Sahnige braucht die Bundeswehr
Michael Schulze von Glaßer – „Sport kombiniert mit Party“ war das Motto einer „Olympiade“, die im Mai in der Nordrhein-Westfälischen Stadt Warendorf stattfand.
Bei drei modernen Teamsportarten – Streetball, Beachvolleyball und Streetsoccer – nahmen an dem Wochenende vom 19.-21. Mai 2006 über 1000 Jugendliche teil. Abends wurden Partys gefeiert und DJ’s legten Musik auf. Die Veranstaltung wurde allerdings nicht von einem Verein organisiert. Auch die Stadt Warendorf oder soziale Einrichtungen der Region hatten nichts damit zu tun.
Unter dem ungemein spannenden Kürzel „BW Olympix ’06“ fand das „Teamsport-Event der Bundeswehr“ auf dem Gelände der Sportschule der Bundeswehr in der Kreisstadt Warendorf statt. Neben den sportlichen Angeboten hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, sich in mehreren Büros, die direkt neben den Sportstätten lagen, für die Bundeswehr einzuschreiben, um, wie von den flotten Veranstaltern suggeriert, eine „Karriere“ bei der Bundeswehr zu starten. Gleich neben dem „Streetsoccer“-Feld befanden sich die neusten technischen Errungenschaften der Armee. Neben schicken Panzern und luftigen Hubschraubern konnten sich die Jugendlichen auch den neuen Jeep der Bundeswehr mit der Bezeichnung „Fennek“ angucken – Technik, die blauäugige Teenager begeistert!
Mit den „BW-Olympix“ konnte die Bundeswehr gleich mehrere Erfolge erzielen. Einerseits steigt angeblich durch solch zivile Veranstaltungen die Akzeptanz der Bundeswehr in der Bevölkerung, was einem Gesetz für Bundeswehr-Einsätze im Innern sehr nützlich ist, anderseits kann die Bundeswehr dadurch neue junge und potente Rekrutinnen und Rekruten gewinnen. Nicht umsonst wird „Teamsport“ angeboten – immerhin wird auf den Schlachtfeldern der Welt „Kameradschaft“ groß geschrieben – und Fitness natürlich auch. Wer möchte da nicht seinem Mann stehen!
Diese Strategie der Bundeswehr ist nicht neu. Schon 2002 und 2004 fanden die „BW-Olympix“ statt, 2005 ging es mit der Bundeswehr zum „BW-Beachen“ nach Warnemünde.
Nur noch 15 Prozent der Männer im wehrfähigen Alter werden zu ihrem BW-Dienst herangezogen, immer mehr aber haben irgendwelche Beschwerden. Die Bundeswehr sucht sich die „Crème de la crème“ unter den jungen Erwachsenen aus. Der Musterungsstatus T (für Tauglichkeit) 1 ist der von der Bundeswehr bevorzugte. Diese „Sahnigen“ entsprechen dem Idealtypus eines Soldaten. Aber auch Schaumschläger, die als T2 gemustert wurden, können auch damit rechnen, ihren Dienst an der Waffe „verrichten“ zu können. Alle Anderen, die weiter vom sahnigen Ideal abweichen und über die „Schlagsahne“ oder den „Schaum“ hinaus ausbuttern, wer also beispielsweise Allergien oder Asthma hat, werden ausgemustert und müssen weder zur Bundeswehr noch Zivildienst verrichten. Verweigern können alle jungen Erwachsenen den Wehrdienst, müssen dann aber Zivildienst ableisten. Des Weiteren ist das Risiko zu hoch, vermeintlich kranke Rekruten zur Waffe zu bitten. Falls beispielsweise ein Rekrut bei einer Übung an einem Asthma-Anfall zugrunde geht, kämen auf die Bundeswehr horrende Entschädigungen zu. In Zeiten, in denen sich die Bundeswehr für 16 Milliarden Euro neue Düsenjäger zulegt, ist für solch einen Klamauk wirklich kein Geld da.
Die Vorgehensweise der Bundeswehr ähnelt stark an die der US-Armeen, obwohl sie doch gleichsam verschiedene Ziele verfolgen.
Den US-Streitkräften mangelt es derzeit an Rekruten. Nun versuchen sie mit allen Mitteln welche anzuwerben. Opfer dieser bittersüßen Anwerbestrategien sind Greenhorns, die dann, zu großen Teilen nach einer kurzen Ausbildung an der Waffe, direkt in die Krisengebiete wie den Irak geschickt werden und erkennen müssen, dass das Pentagon sie verheizen will. Dies ist auch der Grund für die mangelnde Bereitschaft zur US-Armee zu gehen. Es soll auch schon Anwerbungen des Pentagons in Deutschland unter Rechtsextremisten und Abwerbungen von Bundeswehrsoldaten gegeben haben. Doch das wurde von beiden Seiten weder bestätigt noch dementiert.
Amerikanischer Nascar-Bolide, der von der US-Navy gesponsert wird.
Die Bundeswehr hat hingegen eine große Auswahl an Rekruten und pickt sich die heraus, die am besten als Soldaten geeignet sind. Jedoch hapert es bei der Bundeswehr an Akzeptanz in der Zivilbevölkerung. Die Bundeswehr im Inland einzusetzen, stößt in der Bevölkerung auf Misstrauen. Bundeswehreinsätze im Ausland werden von der Bevölkerung oft wegen der damit verbundenen Verschwendung von Steuergeldern abgelehnt. Jedoch entschied die deutsche Regierung bislang über den Willen der Wähler hinweg, stimulierte Parlamentarier zur Abstimmung und bewilligte letztendlich die Regierungsvorgabe, nämlich die Bundeswehr-Einsätze. Gebe es in Deutschland eine direkte demokratische Abstimmung, wären deutsche Soldaten jetzt weder im Kongo noch an der Küste des Libanons; wie Umfragen zu diesen Ergebnissen ergaben.
Um aber letztendlich akzeptiert zu werden, rührt die Bundeswehr die Werbetrommel. Modern und attraktiv soll die Bundeswehr wirken. Neuste Technologien werden angepriesen – die mörderische Wirkung neuer Waffen jedoch ausgeblendet.
Die Websites der deutschen Armee sind auf dem neusten Stand der Technik. Fotos und sogar Videos der verschiedenen Vehikel der Bundeswehr können jederzeit online abgerufen werden. Es gibt sogar einen Katalog mit allen Waffen der Bundeswehr inklusive verschiedener Angaben wie „Schuss pro Minute“ und „Reichweite der Geschosse“. Ein direkter Link mit der Aufschrift „Karriere Bundeswehr“ darf auf keiner Startseite der Bundeswehr-Websites fehlen. Neben sportlichen Veranstaltungen besuchen Angehörige der Bundeswehr schon heute den potentiellen Nachwuchs in den Schulen und mühen sich, neue junge Männer und Frauen für die Armee zu begeistern. Aber: Das ist nicht neu. Das gab es zur Zeit des Kalten Krieges in der DDR und davor schon im Nazi-Deutschland. Das gibt es auch in vielen totalitären Staaten.
So darf man darüber staunen, dass die Führung der Bundeswehr befürchtet, zu einer reinen Berufsarmee „degradiert“ zu werden. Dies hätte zur Folge, dass die Nähe zur Bevölkerung noch weiter schwinden würde. Aber noch kommen viele Soldaten aus der Zivilbevölkerung und schaffen so eine Verbindung zwischen Bundeswehr und Bevölkerung. Diese Verbindung allerdings droht der Bundeswehr abzureißen.
Skandale wie jener, der die Abteilung „Kommando-Spezialkräfte“ betrifft, werfen zudem ein schlechtes Bild auf die Bundeswehr. Neben dem Folterskandal sollte hier auch die Misshandlung von Wehrdienstleistenden in verschiedenen Kasernen nicht vergessen werden. Das Image, das nie gut war - schon gar nicht zum Zeitpunkt der Gründung der Bundeswehr - scheint immer schlechter zu werden.
Nun zielt die Propaganda der Bundeswehr speziell auf jüngere Menschen, die noch beeinflussbar sind, um „von unten“ ein gutes Image aufzubauen. Der Auftritt solcher Rekrutierungskommandos muss für Jugendliche beeindruckend sein; moderne Autos neuester Generation entdeckt man immer häufiger im Fuhrpark der Bundeswehr. Und so kommt es schon einmal vor, dass die Soldaten zur Beerdigung eines Kriegsveteranen mit einem BMW der M-Klasse vorfahren. Auf allen Fahrzeugen klebt natürlich der Schriftzug der Bundeswehr; oftmals auch die Internetadresse.
In dieser Hinsicht kommt der Medien-Mainstream der Bundeswehr immer mehr entgegen. Besonders beim Nachrichtensender N24 kriegt man den Eindruck, dass nahezu jede Reportage mit dem Thema „Militär“ zu tun hat. Oft wird aalglatt eine einwandfrei funktionierende Technik angepriesen – die Wirklichkeit jedoch bleibt im Verborgenen.
In „Lenz – das junge Magazin“, einer wöchentliche Beilage für Jugendliche in der Zeitung „Westfälische Nachrichten“, wurde zuletzt die Karriere einer 18-jährigen Soldatin beschrieben. Der Artikel ist eine Verführung der Jungendlichen und zeigt weder den realen Alltag noch die Gefahren Soldat zu sein. So schwieg man vor einem Einsatz über Krieg oder Angst. Die jugendlichen Leser erfuhren, wie sie bei der Bundeswehr auch eine Ausbildung machen können und wie toll es doch ist, damit zugleich seinem Vaterland zu dienen. Negative Aspekte des Soldatenlebens wurden ebenfalls verschwiegen. Der vorletzte Satz in dem Artikel mit der Überschrift „Ich bin Soldat geworden, keine Friseurin“ lautet wie folgt: „Nicht in der Disco, sondern in der Lützow-Kaserne fand sie (die Soldatin) ihre große Liebe.“ Von den Folgen dieser Liebe keine Spur. Spendiert die Bundeswehr jetzt auch Verhütungsmittel?
Extra für Jugendliche wurde sogar eine Internetseite eingerichtet. Auf ihr können sich die Jugendlichen interaktiv austauschen. Und der „Große Bruder“ liest selbstverständlich mit und taxiert schon mal die Plappermäuler.
Aber auch hier wieder werden die neuen Technologien der Gerätschaften angepriesen.
Mit Gewinnspielen wird versucht die Jugendlichen zu ködern. Um beispielsweise einen iPod im Tarnlook zu gewinnen, muss man erst einmal Mitglied der „Community“ werden. Über fünfzehn persönliche Angaben müssen die Jugendlichen bei der Anmeldung eingeben. Es wird beispielsweise nach der deutschen Staatsangehörigkeit und der momentanen Tätigkeit gefragt. Auch Handylogos, Bildschirmschoner und Wallpapers sind auf der Homepage zu finden – eben alles, wofür Jugendliche sich angeblich interessieren – und alles mit dem Logo der Bundeswehr versehen.
Eine unverschämt stämmige Truppe – wie im richtigen Krieg! Da aber der Krieg fern von Deutschland lauert, ist die Front derzeit fern der „Heimat“. Blauäugig waren sie, die Sahnigen, die Crème de la crème, schon immer - blind wurden sie hinterher, wenn sie nicht schon vorher fielen.
Ballerspiel: „America’s Army“
Wie immer sind auch hier die USA das große Vorbild. Als eines der besten Beispiele für die oftmals hinterhältigen Anwerbungsversuche bei der US-Armee gilt derzeit ein Computer-Game names „America’s Army“. Dieser „Ego-Shooter“ wurde im Juni 2002 (also kurz nach Beginn des Afghanistan-Krieges) veröffentlicht. Es ist frei auf einer Homepage der US Army als Download erhältlich. Zuvor aber muss man sich selbstverständlich registrieren – mit allen Konsequenzen.
Spieler dieser Kriegssimulation bezeichnen das Game als sehr realitätsnah. Doch wissen sie schon vom Krieg? Waren sie jemals als Soldaten in einem richtigen Krieg? Sahen sie den Tod leibhaftig in die Augen? Erfuhren sie das Leid, wenn Kameraden neben ihn verbluteten? Kriegs-Vetaranen aber, die den Krieg bestens kennen, haben die Schnauze von ihm und von der niederträchtigen Art und Weise, wie sie von der amerikanischen Gesellschaft behandelt werden, voll.
Das Game wurde vom MOVES Institute der Naval Postgraduate School entwickelt und vom amerikanischen Steuerzahler bezahlt. So muss man zu Beginn des Spieles eine virtuelle Ausbildung, bestehend aus verschiedenen Schiess- und Hindernisübungen bestehen. Dabei wird den besonderen Fähigkeiten auch eine bestimmte Funktion (die es auch in der Armee gibt) zugeordnet. Ist man beispielsweise auf dem virtuellen Schiess-Stand sehr erfolgreich, kommt man in eine „Sniper School“, in der man seine Fähigkeiten noch verbessern kann. Alle Waffen entsprechen dem Original-Equipment der US-Army.
Screenshots der von der US-Army frei zum Download zur Verfügung gestellten Kriegssimulation „America’s Army“.
Da das „Ballerspiel“ online zu spielen ist, kämpfen immer Gruppen meist junger Leute gegen eine andere Gruppe von PC-Spielern. Dabei ist interessant, dass beide Teams sich in Gestalt von US-Soldaten sehen und die feindlichen Soldaten als Terroristen. Das gegnerische Team wiederum sieht sich als Soldaten und die Spieler des anderen Teams als Bösewichte.
Hierarchie täte der Realität natürlich einen Abbruch. So gibt es Team-Leader, die den Rang eines Offiziers haben und ihr Team befehlen. Jeder Spieler sammelt Punkte während einer Mission. Wird ein Gegner erschossen, gibt es als Pluspunkte so genannte HONOR-Points – Ehren-Punkte – wer einen Zivilisten oder gar ein Team-Mitglied erschießt, dem werden Punkte abgezogen. Da Jugendliche am häufigsten Computerspiele spielen, ist das Ziel des Propaganda-Games klar – neue Rekruten für die Armee zu begeistern. Zudem, so ergaben Studien im Auftrag des Pentagons, werden schon frühzeitig auf spielerische Weise die psychischen und physischen Fähigkeiten künftiger Top-Soldaten trainiert, denn der Krieg der Zukunft, wie es sich amerikanische Militärs erträumen, soll ein Krieg der von (in „sicheren“ Bunker hockenden) Soldaten gesteuerten Kampfmaschinen sein.
Die Choreographie ziviler Gewalt
Bei drei modernen Teamsportarten – Streetball, Beachvolleyball und Streetsoccer – nahmen an dem Wochenende vom 19.-21. Mai 2006 über 1000 Jugendliche teil. Abends wurden Partys gefeiert und DJ’s legten Musik auf. Die Veranstaltung wurde allerdings nicht von einem Verein organisiert. Auch die Stadt Warendorf oder soziale Einrichtungen der Region hatten nichts damit zu tun.
Unter dem ungemein spannenden Kürzel „BW Olympix ’06“ fand das „Teamsport-Event der Bundeswehr“ auf dem Gelände der Sportschule der Bundeswehr in der Kreisstadt Warendorf statt. Neben den sportlichen Angeboten hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, sich in mehreren Büros, die direkt neben den Sportstätten lagen, für die Bundeswehr einzuschreiben, um, wie von den flotten Veranstaltern suggeriert, eine „Karriere“ bei der Bundeswehr zu starten. Gleich neben dem „Streetsoccer“-Feld befanden sich die neusten technischen Errungenschaften der Armee. Neben schicken Panzern und luftigen Hubschraubern konnten sich die Jugendlichen auch den neuen Jeep der Bundeswehr mit der Bezeichnung „Fennek“ angucken – Technik, die blauäugige Teenager begeistert!
Mit den „BW-Olympix“ konnte die Bundeswehr gleich mehrere Erfolge erzielen. Einerseits steigt angeblich durch solch zivile Veranstaltungen die Akzeptanz der Bundeswehr in der Bevölkerung, was einem Gesetz für Bundeswehr-Einsätze im Innern sehr nützlich ist, anderseits kann die Bundeswehr dadurch neue junge und potente Rekrutinnen und Rekruten gewinnen. Nicht umsonst wird „Teamsport“ angeboten – immerhin wird auf den Schlachtfeldern der Welt „Kameradschaft“ groß geschrieben – und Fitness natürlich auch. Wer möchte da nicht seinem Mann stehen!
Diese Strategie der Bundeswehr ist nicht neu. Schon 2002 und 2004 fanden die „BW-Olympix“ statt, 2005 ging es mit der Bundeswehr zum „BW-Beachen“ nach Warnemünde.
Nur noch 15 Prozent der Männer im wehrfähigen Alter werden zu ihrem BW-Dienst herangezogen, immer mehr aber haben irgendwelche Beschwerden. Die Bundeswehr sucht sich die „Crème de la crème“ unter den jungen Erwachsenen aus. Der Musterungsstatus T (für Tauglichkeit) 1 ist der von der Bundeswehr bevorzugte. Diese „Sahnigen“ entsprechen dem Idealtypus eines Soldaten. Aber auch Schaumschläger, die als T2 gemustert wurden, können auch damit rechnen, ihren Dienst an der Waffe „verrichten“ zu können. Alle Anderen, die weiter vom sahnigen Ideal abweichen und über die „Schlagsahne“ oder den „Schaum“ hinaus ausbuttern, wer also beispielsweise Allergien oder Asthma hat, werden ausgemustert und müssen weder zur Bundeswehr noch Zivildienst verrichten. Verweigern können alle jungen Erwachsenen den Wehrdienst, müssen dann aber Zivildienst ableisten. Des Weiteren ist das Risiko zu hoch, vermeintlich kranke Rekruten zur Waffe zu bitten. Falls beispielsweise ein Rekrut bei einer Übung an einem Asthma-Anfall zugrunde geht, kämen auf die Bundeswehr horrende Entschädigungen zu. In Zeiten, in denen sich die Bundeswehr für 16 Milliarden Euro neue Düsenjäger zulegt, ist für solch einen Klamauk wirklich kein Geld da.
Die Vorgehensweise der Bundeswehr ähnelt stark an die der US-Armeen, obwohl sie doch gleichsam verschiedene Ziele verfolgen.
Den US-Streitkräften mangelt es derzeit an Rekruten. Nun versuchen sie mit allen Mitteln welche anzuwerben. Opfer dieser bittersüßen Anwerbestrategien sind Greenhorns, die dann, zu großen Teilen nach einer kurzen Ausbildung an der Waffe, direkt in die Krisengebiete wie den Irak geschickt werden und erkennen müssen, dass das Pentagon sie verheizen will. Dies ist auch der Grund für die mangelnde Bereitschaft zur US-Armee zu gehen. Es soll auch schon Anwerbungen des Pentagons in Deutschland unter Rechtsextremisten und Abwerbungen von Bundeswehrsoldaten gegeben haben. Doch das wurde von beiden Seiten weder bestätigt noch dementiert.
Amerikanischer Nascar-Bolide, der von der US-Navy gesponsert wird.
Die Bundeswehr hat hingegen eine große Auswahl an Rekruten und pickt sich die heraus, die am besten als Soldaten geeignet sind. Jedoch hapert es bei der Bundeswehr an Akzeptanz in der Zivilbevölkerung. Die Bundeswehr im Inland einzusetzen, stößt in der Bevölkerung auf Misstrauen. Bundeswehreinsätze im Ausland werden von der Bevölkerung oft wegen der damit verbundenen Verschwendung von Steuergeldern abgelehnt. Jedoch entschied die deutsche Regierung bislang über den Willen der Wähler hinweg, stimulierte Parlamentarier zur Abstimmung und bewilligte letztendlich die Regierungsvorgabe, nämlich die Bundeswehr-Einsätze. Gebe es in Deutschland eine direkte demokratische Abstimmung, wären deutsche Soldaten jetzt weder im Kongo noch an der Küste des Libanons; wie Umfragen zu diesen Ergebnissen ergaben.
Um aber letztendlich akzeptiert zu werden, rührt die Bundeswehr die Werbetrommel. Modern und attraktiv soll die Bundeswehr wirken. Neuste Technologien werden angepriesen – die mörderische Wirkung neuer Waffen jedoch ausgeblendet.
Die Websites der deutschen Armee sind auf dem neusten Stand der Technik. Fotos und sogar Videos der verschiedenen Vehikel der Bundeswehr können jederzeit online abgerufen werden. Es gibt sogar einen Katalog mit allen Waffen der Bundeswehr inklusive verschiedener Angaben wie „Schuss pro Minute“ und „Reichweite der Geschosse“. Ein direkter Link mit der Aufschrift „Karriere Bundeswehr“ darf auf keiner Startseite der Bundeswehr-Websites fehlen. Neben sportlichen Veranstaltungen besuchen Angehörige der Bundeswehr schon heute den potentiellen Nachwuchs in den Schulen und mühen sich, neue junge Männer und Frauen für die Armee zu begeistern. Aber: Das ist nicht neu. Das gab es zur Zeit des Kalten Krieges in der DDR und davor schon im Nazi-Deutschland. Das gibt es auch in vielen totalitären Staaten.
So darf man darüber staunen, dass die Führung der Bundeswehr befürchtet, zu einer reinen Berufsarmee „degradiert“ zu werden. Dies hätte zur Folge, dass die Nähe zur Bevölkerung noch weiter schwinden würde. Aber noch kommen viele Soldaten aus der Zivilbevölkerung und schaffen so eine Verbindung zwischen Bundeswehr und Bevölkerung. Diese Verbindung allerdings droht der Bundeswehr abzureißen.
Skandale wie jener, der die Abteilung „Kommando-Spezialkräfte“ betrifft, werfen zudem ein schlechtes Bild auf die Bundeswehr. Neben dem Folterskandal sollte hier auch die Misshandlung von Wehrdienstleistenden in verschiedenen Kasernen nicht vergessen werden. Das Image, das nie gut war - schon gar nicht zum Zeitpunkt der Gründung der Bundeswehr - scheint immer schlechter zu werden.
Nun zielt die Propaganda der Bundeswehr speziell auf jüngere Menschen, die noch beeinflussbar sind, um „von unten“ ein gutes Image aufzubauen. Der Auftritt solcher Rekrutierungskommandos muss für Jugendliche beeindruckend sein; moderne Autos neuester Generation entdeckt man immer häufiger im Fuhrpark der Bundeswehr. Und so kommt es schon einmal vor, dass die Soldaten zur Beerdigung eines Kriegsveteranen mit einem BMW der M-Klasse vorfahren. Auf allen Fahrzeugen klebt natürlich der Schriftzug der Bundeswehr; oftmals auch die Internetadresse.
In dieser Hinsicht kommt der Medien-Mainstream der Bundeswehr immer mehr entgegen. Besonders beim Nachrichtensender N24 kriegt man den Eindruck, dass nahezu jede Reportage mit dem Thema „Militär“ zu tun hat. Oft wird aalglatt eine einwandfrei funktionierende Technik angepriesen – die Wirklichkeit jedoch bleibt im Verborgenen.
In „Lenz – das junge Magazin“, einer wöchentliche Beilage für Jugendliche in der Zeitung „Westfälische Nachrichten“, wurde zuletzt die Karriere einer 18-jährigen Soldatin beschrieben. Der Artikel ist eine Verführung der Jungendlichen und zeigt weder den realen Alltag noch die Gefahren Soldat zu sein. So schwieg man vor einem Einsatz über Krieg oder Angst. Die jugendlichen Leser erfuhren, wie sie bei der Bundeswehr auch eine Ausbildung machen können und wie toll es doch ist, damit zugleich seinem Vaterland zu dienen. Negative Aspekte des Soldatenlebens wurden ebenfalls verschwiegen. Der vorletzte Satz in dem Artikel mit der Überschrift „Ich bin Soldat geworden, keine Friseurin“ lautet wie folgt: „Nicht in der Disco, sondern in der Lützow-Kaserne fand sie (die Soldatin) ihre große Liebe.“ Von den Folgen dieser Liebe keine Spur. Spendiert die Bundeswehr jetzt auch Verhütungsmittel?
Extra für Jugendliche wurde sogar eine Internetseite eingerichtet. Auf ihr können sich die Jugendlichen interaktiv austauschen. Und der „Große Bruder“ liest selbstverständlich mit und taxiert schon mal die Plappermäuler.
Aber auch hier wieder werden die neuen Technologien der Gerätschaften angepriesen.
Mit Gewinnspielen wird versucht die Jugendlichen zu ködern. Um beispielsweise einen iPod im Tarnlook zu gewinnen, muss man erst einmal Mitglied der „Community“ werden. Über fünfzehn persönliche Angaben müssen die Jugendlichen bei der Anmeldung eingeben. Es wird beispielsweise nach der deutschen Staatsangehörigkeit und der momentanen Tätigkeit gefragt. Auch Handylogos, Bildschirmschoner und Wallpapers sind auf der Homepage zu finden – eben alles, wofür Jugendliche sich angeblich interessieren – und alles mit dem Logo der Bundeswehr versehen.
Eine unverschämt stämmige Truppe – wie im richtigen Krieg! Da aber der Krieg fern von Deutschland lauert, ist die Front derzeit fern der „Heimat“. Blauäugig waren sie, die Sahnigen, die Crème de la crème, schon immer - blind wurden sie hinterher, wenn sie nicht schon vorher fielen.
Ballerspiel: „America’s Army“
Wie immer sind auch hier die USA das große Vorbild. Als eines der besten Beispiele für die oftmals hinterhältigen Anwerbungsversuche bei der US-Armee gilt derzeit ein Computer-Game names „America’s Army“. Dieser „Ego-Shooter“ wurde im Juni 2002 (also kurz nach Beginn des Afghanistan-Krieges) veröffentlicht. Es ist frei auf einer Homepage der US Army als Download erhältlich. Zuvor aber muss man sich selbstverständlich registrieren – mit allen Konsequenzen.
Spieler dieser Kriegssimulation bezeichnen das Game als sehr realitätsnah. Doch wissen sie schon vom Krieg? Waren sie jemals als Soldaten in einem richtigen Krieg? Sahen sie den Tod leibhaftig in die Augen? Erfuhren sie das Leid, wenn Kameraden neben ihn verbluteten? Kriegs-Vetaranen aber, die den Krieg bestens kennen, haben die Schnauze von ihm und von der niederträchtigen Art und Weise, wie sie von der amerikanischen Gesellschaft behandelt werden, voll.
Das Game wurde vom MOVES Institute der Naval Postgraduate School entwickelt und vom amerikanischen Steuerzahler bezahlt. So muss man zu Beginn des Spieles eine virtuelle Ausbildung, bestehend aus verschiedenen Schiess- und Hindernisübungen bestehen. Dabei wird den besonderen Fähigkeiten auch eine bestimmte Funktion (die es auch in der Armee gibt) zugeordnet. Ist man beispielsweise auf dem virtuellen Schiess-Stand sehr erfolgreich, kommt man in eine „Sniper School“, in der man seine Fähigkeiten noch verbessern kann. Alle Waffen entsprechen dem Original-Equipment der US-Army.
Screenshots der von der US-Army frei zum Download zur Verfügung gestellten Kriegssimulation „America’s Army“.
Da das „Ballerspiel“ online zu spielen ist, kämpfen immer Gruppen meist junger Leute gegen eine andere Gruppe von PC-Spielern. Dabei ist interessant, dass beide Teams sich in Gestalt von US-Soldaten sehen und die feindlichen Soldaten als Terroristen. Das gegnerische Team wiederum sieht sich als Soldaten und die Spieler des anderen Teams als Bösewichte.
Hierarchie täte der Realität natürlich einen Abbruch. So gibt es Team-Leader, die den Rang eines Offiziers haben und ihr Team befehlen. Jeder Spieler sammelt Punkte während einer Mission. Wird ein Gegner erschossen, gibt es als Pluspunkte so genannte HONOR-Points – Ehren-Punkte – wer einen Zivilisten oder gar ein Team-Mitglied erschießt, dem werden Punkte abgezogen. Da Jugendliche am häufigsten Computerspiele spielen, ist das Ziel des Propaganda-Games klar – neue Rekruten für die Armee zu begeistern. Zudem, so ergaben Studien im Auftrag des Pentagons, werden schon frühzeitig auf spielerische Weise die psychischen und physischen Fähigkeiten künftiger Top-Soldaten trainiert, denn der Krieg der Zukunft, wie es sich amerikanische Militärs erträumen, soll ein Krieg der von (in „sicheren“ Bunker hockenden) Soldaten gesteuerten Kampfmaschinen sein.
Die Choreographie ziviler Gewalt
sfux - 12. Okt, 08:02 Article 3564x read