Deutschland: Haftbefehle gegen 13 CIA-Entführer
World Content News - Das Amtsgericht München hat heute gegen die Kidnapper von Khaled el Masri auf Antrag des Oberstaatsanwalts August Stern hin Haftbefehl erlassen. Sie werden nun in Deutschland wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung gesucht. Noch nicht geklärt dagegen ist die Frage: Gab es auch deutsche Helfer und Mitwisser ?
Der Münchener Staatsanwaltschaft sind die Namen der 13 CIA-Agenten durch Ermittlungen der spanischen Polizei bekannt. Es sind zwar überwiegend nur Tarnnamen, mit denen die Entführer mittels gefälschter Pässe operierten, bei drei Piloten konnte anhand journalistischer Recherchen auch der tatsächliche Name und deren Wohnort im US-Bundesstaat North Carolina ermittelt werden. Sie hatten unter den falschen Identitäten Eric Fain, James Fairing und Kirk James Bird für die CIA-Firma Aero Contractors mehrfach Menschen verschleppt, darunter auch Khaled el Masri am 23.01.2004 von Mazedonien nach Afghanistan.
Khaled el Masri zuvor am 31.12.2003 am serbisch-mazedonischen Grenzübergang bei Tabanovce verhaftet worden und wurde 23 Tage im Hotel "Skopske Merak" in Skopje gefangen gehalten und verhört. Am Abend des 23. Januar wird er aus dem Hotel geholt. Ihm werden Handschellen angelegt und die Augen verbunden. In einem Gebäude am Flughafen wird er zum ersten Mal gefoltert. Stunden später bekommt er eine Spritze, durch die er bewusstlos wird. Schließlich wird er in eine Boeing 737 mit der Registriernummer N313P verfrachtet, die, von Mallorca kommend, ihn in das berüchtigte Foltergefängnis namens "Salzhöhle" bei Kabul entführt.
Die Tarnnamen der CIA-Agenten, die nun gesucht werden und anhand der Nachforschungen des englischen Journalisten Stephen Grey aufgedeckt und zunächst der spanischen Polizei übermittelt wurden, lauten ( / = Schreibweise laut spanischer Liste):
Bird, Kirk James
Bryson, Charles Goldman
Decker / Deckard, John Richard
Fain, Eric Matthew
Fair / Fairing, James
Franklin, Jason
Grady, Michael
Greesbore, Walter Richard
Lorenzo / Loren, Hector
Lumdsen, Lyle Edgard / Lumsden II, Lyle Edgar
O'Hale, James
Riloy / O'Riley, Patricia
Payne, Jane
Laut einem Spiegel-Online Interview mit Tyler Drumheller, dem früheren CIA-Chef in Europa, handelt es sich bei diesen "Überstellern" teilweise um speziell geschulte Kräfte, die dem Umfeld der Paramilitärs zuzurechnen sind. Drummheller erwähnt sie als "schillernde Typen", die ansonsten wahrscheinlich Banken überfallen würden, wären sie nicht beruflich im Auftrag der Regierung unterwegs. Stephen Grey, der über seine Nachforschungen zu den Entführern auch ein spannendes Buch veröffentlicht hat, meint, es wäre ziemlich einfach gewesen, ihnen auf die Spur zu kommen, da sie sich bei ihrer Tarnung nicht besonders Mühe gegeben hätten. Mehrere von ihnen sollen sogar im Besitz von Diplomatenpässen gewesenen sein, was für normale Besatzungsmitglieder eines Flugzeugs doch ziemlich ungewöhnlich ist. Und in dem 5-Sterne-Hotel auf Mallorca, wo sie vor der Entführung abgestiegen waren, hätten sie sogar mit durchnummerierten Kreditkarten bezahlt.
Das Flugzeug N313P, in der Presse inzwischen auch als "Folter-Taxi" bezeichnet, soll für Dutzende Entführungen benutzt worden sein, die Crew war im Großen und Ganzen immer ähnlich zusammengesetzt, insbesondere die Piloten gehörten zum Stamm der Besatzung. Seit Ende 2004 gab es mehrere Umregistrierungen und Eigentümerwechsel der N313P. Aktuell ist sie unter der Nummer N720MM registriert, ihr offizieller Besitzer ist jetzt MGM Mirage Aircraft Holdings LLC. Dahinter verbirgt sich einer der reichsten Männer der USA: der 89-jährige Multimilliardär und Hotelkönig von Las Vegas, Kirk Kerorian.
Dass damit jetzt mit den CIA-Flügen Schluss ist, kann man jedoch nicht daraus schlussfolgern. Einer der ersten Flüge der Boeing nach der Umregistrierung ging auf einen Luftwaffenstützpunkt in San Antonio, Texas (Lackland Air Force Base, auch "Security Hill" genannt). Dort hat auch die "Air Intelligence Agency" (AIA) ihren Sitz. Außerdem befindet sich in San Antonio die Filiale eines Unternehmens namens Jeppesen Dataplan. Ein früherer Mitarbeiter hat nach einem Pressebericht diese ansonsten gutsituierte Firma, die auch einen Ableger in Deutschland hat, als Reisebüro der CIA bezeichnet, das Entführungen regelrecht organisiert haben soll.
Viele Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen also. Dass die USA einem möglichen Auslieferungsersuchen nachkommen wird, daran glaubt niemand. Die Entführer könnten derzeit also nur festgenommen werden, wenn sie nach Deutschland einreisen. Und da sind dann noch die vielen ungeklärten Fragen, in wie weit deutsche Nachrichtendienste in diesen Fall verwickelt waren (die Identität des perfekt deutsch sprechenden Verhörers "Sam" ist immer noch ungeklärt) und ab wann politische Funktionsträger von der Entführung gewusst haben.
Der verbale Eiertanz um das seelenlose Geschacher um die Zurücknahme des in Guantanamo gefolterten Deutsch-Türken Kurnaz, die Tatsache dass Entführungen auch von deutschem Staatsgebiet aus organisiert wurden und der Einsatz von Bundeswehr-Spezialkräften bei der Bewachung von US-Gefangenenlagern lassen vermuten, dass auch die Hintergründe um die Entführung von Khaled el Masri noch längst nicht vollständig ausgeleuchtet sind, eine passive oder aktive Beteiligung der damaligen Bundesregierung kann man nach wie vor nicht ausschließen.
Vor wenigen Tagen jedenfalls hat ein Hamburger Rechtsanwalt Strafanzeige gegen Steinmeier im Fall Kurnaz wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung erstattet. An wem die Verbalitäten "infam" und "heuchlerisch", wie sie von Otto Schily als Reaktion auf den Vorwurf verwendet wurden, die frühere rot-grüne Regierung habe die frühzeitige Freilassung von Kurnaz hintertrieben, am Ende kleben bleiben, das wird sich noch herausstellen.
Auf der anderen Seite schlagen die Geheimniskrämer jetzt zurück: So ist von der Hamburger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen drei Redakteure des Magazins "Stern" eingeleitet worden. Der Vorwurf: Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat. Sie hätten am 21.09,2006 in einem Artikel über den von der CIA entführten deutschen Staatsbürger Khalid al-Masri aus geheimen Unterlagen zitiert. Dem "Stern" zufolge hat der BND-Untersuchungsausschuss selbst diese staatliche Verfolgung angeleiert. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestierte inzwischen scharf gegen die Ermittlungen. "Die Justiz versucht, mit der Keule des Ermittlungsverfahrens gegen Journalisten kritische Berichterstattung zu bestrafen", so deren Vorsitzender Michael Konken.
Quellen
Deutsche Justiz jagt CIA-Kommando (Spiegel Online, 31.01.07)
Berlin verweist im Fall Masri auf Justiz (Netzeitung, 31.01.07)
Chronik al Masri: Fünf Monate verschwunden (Spiegel Online, 31.01.07)
Hintergrund: CIA beschäftigt Justiz mehrerer europäischer Länder(Der Standard, 31.01.07)
Spanisches Gericht fordert geheime Unterlagen über CIA-Flüge an
(Frankfurter Neue Presse, 31.01.07)
"Die Regierung wollte den Krieg"
(Interview Drumheller, Spiegel Online, 29.01.07)
Strafanzeige gegen Steinmeier im Fall Kurnaz (Der Standard, 27.01.07)
Steinmeier an Abweisung beteiligt (Hamburger Abendblatt, 27.01.07)
Schily verteidigt sich - und Steinmeier (taz, 28.01.07)
Ermittlungen gegen „Stern”-Journalisten (Kölner Stadtanzeiger, 31.01.07)
Flugdaten N313P (eigener Beitrag, Juni 2006)
Datenbank mit mehr als 3700 CIA-Flügen
(Stephen Grey, ghostplane.net, Dez. 2006)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
Der Münchener Staatsanwaltschaft sind die Namen der 13 CIA-Agenten durch Ermittlungen der spanischen Polizei bekannt. Es sind zwar überwiegend nur Tarnnamen, mit denen die Entführer mittels gefälschter Pässe operierten, bei drei Piloten konnte anhand journalistischer Recherchen auch der tatsächliche Name und deren Wohnort im US-Bundesstaat North Carolina ermittelt werden. Sie hatten unter den falschen Identitäten Eric Fain, James Fairing und Kirk James Bird für die CIA-Firma Aero Contractors mehrfach Menschen verschleppt, darunter auch Khaled el Masri am 23.01.2004 von Mazedonien nach Afghanistan.
Khaled el Masri zuvor am 31.12.2003 am serbisch-mazedonischen Grenzübergang bei Tabanovce verhaftet worden und wurde 23 Tage im Hotel "Skopske Merak" in Skopje gefangen gehalten und verhört. Am Abend des 23. Januar wird er aus dem Hotel geholt. Ihm werden Handschellen angelegt und die Augen verbunden. In einem Gebäude am Flughafen wird er zum ersten Mal gefoltert. Stunden später bekommt er eine Spritze, durch die er bewusstlos wird. Schließlich wird er in eine Boeing 737 mit der Registriernummer N313P verfrachtet, die, von Mallorca kommend, ihn in das berüchtigte Foltergefängnis namens "Salzhöhle" bei Kabul entführt.
Die Tarnnamen der CIA-Agenten, die nun gesucht werden und anhand der Nachforschungen des englischen Journalisten Stephen Grey aufgedeckt und zunächst der spanischen Polizei übermittelt wurden, lauten ( / = Schreibweise laut spanischer Liste):
Bird, Kirk James
Bryson, Charles Goldman
Decker / Deckard, John Richard
Fain, Eric Matthew
Fair / Fairing, James
Franklin, Jason
Grady, Michael
Greesbore, Walter Richard
Lorenzo / Loren, Hector
Lumdsen, Lyle Edgard / Lumsden II, Lyle Edgar
O'Hale, James
Riloy / O'Riley, Patricia
Payne, Jane
Laut einem Spiegel-Online Interview mit Tyler Drumheller, dem früheren CIA-Chef in Europa, handelt es sich bei diesen "Überstellern" teilweise um speziell geschulte Kräfte, die dem Umfeld der Paramilitärs zuzurechnen sind. Drummheller erwähnt sie als "schillernde Typen", die ansonsten wahrscheinlich Banken überfallen würden, wären sie nicht beruflich im Auftrag der Regierung unterwegs. Stephen Grey, der über seine Nachforschungen zu den Entführern auch ein spannendes Buch veröffentlicht hat, meint, es wäre ziemlich einfach gewesen, ihnen auf die Spur zu kommen, da sie sich bei ihrer Tarnung nicht besonders Mühe gegeben hätten. Mehrere von ihnen sollen sogar im Besitz von Diplomatenpässen gewesenen sein, was für normale Besatzungsmitglieder eines Flugzeugs doch ziemlich ungewöhnlich ist. Und in dem 5-Sterne-Hotel auf Mallorca, wo sie vor der Entführung abgestiegen waren, hätten sie sogar mit durchnummerierten Kreditkarten bezahlt.
Das Flugzeug N313P, in der Presse inzwischen auch als "Folter-Taxi" bezeichnet, soll für Dutzende Entführungen benutzt worden sein, die Crew war im Großen und Ganzen immer ähnlich zusammengesetzt, insbesondere die Piloten gehörten zum Stamm der Besatzung. Seit Ende 2004 gab es mehrere Umregistrierungen und Eigentümerwechsel der N313P. Aktuell ist sie unter der Nummer N720MM registriert, ihr offizieller Besitzer ist jetzt MGM Mirage Aircraft Holdings LLC. Dahinter verbirgt sich einer der reichsten Männer der USA: der 89-jährige Multimilliardär und Hotelkönig von Las Vegas, Kirk Kerorian.
Dass damit jetzt mit den CIA-Flügen Schluss ist, kann man jedoch nicht daraus schlussfolgern. Einer der ersten Flüge der Boeing nach der Umregistrierung ging auf einen Luftwaffenstützpunkt in San Antonio, Texas (Lackland Air Force Base, auch "Security Hill" genannt). Dort hat auch die "Air Intelligence Agency" (AIA) ihren Sitz. Außerdem befindet sich in San Antonio die Filiale eines Unternehmens namens Jeppesen Dataplan. Ein früherer Mitarbeiter hat nach einem Pressebericht diese ansonsten gutsituierte Firma, die auch einen Ableger in Deutschland hat, als Reisebüro der CIA bezeichnet, das Entführungen regelrecht organisiert haben soll.
Viele Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen also. Dass die USA einem möglichen Auslieferungsersuchen nachkommen wird, daran glaubt niemand. Die Entführer könnten derzeit also nur festgenommen werden, wenn sie nach Deutschland einreisen. Und da sind dann noch die vielen ungeklärten Fragen, in wie weit deutsche Nachrichtendienste in diesen Fall verwickelt waren (die Identität des perfekt deutsch sprechenden Verhörers "Sam" ist immer noch ungeklärt) und ab wann politische Funktionsträger von der Entführung gewusst haben.
Der verbale Eiertanz um das seelenlose Geschacher um die Zurücknahme des in Guantanamo gefolterten Deutsch-Türken Kurnaz, die Tatsache dass Entführungen auch von deutschem Staatsgebiet aus organisiert wurden und der Einsatz von Bundeswehr-Spezialkräften bei der Bewachung von US-Gefangenenlagern lassen vermuten, dass auch die Hintergründe um die Entführung von Khaled el Masri noch längst nicht vollständig ausgeleuchtet sind, eine passive oder aktive Beteiligung der damaligen Bundesregierung kann man nach wie vor nicht ausschließen.
Vor wenigen Tagen jedenfalls hat ein Hamburger Rechtsanwalt Strafanzeige gegen Steinmeier im Fall Kurnaz wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung erstattet. An wem die Verbalitäten "infam" und "heuchlerisch", wie sie von Otto Schily als Reaktion auf den Vorwurf verwendet wurden, die frühere rot-grüne Regierung habe die frühzeitige Freilassung von Kurnaz hintertrieben, am Ende kleben bleiben, das wird sich noch herausstellen.
Auf der anderen Seite schlagen die Geheimniskrämer jetzt zurück: So ist von der Hamburger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen drei Redakteure des Magazins "Stern" eingeleitet worden. Der Vorwurf: Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat. Sie hätten am 21.09,2006 in einem Artikel über den von der CIA entführten deutschen Staatsbürger Khalid al-Masri aus geheimen Unterlagen zitiert. Dem "Stern" zufolge hat der BND-Untersuchungsausschuss selbst diese staatliche Verfolgung angeleiert. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestierte inzwischen scharf gegen die Ermittlungen. "Die Justiz versucht, mit der Keule des Ermittlungsverfahrens gegen Journalisten kritische Berichterstattung zu bestrafen", so deren Vorsitzender Michael Konken.
Quellen
Deutsche Justiz jagt CIA-Kommando (Spiegel Online, 31.01.07)
Berlin verweist im Fall Masri auf Justiz (Netzeitung, 31.01.07)
Chronik al Masri: Fünf Monate verschwunden (Spiegel Online, 31.01.07)
Hintergrund: CIA beschäftigt Justiz mehrerer europäischer Länder(Der Standard, 31.01.07)
Spanisches Gericht fordert geheime Unterlagen über CIA-Flüge an
(Frankfurter Neue Presse, 31.01.07)
"Die Regierung wollte den Krieg"
(Interview Drumheller, Spiegel Online, 29.01.07)
Strafanzeige gegen Steinmeier im Fall Kurnaz (Der Standard, 27.01.07)
Steinmeier an Abweisung beteiligt (Hamburger Abendblatt, 27.01.07)
Schily verteidigt sich - und Steinmeier (taz, 28.01.07)
Ermittlungen gegen „Stern”-Journalisten (Kölner Stadtanzeiger, 31.01.07)
Flugdaten N313P (eigener Beitrag, Juni 2006)
Datenbank mit mehr als 3700 CIA-Flügen
(Stephen Grey, ghostplane.net, Dez. 2006)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
sfux - 1. Feb, 08:22 Article 2391x read