Strafverfahren gegen Gutachter-Seilschaft eingestellt
Harald Haack – Einer Gruppe namhafter medizinischer Gutachter drohte in Deutschland Knast – vorausgesetzt, dass die Staatsanwaltschaft in Würzburg die Anzeige der Initiative kritischer Umweltgeschädigter e.V. (IKU e.V.) das Strafverfahren nicht einstellte, sondern weiter führte. Der Vorwurf der IKU: Die Gutachter sollen falsche Gesundheitszeugnisse zugunsten von Berufsgenossenschaften und zum Schutz von Arbeitgebern, die ihre Mitarbeiter mit ungenügenden Arbeitsschutzmaßnahmen sicherten, ausgestellt haben. Wurden die Gutachter bestochen oder sind sie Überzeugungstäter? Das lässt sich jetzt nicht mehr juristisch klären, denn die Staatsanwaltschaft Würzburg stellte die Verfahren ein, wie mir der Sprecher der IKU, Peter Röder, in einem Telefonat mitteilte. Als Grund für die Einstellung soll die ermittelnde Staatsanwältin die bereits eingetretene Verjährung genannt haben.
Menschenfeindliches Verhalten einiger Berufsgenossenschaften
Die IKU wies schon 2004 nach, dass Ärzte bei der Erfassung von Berufskrankheiten nach einem inhaltlich fehlerhaften Merkblatt urteilten. Da dieses Vorgehen unhaltbar schien und aus Sicht der IKU einer dringenden Änderung bedurfte, wandte sich der Verein an das dafür zuständige Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung (BMGS). Das damals noch rot-grüne Ministerium betraute seinen Sachverständigenrat damit. Dieser fand heraus, dass die Einwände der IKU gerechtfertigt waren. Es gab eine offizielle Überarbeitung des Merkblattes. Und so wurde dann im Mai 2005 das neue Merkblatt zur Berufskrankheit „1317“ im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht.
„1317“ beschreibt Nerven- und Hirnschäden, die durch den berufsbedingten Umgang mit Lösemitteln und deren Gemische verursacht werden. „Im neu überarbeiteten Merkblatt ist nun Jahrzehnte altes Wissen zu lesen, nämlich dass Lösemittel bleibende Nervenschäden hervorrufen, die sich auch fortentwickeln, d.h. sich verschlimmern können“, erklärt Peter Röder. Und sind Nervenschäden berufs- und lösemittelbedingt, muss die zuständige Berufsgenossenschaft nun Schadenersatz als Rente leisten.
Anders jedoch verhielt es sich nach dem vorherigen, alten Merkblatt, dass die IKU als „gefälscht“ bezeichnet. Danach galt ein Geschädigter zwei Jahre nach Expositionstopp als vollständig ausgeheilt. Eine nicht nur menschenfeindliche, sondern auch kriminelle Vorgehensweise! Mit dem nachweislich falschen Argument, Lösemittel könnten keine bleibenden Nervenschäden verursachen, wurden Tausende Anträge auf Rentenzahlungen seitens der Berufsgenossenschaften abgelehnt. Und selbst nach der Publikation des neuen Merkblattes zur Berufskrankheit „1317“ blieben zahlreiche Berufsgenossenschaften stur und hielten sich an den Inhalt des alten Merkblattes und verweigerten Entschädigungszahlungen.
Häufig sei es aber nicht der böse Wille, sondern schlichtweg die Dummheit von Mitarbeitern der Berufsgenossenschaften, die ihre Arbeitgeber vor dem Kadi brächten, meint Röder.
Vom Opfer zum Ankläger
Der Sprecher der IKU, Peter Röder, war während seiner Lehre zum Bauschreiner über Jahre hinweg dem lindanhaltigen Holzschutzmittel Xylamon, das von der Firma Desowag hergestellt wurde, ausgesetzt. Auf Anweisung des damaligen Ausbilders kam es zu einem großflächigen, intensiven Kontakt von Xylamon mit der ungeschützten Haut von Röder. Er erkrankte schwer und wurde arbeitsunfähig. Weil er daraufhin mangels Einkommen seine Unterhaltszahlungen nicht leisten konnte, wurde er als schwerkranker Mann in ein Gefängnis gesteckt. Seine flehenden Hinweise auf seine Krankheit wurden wenig beachtet – weder von der Gefängnisleitung noch von einem Amtsarzt. Chemisch belastete Gefängniskost, die andere Menschen größtenteils schadlos überstehen, machte ihn, dessen Organismus durchs Xylamon geschädigt und sensibilisiert war, noch kränker. Schwere Magen- und Darmblutungen, nur um einige Symptome seines Leids zu nennen, waren die Folge und nach seiner Entlassung bescheinigten Mediziner ihm einen teilweise perforierten Darm.
Dass er überlebt hat, grenzt wohl an ein Wunder. Man kann es aber auch Röders Lebenswillen zuschreiben, die in eine Art tiefste Empörung über das gründet, was man ihm angetan hat. Röder ließ das keine Ruhe und forschte nach dem Wieso und dem Warum und stieß dabei auf die Machenschaften einer Gruppe von Gutachtern.
Er stellte Strafanzeige gegen die Gruppe von angeblich gerichtlich
vereidigten Gutachtern, insgesamt drei Beschuldigte. Alle diese Drei behaupten, wie Röder in einer Presse-Mitteilung der IKU bekannt gab, dass seine Krankheitssymptome „nicht typisch für eine Löse- oder Holzschutzmittelvergiftung“ seien. Röder fand jedoch heraus, dass sie damit das Wissen seit Jahrzehnten anerkannter schulmedizinischer Fachliteratur übergehen und diese willkürlich und selbstherrlich negieren. Auch sollen sie Schweregrad und Umfang der tatsächlich vorliegenden Gesundheitsschäden von Antragstellern einer Invalidenrente zugunsten der Berufsgenossenschaften verfälscht haben.
Peter Röder, hatte während seiner Zeugenvernehmung mehrfach betont, dass es ihm bei diesen Anzeigen nicht um die Frage geht, ob die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschäden durch Holzschutz- oder Lösemittel hervorgerufen wurden - oder nicht. Es sei aber zu klären, ob die Gutachter alle vorliegenden Befunde beachtet und das Krankheitsbild in den Gutachten korrekt wiedergegeben haben sowie ob die beim Anzeigeerstatter erhobenen Befunde und dokumentierten Symptome typisch für eine solche Vergiftung sind - oder nicht. Er könne nachweisen, so die IKU in ihrer Presse-Mitteilung, die Gutachter hätten dutzendweise die fachärztlich erhobenen Befunde und Diagnosen in den Gutachten ignoriert oder verleugnet und nachweislich vorhandene Gesundheitsschäden erheblichen Ausmaßes verharmlosend dargestellt. Als Beispiel führte die IKU einen fachärztlich befundeten walnußgroßen Tumor (Weichteilsarkom) am Unterkiefer von Peter Röder an, der im Gutachten eines der Beschuldigten zu einem harmlosen „Doppelkinn“ gemacht wurde. Weichteilsarkome aber sollen, so die IKU, laut Fachliteratur typisch für Lösemittelvergiftungen sein.
Gutachter sollte immer persönlich vor Gericht aussagen
Peter Röder stellte den Ermittlungsbehörden umfangreiche Unterlagen zur Verfügung, doch, wie schon erwähnt, wegen der bereits eingetretenen Verjährung musste die Staatsanwaltschaft Würzburg das Ermittlungsverfahren einstellen.
In einem Gespräch mit der Staatsanwältin will Peter Röder erfahren haben, dass vereidigte medizinische Gutachter in Deutschland ungestraft ausgehen, wenn sie falsche oder verfälschende Aussagen einem Gericht nur schriftlich übermitteln. Folglich sollte man bei entsprechenden Zivilprozessen medizinische Gutachter, deren Aussagen einem auffallend falsch erscheinen, immer vom Gericht laden lassen, um sie des Meineids überführen zu können. Auch sollte man, so will Röder zusätzlich erfahren haben, dass Prozeßbetrug so lange im Verfahren – ohne eintretende Verjährung – fortbestehe, wie das betreffende Gutachten Teil eines laufenden Verfahrens sei. Ein namhafter Ex-Staatsanwalt habe ihm das bestätigt. Aber um die Rechtsberatung eines versierten Rechtsanwaltes kommt man in einem solchen juristischen Problembereich derzeit wohl noch nicht herum.
Initiative kritischer Umweltgeschädigter e.V. (IKU e.V.)
Zusammenarbeit zwischen dem AK Konzernentmachtung und der IKU - Initiative kritischer Umweltgeschädigter e.V.
taz - Der Panter 2005 - Galerie Nominierte. Die zehnte Nominierung / Helden-Steckbrief
taz - Ausgebremst von Sachverständigen
Menschenfeindliches Verhalten einiger Berufsgenossenschaften
Die IKU wies schon 2004 nach, dass Ärzte bei der Erfassung von Berufskrankheiten nach einem inhaltlich fehlerhaften Merkblatt urteilten. Da dieses Vorgehen unhaltbar schien und aus Sicht der IKU einer dringenden Änderung bedurfte, wandte sich der Verein an das dafür zuständige Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung (BMGS). Das damals noch rot-grüne Ministerium betraute seinen Sachverständigenrat damit. Dieser fand heraus, dass die Einwände der IKU gerechtfertigt waren. Es gab eine offizielle Überarbeitung des Merkblattes. Und so wurde dann im Mai 2005 das neue Merkblatt zur Berufskrankheit „1317“ im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht.
„1317“ beschreibt Nerven- und Hirnschäden, die durch den berufsbedingten Umgang mit Lösemitteln und deren Gemische verursacht werden. „Im neu überarbeiteten Merkblatt ist nun Jahrzehnte altes Wissen zu lesen, nämlich dass Lösemittel bleibende Nervenschäden hervorrufen, die sich auch fortentwickeln, d.h. sich verschlimmern können“, erklärt Peter Röder. Und sind Nervenschäden berufs- und lösemittelbedingt, muss die zuständige Berufsgenossenschaft nun Schadenersatz als Rente leisten.
Anders jedoch verhielt es sich nach dem vorherigen, alten Merkblatt, dass die IKU als „gefälscht“ bezeichnet. Danach galt ein Geschädigter zwei Jahre nach Expositionstopp als vollständig ausgeheilt. Eine nicht nur menschenfeindliche, sondern auch kriminelle Vorgehensweise! Mit dem nachweislich falschen Argument, Lösemittel könnten keine bleibenden Nervenschäden verursachen, wurden Tausende Anträge auf Rentenzahlungen seitens der Berufsgenossenschaften abgelehnt. Und selbst nach der Publikation des neuen Merkblattes zur Berufskrankheit „1317“ blieben zahlreiche Berufsgenossenschaften stur und hielten sich an den Inhalt des alten Merkblattes und verweigerten Entschädigungszahlungen.
Häufig sei es aber nicht der böse Wille, sondern schlichtweg die Dummheit von Mitarbeitern der Berufsgenossenschaften, die ihre Arbeitgeber vor dem Kadi brächten, meint Röder.
Vom Opfer zum Ankläger
Der Sprecher der IKU, Peter Röder, war während seiner Lehre zum Bauschreiner über Jahre hinweg dem lindanhaltigen Holzschutzmittel Xylamon, das von der Firma Desowag hergestellt wurde, ausgesetzt. Auf Anweisung des damaligen Ausbilders kam es zu einem großflächigen, intensiven Kontakt von Xylamon mit der ungeschützten Haut von Röder. Er erkrankte schwer und wurde arbeitsunfähig. Weil er daraufhin mangels Einkommen seine Unterhaltszahlungen nicht leisten konnte, wurde er als schwerkranker Mann in ein Gefängnis gesteckt. Seine flehenden Hinweise auf seine Krankheit wurden wenig beachtet – weder von der Gefängnisleitung noch von einem Amtsarzt. Chemisch belastete Gefängniskost, die andere Menschen größtenteils schadlos überstehen, machte ihn, dessen Organismus durchs Xylamon geschädigt und sensibilisiert war, noch kränker. Schwere Magen- und Darmblutungen, nur um einige Symptome seines Leids zu nennen, waren die Folge und nach seiner Entlassung bescheinigten Mediziner ihm einen teilweise perforierten Darm.
Dass er überlebt hat, grenzt wohl an ein Wunder. Man kann es aber auch Röders Lebenswillen zuschreiben, die in eine Art tiefste Empörung über das gründet, was man ihm angetan hat. Röder ließ das keine Ruhe und forschte nach dem Wieso und dem Warum und stieß dabei auf die Machenschaften einer Gruppe von Gutachtern.
Er stellte Strafanzeige gegen die Gruppe von angeblich gerichtlich
vereidigten Gutachtern, insgesamt drei Beschuldigte. Alle diese Drei behaupten, wie Röder in einer Presse-Mitteilung der IKU bekannt gab, dass seine Krankheitssymptome „nicht typisch für eine Löse- oder Holzschutzmittelvergiftung“ seien. Röder fand jedoch heraus, dass sie damit das Wissen seit Jahrzehnten anerkannter schulmedizinischer Fachliteratur übergehen und diese willkürlich und selbstherrlich negieren. Auch sollen sie Schweregrad und Umfang der tatsächlich vorliegenden Gesundheitsschäden von Antragstellern einer Invalidenrente zugunsten der Berufsgenossenschaften verfälscht haben.
Peter Röder, hatte während seiner Zeugenvernehmung mehrfach betont, dass es ihm bei diesen Anzeigen nicht um die Frage geht, ob die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschäden durch Holzschutz- oder Lösemittel hervorgerufen wurden - oder nicht. Es sei aber zu klären, ob die Gutachter alle vorliegenden Befunde beachtet und das Krankheitsbild in den Gutachten korrekt wiedergegeben haben sowie ob die beim Anzeigeerstatter erhobenen Befunde und dokumentierten Symptome typisch für eine solche Vergiftung sind - oder nicht. Er könne nachweisen, so die IKU in ihrer Presse-Mitteilung, die Gutachter hätten dutzendweise die fachärztlich erhobenen Befunde und Diagnosen in den Gutachten ignoriert oder verleugnet und nachweislich vorhandene Gesundheitsschäden erheblichen Ausmaßes verharmlosend dargestellt. Als Beispiel führte die IKU einen fachärztlich befundeten walnußgroßen Tumor (Weichteilsarkom) am Unterkiefer von Peter Röder an, der im Gutachten eines der Beschuldigten zu einem harmlosen „Doppelkinn“ gemacht wurde. Weichteilsarkome aber sollen, so die IKU, laut Fachliteratur typisch für Lösemittelvergiftungen sein.
Gutachter sollte immer persönlich vor Gericht aussagen
Peter Röder stellte den Ermittlungsbehörden umfangreiche Unterlagen zur Verfügung, doch, wie schon erwähnt, wegen der bereits eingetretenen Verjährung musste die Staatsanwaltschaft Würzburg das Ermittlungsverfahren einstellen.
In einem Gespräch mit der Staatsanwältin will Peter Röder erfahren haben, dass vereidigte medizinische Gutachter in Deutschland ungestraft ausgehen, wenn sie falsche oder verfälschende Aussagen einem Gericht nur schriftlich übermitteln. Folglich sollte man bei entsprechenden Zivilprozessen medizinische Gutachter, deren Aussagen einem auffallend falsch erscheinen, immer vom Gericht laden lassen, um sie des Meineids überführen zu können. Auch sollte man, so will Röder zusätzlich erfahren haben, dass Prozeßbetrug so lange im Verfahren – ohne eintretende Verjährung – fortbestehe, wie das betreffende Gutachten Teil eines laufenden Verfahrens sei. Ein namhafter Ex-Staatsanwalt habe ihm das bestätigt. Aber um die Rechtsberatung eines versierten Rechtsanwaltes kommt man in einem solchen juristischen Problembereich derzeit wohl noch nicht herum.
Initiative kritischer Umweltgeschädigter e.V. (IKU e.V.)
Zusammenarbeit zwischen dem AK Konzernentmachtung und der IKU - Initiative kritischer Umweltgeschädigter e.V.
taz - Der Panter 2005 - Galerie Nominierte. Die zehnte Nominierung / Helden-Steckbrief
taz - Ausgebremst von Sachverständigen
sfux - 5. Sep, 08:03 Article 4592x read