Schießbefehl gegen Deutsche – vielleicht schon morgen
Michael Schulze von Glaßer - Kriegseifrig und sensationslüstern sprach die Bild-Zeitung vom „Kriegszustand“ und bezog sich auf die Ausschreitungen bei der Großdemo gegen den G8-Gipfel am 2.Juni 2007 in Rostock. Zwar gab es erhebliche Ausschreitungen – es wurden sogar Autos angezündet und es gab Hunderte von Verletzten – doch damit schon von einem „Kriegszustand“ zu sprechen, aber ist politische Manipulation und hat mit Presse nichts mehr gemein, denn eine Ausrufung des „Kriegszustandes“ im Innern Deutschlands zöge unweigerlich den Einsatz der Bundeswehr mit sich – mit allen schrecklichen Konsequenzen.
Doch das Drängen der Springer-Presse auf eine Ausrufung des Kriegsrechts in Deutschland war wieder einmal unnötig; auch ohne „Kriegszustand“ war die Bundeswehr beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm im Einsatz. Als im Grundgesetz festgelegte „Amtshilfe“ nannten es die Militärs. Doch wie weit geht diese „Amtshilfe“?
Die „Amtshilfe“ ist rechtlich im Artikel 35 des Grundgesetzes festgelegt:
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
(2) […] Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.
(3) […]
Das Land Mecklenburg-Vorpommern und das Bundespresseamt haben die Streitkräfte der Bundeswehr kurz vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm angefordert und prompt Hilfe bekommen. Gemäß den Angaben der Bundeswehr waren 1.100 Soldaten im Einsatz.
Als „Naturkatastrophe“ kann der G8-Gipfel, obwohl es nur einen faulen Klima-Kompromiss gab, nicht bezeichnet werden. Ein „Unglücksfall“ ist solch ein Gipfel zwar für die Polizei, die bei der Veranstaltung enorm beansprucht wird, doch ist der G8-Gipfel rechtlich kein „Unglücksfall“ gewesen. Auf welcher rechtlichen Grundlage der Bundeswehreinsatz beim G8-Gipfel also stand, oder ob er schlicht illegal war, ist strittig – er wurde schnell und unverzüglich am Bundestag vorbei erledigt. Dabei ist auch zu bemerken, dass der Einsatz erst kurz vor dem G8-Gipfel öffentlich gemacht wurde – zu spät, um dagegen etwas zutun.
Bundeswehreinsatz beim G8-Gipfel 2007
Zu Land waren rund ein Dutzend Spähpanzer vom Typ „Fennek“ im Einsatz. Das moderne Vehikel ist noch relativ neu im Fuhrpark der Bundeswehr und mit den neusten High-Tech-Überwachungskameras und sogar einer kleinen flugfähigen Drohne ausgestattet. Umstritten ist der Einsatz der Fahrzeuge, weil die Bundespolizei – ehemals Bundesgrenzschutz – und der Zoll dieselbe Überwachungstechnik besitzen. Auf Autobahnbrücken in der Nähe des Zivil- und Militärflughafens Rostock-Laage, über den die Staats- und Regierungschefs zum Gipfel anreisten, waren die Spähpanzer unter anderem zur Überwachung des Straßenverkehrs im Einsatz. Dies geschah mit Infrarotkameras, so genannten FLIR-/IR-Kameras, welche auch an Hubschraubern der Polizei installiert sind.
Zu Wasser war neben der Küstenwache, die der Bundespolizei unterstellt ist, auch ein Großaufgebot der Marine im Einsatz. Neben einer Fregatte waren zwei Minenjagdboote im Einsatz. Wahrscheinlich waren es diese Boote, die am 2.Juni innerhalb der acht Seemeilen Sperrzone vor dem Tagungshotel der G8 in Heiligendamm eine alte Seemine aus dem zweiten Weltkrieg gefunden haben. Die Sprengung der Mine lief allerdings schief und brachte nur die Erkenntnis, dass die Mine „nicht scharf“ ist, so der Sprecher der G8-Polizeieinheit „Kavala“, Axel Falkenberg. Zum Einsatz kamen außerdem sechs Verbindungsboote der Marine. Diese waren auch dringend nötig, hatten Gipfelgegner es doch geschafft den Landweg nach Heiligendamm durch Sitzblockaden an allen Stellen zu blockieren. So mussten Angestellte des Tagungshotels, Dolmetscher und auch Journalisten per Boot ein geschippert oder per Helikopter eingeflogen werden. Neben den deutschen Marineeinheiten waren übrigens auch ausländische Kriegsschiffe im Einsatz. So soll auch die US-Marine mit zwei Schiffen, darunter einem Zerstörer, im Einsatz vor der deutschen Ostseeküste gewesen sein.
Zu Luft waren die deutsche Luftwaffe und auch das deutsche Heer nach eigenen Angaben mit drei Hubschraubern des Typs CH-53 im Einsatz. Die Hubschrauber, welche auch in Afghanistan und bei anderen Auslandseinsätzen der Bundeswehr eingesetzt werden, sollten bei der Logistik vor Ort helfen – vor allem zum Personentransport.
Jedoch kreisten die Hubschrauber auch Minuten lang über den Blockaden der G8-Gegner. AWACS-Aufklärungsflugzeuge der NATO sollen, wie schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, auch beim G8-Gipfel 2007 im Einsatz gewesen sein. Der Höhepunkt soll der Einsatz so genannte RECCE-Tornados der Luftwaffe gewesen sein. Die Kampfflugzeuge werden durch den mit Kameras ausgestatteten RECCE-Pod zu Aufklärungsfliegern. Erst im März stimmte der Bundestag über die Entsendung von RECCE-Tornados nach Afghanistan ab.
Heute schon im Innern aktiv: Viele Inlandseinsätze der Bundeswehr im Jahr 2006 waren legitime Katastrophenhilfe:
Am 2.Januar 2006 wurde die Armee in Bad Reichenhall angefordert. Rund 100 Soldaten halfen bei der Bergung und Versorgung von Verletzten, die beim Zusammenbruch einer Eissporthalle unter großer Schneelast begraben wurden.
Mitte Februar forderte die Regierung von Oberbayern die Bundeswehr an. Um die Dächern von den enormen Schneelasten zu befreien, die drohten unter dem Gewicht einzukrachen, wurden in die Region 3.000 Soldaten der Bundeswehr entsandt.
Bis zum 3.März 2006 war die Bundeswehr in Norddeutschland im ABC-Einsatz. Wegen des Vogelgrippeeinsatzes waren 900 Soldaten im Einsatz und sammelten tote Vögel oder dekontaminierten Fahrzeuge.
Ende März des gleichen Jahres forderte das Bundesland Sachsen die Bundeswehr an. Bei dem Einsatz von 5.200 Soldaten ging es um Katastrophenalarm wegen Hochwassers.
Nicht legitime Bundeswehreinsätze im Inland hat es dagegen in den Jahren so oft gegeben wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik – obwohl sie vom Grundgesetz her verboten sind.
Hier zwei Beispiele jener Bundeswehreinsätze von 2006 im Inland, die keine Katastrophenfälle gewesen sein können:
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2006 war die Bundeswehr mit etwa 2.000 Soldaten im Einsatz. Weitere 5.000 standen in Bereitschaft. Außerdem sorgte die Bundeswehr für die Unterbringung von 3.500 Polizisten, stellte nach eigenen Angaben 150.000 Mahlzeiten für die Polizisten zur Verfügung und war selbst mit 200 Fahrzeugen, darunter auch Panzern, an Ort und Stelle.
Mitte Juli 2006 stattete der US-amerikanische Präsident, George W. Bush, auf Einladung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Osten Deutschlands, insbesondere Stralsund, einen Besuch ab. 500 Soldaten waren im Einsatz, rund 4.200 Angehörige anderer Sicherheitskräfte wurden auf Militärgeländen der Bundeswehr untergebracht.
Rechtfertigungsversuche der Regierung für solche Einsätze gibt es. Mal werden die Einsätze als, wie angeblich jetzt beim G8-Gipfel 2007, als „Amtshilfen“ ausgelegt oder sie werden lapidar als „Naturkatastrophen“ ausgewiesen, woraufhin mit keinem großen Protest zu rechnen ist. Die beliebteste Begründung seitens der Militärfanatiker aber ist die Bekämpfung des „Terrorismus“ mittels Bundeswehr im Innern.
Keine eindeutige Legitimität hatte der Einsatz der Bundeswehr beim Besuch des US-amerikanischen Präsidenten, als er zur privaten Grillpartie der Kanzlerin Merkel anreiste. Der Bundeswehr-Einsatz beim G8-Gipfel 2007 ist nun ebenso umstritten. Die Forderung, nach der Inlandseinsätze der Bundeswehr in Deutschland auch vom Grundgesetz abgesichert werden, wird bei Krawallen oder bei mutmaßlicher Terrorgefahr immer wieder laut. Besonders die Anti-Terror-Kämpfer der Union, in der ersten Reihe Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und „Kriegsminister“ Franz-Josef Jung, versuchen Inlandseinsätze schon seit längerem auf ein festes rechtliches Fundament zu stellen – bisher scheiterten sie am Verfassungsgericht. Und so werden die Gesetze dreist ohne rechtliche Grundlage von den Militärs ausgehöhlt.
Nebenbei wird versucht die Bundeswehr fester in die Zivilgesellschaft zu integrieren, um die Bevölkerung schon mal auf die Bundeswehrsoldaten, die durch ihre Städte ziehen, vorzubereiten. Dazu organisiert die Armee Sportveranstaltungen, sponsert öffentliche Veranstaltungen und versucht – vor allem bei jungen Menschen – massiv zu werben. Über 600 Reklameeinsätze in Schulen, auf Messen und in Innenstädten hat die Bundeswehr für 2007 geplant. Dafür hat sie extra Werbe-Fahrzeuge und Personal abgestellt.
Kampfpanzer statt Wasserwerfern?
Die Frage ist also: Wollen wir die Bundeswehr überhaupt im Innern? Ob die Regierung auf die Bevölkerung hört, ist natürlich eine andere Sache – Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger war gegen die Entsendung von Tornado-Kampfflugzeugen nach Afghanistan – trotzdem stimmte das Parlament dem Einsatz zu.
Der legitime Einsatz der Bundeswehr im Inland würde auf jeden Fall zu einem deutlich höheren Militäreinsatz im zivilen Raum führen. Bürgerinnen und Bürger müssten sich an die massive Präsenz von Soldaten an den Straßen gewöhnen.
Übernimmt die Bundeswehr polizeiliche Aufgaben – was ziemlich wahrscheinlich ist – ist anzumerken, dass die Bundeswehr für solche Missionen gar nicht umfassend ausgebildet ist. Bei der Armee liegt der Schwerpunkt der Ausbildung mehr im Töten und Überleben als im sozial-psychologischen Kontakt mit Menschen wie bei der Polizei. Dabei ist die Bundeswehr das perfekte Repressionsorgan: Abschreckend und mit enormer Durchschlagskraft. Orwells „1984“ käme der Bundesrepublik durch eine nach innen gewandte Armee näher.
Warum soll die Bundeswehr überhaupt im Innern eingesetzt werden?
Bisher wurde die Sicherheit im Inland auch ohne die Armee gewährleistet. Dass bei der Polizei gespart wird und das Geld stattdessen in die Armee fließt, ist jedoch schon seit Jahren zu beobachten und wird besonders von der Polizeigewerkschaft bemängelt.
Ein CH-53 Hubschrauber auf dem deutlich die Aufschrift „HEER“ zu lesen war, kreiste am 6.Juni 2007 minutenlang über einer G8-Blockade in dem kleinen Dorf „Rethwisch-Börgerende“ in der Nähe von Heiligendamm.
© Foto: onlineredaktion jnvh
Viele Menschen können sich Großeinsätze der Polizei nicht vorstellen – dass über 50 Polizeifahrzeuge mit Blaulicht an ihnen vorbei rasen, kommt jedoch oft vor – bei Fußballspielen oder politischen Ereignissen wie dem G8-Gipfel oder auch den Castor-Transporten nach Gorleben. So ist es leider auch für die meisten Menschen unvorstellbar, wie solch ein Einsatz mit Bundeswehrfahrzeugen und Soldaten aussähe – wenn auf einmal Militär-Konvois durch die Stadt fahren und Soldaten im Gleichschritt durch die Straßen marschieren. Diese Bilder wird es mit einem Bundeswehreinsatz im Innern geben!
Führe also der legitime Einsatz der Bundeswehr im Inland nicht zum „Kriegszustand“ – implizit eines Schießbefehls?
Doch das Drängen der Springer-Presse auf eine Ausrufung des Kriegsrechts in Deutschland war wieder einmal unnötig; auch ohne „Kriegszustand“ war die Bundeswehr beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm im Einsatz. Als im Grundgesetz festgelegte „Amtshilfe“ nannten es die Militärs. Doch wie weit geht diese „Amtshilfe“?
Die „Amtshilfe“ ist rechtlich im Artikel 35 des Grundgesetzes festgelegt:
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
(2) […] Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.
(3) […]
Das Land Mecklenburg-Vorpommern und das Bundespresseamt haben die Streitkräfte der Bundeswehr kurz vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm angefordert und prompt Hilfe bekommen. Gemäß den Angaben der Bundeswehr waren 1.100 Soldaten im Einsatz.
Als „Naturkatastrophe“ kann der G8-Gipfel, obwohl es nur einen faulen Klima-Kompromiss gab, nicht bezeichnet werden. Ein „Unglücksfall“ ist solch ein Gipfel zwar für die Polizei, die bei der Veranstaltung enorm beansprucht wird, doch ist der G8-Gipfel rechtlich kein „Unglücksfall“ gewesen. Auf welcher rechtlichen Grundlage der Bundeswehreinsatz beim G8-Gipfel also stand, oder ob er schlicht illegal war, ist strittig – er wurde schnell und unverzüglich am Bundestag vorbei erledigt. Dabei ist auch zu bemerken, dass der Einsatz erst kurz vor dem G8-Gipfel öffentlich gemacht wurde – zu spät, um dagegen etwas zutun.
Bundeswehreinsatz beim G8-Gipfel 2007
Zu Land waren rund ein Dutzend Spähpanzer vom Typ „Fennek“ im Einsatz. Das moderne Vehikel ist noch relativ neu im Fuhrpark der Bundeswehr und mit den neusten High-Tech-Überwachungskameras und sogar einer kleinen flugfähigen Drohne ausgestattet. Umstritten ist der Einsatz der Fahrzeuge, weil die Bundespolizei – ehemals Bundesgrenzschutz – und der Zoll dieselbe Überwachungstechnik besitzen. Auf Autobahnbrücken in der Nähe des Zivil- und Militärflughafens Rostock-Laage, über den die Staats- und Regierungschefs zum Gipfel anreisten, waren die Spähpanzer unter anderem zur Überwachung des Straßenverkehrs im Einsatz. Dies geschah mit Infrarotkameras, so genannten FLIR-/IR-Kameras, welche auch an Hubschraubern der Polizei installiert sind.
Zu Wasser war neben der Küstenwache, die der Bundespolizei unterstellt ist, auch ein Großaufgebot der Marine im Einsatz. Neben einer Fregatte waren zwei Minenjagdboote im Einsatz. Wahrscheinlich waren es diese Boote, die am 2.Juni innerhalb der acht Seemeilen Sperrzone vor dem Tagungshotel der G8 in Heiligendamm eine alte Seemine aus dem zweiten Weltkrieg gefunden haben. Die Sprengung der Mine lief allerdings schief und brachte nur die Erkenntnis, dass die Mine „nicht scharf“ ist, so der Sprecher der G8-Polizeieinheit „Kavala“, Axel Falkenberg. Zum Einsatz kamen außerdem sechs Verbindungsboote der Marine. Diese waren auch dringend nötig, hatten Gipfelgegner es doch geschafft den Landweg nach Heiligendamm durch Sitzblockaden an allen Stellen zu blockieren. So mussten Angestellte des Tagungshotels, Dolmetscher und auch Journalisten per Boot ein geschippert oder per Helikopter eingeflogen werden. Neben den deutschen Marineeinheiten waren übrigens auch ausländische Kriegsschiffe im Einsatz. So soll auch die US-Marine mit zwei Schiffen, darunter einem Zerstörer, im Einsatz vor der deutschen Ostseeküste gewesen sein.
Zu Luft waren die deutsche Luftwaffe und auch das deutsche Heer nach eigenen Angaben mit drei Hubschraubern des Typs CH-53 im Einsatz. Die Hubschrauber, welche auch in Afghanistan und bei anderen Auslandseinsätzen der Bundeswehr eingesetzt werden, sollten bei der Logistik vor Ort helfen – vor allem zum Personentransport.
Jedoch kreisten die Hubschrauber auch Minuten lang über den Blockaden der G8-Gegner. AWACS-Aufklärungsflugzeuge der NATO sollen, wie schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, auch beim G8-Gipfel 2007 im Einsatz gewesen sein. Der Höhepunkt soll der Einsatz so genannte RECCE-Tornados der Luftwaffe gewesen sein. Die Kampfflugzeuge werden durch den mit Kameras ausgestatteten RECCE-Pod zu Aufklärungsfliegern. Erst im März stimmte der Bundestag über die Entsendung von RECCE-Tornados nach Afghanistan ab.
Heute schon im Innern aktiv: Viele Inlandseinsätze der Bundeswehr im Jahr 2006 waren legitime Katastrophenhilfe:
Am 2.Januar 2006 wurde die Armee in Bad Reichenhall angefordert. Rund 100 Soldaten halfen bei der Bergung und Versorgung von Verletzten, die beim Zusammenbruch einer Eissporthalle unter großer Schneelast begraben wurden.
Mitte Februar forderte die Regierung von Oberbayern die Bundeswehr an. Um die Dächern von den enormen Schneelasten zu befreien, die drohten unter dem Gewicht einzukrachen, wurden in die Region 3.000 Soldaten der Bundeswehr entsandt.
Bis zum 3.März 2006 war die Bundeswehr in Norddeutschland im ABC-Einsatz. Wegen des Vogelgrippeeinsatzes waren 900 Soldaten im Einsatz und sammelten tote Vögel oder dekontaminierten Fahrzeuge.
Ende März des gleichen Jahres forderte das Bundesland Sachsen die Bundeswehr an. Bei dem Einsatz von 5.200 Soldaten ging es um Katastrophenalarm wegen Hochwassers.
Nicht legitime Bundeswehreinsätze im Inland hat es dagegen in den Jahren so oft gegeben wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik – obwohl sie vom Grundgesetz her verboten sind.
Hier zwei Beispiele jener Bundeswehreinsätze von 2006 im Inland, die keine Katastrophenfälle gewesen sein können:
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2006 war die Bundeswehr mit etwa 2.000 Soldaten im Einsatz. Weitere 5.000 standen in Bereitschaft. Außerdem sorgte die Bundeswehr für die Unterbringung von 3.500 Polizisten, stellte nach eigenen Angaben 150.000 Mahlzeiten für die Polizisten zur Verfügung und war selbst mit 200 Fahrzeugen, darunter auch Panzern, an Ort und Stelle.
Mitte Juli 2006 stattete der US-amerikanische Präsident, George W. Bush, auf Einladung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Osten Deutschlands, insbesondere Stralsund, einen Besuch ab. 500 Soldaten waren im Einsatz, rund 4.200 Angehörige anderer Sicherheitskräfte wurden auf Militärgeländen der Bundeswehr untergebracht.
Rechtfertigungsversuche der Regierung für solche Einsätze gibt es. Mal werden die Einsätze als, wie angeblich jetzt beim G8-Gipfel 2007, als „Amtshilfen“ ausgelegt oder sie werden lapidar als „Naturkatastrophen“ ausgewiesen, woraufhin mit keinem großen Protest zu rechnen ist. Die beliebteste Begründung seitens der Militärfanatiker aber ist die Bekämpfung des „Terrorismus“ mittels Bundeswehr im Innern.
Keine eindeutige Legitimität hatte der Einsatz der Bundeswehr beim Besuch des US-amerikanischen Präsidenten, als er zur privaten Grillpartie der Kanzlerin Merkel anreiste. Der Bundeswehr-Einsatz beim G8-Gipfel 2007 ist nun ebenso umstritten. Die Forderung, nach der Inlandseinsätze der Bundeswehr in Deutschland auch vom Grundgesetz abgesichert werden, wird bei Krawallen oder bei mutmaßlicher Terrorgefahr immer wieder laut. Besonders die Anti-Terror-Kämpfer der Union, in der ersten Reihe Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und „Kriegsminister“ Franz-Josef Jung, versuchen Inlandseinsätze schon seit längerem auf ein festes rechtliches Fundament zu stellen – bisher scheiterten sie am Verfassungsgericht. Und so werden die Gesetze dreist ohne rechtliche Grundlage von den Militärs ausgehöhlt.
Nebenbei wird versucht die Bundeswehr fester in die Zivilgesellschaft zu integrieren, um die Bevölkerung schon mal auf die Bundeswehrsoldaten, die durch ihre Städte ziehen, vorzubereiten. Dazu organisiert die Armee Sportveranstaltungen, sponsert öffentliche Veranstaltungen und versucht – vor allem bei jungen Menschen – massiv zu werben. Über 600 Reklameeinsätze in Schulen, auf Messen und in Innenstädten hat die Bundeswehr für 2007 geplant. Dafür hat sie extra Werbe-Fahrzeuge und Personal abgestellt.
Kampfpanzer statt Wasserwerfern?
Die Frage ist also: Wollen wir die Bundeswehr überhaupt im Innern? Ob die Regierung auf die Bevölkerung hört, ist natürlich eine andere Sache – Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger war gegen die Entsendung von Tornado-Kampfflugzeugen nach Afghanistan – trotzdem stimmte das Parlament dem Einsatz zu.
Der legitime Einsatz der Bundeswehr im Inland würde auf jeden Fall zu einem deutlich höheren Militäreinsatz im zivilen Raum führen. Bürgerinnen und Bürger müssten sich an die massive Präsenz von Soldaten an den Straßen gewöhnen.
Übernimmt die Bundeswehr polizeiliche Aufgaben – was ziemlich wahrscheinlich ist – ist anzumerken, dass die Bundeswehr für solche Missionen gar nicht umfassend ausgebildet ist. Bei der Armee liegt der Schwerpunkt der Ausbildung mehr im Töten und Überleben als im sozial-psychologischen Kontakt mit Menschen wie bei der Polizei. Dabei ist die Bundeswehr das perfekte Repressionsorgan: Abschreckend und mit enormer Durchschlagskraft. Orwells „1984“ käme der Bundesrepublik durch eine nach innen gewandte Armee näher.
Warum soll die Bundeswehr überhaupt im Innern eingesetzt werden?
Bisher wurde die Sicherheit im Inland auch ohne die Armee gewährleistet. Dass bei der Polizei gespart wird und das Geld stattdessen in die Armee fließt, ist jedoch schon seit Jahren zu beobachten und wird besonders von der Polizeigewerkschaft bemängelt.
Ein CH-53 Hubschrauber auf dem deutlich die Aufschrift „HEER“ zu lesen war, kreiste am 6.Juni 2007 minutenlang über einer G8-Blockade in dem kleinen Dorf „Rethwisch-Börgerende“ in der Nähe von Heiligendamm.
© Foto: onlineredaktion jnvh
Viele Menschen können sich Großeinsätze der Polizei nicht vorstellen – dass über 50 Polizeifahrzeuge mit Blaulicht an ihnen vorbei rasen, kommt jedoch oft vor – bei Fußballspielen oder politischen Ereignissen wie dem G8-Gipfel oder auch den Castor-Transporten nach Gorleben. So ist es leider auch für die meisten Menschen unvorstellbar, wie solch ein Einsatz mit Bundeswehrfahrzeugen und Soldaten aussähe – wenn auf einmal Militär-Konvois durch die Stadt fahren und Soldaten im Gleichschritt durch die Straßen marschieren. Diese Bilder wird es mit einem Bundeswehreinsatz im Innern geben!
Führe also der legitime Einsatz der Bundeswehr im Inland nicht zum „Kriegszustand“ – implizit eines Schießbefehls?
onlineredaktion - 13. Jun, 08:06 Article 6637x read