Präsidentenwahlen in Brasilien
Karl Weiss - Es sind noch zwei Monate bis zu den Präsidentenwahlen in Brasilien. Alle Vorausschauen bis jetzt laufen auf einen klaren Sieg von Präsident Lula hinaus, sei es im ersten oder im zweiten Wahlgang. Aber die linke Kandidatin Heloísa Helena hat weiter Terrain gutgemacht.
Nach der letzten Umfrage von Anfang August des Instituts Datafolha steht Lula nun mit 47% (genüber 44% vor einem Monat) unangefochten an der Spitze, während der Kandidat der noch konservativeren Opposition, Alckmin, auf 24% (von 27%) abrutschte. Die linke Kandidatin Heloísa Helena kam auf 12 (nach 10) %.
Viel interessanter noch als diese Umfrage im Stile der deutschen Befragungsinstitute ist aber die vom Institut JB/Sensus im Staat Rio de Janeiro, in der Lula bei 34,5% der befragten Wähler in Front liegt. Auf dem zweiten Platz liegt kein Kandidat, sondern liegen mit 27,2% jene Wähler, die sich noch nicht entschieden haben, wen sie wählen werden, die keinen Kandidaten wählen werden oder die Stimmabgabe absichtlich ungültig machen werden.
Diese Art der Präsentation von Umfrageergebnissen ist weit realitätsgerechter als wir sie von den monatlichen „Politbarometern“ gewohnt sind. Wenn man nämlich, wie in diesem Fall, bekannt gibt, wieviel noch unentschieden sind bzw. wie viele keinen der Kandidaten wählen werden, kommen weit realistischere Zahlen heraus als die nach oben gerechneten der deutschen Institute.
Die deutschen Institute bekommen bei ihren Umfragen nämlich größenordnungmäßig um die 45% negative Antworten (Unentschieden, Nichtwähler, keine der Parteien, ungültig wählen, leeren Wahlzettel abgeben usw.), je nachdem, welche sie zulassen. Diese behandeln sie einfach so, als ob das keine Wähler wären. Sie nennen Prozentzahlen nur bezogen auf jene, die ihre Präferenz für eine der Parteien oder eine der Personen angegeben haben und kommen so auf Zahlen, die nicht die Wirklichkeit widerspiegeln.
Speziell in einer Situation, in der irgendeine halbwegs ernst zu nehmende parlamentarische Opposition zum neoliberalen Mainstream nicht zu erkennen ist bzw. aufgrund praktischer Erfahrungen ebenfalls von vielen Wählern abgelehnt wird, ist dies eben nicht mehr akzeptabel.
Im Moment z.B. geben die deutschen Institute an, die SPD läge bei 29% und die CDU/CSU bei 31%. Die Wirklichkeit ist aber, daß die Zustimmung zu diesen Parteien der Regierung bei etwa 60% Wahlbeteiligung bei 17 bzw. 19 % der Wähler liegen, sie also gerade mal zusammen auf etwa 36 % kommen.
Insoweit ist also die angegebene Form der brasilianischen Umfrage wirklichkeitsnäher. Und es ist kein Zufall, daß Zahlen für Lula nach dieser Zählung fast identisch sind wie die der deutschen Regierungsparteien, nämlich etwa 35 %. Das sind zum einen die eingefleischten Anhänger, die nichts dazu bringen könnte, ihre Meinung zu ändern. Zum anderen jene, die immer noch dem Märchen vom „kleineren Übel“ anhängen und schließlich jene, die wirklich auf die Propaganda hereingefallen sind und glauben, was man ihnen erzählt.
Daß etwa 65% der Erwachsenen, also der Wähler, nicht zu diesen drei Gruppen gehören, ist also in Brasilien und Deutschland übereinstimmend.
Besonders interessant ist die weitere Reihenfolge der Kandidaten in der Rio de Janeiro-Umfrage. An zweiter Stelle steht nämlich Heloísa Helena mit 17,6% der Wahlabsichten. Erst an dritter Stelle taucht der Kandidat der „vereinigten Rechten“ auf, Alckmin, mit 15,8%. Alle anderen Kandidaten liegen bei 2% und darunter.
Damit ist Rio de Janeiro neben ihrem Heimatstaat Alagoas der einzige, in dem Heloísa Helena nicht hinter dem Kandidaten der Rechten liegt. In der Südzone der Stadt Rio de Janeiro und im Stadtteil Tijuca (in dem der Berichterstatter wohnt) liegt sie sogar an der Spitze, noch vor Lula. Das sind die Stadtteile, in denen überproportional viele wohnen, die politisch interessiert sind und die politischen Ereignisse aufmerksam verfolgen (und nicht nur die Verdummung der täglichen Fernsehnachrichten).
Nächste Woche wird nun die Wahlpropaganda am Fernsehen beginnen. Dreimal am Tag, jeweils zur besten Sendezeit, 45 Minuten Propaganda der Parteien. Wieviele Minuten der jeweiligen Partei zustehen, wird dabei von den Stimmergebnissen der letzten Wahlen abhängig gemacht. Da Alckmin alle Reaktionäre hinter sich versammeln konnte, hat er mehr als die Hälfte der Sendezeit.
Wenn es diesmal wieder so läuft wie bei früheren Wahlen, wird Alckmin damit deutlich zulegen in der Wählergunst. Die Propaganda bleibt keineswegs folgenlos. Es dürfte auf einen zweiten Wahlgang zwischen Lula und Alckmin hinauslaufen, den Lula dann knapp gewinnen müßte.
Aber es ist auch möglich, daß es diesmal nicht mehr so läuft wie bei früheren Wahlen. Die internationalen Ereignisse werden auch hier beobachtet. Wenn Lula klug ist und vor allem Staatsmännisches und Außenpolitisches betont, Alckmin als Freund von Bush darstellt, könnte Lula auch im ersten Wahlgang gewinnen. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, daß Heloísa Helena auf an die 10% der Stimmen kommt, obwohl sie nur eine lächerlich kurze Zeit in der Fernsehpropaganda hat.
Nach der letzten Umfrage von Anfang August des Instituts Datafolha steht Lula nun mit 47% (genüber 44% vor einem Monat) unangefochten an der Spitze, während der Kandidat der noch konservativeren Opposition, Alckmin, auf 24% (von 27%) abrutschte. Die linke Kandidatin Heloísa Helena kam auf 12 (nach 10) %.
Viel interessanter noch als diese Umfrage im Stile der deutschen Befragungsinstitute ist aber die vom Institut JB/Sensus im Staat Rio de Janeiro, in der Lula bei 34,5% der befragten Wähler in Front liegt. Auf dem zweiten Platz liegt kein Kandidat, sondern liegen mit 27,2% jene Wähler, die sich noch nicht entschieden haben, wen sie wählen werden, die keinen Kandidaten wählen werden oder die Stimmabgabe absichtlich ungültig machen werden.
Diese Art der Präsentation von Umfrageergebnissen ist weit realitätsgerechter als wir sie von den monatlichen „Politbarometern“ gewohnt sind. Wenn man nämlich, wie in diesem Fall, bekannt gibt, wieviel noch unentschieden sind bzw. wie viele keinen der Kandidaten wählen werden, kommen weit realistischere Zahlen heraus als die nach oben gerechneten der deutschen Institute.
Die deutschen Institute bekommen bei ihren Umfragen nämlich größenordnungmäßig um die 45% negative Antworten (Unentschieden, Nichtwähler, keine der Parteien, ungültig wählen, leeren Wahlzettel abgeben usw.), je nachdem, welche sie zulassen. Diese behandeln sie einfach so, als ob das keine Wähler wären. Sie nennen Prozentzahlen nur bezogen auf jene, die ihre Präferenz für eine der Parteien oder eine der Personen angegeben haben und kommen so auf Zahlen, die nicht die Wirklichkeit widerspiegeln.
Speziell in einer Situation, in der irgendeine halbwegs ernst zu nehmende parlamentarische Opposition zum neoliberalen Mainstream nicht zu erkennen ist bzw. aufgrund praktischer Erfahrungen ebenfalls von vielen Wählern abgelehnt wird, ist dies eben nicht mehr akzeptabel.
Im Moment z.B. geben die deutschen Institute an, die SPD läge bei 29% und die CDU/CSU bei 31%. Die Wirklichkeit ist aber, daß die Zustimmung zu diesen Parteien der Regierung bei etwa 60% Wahlbeteiligung bei 17 bzw. 19 % der Wähler liegen, sie also gerade mal zusammen auf etwa 36 % kommen.
Insoweit ist also die angegebene Form der brasilianischen Umfrage wirklichkeitsnäher. Und es ist kein Zufall, daß Zahlen für Lula nach dieser Zählung fast identisch sind wie die der deutschen Regierungsparteien, nämlich etwa 35 %. Das sind zum einen die eingefleischten Anhänger, die nichts dazu bringen könnte, ihre Meinung zu ändern. Zum anderen jene, die immer noch dem Märchen vom „kleineren Übel“ anhängen und schließlich jene, die wirklich auf die Propaganda hereingefallen sind und glauben, was man ihnen erzählt.
Daß etwa 65% der Erwachsenen, also der Wähler, nicht zu diesen drei Gruppen gehören, ist also in Brasilien und Deutschland übereinstimmend.
Besonders interessant ist die weitere Reihenfolge der Kandidaten in der Rio de Janeiro-Umfrage. An zweiter Stelle steht nämlich Heloísa Helena mit 17,6% der Wahlabsichten. Erst an dritter Stelle taucht der Kandidat der „vereinigten Rechten“ auf, Alckmin, mit 15,8%. Alle anderen Kandidaten liegen bei 2% und darunter.
Damit ist Rio de Janeiro neben ihrem Heimatstaat Alagoas der einzige, in dem Heloísa Helena nicht hinter dem Kandidaten der Rechten liegt. In der Südzone der Stadt Rio de Janeiro und im Stadtteil Tijuca (in dem der Berichterstatter wohnt) liegt sie sogar an der Spitze, noch vor Lula. Das sind die Stadtteile, in denen überproportional viele wohnen, die politisch interessiert sind und die politischen Ereignisse aufmerksam verfolgen (und nicht nur die Verdummung der täglichen Fernsehnachrichten).
Nächste Woche wird nun die Wahlpropaganda am Fernsehen beginnen. Dreimal am Tag, jeweils zur besten Sendezeit, 45 Minuten Propaganda der Parteien. Wieviele Minuten der jeweiligen Partei zustehen, wird dabei von den Stimmergebnissen der letzten Wahlen abhängig gemacht. Da Alckmin alle Reaktionäre hinter sich versammeln konnte, hat er mehr als die Hälfte der Sendezeit.
Wenn es diesmal wieder so läuft wie bei früheren Wahlen, wird Alckmin damit deutlich zulegen in der Wählergunst. Die Propaganda bleibt keineswegs folgenlos. Es dürfte auf einen zweiten Wahlgang zwischen Lula und Alckmin hinauslaufen, den Lula dann knapp gewinnen müßte.
Aber es ist auch möglich, daß es diesmal nicht mehr so läuft wie bei früheren Wahlen. Die internationalen Ereignisse werden auch hier beobachtet. Wenn Lula klug ist und vor allem Staatsmännisches und Außenpolitisches betont, Alckmin als Freund von Bush darstellt, könnte Lula auch im ersten Wahlgang gewinnen. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, daß Heloísa Helena auf an die 10% der Stimmen kommt, obwohl sie nur eine lächerlich kurze Zeit in der Fernsehpropaganda hat.
sfux - 15. Aug, 08:08 Article 2430x read