Schweizer Terrorprozess: Schlappe für Bundesanwaltschaft
Swissinfo - Der erste Prozess in der Schweiz gegen angebliche Helfer des Terrornetzwerks Al Kaida hat mit einem Freispruch für alle sieben Angeklagten aus Jemen, Irak und Somalia geendet.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona verurteilte die Beschuldigten lediglich wegen Verstössen gegen das Ausländergesetz. Sie erhalten finanzielle Entschädigungen.
Richter Bernard Bertossa hielt in seiner Urteilsbegründung fest, dass die Angeklagten keine terroristische Tat unterstützt hätten. Von den Anklagepunkten Bestechung von Amtsträgern, In-Umlauf-Setzen von Falschgeld, Betrug, Hehlerei und Bildung einer kriminellen Organisation wurden die Angeklagten ebenfalls freigesprochen.
Der stellvertretende Bundesanwalt Claude Nicati hatte für die drei Hauptangeklagten je viereinhalb Jahre Gefängnis verlangt.
Teure Wiedergutmachung
Auch von den zahlreichen anderen Anklagepunkten blieben nur die Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz sowie in einem Fall das Fälschen von Ausweisen. Bedingte Freiheitsstrafen von maximal elf Monaten lautet das Urteil.
Zwei Angeklagte haben mehr als ein Jahr Untersuchungshaft abgesessen. Der Staat muss ihnen Entschädigungen von bis zu 93'000 Franken zahlen.
"Rechtsstaatlichkeit obsiegt"
Nicati zeigte sich erstaunt und warnte vor einer Banalisierung des Straftatbestands der kriminellen Organisation. Die Verteidigung sah sich bestätigt. Noch sind drei weitere Verfahren im Umfeld des islamistischen Terrorismus hängig.
Befriedigt zeigte sich hingegen der Pflichtverteidiger des Hauptangeklagten, eines 59-jährigen Jemeniten. Er sei froh, dass sich die Rechtstaatlichkeit vor Gericht durchgesetzt habe, sagte der Anwalt.
Der Hauptangeklagte hatte vor Gericht zwar zugegeben, Kontakt zu dem mutmasslichen Terroristen Abdullah al Rimi gehabt zu haben. Auf dessen Forderung, ihm einen gefälschten Pass zu besorgen, sei er aber nicht eingegangen.
In einem der laufenden Fälle - es geht um Terroraufrufe im Internet - hat die Schweizerische Bundesanwaltschaft (BA) soeben Anklage in Bellinzona erhoben. Zwei weitere Verfahren sind beim Eidgenössischen Untersuchungsrichteramt hängig. Ende Mai 2005 hatte Nicati bereits den Terrorfinanzierungsfall Nada/Al Taqwa mangels Beweisen einstellen müssen.
Erst Getöse, dann Abflauen
Der Fall hatte Anfang 2004 wegen einer Razzia in fünf Kantonen und zehn Verhaftungen für grosses Aufsehen gesorgt. Der Auslöser für die Ermittlungen der BA waren die Terroranschläge in Riad vom 12. Mai 2003, bei denen Prepaid-Handys mit Schweizer Nummern eine Rolle gespielt hatten. Der Verdacht lautete auf Unterstützung des Terrornetzwerks Al Kaida.
Die Affäre redimensionierte sich aber bereits im Laufe der Ermittlungen. Gegen den Antrag des Eidgenössischen Untersuchungsrichters erhob die BA aber nicht nur gegen zwei, sondern gegen sieben Beschuldigte Anklage in Bellinzona.
Der Hauptanklagepunkt lautete auf Beteiligung und Unterstützung einer kriminellen Organisation in Form einer Schlepperbande. In zwei Fällen wurden auch Kontakte zu einem Kaida-Terroristen geltend gemacht.
Gefahr überbewertet
Die terroristische Bedrohung in der Schweiz sei nach den Anschlägen in den USA vom 11. September 2001 marginal geblieben, sagte der Bücherautor und Terrorismus-Spezialist Jacques Baud am Mittwoch. "Nach dem 11. September war die Schweiz nicht stärker bedroht als zuvor."
Zu diesem Schluss war 2004 auch der damalige Bundesanwalt Valentin Roschacher gekommen. Er nannte nur mutmassliche Delikte wie logistische und finanzielle Unterstützung.
Die wenigen Individuen, die mit der nebulösen El Kaida in Verbindung stünden, hätten die Schweiz offenbar als logistische oder finanzielle Basis benutzt.
Die Terror-Gefahr ist laut Baud unter US-amerikanischem Einfluss überbewertet worden. Die Anschläge von London oder Madrid hätten aber gezeigt, dass die radikalen Bewegungen eine Kampfstrategie bevorzugten, die auf die Protagonisten des Irak-Krieges auf deren eigenen Gebiet zielte.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona verurteilte die Beschuldigten lediglich wegen Verstössen gegen das Ausländergesetz. Sie erhalten finanzielle Entschädigungen.
Richter Bernard Bertossa hielt in seiner Urteilsbegründung fest, dass die Angeklagten keine terroristische Tat unterstützt hätten. Von den Anklagepunkten Bestechung von Amtsträgern, In-Umlauf-Setzen von Falschgeld, Betrug, Hehlerei und Bildung einer kriminellen Organisation wurden die Angeklagten ebenfalls freigesprochen.
Der stellvertretende Bundesanwalt Claude Nicati hatte für die drei Hauptangeklagten je viereinhalb Jahre Gefängnis verlangt.
Teure Wiedergutmachung
Auch von den zahlreichen anderen Anklagepunkten blieben nur die Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz sowie in einem Fall das Fälschen von Ausweisen. Bedingte Freiheitsstrafen von maximal elf Monaten lautet das Urteil.
Zwei Angeklagte haben mehr als ein Jahr Untersuchungshaft abgesessen. Der Staat muss ihnen Entschädigungen von bis zu 93'000 Franken zahlen.
"Rechtsstaatlichkeit obsiegt"
Nicati zeigte sich erstaunt und warnte vor einer Banalisierung des Straftatbestands der kriminellen Organisation. Die Verteidigung sah sich bestätigt. Noch sind drei weitere Verfahren im Umfeld des islamistischen Terrorismus hängig.
Befriedigt zeigte sich hingegen der Pflichtverteidiger des Hauptangeklagten, eines 59-jährigen Jemeniten. Er sei froh, dass sich die Rechtstaatlichkeit vor Gericht durchgesetzt habe, sagte der Anwalt.
Der Hauptangeklagte hatte vor Gericht zwar zugegeben, Kontakt zu dem mutmasslichen Terroristen Abdullah al Rimi gehabt zu haben. Auf dessen Forderung, ihm einen gefälschten Pass zu besorgen, sei er aber nicht eingegangen.
In einem der laufenden Fälle - es geht um Terroraufrufe im Internet - hat die Schweizerische Bundesanwaltschaft (BA) soeben Anklage in Bellinzona erhoben. Zwei weitere Verfahren sind beim Eidgenössischen Untersuchungsrichteramt hängig. Ende Mai 2005 hatte Nicati bereits den Terrorfinanzierungsfall Nada/Al Taqwa mangels Beweisen einstellen müssen.
Erst Getöse, dann Abflauen
Der Fall hatte Anfang 2004 wegen einer Razzia in fünf Kantonen und zehn Verhaftungen für grosses Aufsehen gesorgt. Der Auslöser für die Ermittlungen der BA waren die Terroranschläge in Riad vom 12. Mai 2003, bei denen Prepaid-Handys mit Schweizer Nummern eine Rolle gespielt hatten. Der Verdacht lautete auf Unterstützung des Terrornetzwerks Al Kaida.
Die Affäre redimensionierte sich aber bereits im Laufe der Ermittlungen. Gegen den Antrag des Eidgenössischen Untersuchungsrichters erhob die BA aber nicht nur gegen zwei, sondern gegen sieben Beschuldigte Anklage in Bellinzona.
Der Hauptanklagepunkt lautete auf Beteiligung und Unterstützung einer kriminellen Organisation in Form einer Schlepperbande. In zwei Fällen wurden auch Kontakte zu einem Kaida-Terroristen geltend gemacht.
Gefahr überbewertet
Die terroristische Bedrohung in der Schweiz sei nach den Anschlägen in den USA vom 11. September 2001 marginal geblieben, sagte der Bücherautor und Terrorismus-Spezialist Jacques Baud am Mittwoch. "Nach dem 11. September war die Schweiz nicht stärker bedroht als zuvor."
Zu diesem Schluss war 2004 auch der damalige Bundesanwalt Valentin Roschacher gekommen. Er nannte nur mutmassliche Delikte wie logistische und finanzielle Unterstützung.
Die wenigen Individuen, die mit der nebulösen El Kaida in Verbindung stünden, hätten die Schweiz offenbar als logistische oder finanzielle Basis benutzt.
Die Terror-Gefahr ist laut Baud unter US-amerikanischem Einfluss überbewertet worden. Die Anschläge von London oder Madrid hätten aber gezeigt, dass die radikalen Bewegungen eine Kampfstrategie bevorzugten, die auf die Protagonisten des Irak-Krieges auf deren eigenen Gebiet zielte.
sfux - 1. Mär, 07:47 Article 1828x read