Eiger-Fürzchen und Heli-Knattern
Harald Haack – War es jemals ruhig in Grindelwald? Der bröckelnde Eiger ist wieder einmal zur Touristenattraktion geworden und nun knattern auch noch Helikopter über Grindelwald. Touristen fühlen sich wie in einem Katastrophenfilm. Fernsehteams reisen an und bauen ihre Übertragungswagen mit Sat-Antenne auf. Nachdem „Bürgermeister“ Studer den Medien gegenüber das Naturschauspiel am Eiger als „Fürzchen“ umschrieb, scheint es nur noch ein Thema im Dorf zu geben: Der Berg „furzt“.
Klare Luft an der Eiger Nordwand trotz „Fürzchen“. Foto: Harald Haack
Studer, der in neuesten Meldungen als „Grindelwaldner Gemeindepräsident“ genannt wird, sagte gegenüber der „BaslerZeitung“, die Gäste seien durch den Rummel um die Felsstürze verunsichert. Die Grindelwalder und „vor allem die seit Tagen eingespannten Sicherheitsleute haben langsam genug davon“.
Doch wer Geld verdienen will und vom Tourismus lebt, wie die Grindelwalder, muss sich damit abfinden, dass es in diesen Tagen hektisch zugeht. Gegen eine Vermarktung der Eiger-„Fürzchen“ scheint Herr Studer offenbar nichts zu haben. Oder hat er sich das anders vorgestellt?
Da fehlt nur noch die Achterbahn!
Inzwischen gibt es für 20 Franken das „Bergsturzbillett“. Drin enthalten sind, wie der Pfingstegg-Geschäftsführer Christian Zenger der „Tagesschau“ des Schweizer Fernsehens bestätigte, eine Retourfahrt mit der Pfingstegg-Gondel, eine Fahrt auf der Sommerrodelbahn sowie ein „Bergsturzwasser“ im Berghaus Bäregg enthalten.
Wer aber mit dem eigenen Auto nach Grindelwald fährt, wird wohl oder übel mangels Parkplatz wieder umkehren müssen. Sämtliche Parkplätze sollen am frühen Samstag schon rappeldicht voll gewesen sein, wie mir ein Souvenirladen-Inhaber in Grindelwald, der namentlich nicht im Internet genannt werden möchte, telefonisch mitteilte. Die Kantonspolizei habe gewiss einiges zu tun, um es nicht zu einem totalen Verkehrschaos kommen zu lassen. Und während er dies sagt, knattert über seinen Laden ein Helikopter hinweg. „Das geht hier die ganze Zeit ab“, schreit er ins Telefon. „Ich glaub’, die machen das, um den Eiger durchzuklopfen. Warum? – Ja, damit der lose Fels abgeht. Was denken Sie denn?“
Die Kantonspolizei erklärte, Sicherheitsexperten inspizierten vom Helikopter aus die gefährdeten Stellen am Eiger. Das sei notwendig. Die Flüge von Presseagenturen und Fernsehen müssten dagegen nicht sein.
Der Obere Grindelwaldgletscher. Rechts im Bild als Silhouette: Die Ostflanke des Eiger. Foto: Harald Haack
Perspektivischer Blick in Google Earth auf Grindelwald (oben links) und den Grindelwaldgletscher (unten).
Jeder in Grindelwald hat in diesen Tagen etwas zu sagen. Einige sagen, sie wollen nichts mehr sagen. Andere nutzen die Gelegenheit, um wieder einmal etwas zu sagen. So auch das WWF. Es warnt davor, die Attraktion in den Alpen könne bald zu einer ständigen Gefahr werden. Herr Studer hält dies allerdings für Panikmache. Aber der WWF beharrt: „Felsstürze werden sich häufen, wenn wir es nicht schaffen, die globale Klimaerwärmung einzudämmen“, heißt es im Communique. Löse sich der Permafrost auf, verlören die Felsmassen an Stabilität. Das weiß aber auch Herr Studer: „Wir werden weiterhin in die Sicherheit investieren müssen - im Wissen, dass es in den Bergen keine hundertprozentige Sicherheit gibt“, sagte er. Besonders Menschen in Grindelwald muss man das nicht mehr sagen.
Jener, der Souvenirs an Touristen verkauft, erinnert sich an den Felssturz Ende Mai 2006 auf der Gotthardautobahn bei Gurtnellen. „Hier am Eiger wird’s weiter rappeln. Aber es wird auch anderswo was geben. Das bleiben keine Einzelaktionen. Und das kommt auch nicht nur vom Klima allein. Wegen Afrika sind unsre Schweizer Berge auf Spannung. Afrikaner wollen nach Europa herein und der Kontinent will’s eh schon viel länger. Wäre es anders, gäb’s unsre schönen Berge nicht.“
Was nur ist an den Bergen der Alpen, die keineswegs „fertig“ sind, wie beispielsweise die abgerundeten Berge in Norwegen, bloß so schön für uns Menschen? Sind es die bizarren Zinnen? Ist es das poröse Felsgestein? Oder machen wir uns wegen der Schönheit dieser Zerfallserscheinungen, was die Berge der Alpen nun einmal sind, nur etwas vor, weil selbst das Grauen im romantischen Abendlicht oder bei Sonnenaufgang in einer gewissen Weise noch schön aussieht? Oder ist es das Grauen der Natur selbst, das uns fasziniert und zu dem wir uns hingezogen fühlen?
Bergstürze, wie jener bei Gurtnellen oder wie jetzt am Eiger werden keine Seltenheit bleiben. Dass die Berge in den Alpen nicht statisch sind, sondern „leben“, wussten schon die alten Helvetier.
Madonna vom Berg gefallen
Wenn der Berg kracht – Dramatischer Rummel am Eiger
Klare Luft an der Eiger Nordwand trotz „Fürzchen“. Foto: Harald Haack
Studer, der in neuesten Meldungen als „Grindelwaldner Gemeindepräsident“ genannt wird, sagte gegenüber der „BaslerZeitung“, die Gäste seien durch den Rummel um die Felsstürze verunsichert. Die Grindelwalder und „vor allem die seit Tagen eingespannten Sicherheitsleute haben langsam genug davon“.
Doch wer Geld verdienen will und vom Tourismus lebt, wie die Grindelwalder, muss sich damit abfinden, dass es in diesen Tagen hektisch zugeht. Gegen eine Vermarktung der Eiger-„Fürzchen“ scheint Herr Studer offenbar nichts zu haben. Oder hat er sich das anders vorgestellt?
Da fehlt nur noch die Achterbahn!
Inzwischen gibt es für 20 Franken das „Bergsturzbillett“. Drin enthalten sind, wie der Pfingstegg-Geschäftsführer Christian Zenger der „Tagesschau“ des Schweizer Fernsehens bestätigte, eine Retourfahrt mit der Pfingstegg-Gondel, eine Fahrt auf der Sommerrodelbahn sowie ein „Bergsturzwasser“ im Berghaus Bäregg enthalten.
Wer aber mit dem eigenen Auto nach Grindelwald fährt, wird wohl oder übel mangels Parkplatz wieder umkehren müssen. Sämtliche Parkplätze sollen am frühen Samstag schon rappeldicht voll gewesen sein, wie mir ein Souvenirladen-Inhaber in Grindelwald, der namentlich nicht im Internet genannt werden möchte, telefonisch mitteilte. Die Kantonspolizei habe gewiss einiges zu tun, um es nicht zu einem totalen Verkehrschaos kommen zu lassen. Und während er dies sagt, knattert über seinen Laden ein Helikopter hinweg. „Das geht hier die ganze Zeit ab“, schreit er ins Telefon. „Ich glaub’, die machen das, um den Eiger durchzuklopfen. Warum? – Ja, damit der lose Fels abgeht. Was denken Sie denn?“
Die Kantonspolizei erklärte, Sicherheitsexperten inspizierten vom Helikopter aus die gefährdeten Stellen am Eiger. Das sei notwendig. Die Flüge von Presseagenturen und Fernsehen müssten dagegen nicht sein.
Der Obere Grindelwaldgletscher. Rechts im Bild als Silhouette: Die Ostflanke des Eiger. Foto: Harald Haack
Perspektivischer Blick in Google Earth auf Grindelwald (oben links) und den Grindelwaldgletscher (unten).
Jeder in Grindelwald hat in diesen Tagen etwas zu sagen. Einige sagen, sie wollen nichts mehr sagen. Andere nutzen die Gelegenheit, um wieder einmal etwas zu sagen. So auch das WWF. Es warnt davor, die Attraktion in den Alpen könne bald zu einer ständigen Gefahr werden. Herr Studer hält dies allerdings für Panikmache. Aber der WWF beharrt: „Felsstürze werden sich häufen, wenn wir es nicht schaffen, die globale Klimaerwärmung einzudämmen“, heißt es im Communique. Löse sich der Permafrost auf, verlören die Felsmassen an Stabilität. Das weiß aber auch Herr Studer: „Wir werden weiterhin in die Sicherheit investieren müssen - im Wissen, dass es in den Bergen keine hundertprozentige Sicherheit gibt“, sagte er. Besonders Menschen in Grindelwald muss man das nicht mehr sagen.
Jener, der Souvenirs an Touristen verkauft, erinnert sich an den Felssturz Ende Mai 2006 auf der Gotthardautobahn bei Gurtnellen. „Hier am Eiger wird’s weiter rappeln. Aber es wird auch anderswo was geben. Das bleiben keine Einzelaktionen. Und das kommt auch nicht nur vom Klima allein. Wegen Afrika sind unsre Schweizer Berge auf Spannung. Afrikaner wollen nach Europa herein und der Kontinent will’s eh schon viel länger. Wäre es anders, gäb’s unsre schönen Berge nicht.“
Was nur ist an den Bergen der Alpen, die keineswegs „fertig“ sind, wie beispielsweise die abgerundeten Berge in Norwegen, bloß so schön für uns Menschen? Sind es die bizarren Zinnen? Ist es das poröse Felsgestein? Oder machen wir uns wegen der Schönheit dieser Zerfallserscheinungen, was die Berge der Alpen nun einmal sind, nur etwas vor, weil selbst das Grauen im romantischen Abendlicht oder bei Sonnenaufgang in einer gewissen Weise noch schön aussieht? Oder ist es das Grauen der Natur selbst, das uns fasziniert und zu dem wir uns hingezogen fühlen?
Bergstürze, wie jener bei Gurtnellen oder wie jetzt am Eiger werden keine Seltenheit bleiben. Dass die Berge in den Alpen nicht statisch sind, sondern „leben“, wussten schon die alten Helvetier.
Madonna vom Berg gefallen
Wenn der Berg kracht – Dramatischer Rummel am Eiger
sfux - 17. Jul, 11:33 Article 3663x read