Offenbar Abmachungen mit dem Terror
Karl Weiss, Rio de Janeiro - So plötzlich, wie sie begonnen hatten, so plötzlich wurden die Angriffe der Mafia-Terrorbande PCC in São Paulo, Brasilien nach fünf Tagen eingestellt. Nach etwa 250 bewaffneten Angriffen, einige auch außerhalb des Staates, und nach Aufständen in praktisch allen Gefängnissen des Bundesstaats São Paulo, nach insgesamt über 125 Toten, davon ein großer Teil Polizisten und andere Sicherheitskräfte, wurde offenbar eine Abmachung mit den Verbrechern geschlossen.
Die Terrorbande hätte die Angriffe nach allen seriösen Einschätzungen noch lange weiterführen und das Leben der 20-Millionenstadt São Paulo zum Erliegen bringen können, so wie am Montag (tagsüber konnten die Menschen ihre Arbeitsstelle nicht erreichen, weil fast keine Omnibusse fuhren, nachts hatten die Banditen eine inoffizielle Ausgangssperre verhängt, die fast vollständig eingehalten wurde). Doch das offizielle São Paulo dementiert energisch, daß man verhandelt habe und mit Terrororganisationen Verträge schließt. Der neue Gouverneur (entsprechend dem Ministerpräsident des Bundeslandes) wie auch der alte negieren, daß es eine Vereinbarung gegeben habe, deren Bruch zu den Terrorüberfällen geführt habe, wie auch, daß es jetzt eine neue Vereinbarung gebe.
Gespräche mit hohen Offizieren
Sie konnten aber nicht erklären, warum die Angriffe plötzlich abgebrochen wurden. Die Umstánde waren völlig eindeutig. Eine der Anwälte des mutmaßlichen Anführer der gefangenen Mitglieder der Mafia wurde bereits am Montag mit dem Polizeihubschrauber (!) ins 620 km von der Hauptstadt gelegene Presidente Wenceslau geflogen und konnte mit ihm sprechen, obwohl das Gefängnis-Statut des Hochsicherheitsgefängnisses ihm dies Recht erst nach 7 Tagen im neuen Gefängnis zugesteht. Bei diesem Gespräch war ein hoher Polizeioffizier zugegen. Wenige Stunden nach dem Gespräch waren alle Angriffe eingestellt und alle Revolten in den Gefängnissen waren friedlich zu Ende gegangen, etwas, was normalerweise Wochen von Verhandlungen dauert.
Die gesamte Presse und das Fernsehen in Brasilien gehen davon aus, daß eine Vereinbarung erzielt wurde, deren Inhalte aber nicht bekannt sind. Wichtige Zeitungen, wie die größte Tageszeitung Brasiliens, die „Folha de São Paulo" sprechen offen über die Vereinbarungen. Selbst die „New York Times" hob am Dienstag die vermuteten Vereinbarungen hervor. Inzwischen ist es auch schon kein Geheimnis mehr, daß offenbar vorher bereits durch den alten Gouverneur eine Vereinbarung, genannt Waffenstillstand, geschlossen worden war. Offenbar wurden der Terrororganisation in diesem Vertrag zugestanden, daß seine Mitglieder in der Nähe ihrer Wohnorte im Gefängnis sind und daß sie dort Handys zur Verfügung haben, um ihre „Geschäfte" vom Gefängnis aus führen zu können.
Zugeständnisse vom Staat?
Vor einem Monat war der Governeur von São Paulo zurückgetreten, weil er als Kandidat seiner Partei, der PSDB, für die Präsidentenwahlen im Spätjahr aufgestellt wurde. Der Gouverneur Alckmin ist der wesentliche Kandidat gegen Lula bei den Wahlen. Seitdem ist sein Stellvertreter Gouverneur. Offenbar wollter der Muskeln zeigen und begann die Gefangenen der PCC zu verlegen, was diese wohl als Bruch der Vereinbarungen auslegen mußten. Nun zeigte die Terrorbande ihrerseits Muskeln und hätte dies wohl Wochen und Monate fortsetzen können. Nach Schätzungen der Medien hat das PCC etwa 5000 Mann zur Verfügung, nicht gezählt die Tausende von Helfern. Nach eigenen Angaben sind es 20.000. Offenbar blieb dem Staat nichts anderes übrig, als Zugeständnisse zu machen. Nur so kann man den Schein aufrechterhalten, die Regierung sei an der Regierung und nicht das PCC.
Der Gesichtsverlust der Regierung, wenn man wochenlang nichts gegen die Terrorherrschaft einer Kriminellenbande unternehmen kann, wurde offenbar als so groß angeshen, daß die Vereinbarung das kleinere Übel zu sein schien. Ähnlich dürfte schon die vorherige Vereinbarung motiviert gewesen sein. Nach außen hin dementiert man einfach.
Damit aber ist deutlich geworden, daß es in Brasilien bereits eine Doppelherrschaft gibt, in der die Macht zwischen der Regierung einerseits und den Drogen-Terrorbanden andererseits geteilt ist, wobei beide Seiten mit Vereinbarungen das zerbrechliche Gleichgewicht zu halten versuchen.
Wie bereits gemeldet, war bereits eine Auseinandersetzung zwischen Staatsmacht und einer Terrorbande nach einem Waffenraub aus einer Militärkaserne in Rio de Janeiro vor kurzem mit einer Vereinbarung abgeschlossen worden, wie Presseorgane berichteten. Auch damals war die Vereinbarung dementiert worden. Man konnte aber die Umstände nicht zufriedenstellend erklären.
Auf einer Woge mitschwimmen
Inzwischen gab es erneut nächtliche Attacken in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Neben einer Anzahl verbrannter Omnibusse gab es u.a. einen Angriff auf eine Schule, einen auf ein Gebäude der Wasserversorgung und einen auf das Rathaus von Osasco, einer der Städte im Bereich Groß-São Paulo. Insgesamt wurden in dieser Nacht 17 Tote gezählt. Beim genaueren Hinsehen stellt sich aber heraus, daß keiner der Angriffe mehr als Sachschaden verursachte, während alle 17 Toten angeblich Angreifer waren, die von der Polizei erschossen wurden. Ein Polizeisprecher nannte die Angriffe dieser Nacht ‚Surf’ von Amateuren, also Leuten , die auf einer Woge mitschwimmen. Dazu kam dann offensichtlich die ‚Nacht der langen Messer’, das Ritual von Polizisten immer , wenn Polizisten ermordet wurden: Statt die Verbrecher zu fangen, werden wahllos Leute in den Armenvierteln umgebracht und dann als „Angreifer" bezeichnet.
Inzwischen gibt es auch bereits andere Kriminelle, die im Gefolge des PCC ihre tödlichen Abrechnungen durchführen. So hatte nach Polizei-Angaben ein Massaker mit 10 Toten in dieser Nacht in Guarulhos im Großraum São Paulo keinen Zusammenhang mit dem PCC.
Eine Anzahl von Presseorganen und Fernsehstationen in Brasilien unterdrückt völlig alle Meldungen über die Vereinbarungen mit den Verbrechern, so als ob dies nicht offensichtlich wäre. Offenbar ist man sich bewußt, daß es weitreichende Konsequenzen hat, wenn ins öffentliche Bewußtsein eindringt, daß die brasilianische Oligarchie mit Terrorbanden gemeinsame Sache macht.
Letzte Meldung: Der Anführer der gefangenen PCC-Mitglieder, ein gewisser Cartola, soll bereits aus dem Hochsicherheitsgefängnis zurückverlegt werden. Ein weiterer Beweis für das geleugnete Abkommen. Vorerst hat ein Richter allerdings die Verlegung gestoppt, der offenbar noch nicht begriffen hat, wem er zu dienen hat. Daß einem da auch noch die Justiz in die Quere kommen muß
Die Terrorbande hätte die Angriffe nach allen seriösen Einschätzungen noch lange weiterführen und das Leben der 20-Millionenstadt São Paulo zum Erliegen bringen können, so wie am Montag (tagsüber konnten die Menschen ihre Arbeitsstelle nicht erreichen, weil fast keine Omnibusse fuhren, nachts hatten die Banditen eine inoffizielle Ausgangssperre verhängt, die fast vollständig eingehalten wurde). Doch das offizielle São Paulo dementiert energisch, daß man verhandelt habe und mit Terrororganisationen Verträge schließt. Der neue Gouverneur (entsprechend dem Ministerpräsident des Bundeslandes) wie auch der alte negieren, daß es eine Vereinbarung gegeben habe, deren Bruch zu den Terrorüberfällen geführt habe, wie auch, daß es jetzt eine neue Vereinbarung gebe.
Gespräche mit hohen Offizieren
Sie konnten aber nicht erklären, warum die Angriffe plötzlich abgebrochen wurden. Die Umstánde waren völlig eindeutig. Eine der Anwälte des mutmaßlichen Anführer der gefangenen Mitglieder der Mafia wurde bereits am Montag mit dem Polizeihubschrauber (!) ins 620 km von der Hauptstadt gelegene Presidente Wenceslau geflogen und konnte mit ihm sprechen, obwohl das Gefängnis-Statut des Hochsicherheitsgefängnisses ihm dies Recht erst nach 7 Tagen im neuen Gefängnis zugesteht. Bei diesem Gespräch war ein hoher Polizeioffizier zugegen. Wenige Stunden nach dem Gespräch waren alle Angriffe eingestellt und alle Revolten in den Gefängnissen waren friedlich zu Ende gegangen, etwas, was normalerweise Wochen von Verhandlungen dauert.
Die gesamte Presse und das Fernsehen in Brasilien gehen davon aus, daß eine Vereinbarung erzielt wurde, deren Inhalte aber nicht bekannt sind. Wichtige Zeitungen, wie die größte Tageszeitung Brasiliens, die „Folha de São Paulo" sprechen offen über die Vereinbarungen. Selbst die „New York Times" hob am Dienstag die vermuteten Vereinbarungen hervor. Inzwischen ist es auch schon kein Geheimnis mehr, daß offenbar vorher bereits durch den alten Gouverneur eine Vereinbarung, genannt Waffenstillstand, geschlossen worden war. Offenbar wurden der Terrororganisation in diesem Vertrag zugestanden, daß seine Mitglieder in der Nähe ihrer Wohnorte im Gefängnis sind und daß sie dort Handys zur Verfügung haben, um ihre „Geschäfte" vom Gefängnis aus führen zu können.
Zugeständnisse vom Staat?
Vor einem Monat war der Governeur von São Paulo zurückgetreten, weil er als Kandidat seiner Partei, der PSDB, für die Präsidentenwahlen im Spätjahr aufgestellt wurde. Der Gouverneur Alckmin ist der wesentliche Kandidat gegen Lula bei den Wahlen. Seitdem ist sein Stellvertreter Gouverneur. Offenbar wollter der Muskeln zeigen und begann die Gefangenen der PCC zu verlegen, was diese wohl als Bruch der Vereinbarungen auslegen mußten. Nun zeigte die Terrorbande ihrerseits Muskeln und hätte dies wohl Wochen und Monate fortsetzen können. Nach Schätzungen der Medien hat das PCC etwa 5000 Mann zur Verfügung, nicht gezählt die Tausende von Helfern. Nach eigenen Angaben sind es 20.000. Offenbar blieb dem Staat nichts anderes übrig, als Zugeständnisse zu machen. Nur so kann man den Schein aufrechterhalten, die Regierung sei an der Regierung und nicht das PCC.
Der Gesichtsverlust der Regierung, wenn man wochenlang nichts gegen die Terrorherrschaft einer Kriminellenbande unternehmen kann, wurde offenbar als so groß angeshen, daß die Vereinbarung das kleinere Übel zu sein schien. Ähnlich dürfte schon die vorherige Vereinbarung motiviert gewesen sein. Nach außen hin dementiert man einfach.
Damit aber ist deutlich geworden, daß es in Brasilien bereits eine Doppelherrschaft gibt, in der die Macht zwischen der Regierung einerseits und den Drogen-Terrorbanden andererseits geteilt ist, wobei beide Seiten mit Vereinbarungen das zerbrechliche Gleichgewicht zu halten versuchen.
Wie bereits gemeldet, war bereits eine Auseinandersetzung zwischen Staatsmacht und einer Terrorbande nach einem Waffenraub aus einer Militärkaserne in Rio de Janeiro vor kurzem mit einer Vereinbarung abgeschlossen worden, wie Presseorgane berichteten. Auch damals war die Vereinbarung dementiert worden. Man konnte aber die Umstände nicht zufriedenstellend erklären.
Auf einer Woge mitschwimmen
Inzwischen gab es erneut nächtliche Attacken in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Neben einer Anzahl verbrannter Omnibusse gab es u.a. einen Angriff auf eine Schule, einen auf ein Gebäude der Wasserversorgung und einen auf das Rathaus von Osasco, einer der Städte im Bereich Groß-São Paulo. Insgesamt wurden in dieser Nacht 17 Tote gezählt. Beim genaueren Hinsehen stellt sich aber heraus, daß keiner der Angriffe mehr als Sachschaden verursachte, während alle 17 Toten angeblich Angreifer waren, die von der Polizei erschossen wurden. Ein Polizeisprecher nannte die Angriffe dieser Nacht ‚Surf’ von Amateuren, also Leuten , die auf einer Woge mitschwimmen. Dazu kam dann offensichtlich die ‚Nacht der langen Messer’, das Ritual von Polizisten immer , wenn Polizisten ermordet wurden: Statt die Verbrecher zu fangen, werden wahllos Leute in den Armenvierteln umgebracht und dann als „Angreifer" bezeichnet.
Inzwischen gibt es auch bereits andere Kriminelle, die im Gefolge des PCC ihre tödlichen Abrechnungen durchführen. So hatte nach Polizei-Angaben ein Massaker mit 10 Toten in dieser Nacht in Guarulhos im Großraum São Paulo keinen Zusammenhang mit dem PCC.
Eine Anzahl von Presseorganen und Fernsehstationen in Brasilien unterdrückt völlig alle Meldungen über die Vereinbarungen mit den Verbrechern, so als ob dies nicht offensichtlich wäre. Offenbar ist man sich bewußt, daß es weitreichende Konsequenzen hat, wenn ins öffentliche Bewußtsein eindringt, daß die brasilianische Oligarchie mit Terrorbanden gemeinsame Sache macht.
Letzte Meldung: Der Anführer der gefangenen PCC-Mitglieder, ein gewisser Cartola, soll bereits aus dem Hochsicherheitsgefängnis zurückverlegt werden. Ein weiterer Beweis für das geleugnete Abkommen. Vorerst hat ein Richter allerdings die Verlegung gestoppt, der offenbar noch nicht begriffen hat, wem er zu dienen hat. Daß einem da auch noch die Justiz in die Quere kommen muß
sfux - 19. Mai, 08:23 Article 2173x read