Südafrika: Höchstes Richteramt neu zu besetzen - ein umstrittener Richter meldet seine Kandidatur an
Dr. Alexander von Paleske - In Südafrika steht die Neubesetzung des Präsidenten für das südafrikanische Verfassungsgericht, Costitutional Court genannt, an. Drei der Richter, darunter auch der jetzige Präsident Pius Langa, gehen in den Ruhestand.
Ein deutscher Exportartikel
Das südafrikanische Verfassungsgericht ist dem deutschen Bundesverfassungsgericht nachempfunden, wie übrigens auch Teile der südafrikanischen Verfassung, ein oft vergessener und sehr erfolgreicher Exportartikel der Bundesrepublik Deutschland.
Und wie das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das südafrikanische Constitutional Court nach seiner Gründung im Jahre 1996 eine Reihe von Meilensteinentscheidungen getroffen. Genannt sei hier unter anderem die Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Ehen.
Man kann rückblickend mit Fug und Recht sagen, dass Nelson Mandela, der vor 10 Tagen seinen 91. Geburtstag feierte, seinerzeit eine glückliche Hand bei der Berufung der Richter hatte, auch wenn die Entscheidungen des Gerichts oft genug Missvergnügen bei der Regierung Südafrikas auslösten, nicht anders, als in Deutschland.
Sowohl der erste Präsident, Arthur Chaskalson, wie auch der jetzige Präsident, Pius Langa, waren und sind nicht nur exzellente Richter, sondern ausserordentliche Persönlichkeiten, nicht anders als auch beispielsweise der beisitzende Richter Professor Albie Sachs, der bei einem Bombenanschlag der Apartheidregierung auf ihn in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo 1988 einen Arm und ein Auge verlor und nur knapp dem Tod entkam.
Ein umstrittener Richter kandidiert
Nun hat ein hoher Richter seine Kandidatur angemeldet, der sich vor allem dadurch auszeichnet, umstritten zu sein: John Hlope, höchster Richter der Provinz Western Cape zu der auch Kapstadt gehört..
Er machte immer wieder durch ziemlich "unpassende" Aesserungen auf sich aufmerksam, die entweder der Gossensprache oder dem, schwarzen Rassismus oder beidem zuzuordnen waren. Aber die Skandalliste ist weitaus grösser. Details finden sich hier
Schon einmal musste der höchste Richter des Landes, Pius Langa, sich diesen Herrn „zur Brust nehmen“, bis schliesslich ein Ereignis im Jahre 2008 das Fass zum Ueberlaufen brachte.
Eine Durchsuchung und die Folgen
Der jetzige Staatspräsident Jacob Zuma hatte Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchung seiner Dienstvilla eingelegt. Die Durchsuchung sollte Beweismatrial gegen ihn im Zusammenhang mit Waffengeschäften zutage bringen und wurde von der mittlerweile aufgelösten Elite-Polizeieinheit, den Scorpions, durchgeführt.
Die Presse war vorab informiert worden und konnte reichlichst Aufnahmen von dem Spektakel machen. Ein Spektakel, das offenbar auch Zuma demütigen sollte.
Und offenbar wurde auch belastendes Material gefunden, das aber wieder herausgerückt und dann einem Beweisverwertungsverbot unterlegen wäre, wenn die Verfassungsbeschwerde erfolgreich gewesen wäre.
Richter Hlope, der sich mit dem jetzigen Präsidenten verbunden fühlt, machte sich auf den Weg nach Pretoria, um auf zwei Richter am Verfassungsgericht einzuwirken, damit sie eine Entscheidung zugunsten Zumas treffen.
Die beiden Richter, Bess Nkabinde und Chris Jafta, waren empört, sowohl über Hlopes Vorgehensweise aber wohl auch über dessen vorgebrachte Argumente.
Ein völlig unakzeptable Vorgehensweis Hlopes, so sah es der Vorsitzende Richter am Verfassungsgerichts, Pius Langa, bei dem die beiden Richter sich beschwert hatten.
So sahen es auch die anderen beisitzenden Richter des Verfassungsgerichts.
Eine Beschwerde Pius Langas bei der der Judicial Services Commission (JSC), eine Art Richterwahlausschuss, der sich mit Beschwerden gegen Richter aber vor allem mit der Sicherstellung der Unabhängigkeit der Richter und Anhörungen von Kandidaten bei der Neubesetzung von Richterstellen beschäftigt mit anschliessenden Vorschlägen für die Besetzung der Stellen, war die Folge.
Zu dieser JSC gehörte auch George Bizos, einer der prominentesten Advokaten Südafrikas, seinerzeitiger Apartheidgegner und Verteidiger in ungezählten politischen Prozessen , Freund Nelson Mandelas, den er einst in dem Riviona-Prozess verteidigte, ein Prozess, der zur Verurteilung Mandelas zu lebenslanger Haft führte.
Ein Richter wird Kläger
Hlope klagte nun gegen die JSC wegen angeblicher Diskriminierung, bekam aber nur teilweise Recht und kündigte an, bis vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen. Also das Gericht, welches den Rechtsstreit ausgelöst hatte.
Eine noch nie dagewesene Justizkrise war die Folge gewesen, weil sämtliche Richter des Verfassungsgerichts als befangen anzusehen gewesen wären.
Nunmehr hat die JSC beschlossen, erneut Hlope anzuhören, in neuer Besetzung.
Es ist damit zu rechnen, dass nunmehr das Verfahren bestenfalls – wenn überhaupt – mit einer Rüge Hlopes enden wird, aber nicht mit der Absetzung Hlopes als Richter, womit ursprünglich gerechnet wurde.
Im Klartext: Die Affäre wird wohl unter den Teppich gekehrt werden.
Gute Freunde und eine Kampagne
Aber damit nicht genug. Nunmehr haben Freunde Hlopes mit ausdrücklicher Billigung des umstrittenen Richters eine Kampagne gestartet, die Druck machen soll, ihn zum Nachfolger Langas, also zum höchsten Richter Suedafrikas zu machen. Zwei Juristen namens Percy Gumbi und Jabu Khuluse starteten die Kampagne Anfang Juli.
Auch dies ein Vorgang, der seinesgleichen sucht.
Nun ist zwar nicht damit zu rechnen, dass Hlope bereits jetzt zum Gerichtspräsidenten ernannt wird, da hat der jetzige beisitzende Richter Sandile Ngcobo einfach bessere Chancen, aber er könnte zum Beisitzer ernannt werden und in zwei Jahren Gerichtspräsident werden, dann nämlich scheidet Ngcobo aus Altergründen aus.
Schliesslich muss solch ein „Einsatz“ für den jetzigen Staatspräsidenten Zuma doch „honoriert“ werden.
Für das Verfassungsgericht Südafrikas könnte dann nach einer grossartigen Periode von überragenden Meilensteinentscheidungen eine unwürdige Zukunft beginnen.
Nachtrag 10.8.09
Am 6.8.09 wurde erwartungsgemäss Richter Sandile Ngcobo von Staatspräsident Jacob Zuma zum Nachfolger von Pius Langa vorgeschlagen.
Ein deutscher Exportartikel
Das südafrikanische Verfassungsgericht ist dem deutschen Bundesverfassungsgericht nachempfunden, wie übrigens auch Teile der südafrikanischen Verfassung, ein oft vergessener und sehr erfolgreicher Exportartikel der Bundesrepublik Deutschland.
Und wie das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das südafrikanische Constitutional Court nach seiner Gründung im Jahre 1996 eine Reihe von Meilensteinentscheidungen getroffen. Genannt sei hier unter anderem die Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Ehen.
Man kann rückblickend mit Fug und Recht sagen, dass Nelson Mandela, der vor 10 Tagen seinen 91. Geburtstag feierte, seinerzeit eine glückliche Hand bei der Berufung der Richter hatte, auch wenn die Entscheidungen des Gerichts oft genug Missvergnügen bei der Regierung Südafrikas auslösten, nicht anders, als in Deutschland.
Sowohl der erste Präsident, Arthur Chaskalson, wie auch der jetzige Präsident, Pius Langa, waren und sind nicht nur exzellente Richter, sondern ausserordentliche Persönlichkeiten, nicht anders als auch beispielsweise der beisitzende Richter Professor Albie Sachs, der bei einem Bombenanschlag der Apartheidregierung auf ihn in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo 1988 einen Arm und ein Auge verlor und nur knapp dem Tod entkam.
Ein umstrittener Richter kandidiert
Nun hat ein hoher Richter seine Kandidatur angemeldet, der sich vor allem dadurch auszeichnet, umstritten zu sein: John Hlope, höchster Richter der Provinz Western Cape zu der auch Kapstadt gehört..
Er machte immer wieder durch ziemlich "unpassende" Aesserungen auf sich aufmerksam, die entweder der Gossensprache oder dem, schwarzen Rassismus oder beidem zuzuordnen waren. Aber die Skandalliste ist weitaus grösser. Details finden sich hier
Schon einmal musste der höchste Richter des Landes, Pius Langa, sich diesen Herrn „zur Brust nehmen“, bis schliesslich ein Ereignis im Jahre 2008 das Fass zum Ueberlaufen brachte.
Eine Durchsuchung und die Folgen
Der jetzige Staatspräsident Jacob Zuma hatte Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchung seiner Dienstvilla eingelegt. Die Durchsuchung sollte Beweismatrial gegen ihn im Zusammenhang mit Waffengeschäften zutage bringen und wurde von der mittlerweile aufgelösten Elite-Polizeieinheit, den Scorpions, durchgeführt.
Die Presse war vorab informiert worden und konnte reichlichst Aufnahmen von dem Spektakel machen. Ein Spektakel, das offenbar auch Zuma demütigen sollte.
Und offenbar wurde auch belastendes Material gefunden, das aber wieder herausgerückt und dann einem Beweisverwertungsverbot unterlegen wäre, wenn die Verfassungsbeschwerde erfolgreich gewesen wäre.
Richter Hlope, der sich mit dem jetzigen Präsidenten verbunden fühlt, machte sich auf den Weg nach Pretoria, um auf zwei Richter am Verfassungsgericht einzuwirken, damit sie eine Entscheidung zugunsten Zumas treffen.
Die beiden Richter, Bess Nkabinde und Chris Jafta, waren empört, sowohl über Hlopes Vorgehensweise aber wohl auch über dessen vorgebrachte Argumente.
Ein völlig unakzeptable Vorgehensweis Hlopes, so sah es der Vorsitzende Richter am Verfassungsgerichts, Pius Langa, bei dem die beiden Richter sich beschwert hatten.
So sahen es auch die anderen beisitzenden Richter des Verfassungsgerichts.
Eine Beschwerde Pius Langas bei der der Judicial Services Commission (JSC), eine Art Richterwahlausschuss, der sich mit Beschwerden gegen Richter aber vor allem mit der Sicherstellung der Unabhängigkeit der Richter und Anhörungen von Kandidaten bei der Neubesetzung von Richterstellen beschäftigt mit anschliessenden Vorschlägen für die Besetzung der Stellen, war die Folge.
Zu dieser JSC gehörte auch George Bizos, einer der prominentesten Advokaten Südafrikas, seinerzeitiger Apartheidgegner und Verteidiger in ungezählten politischen Prozessen , Freund Nelson Mandelas, den er einst in dem Riviona-Prozess verteidigte, ein Prozess, der zur Verurteilung Mandelas zu lebenslanger Haft führte.
Ein Richter wird Kläger
Hlope klagte nun gegen die JSC wegen angeblicher Diskriminierung, bekam aber nur teilweise Recht und kündigte an, bis vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen. Also das Gericht, welches den Rechtsstreit ausgelöst hatte.
Eine noch nie dagewesene Justizkrise war die Folge gewesen, weil sämtliche Richter des Verfassungsgerichts als befangen anzusehen gewesen wären.
Nunmehr hat die JSC beschlossen, erneut Hlope anzuhören, in neuer Besetzung.
Es ist damit zu rechnen, dass nunmehr das Verfahren bestenfalls – wenn überhaupt – mit einer Rüge Hlopes enden wird, aber nicht mit der Absetzung Hlopes als Richter, womit ursprünglich gerechnet wurde.
Im Klartext: Die Affäre wird wohl unter den Teppich gekehrt werden.
Gute Freunde und eine Kampagne
Aber damit nicht genug. Nunmehr haben Freunde Hlopes mit ausdrücklicher Billigung des umstrittenen Richters eine Kampagne gestartet, die Druck machen soll, ihn zum Nachfolger Langas, also zum höchsten Richter Suedafrikas zu machen. Zwei Juristen namens Percy Gumbi und Jabu Khuluse starteten die Kampagne Anfang Juli.
Auch dies ein Vorgang, der seinesgleichen sucht.
Nun ist zwar nicht damit zu rechnen, dass Hlope bereits jetzt zum Gerichtspräsidenten ernannt wird, da hat der jetzige beisitzende Richter Sandile Ngcobo einfach bessere Chancen, aber er könnte zum Beisitzer ernannt werden und in zwei Jahren Gerichtspräsident werden, dann nämlich scheidet Ngcobo aus Altergründen aus.
Schliesslich muss solch ein „Einsatz“ für den jetzigen Staatspräsidenten Zuma doch „honoriert“ werden.
Für das Verfassungsgericht Südafrikas könnte dann nach einer grossartigen Periode von überragenden Meilensteinentscheidungen eine unwürdige Zukunft beginnen.
Nachtrag 10.8.09
Am 6.8.09 wurde erwartungsgemäss Richter Sandile Ngcobo von Staatspräsident Jacob Zuma zum Nachfolger von Pius Langa vorgeschlagen.
onlinedienst - 27. Jul, 12:23 Article 1387x read