Tatort Krankenhaus : Tötung, Körperverletzung und sexueller Missbrauch
Dr. Alexander von Paleske —— 4.11. 2019 —–
Der Fall der falschen Anästhesieärztin, die im Krankenhaus zum Heiligen Geist in Fritzlar arbeitete, ohne jemals Medizin studiert zu haben, bestimmt zur Zeit die Schlagzeilen. Sie hatte sich die Einstellung mit einer gefälschten Approbationsurkunde erschlichen.
Es ist nicht der erste Fall dieser Art, ebenso:
- der Fall des Postzustellers Gert Uwe Postel. Als Dr. med. Dr. phil. Clemens Bartholdy erst Amtsarzt in Flensburg und später Oberarzt einer psychiatrischen Klinik im sächsischen Zschadraß.
- Klaus D., Friseur und ehemaliger Pfleger, praktizierte von 1983 an mithilfe gefälschter Dokumente aus Italien.
- Siegfried L. Ex-Junkie und verurteilter Drogendealer, avancierte zum therapeutischen Leiter einer Drogenklinik.
Laut einer Auswertung des Landkriminalamtes in Wiesbaden gab es seit dem Jahr 2014 mindestens zwölf ähnliche Fälle allein in Hessen, davon sieben in Praxen und fünf in Kliniken.
In allen diesen Fällen von Hochstapelei mit gefälschten Dokumenten hätten ein paar Nachfragen – gerade auch im Falle der Anästhesieärztin von Fritzlar – gereicht, um diese zu entlarven:
– An welchen Krankenhäusern hatte sie vorher gearbeitet?
– Bei welcher Ärztekammer bisher registriert? – Nachfrage dort
– Und wenn das nicht reicht: Bei der Ausstellungsbehörde der
Approbationsurkunde, das ist der jeweilige Regierungspräsident / Ministerium nachfragen, ob die Approbation tatsächlich erteilt wurde.
Aufwand erforderlich
Zu viel Aufwand? – Natürlich nicht, denn die Patienten dürfen wohl erwarten – mit absoluter Sicherheit – sich in die Hände von Ärzten zu begeben.
Diese Ueberprüfung hätte nur ein paar Telefonate oder schriftliche Anfragen erfordert. Stattdessen: Arbeitsvertrag offenbar ohne Nachprüfung mit den tödlichen Folgen.
Allerdings ist diese Erschleichung von Arbeitsverträgen nur eines von einer Reihe von Delikten, die ein Krankenhaus zum Tatort für Verbrechen machen können. Verbrechen, die in vielen Fällen entweder ganz verhindert, oder in ihrem Ausmass hätten drastisch begrenzt werden können..
Kaleidoskop der Verbrechen
Folgende kriminelle Handlungen haben sich in Krankenhäusern ereignet:
– Morde, wie im Falle Niels Högel, des Massenmörders von Delmenhorst, dem mehr als 100 Morde an Patienten zur Last gelegt wurden, der schlimmste bisher bekannte Serienmord in Deutschland
– Mord oder Beihilfe zum Mord/Totschlag durch Unterlassen, obgleich eine Rechtspflicht zum Handeln bestand. Hierzu gehört vor allem das Unterlassen von geeigneten Massnahmen, wenn gegen Mitarbeiter schwere Verdachtsmomente vorlagen.
– Tötung durch Unterlassen gebotener lebenserhaltender Massnahmen oder Nichtgabe von angeordneten Medikamenten. Stichwort: der Arzt oder Pfleger “spielt Gott”
– Körperverletzung durch Einsatz von, oder Experimentieren mit, nicht etablierten Behandlungen (Beispiele: Reinigung von Operationswunden mit Zitronensaft, Durchführung medizinisch nicht notwendiger Eingriffe, )
– Sexueller Missbrauch von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen seitens des Pflegepersonal oder Ärzten. So auch im Falle des Kinderarztes in Saarbrücken, der von 2010 bis 2014 in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet und in dieser Zeit offenbar eine Reihe von Kindern sexuell missbraucht hat.
Eine Zusammenfassung von 39 Prävalenzstudien aus 28 Ländern aus den Jahren 1994–2007 ergab für sexuellen Kindesmissbrauch Prävalenzen von 10–20 % bei Mädchen und 5–10 % bei Jungen,.
Wie hoch in Krankenhäusern die Zahl von sexuellem Missbrauch tatsächlich ist, darüber gibt es keine Zahlen. Tatsache ist jedoch, dass das Krankenhaus (wie auch Internate, und Schulen) die Möglichkeit der Nähe zu Opfern schaft, die in anderen Berufen eben nicht gegeben ist.
Mehr Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch in Kliniken soll nach Plänen der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Zukunft Pflicht werden. Hätte jedoch längst sein müssen
Missbrauch von Vertrauen
Das Krankenhaus eröffnet Möglichkeiten für derartiges kriminelles Verhalten durch das Vertrauen, das der Einrichtung Krankenhaus, den Ärzten, und dem Pflegepersonal entgegengebracht wird. Die Patienten begeben sich in die Obhut von Ärzten und Pflegepersonal, und das beinhaltet auch körperliche Untersuchungen, Operationen, Injektionen etc. Vertrauen, das von den Tätern schamlos ausgenutzt wird.
Gerade wegen dieser Ausnutzbarkeit sind strikteste Kontrollmassnahmen absolut notwendig.
Dazu gehören beispielsweise genaue Statistiken über Todesfälle und Todesursachen, Häufung von Todesfällen an bestimmten Tagen/Wochenenden, auch sogenannte “Death Meetings”, wo die Krankengeschichten der verstorbenen Patienten und deren Todesursache im Rahmen einer Abteilungskonferenz in monatlichen Abständen noch einmal diskutiert werden.
Stattdessen findet sich nicht selten blindes Vertrauen seitens der Dienstaufsicht. Motto: Was nicht sein darf, auch nicht sein kann.
Wenn Verdachtsmomente geäussert werden – von wem auch immer, seien es Patienten, Angehörige oder Mitarbeiter – muss denen denen sofort nachgegangen werden. Und diese Verdachtsmomente gab es in fast allen Fällen, die Schlagzeilen machten, auch und gerade im Fall des Delmenhoster Massenmörders Niels Högel.
Auch im Falle des US-Arztes und Massenmörders Michael Swango, dem mindestens 63 Morde in Krankenhäusern zur Last gelegt wurden, und der eine Zeitlang, im gleichen Krankenhaus in Zimbabwe arbeitete, wie ich, gab es simmer wieder Beschwerden und Verdachtshinweise, nicht nur in den USA, denen aber nicht nachgegangen wurde.
Der komplette Artikel hier:
https://politicacomment.wordpress.com/2019/11/04/tatort-krankenhaus-totung-korperverletzung-und-sexueller-missbrauch/
Der Fall der falschen Anästhesieärztin, die im Krankenhaus zum Heiligen Geist in Fritzlar arbeitete, ohne jemals Medizin studiert zu haben, bestimmt zur Zeit die Schlagzeilen. Sie hatte sich die Einstellung mit einer gefälschten Approbationsurkunde erschlichen.
Es ist nicht der erste Fall dieser Art, ebenso:
- der Fall des Postzustellers Gert Uwe Postel. Als Dr. med. Dr. phil. Clemens Bartholdy erst Amtsarzt in Flensburg und später Oberarzt einer psychiatrischen Klinik im sächsischen Zschadraß.
- Klaus D., Friseur und ehemaliger Pfleger, praktizierte von 1983 an mithilfe gefälschter Dokumente aus Italien.
- Siegfried L. Ex-Junkie und verurteilter Drogendealer, avancierte zum therapeutischen Leiter einer Drogenklinik.
Laut einer Auswertung des Landkriminalamtes in Wiesbaden gab es seit dem Jahr 2014 mindestens zwölf ähnliche Fälle allein in Hessen, davon sieben in Praxen und fünf in Kliniken.
In allen diesen Fällen von Hochstapelei mit gefälschten Dokumenten hätten ein paar Nachfragen – gerade auch im Falle der Anästhesieärztin von Fritzlar – gereicht, um diese zu entlarven:
– An welchen Krankenhäusern hatte sie vorher gearbeitet?
– Bei welcher Ärztekammer bisher registriert? – Nachfrage dort
– Und wenn das nicht reicht: Bei der Ausstellungsbehörde der
Approbationsurkunde, das ist der jeweilige Regierungspräsident / Ministerium nachfragen, ob die Approbation tatsächlich erteilt wurde.
Aufwand erforderlich
Zu viel Aufwand? – Natürlich nicht, denn die Patienten dürfen wohl erwarten – mit absoluter Sicherheit – sich in die Hände von Ärzten zu begeben.
Diese Ueberprüfung hätte nur ein paar Telefonate oder schriftliche Anfragen erfordert. Stattdessen: Arbeitsvertrag offenbar ohne Nachprüfung mit den tödlichen Folgen.
Allerdings ist diese Erschleichung von Arbeitsverträgen nur eines von einer Reihe von Delikten, die ein Krankenhaus zum Tatort für Verbrechen machen können. Verbrechen, die in vielen Fällen entweder ganz verhindert, oder in ihrem Ausmass hätten drastisch begrenzt werden können..
Kaleidoskop der Verbrechen
Folgende kriminelle Handlungen haben sich in Krankenhäusern ereignet:
– Morde, wie im Falle Niels Högel, des Massenmörders von Delmenhorst, dem mehr als 100 Morde an Patienten zur Last gelegt wurden, der schlimmste bisher bekannte Serienmord in Deutschland
– Mord oder Beihilfe zum Mord/Totschlag durch Unterlassen, obgleich eine Rechtspflicht zum Handeln bestand. Hierzu gehört vor allem das Unterlassen von geeigneten Massnahmen, wenn gegen Mitarbeiter schwere Verdachtsmomente vorlagen.
– Tötung durch Unterlassen gebotener lebenserhaltender Massnahmen oder Nichtgabe von angeordneten Medikamenten. Stichwort: der Arzt oder Pfleger “spielt Gott”
– Körperverletzung durch Einsatz von, oder Experimentieren mit, nicht etablierten Behandlungen (Beispiele: Reinigung von Operationswunden mit Zitronensaft, Durchführung medizinisch nicht notwendiger Eingriffe, )
– Sexueller Missbrauch von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen seitens des Pflegepersonal oder Ärzten. So auch im Falle des Kinderarztes in Saarbrücken, der von 2010 bis 2014 in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet und in dieser Zeit offenbar eine Reihe von Kindern sexuell missbraucht hat.
Eine Zusammenfassung von 39 Prävalenzstudien aus 28 Ländern aus den Jahren 1994–2007 ergab für sexuellen Kindesmissbrauch Prävalenzen von 10–20 % bei Mädchen und 5–10 % bei Jungen,.
Wie hoch in Krankenhäusern die Zahl von sexuellem Missbrauch tatsächlich ist, darüber gibt es keine Zahlen. Tatsache ist jedoch, dass das Krankenhaus (wie auch Internate, und Schulen) die Möglichkeit der Nähe zu Opfern schaft, die in anderen Berufen eben nicht gegeben ist.
Mehr Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch in Kliniken soll nach Plänen der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Zukunft Pflicht werden. Hätte jedoch längst sein müssen
Missbrauch von Vertrauen
Das Krankenhaus eröffnet Möglichkeiten für derartiges kriminelles Verhalten durch das Vertrauen, das der Einrichtung Krankenhaus, den Ärzten, und dem Pflegepersonal entgegengebracht wird. Die Patienten begeben sich in die Obhut von Ärzten und Pflegepersonal, und das beinhaltet auch körperliche Untersuchungen, Operationen, Injektionen etc. Vertrauen, das von den Tätern schamlos ausgenutzt wird.
Gerade wegen dieser Ausnutzbarkeit sind strikteste Kontrollmassnahmen absolut notwendig.
Dazu gehören beispielsweise genaue Statistiken über Todesfälle und Todesursachen, Häufung von Todesfällen an bestimmten Tagen/Wochenenden, auch sogenannte “Death Meetings”, wo die Krankengeschichten der verstorbenen Patienten und deren Todesursache im Rahmen einer Abteilungskonferenz in monatlichen Abständen noch einmal diskutiert werden.
Stattdessen findet sich nicht selten blindes Vertrauen seitens der Dienstaufsicht. Motto: Was nicht sein darf, auch nicht sein kann.
Wenn Verdachtsmomente geäussert werden – von wem auch immer, seien es Patienten, Angehörige oder Mitarbeiter – muss denen denen sofort nachgegangen werden. Und diese Verdachtsmomente gab es in fast allen Fällen, die Schlagzeilen machten, auch und gerade im Fall des Delmenhoster Massenmörders Niels Högel.
Auch im Falle des US-Arztes und Massenmörders Michael Swango, dem mindestens 63 Morde in Krankenhäusern zur Last gelegt wurden, und der eine Zeitlang, im gleichen Krankenhaus in Zimbabwe arbeitete, wie ich, gab es simmer wieder Beschwerden und Verdachtshinweise, nicht nur in den USA, denen aber nicht nachgegangen wurde.
Der komplette Artikel hier:
https://politicacomment.wordpress.com/2019/11/04/tatort-krankenhaus-totung-korperverletzung-und-sexueller-missbrauch/
sfux - 4. Nov, 22:39 Article 838x read