Von Menschen und Medien: «Tischlein Entdeck Dich!»
Lukas Vogelsang - Das Tischlein ist gedeckt und der Roger Köppel (37) sitzt mit dem Lätzli vor seinen Aktien und leckt die Finger: 99,5 Prozent der Weltwoche gehören jetzt ihm – also die ganze Zeitung mit allem Plunder dazu (Bücher, Internet und so). In einer spektakulären Pokeraktion haben die ganz Grossen in den letzten Monaten gedealt – und dabei sind einige Krümmel neben den Tisch gefallen. Köppel hat nur erhalten, worum sich die Grossen nicht interessierten: Ein Köppel-Wochenblatt. Denn eines ist klar, Köppel hin oder her, die Weltwoche ist nicht der Spekulanten-Liebling.
Und da der Jetztalleinchef Köppel nun das Steuer in der Hand hat, kann ihm auch keiner mehr widersprechen. Wenn doch, so lässt der Köppel den Knüppel aus dem Sack und legt sich mächtig ins Zeug. Meistens ruft er dabei die Chefredaktoren an. Am 13. Februar 2005 titelte die NZZ (und das ist jetzt zufälligerweise ganz schnell im Internet zu googeln!) «Die Aufl age der ‹Weltwoche› brach abrupt ein, als sie vom ehemaligen Chefredaktor Roger Köppel auf SVP-Kurs gesteuert wurde.
Mittlerweile erholt sich das Wochenmagazin langsam wieder.» (Als dieser wieder gegangen war). Das gab Schelte. Jetzt ist er leider wieder zurück, zu 95 Prozent als Journalist und zu 5 Prozent als Verleger. («95 Prozent meiner Arbeit ist Journalismus» sagt er im «Schweizer Journalist».) Er meinte natürlich: «Ich bin Journalist, der gleichzeitig Verleger ist.» Herr Köppel, wir können lesen.
Aber ob das Köppelsyndrom funktionieren soll, haben wir in den letzten Monaten zu spüren bekommen. Seit Oktober ist der Köppel aus dem Sack und die Weltwoche inhaltlich am Boden. Einen solchen Mediensturzfl ug erlebt man selten.
Die aufreisserischen Artikel von Naomi Campbell oder Jack Nicholson waren nur abgeschriebene BlaBla-Texte, der Rest entsprang der SVP-Parteihymne. Nichts von dem verschwörerischen «wir sind doch faktisch das einzige Blatt, das andere Akzente setzt, auch die scheinbar ganz fest gefügten Gewissheiten in Frage stellt.» (Zitat Köppel im «Schweizer Journalist»). Genau dies ist doch der Leitsatz der SVP!
In der Weihnachtsnummer («Was wirklich zählt») haben Sie, Herr Köppel, uns zum Beispiel das SVP-Bild der Frau eingehämmert: Entweder sie sieht gut aus (SEX!) oder trägt einen Öko-Strickpulli (Suggeriert: Frau hat nichts zu sagen.), redet über Sex (SEX!) oder Soziales (Suggeriert: Frau hat nichts zu sagen.) Und wenn von alle dem nichts ist, dann muss noch ein Sexthema her. «Sex sells», denn jetzt ist der Köppel aus dem Sack und der zeigt uns, wie’s geht. «Die bestverkaufte Ausgabe der letzten drei Jahre war das ‹Femal Brain›-Cover mit dem Bild von Marilyn Monroe.» (Zitat Köppel im «Schweizer Journalist».)
Traurig, oder? Gerade jetzt, wo die Weltwoche im Sommer einen Höhefl ug hatte. Gerade jetzt, wo’s spannend wurde, weil eine kritische Redaktion Mut fasste und nach all den turbulenten Jahren eine Wochenzeitung wirklich Biss und Farbe erhielt. Wo wir LeserInnen mit roten Klobrillenrändern durch die Welt marschieren und dabei ein gutes, gebildetes Gefühl hatten… Einzig ein Satz von Köppel selbst rechtfertigt die 29-köpfi ge Jury, welche ihn Ende 2006 zum «Journalist des Jahres» kürte: «Ich hoffe nur, dass Sie mir den Preis nicht aus Mitleid gegeben haben.» Vielleicht hatte die Jury ja wirklich Hoffnungen - oder zuwenig Sex.
Der Tisch ist gedeckt, doch was mir serviert wird, schmeckt nicht. Im Gegenteil, mir ist schlecht. Und wie im Grimm-Märchen «Tischlein deck dich» rufe ich mit letzter Kraft: «Knüppel in den Sack!»
"Von Menschen und Medien" erscheint im Berner kult und Kulturmagazin ensuite
Und da der Jetztalleinchef Köppel nun das Steuer in der Hand hat, kann ihm auch keiner mehr widersprechen. Wenn doch, so lässt der Köppel den Knüppel aus dem Sack und legt sich mächtig ins Zeug. Meistens ruft er dabei die Chefredaktoren an. Am 13. Februar 2005 titelte die NZZ (und das ist jetzt zufälligerweise ganz schnell im Internet zu googeln!) «Die Aufl age der ‹Weltwoche› brach abrupt ein, als sie vom ehemaligen Chefredaktor Roger Köppel auf SVP-Kurs gesteuert wurde.
Mittlerweile erholt sich das Wochenmagazin langsam wieder.» (Als dieser wieder gegangen war). Das gab Schelte. Jetzt ist er leider wieder zurück, zu 95 Prozent als Journalist und zu 5 Prozent als Verleger. («95 Prozent meiner Arbeit ist Journalismus» sagt er im «Schweizer Journalist».) Er meinte natürlich: «Ich bin Journalist, der gleichzeitig Verleger ist.» Herr Köppel, wir können lesen.
Aber ob das Köppelsyndrom funktionieren soll, haben wir in den letzten Monaten zu spüren bekommen. Seit Oktober ist der Köppel aus dem Sack und die Weltwoche inhaltlich am Boden. Einen solchen Mediensturzfl ug erlebt man selten.
Die aufreisserischen Artikel von Naomi Campbell oder Jack Nicholson waren nur abgeschriebene BlaBla-Texte, der Rest entsprang der SVP-Parteihymne. Nichts von dem verschwörerischen «wir sind doch faktisch das einzige Blatt, das andere Akzente setzt, auch die scheinbar ganz fest gefügten Gewissheiten in Frage stellt.» (Zitat Köppel im «Schweizer Journalist»). Genau dies ist doch der Leitsatz der SVP!
In der Weihnachtsnummer («Was wirklich zählt») haben Sie, Herr Köppel, uns zum Beispiel das SVP-Bild der Frau eingehämmert: Entweder sie sieht gut aus (SEX!) oder trägt einen Öko-Strickpulli (Suggeriert: Frau hat nichts zu sagen.), redet über Sex (SEX!) oder Soziales (Suggeriert: Frau hat nichts zu sagen.) Und wenn von alle dem nichts ist, dann muss noch ein Sexthema her. «Sex sells», denn jetzt ist der Köppel aus dem Sack und der zeigt uns, wie’s geht. «Die bestverkaufte Ausgabe der letzten drei Jahre war das ‹Femal Brain›-Cover mit dem Bild von Marilyn Monroe.» (Zitat Köppel im «Schweizer Journalist».)
Traurig, oder? Gerade jetzt, wo die Weltwoche im Sommer einen Höhefl ug hatte. Gerade jetzt, wo’s spannend wurde, weil eine kritische Redaktion Mut fasste und nach all den turbulenten Jahren eine Wochenzeitung wirklich Biss und Farbe erhielt. Wo wir LeserInnen mit roten Klobrillenrändern durch die Welt marschieren und dabei ein gutes, gebildetes Gefühl hatten… Einzig ein Satz von Köppel selbst rechtfertigt die 29-köpfi ge Jury, welche ihn Ende 2006 zum «Journalist des Jahres» kürte: «Ich hoffe nur, dass Sie mir den Preis nicht aus Mitleid gegeben haben.» Vielleicht hatte die Jury ja wirklich Hoffnungen - oder zuwenig Sex.
Der Tisch ist gedeckt, doch was mir serviert wird, schmeckt nicht. Im Gegenteil, mir ist schlecht. Und wie im Grimm-Märchen «Tischlein deck dich» rufe ich mit letzter Kraft: «Knüppel in den Sack!»

sfux - 20. Feb, 07:49 Article 1579x read