Die fiesen Tricks von Polizei und Justiz
Franz-Josef Hanke - Über "Die fiesen Tricks von Polizei und Justiz" sprach Jörg Bergstedt am Donnerstag (1. Februar) im Buchladen-Café Am Grün in Marburg. Auf Einladung der "Linken Fachschaft 03" berichtete der Polit- und Umwelt-Aktivist von der Projektwerkstatt Saasen dabei überwiegend von eigenen Erfahrungen. Lügen, Fälschungen und Verdrehungen der Wahrheit durch Richter, Polizisten und andere Prozess-Beteiligte standen im Mittelpunkt des amüsant und pointiert vorgetragenen Referats.
Jörg Bergstedt wies während seines Vortrags auf die Lügen, Fälschungen und Verdrehungen der Wahrheit durch Richter und Polizisten hin.
Als ersten Fall präsentierte Bergstedt die Ereignisse rund um den Erlass einer "Gefahrenabwehr-Verordnung" durch das Gießener Stadtparlament. Als Zuschauer bei der entscheidenden Sitzung dort ein Transparent entrollten, stürzten sich Polizeibeamte auf Bergstedt. Mehrere Beamte in Zivil hätten bereits im Saal gesessen, berichtete der Polit-Aktivist.
Stadtverordnetenvorsteher Gail habe jedoch viermal öffentlich bestritten, davon gewusst zu haben. Einmal habe er diese Behauptung sogar in einer Aussage vor Gericht aufgestellt. Der damalige Gießener Polizeipräsident Manfred Meise habe zunächst erklärt, die Polizei habe einen Fehler gemacht, zivile Beamte ohne Erlaubnis des Stadtverordnetenvorstehers im Saal zu postieren. Bei einem Strafverfahren erhielt Bergstedt jedoch Einsicht in Akten, die einen Bericht des Einsatzgruppen-Leiters des betreffenden Kommandos enthielten.
Darin berichtete der Beamte ausführlich, wie er Gail von Meise vor der Sitzung persönlich vorgestellt worden sei und dem Stadtverordnetenvorsteher Angaben zur Zahl seiner Beamten im Saal und zur Einsatz-Strategie gemacht habe. Nun bestätigte Meise bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, dass die Polizei Gail vorab über ihren Einsatz informiert hatte. Ein Verfahren gegen Gail wegen uneidlicher Falschaussage verlief dennoch im Sande.
Um Polizei-Aktionen gegen Kritiker der Gießener "Gefahrenabwehr-Verordnung" zu legitimieren, hatte Bürgermeister Heinz-Peter Haumann eine Bombendrohung einfach erfunden. In einer Pressemitteilung gab er sogar den Zeitpunkt ihres Eingangs an. Später bekundete er nur, er habe die Möglichkeit gewalttätiger Aktionen gegen die geplante Verordnung gesehen und sogar den Einsatz einer Bombe nicht ausgeschlossen. Eine konkrete Bombendrohung jedoch habe es nicht gegeben.
Trotz dieses großzügigen Umgangs mit der Wahrheit wurde der CDU-Politiker bei der Direktwahl zum Gießener Oberbürgermeister im September 2003 wieder ins höchste Amt der mittelhessischen Universitätsstadt entsandt.
Eine Dichterlesung vor den Gebäuden der Gießener Justiz bildete den Anlass für ein weiteres Fall-Beispiel in Bergstedts Vortrag. Aus dem harmlosen Vortrag literarischer Texte habe die Polizei zunächst einen Farb- und später sogar einen Brand-Anschlag konstruiert, den die "Literaten" geplant haben sollen. Mit dieser Begründung wurden zwölf Personen in "Unterbindungsgewahrsam" genommen. Zur Begründung argumentierte die Gießener Polizei nach seinen Unterlagen mit entsprechenden Plänen Bergstedts. Er habe sich während dieser Aktion jedoch in Marburg befunden, erklärte der Referent.
Als letzten Fall berichtete Bergstedt von einem Federballspiel zwischen den Gießener Gerichtsgebäuden. Während er und weitere Personen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt dort ihrem Sport frönten, habe die Polizei eine aufwendige Beobachtungs- und Beschattungs-Aktion durchgeführt. Dabei sei sogar Bereitschaftspolizei aus dem südhessischen Mühlheim sowie eine Hightech-Beobachtungsgruppe des Hessischen Landeskriminalamtes zum Einsatz gelangt. Gewundert habe er sich, dass die Polizei sie zwischen den Gebäuden des Gerichts und des Gefängnisses unbehelligt Federball spielen ließ. Auf dem Heimweg sei die Gruppe mit ihren Fahrrädern dann von sieben oder acht Polizei-Autos angehalten und festgenommen worden. Beschuldigt wurde Bergstedt nun eines Angschlags auf die CDU-Kreisgeschäftsstelle in Gießen und mehrerer Farbschmierereien. All diese Taten sollten aber genau zu dem Zeitpunkt stattgefunden haben, wo Bergstedt unter aufwendiger Polizeilicher Beobachtung auf dem Grundstück beim Gericht Federball spielte.
Bergstedts Fazit lautete: Aus den Akten könne er entnehmen, dass die Polizei nicht einmal davor zurückschrecke, Straftaten zu erfinden. Eine wichtige Rolle spiele hier der hessische Innenminister Volker Bouffier, dessen Gießener Anwaltskanzlei häufig das Ziel von Farb- und Stinkbomben-Attacken geworden war. Bouffier selbst habe die aufwendige Polizei-Aktion gegen ihn und andere Mitglieder der Projektwerkstatt veranlasst. Ihm zuliebe habe man Bergstedt Straftaten untergeschoben, die es nie gegeben habe, um ihn hinter Gitter zu bringen. Zu Bergstedts Glück hatte das Bundesverfassungsgericht die Inhaftierung des Aktivisten jedoch einstweilen untersagt.
Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2007 bei Indymedia publiziert.
Franz-Josef Hanke
(Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union)
Harald Haack: Ein krimineller Fall von Beweisunterschiebung
telepolis: Wie verlässlich sind digitale Beweise?
Karl Weiss: Der Bundestrojaner und die unterschobene Straftat
Indymedia (03/2003):
Überfall von zivilen Mitarbeitern der Mordkommission
Kostenfreier Download der Rede des Referenten:
Teil 1 (18mb)
Teil 2 (24mb)
Teil 3 (16mb)
Weblink mit Dokumenten zum Download
polizeidoku-giessen
Jörg Bergstedt wies während seines Vortrags auf die Lügen, Fälschungen und Verdrehungen der Wahrheit durch Richter und Polizisten hin.
Als ersten Fall präsentierte Bergstedt die Ereignisse rund um den Erlass einer "Gefahrenabwehr-Verordnung" durch das Gießener Stadtparlament. Als Zuschauer bei der entscheidenden Sitzung dort ein Transparent entrollten, stürzten sich Polizeibeamte auf Bergstedt. Mehrere Beamte in Zivil hätten bereits im Saal gesessen, berichtete der Polit-Aktivist.
Stadtverordnetenvorsteher Gail habe jedoch viermal öffentlich bestritten, davon gewusst zu haben. Einmal habe er diese Behauptung sogar in einer Aussage vor Gericht aufgestellt. Der damalige Gießener Polizeipräsident Manfred Meise habe zunächst erklärt, die Polizei habe einen Fehler gemacht, zivile Beamte ohne Erlaubnis des Stadtverordnetenvorstehers im Saal zu postieren. Bei einem Strafverfahren erhielt Bergstedt jedoch Einsicht in Akten, die einen Bericht des Einsatzgruppen-Leiters des betreffenden Kommandos enthielten.
Darin berichtete der Beamte ausführlich, wie er Gail von Meise vor der Sitzung persönlich vorgestellt worden sei und dem Stadtverordnetenvorsteher Angaben zur Zahl seiner Beamten im Saal und zur Einsatz-Strategie gemacht habe. Nun bestätigte Meise bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, dass die Polizei Gail vorab über ihren Einsatz informiert hatte. Ein Verfahren gegen Gail wegen uneidlicher Falschaussage verlief dennoch im Sande.
Um Polizei-Aktionen gegen Kritiker der Gießener "Gefahrenabwehr-Verordnung" zu legitimieren, hatte Bürgermeister Heinz-Peter Haumann eine Bombendrohung einfach erfunden. In einer Pressemitteilung gab er sogar den Zeitpunkt ihres Eingangs an. Später bekundete er nur, er habe die Möglichkeit gewalttätiger Aktionen gegen die geplante Verordnung gesehen und sogar den Einsatz einer Bombe nicht ausgeschlossen. Eine konkrete Bombendrohung jedoch habe es nicht gegeben.
Trotz dieses großzügigen Umgangs mit der Wahrheit wurde der CDU-Politiker bei der Direktwahl zum Gießener Oberbürgermeister im September 2003 wieder ins höchste Amt der mittelhessischen Universitätsstadt entsandt.
Eine Dichterlesung vor den Gebäuden der Gießener Justiz bildete den Anlass für ein weiteres Fall-Beispiel in Bergstedts Vortrag. Aus dem harmlosen Vortrag literarischer Texte habe die Polizei zunächst einen Farb- und später sogar einen Brand-Anschlag konstruiert, den die "Literaten" geplant haben sollen. Mit dieser Begründung wurden zwölf Personen in "Unterbindungsgewahrsam" genommen. Zur Begründung argumentierte die Gießener Polizei nach seinen Unterlagen mit entsprechenden Plänen Bergstedts. Er habe sich während dieser Aktion jedoch in Marburg befunden, erklärte der Referent.
Als letzten Fall berichtete Bergstedt von einem Federballspiel zwischen den Gießener Gerichtsgebäuden. Während er und weitere Personen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt dort ihrem Sport frönten, habe die Polizei eine aufwendige Beobachtungs- und Beschattungs-Aktion durchgeführt. Dabei sei sogar Bereitschaftspolizei aus dem südhessischen Mühlheim sowie eine Hightech-Beobachtungsgruppe des Hessischen Landeskriminalamtes zum Einsatz gelangt. Gewundert habe er sich, dass die Polizei sie zwischen den Gebäuden des Gerichts und des Gefängnisses unbehelligt Federball spielen ließ. Auf dem Heimweg sei die Gruppe mit ihren Fahrrädern dann von sieben oder acht Polizei-Autos angehalten und festgenommen worden. Beschuldigt wurde Bergstedt nun eines Angschlags auf die CDU-Kreisgeschäftsstelle in Gießen und mehrerer Farbschmierereien. All diese Taten sollten aber genau zu dem Zeitpunkt stattgefunden haben, wo Bergstedt unter aufwendiger Polizeilicher Beobachtung auf dem Grundstück beim Gericht Federball spielte.
Bergstedts Fazit lautete: Aus den Akten könne er entnehmen, dass die Polizei nicht einmal davor zurückschrecke, Straftaten zu erfinden. Eine wichtige Rolle spiele hier der hessische Innenminister Volker Bouffier, dessen Gießener Anwaltskanzlei häufig das Ziel von Farb- und Stinkbomben-Attacken geworden war. Bouffier selbst habe die aufwendige Polizei-Aktion gegen ihn und andere Mitglieder der Projektwerkstatt veranlasst. Ihm zuliebe habe man Bergstedt Straftaten untergeschoben, die es nie gegeben habe, um ihn hinter Gitter zu bringen. Zu Bergstedts Glück hatte das Bundesverfassungsgericht die Inhaftierung des Aktivisten jedoch einstweilen untersagt.
Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2007 bei Indymedia publiziert.
Franz-Josef Hanke
(Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union)
Harald Haack: Ein krimineller Fall von Beweisunterschiebung
telepolis: Wie verlässlich sind digitale Beweise?
Karl Weiss: Der Bundestrojaner und die unterschobene Straftat
Indymedia (03/2003):
Überfall von zivilen Mitarbeitern der Mordkommission
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Teil 1 (18mb)
Teil 2 (24mb)
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onlineredaktion - 16. Feb, 08:56 Article 5817x read