apartheidregierung verbotenen afrikanischen Nationalkongress, ANC, untergebracht, der heutigen Regierungspartei Südafrikas.
Der Bombenanschlag ging auf das Konto des südafrikanischen Geheimdienstes (Project Barnacle, Vorläufer der Todesschwadron Civil Cooperation Bureau)..
Arzt und Gegner des Apartheidregimes
Kenneth Rankin, oder Ken wie wir ihn nannten, war Gegner des Apartheidregimes. Seine aus Südafrika stammende schwarze Frau Joyce hatte mehrere Jahre wegen ihrer Aktivitäten für den ANC im Gefängnis und in der Verbannung verbracht. Nun leitete Ken die orthopädische Abteilung am Mpilo-Hospital in Bulawayo , der zweitgrößten Stadt Simbabwes, meiner damaligen und jetzigen Arbeitsstelle.

Kenneth Rankin
Ken Rankin war der einzige voll ausgebildete Orthopäde für ein Einzugsgebiet von 3 Millionen Menschen.
Er war ein hoch engagierter und hervorragender Orthopäde, der seine Aufgabe nicht nur in einer umfassenden Patientenversorgung sah, sondern gerade auch in der Aus- und Weiterbildung des medizinischen Nachwuchses.
Und er hatte bereits einen nicht minder interessanten Lebensweg hinter sich gebracht, als er seine Tätigkeit in Simbabwe aufnahm.
Jenseits von Afrika
Geboren in Ägypten im Jahr 1939, sein Vater war Offizier in der Royal Air Force, kam Kenneth Rankin mit seinen Eltern 1942 nach England.
An den Schulbesuch schloss sich das Medizinstudium in Schottland an, das er 1963 in Edinburgh abschloss.
Zurück nach Afrika
Es folgten Jahre als Assistenzarzt und Schiffsarzt, bis er 1967 nach Südafrika kam, um dort seine Weiterbildung in Orthopädie fortzusetzen.
Sein Interesse galt nicht der akademischen Karriere, er hatte auch keine finanziellen Erwartungen, sondern wollte dort helfen, „wo Not am Mann war“.
So begann er seine Arbeit n einem Landkrankenhaus in der Limpopo-Provinz, im Norden Südafrikas.
Sein weiterer Lebensweg führte ihn in das Baragwanath Hospital im Soweto-Township von Johannesburg, das grösste Hospital für die schwarze Bevölkerung im Apartheid Südafrika, heute das grösste Hospital der Welt mit über 3000 Betten.
Regelmässig machte er Outreach-Work in den ärmsten Bezirken der Provinz Kwa Zulu-Natal, dort, wo zwangsumgesiedelte Schwarze in sogenannten „Homelands“ ihr Leben fristeten und die Gesundheitsversorgung nur als miserabel bezeichnet werden konnte.Unterstützung für seine Arbeit erhielt er vom südafrikanischen Council of Churches.
Dort lernte er seine spätere Frau, die Journalistin und Anti-Apartheid Aktivistin Joyce Sikakane kennen und verliebte sich in sie. Beide verlobten sich heimlich, eine Heirat war wegen der Apartheidbestimmungen Südafrikas dort nicht möglich.
Sie beschlossen 1969 daher, Südafrika zu verlassen, und ausserhalb Südafrikas zu heiraten und zu leben.
Der lange Weg zur Ehe
Daraus wurde erst einmal nichts, denn Joyce wurde verhaftet und wegen ihrer Anti-Apartheidaktivitäten zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt (Trial of the 22).
Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis im Jahre 1973 verliess Joyce Südafrika und ging nach Sambia. Dort traf sie Ken wieder, der seit 1971 am University Teaching Hospital in der Hauptstadt Lusaka als Orthopäde und Dozent arbeitete, nachdem er seine Facharztweiterbildung erfolgreich in Edinburgh /Schottland abgeschlossen hatte.
Nach ihrer Heirat zog die Familie 1975 nach Schottland um, wo Ken Rankin als Consultant und Lecturer arbeite.
Erneute Rückkehr nach Afrika
1980 kehrte Ken mit Familie nach Afrika zurück, zunächst nach Mozambique, einem Land, das damals, 5 Jahre nach der Unabhängigkeit von Portugal, sich in einem von Südafrika angezettelten Bürgerkrieg befand.
In der Hauptstadt Maputo arbeitete und unterrichtete er in seinem Fach, und wechselte 1982 nach Bulawayo / Simbabwe,ein Land, das zwei Jahre zuvor unabhängig geworden war.
Hier traf ich Ken Rankin, nach Aufnahme meiner Arbeit als Hämatologe 1987, und war beeindruckt von seinem Enthusiasmus, seiner Fachkompetenz, aber auch von seiner Unbeugsamkeit.
Ken, der den Pilotenschein besass, flog auch regelmässig zu den Provinzkrankenhäusern in Masvingo und Gweru zur Patientenversorgung und Weiterbildung der dort tätigen Ärzte.
Ich hatte ihn bereits in zwei Artikeln im Zusammenhang mit einer Foto-Dokumentation erwähnt, welche die Verbrechen der 5. simbabweschen Brigade im Zusammenhang mit den Massakern im Matabeleland Anfang der 80er Jahre nach der Unabhängigkeit Simbabwes darstellte. Die Fotos zeigten die schweren Verletzungen, mit denen Patienten zu ihm zur Behandlung kamen.
Die Dokumentation schickte er direkt an Robert Mugabe, damals Premier und heute Staatspräsident.
Die Genozid ging weiter, Ken bekam Besuch vom Geheimdienst. Er entging nur knapp einer Verhaftung.
Da Ken seine fünf Kinder während des Studiums finanziell unterstützen musste, arbeitete er wieder ab 1991 als Consultant in Schottland , kehrte aber 1996 nach Afrika zurück, diesmal in das nunmehr demokratische Südafrika.
Dort arbeitete als Professor an der Universität von Pretoria im Kalafong-Hospital, seine Frau wurde Unterstaatssekretärin im Kabinett Nelson Mandelas.
Unermüdlich kümmerte er sich um die Patientenversorgung und um die Weiterbildung der jungen Ärzte. Regelmässige Besuche der Provinzkrankenhäuser waren für ihn selbstverständlich.
Nach seiner Emeritierung arbeite er konsultativ weiter in der Provinz und kehrte schliesslich 2009 nach Schottland zurück.
Im Jahre 2003 wurde er von der britischen Königin für seine Verdienste um die Verbesserung der orthopädischen Krankenversorgung in Afrika mit einem OBE, vergleichbar dem Bundesverdienstkreuz geehrt.
Dieses Jahr wollte ich während einer Reise nach Grossbritannien ein Interview mit ihm machen, das noch einmal seinen beeindruckenden Lebensweg aus seiner Sicht darstellen sollte. Aus dem geplanten Interview wurde jetzt ein Nachruf.
Kenneth Rankin starb am 3. Juli 2011 an Leukämie.
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Arzt und Gegner des Apartheidregimes
Kenneth Rankin, oder Ken wie wir ihn nannten, war Gegner des Apartheidregimes. Seine aus Südafrika stammende schwarze Frau Joyce hatte mehrere Jahre wegen ihrer Aktivitäten für den ANC im Gefängnis und in der Verbannung verbracht. Nun leitete Ken die orthopädische Abteilung am Mpilo-Hospital in Bulawayo , der zweitgrößten Stadt Simbabwes, meiner damaligen und jetzigen Arbeitsstelle.

Kenneth Rankin
Ken Rankin war der einzige voll ausgebildete Orthopäde für ein Einzugsgebiet von 3 Millionen Menschen.
Er war ein hoch engagierter und hervorragender Orthopäde, der seine Aufgabe nicht nur in einer umfassenden Patientenversorgung sah, sondern gerade auch in der Aus- und Weiterbildung des medizinischen Nachwuchses.
Und er hatte bereits einen nicht minder interessanten Lebensweg hinter sich gebracht, als er seine Tätigkeit in Simbabwe aufnahm.
Jenseits von Afrika
Geboren in Ägypten im Jahr 1939, sein Vater war Offizier in der Royal Air Force, kam Kenneth Rankin mit seinen Eltern 1942 nach England.
An den Schulbesuch schloss sich das Medizinstudium in Schottland an, das er 1963 in Edinburgh abschloss.
Zurück nach Afrika
Es folgten Jahre als Assistenzarzt und Schiffsarzt, bis er 1967 nach Südafrika kam, um dort seine Weiterbildung in Orthopädie fortzusetzen.
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Sein weiterer Lebensweg führte ihn in das Baragwanath Hospital im Soweto-Township von Johannesburg, das grösste Hospital für die schwarze Bevölkerung im Apartheid Südafrika, heute das grösste Hospital der Welt mit über 3000 Betten.
Regelmässig machte er Outreach-Work in den ärmsten Bezirken der Provinz Kwa Zulu-Natal, dort, wo zwangsumgesiedelte Schwarze in sogenannten „Homelands“ ihr Leben fristeten und die Gesundheitsversorgung nur als miserabel bezeichnet werden konnte.Unterstützung für seine Arbeit erhielt er vom südafrikanischen Council of Churches.
Dort lernte er seine spätere Frau, die Journalistin und Anti-Apartheid Aktivistin Joyce Sikakane kennen und verliebte sich in sie. Beide verlobten sich heimlich, eine Heirat war wegen der Apartheidbestimmungen Südafrikas dort nicht möglich.
Sie beschlossen 1969 daher, Südafrika zu verlassen, und ausserhalb Südafrikas zu heiraten und zu leben.
Der lange Weg zur Ehe
Daraus wurde erst einmal nichts, denn Joyce wurde verhaftet und wegen ihrer Anti-Apartheidaktivitäten zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt (Trial of the 22).
Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis im Jahre 1973 verliess Joyce Südafrika und ging nach Sambia. Dort traf sie Ken wieder, der seit 1971 am University Teaching Hospital in der Hauptstadt Lusaka als Orthopäde und Dozent arbeitete, nachdem er seine Facharztweiterbildung erfolgreich in Edinburgh /Schottland abgeschlossen hatte.
Nach ihrer Heirat zog die Familie 1975 nach Schottland um, wo Ken Rankin als Consultant und Lecturer arbeite.
Erneute Rückkehr nach Afrika
1980 kehrte Ken mit Familie nach Afrika zurück, zunächst nach Mozambique, einem Land, das damals, 5 Jahre nach der Unabhängigkeit von Portugal, sich in einem von Südafrika angezettelten Bürgerkrieg befand.
In der Hauptstadt Maputo arbeitete und unterrichtete er in seinem Fach, und wechselte 1982 nach Bulawayo / Simbabwe,ein Land, das zwei Jahre zuvor unabhängig geworden war.
Hier traf ich Ken Rankin, nach Aufnahme meiner Arbeit als Hämatologe 1987, und war beeindruckt von seinem Enthusiasmus, seiner Fachkompetenz, aber auch von seiner Unbeugsamkeit.
Ken, der den Pilotenschein besass, flog auch regelmässig zu den Provinzkrankenhäusern in Masvingo und Gweru zur Patientenversorgung und Weiterbildung der dort tätigen Ärzte.
Ich hatte ihn bereits in zwei Artikeln im Zusammenhang mit einer Foto-Dokumentation erwähnt, welche die Verbrechen der 5. simbabweschen Brigade im Zusammenhang mit den Massakern im Matabeleland Anfang der 80er Jahre nach der Unabhängigkeit Simbabwes darstellte. Die Fotos zeigten die schweren Verletzungen, mit denen Patienten zu ihm zur Behandlung kamen.
Die Dokumentation schickte er direkt an Robert Mugabe, damals Premier und heute Staatspräsident.
Die Genozid ging weiter, Ken bekam Besuch vom Geheimdienst. Er entging nur knapp einer Verhaftung.
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Dort arbeitete als Professor an der Universität von Pretoria im Kalafong-Hospital, seine Frau wurde Unterstaatssekretärin im Kabinett Nelson Mandelas.
Unermüdlich kümmerte er sich um die Patientenversorgung und um die Weiterbildung der jungen Ärzte. Regelmässige Besuche der Provinzkrankenhäuser waren für ihn selbstverständlich.
Nach seiner Emeritierung arbeite er konsultativ weiter in der Provinz und kehrte schliesslich 2009 nach Schottland zurück.
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onlinedienst - 19. Aug, 18:32 Article 1914x read