G8-Foto-Tagebuch - 7. Juni 2007
Bastian Graupner - Die Blockaden haben die Nacht mehr oder weniger gut überdauert und noch immer war das Tagungshotel des G8-Gipfels über dem Landweg nicht zu erreichen.
In Bad Doberan, einer 11.500-Menschen-Stadt, ganz in der Nähe von Heiligendamm, schlugen die G8-Gegner ihren Haupt-Infopunkt auf.
Dort wurde ihnen von Aktivisten gesagt, welche der vier Blockaden noch personelle Unterstützung bräuchte; von Bad Doberan wurden an diesem Donnerstag die Blockaden um den G8-Tagungsort Heiligendamm dirigiert. Die Blockade in „Rethwisch-Börgerende“ war ebenso stabil wie die 2.000 Menschen umfassende Blockade nahe der Galopp-Rennbahn am Osttor und der Schmalspurbahn „Molli“. Nur am Westtor bei dem kleinen Dorf „Hinter Bollhagen“, bei der es schon am Abend zuvor zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war, wurde die Lage der Blockierer zunehmend kritisch, da die Polizei hier besonders auf eine Räumung erpicht war, um wenigstens einen Weg frei zu haben.
Bei der Blockade am Westtor bot sich ein beeindruckendes Bild: Tausende Demonstranten lagen auf einer riesigen Wiese, die bis vor den 12 Millionen Euro teuren Sperrzaun, der rund um den Tagungsort gezogen war, reichte.
Um die Demonstranten bei Laune zu halten, wurden große Wannen mit Essen von der einige Kilometer entfernten Volksküche zur Blockade gebracht.
Für Demonstranten sollte spätestens 200 Meter vor dem Zaun Schluss sein – dort, so hatte die Regierung beschlossen, durften die Demonstranten dann ohne vorherige Warnung festgenommen werden, doch gelangten sie an dieser Stelle sogar bis zu fünfzig Meter vor den Zaun - an anderer Stelle konnten Demonstranten den mit NATO-Stacheldraht gespickten Zaun sogar berühren.
Eine Kette von Polizisten hielt die Demonstranten am Westtor von dem Zaun fern.
Auch Polizeipferde und Hunde waren im Einsatz. Am spektakulärsten waren jedoch die zehn Hubschrauber, die immer wieder auf der Wiese landeten, um Hundertschaften der Polizei vor dem Zaun abzusetzen.
Heftig lärmend landeten immer wieder Hubschrauber zwischen dem Sperrzaun und der davor stehenden Polizeikette.
Die eigentliche Blockade auf der Landstraße 12, die zum Westtor führte, gab es um 13 Uhr nicht mehr – die Polizei hatte sie mithilfe von Wasserwerfern und Hundertschaften schon früher geräumt. Dabei gab es fünf Schwerverletzte, einer der Aktivisten verlor durch einen Wasserstrahl des Wasserwerfers ein Auge.
Nun saßen die Demonstranten knapp neben der Straße auf der Wiese. Fahrzeuge kamen dennoch nicht nach Heiligendamm durch, einerseits lag es an der immer noch sehr angespannten Lage und anderseits versperrten nun die dicken Wasserwerfer der Polizei die Straße.
Bei strahlender Sonne und um die 30°C schwitzten die Beamten in ihrer Kampfmontur mit Helmen.
Einige Demonstranten riefen spaßeshalber „Hamburger Wetter – wir wollen Hamburger Wetter“ und forderten damit den Einsatz der Wasserwerfer zur Kühlung der Demonstranten.
Diesen Gefallen tat die Polizei ihnen jedoch nicht, gerade deshalb nicht, weil einer der Wasserwerfer scheinbar kaputt war und ein Polizist auf dem Dach des Fahrzeuges an den Wasserspritzen herum werkelte.
Um 16.40 Uhr eskalierte die Situation plötzlich. Einer der drei Wasserwerfer feuerte ohne Vorwarnung mit Wasser auf die Demonstranten.
Schon zuvor hatten sich die Hundertschaften mit Schilden bewaffnet – die Aktivisten waren also quasi vorgewarnt, wenn sie die Aktion beobachtet hatten.
Nach vorherigen Durchsagen der Polizei, schossen um 16.53 Uhr alle drei Wasser auf das etwa 50 Meter breite Straßenstück, wo die Demonstranten Platz gefunden hatten.
Die Wasserwerfer schossen wild in die Menge, selbst Journalisten wurden nicht verschont.
Mit der Durchsage „Haben Sie keine Angst – wir verschaffen uns nur ein wenig Platz!“ drängten die Wasserwerfer in Richtung der bis dahin relativ friedlichen Demonstranten, die nun jedoch Plastikflaschen auf die Beamten warfen. Über die Straße rückten immer wieder Wasserwerfer und Polizisten nach.
„Wasser marsch“ - Minutenlang wurde auf die Demonstranten gefeuert. Die Demonstranten wurden etwa hundert Meter auf die Wiese gedrängt – zuletzt mit neun Wasserwerfern! Auch bei dieser Attacke gab es Verletzte unter den Demonstranten. Besonders viele G8-Gegner wurden von Polizisten mit Pfefferspray besprüht und verletzt.
Einem Demonstranten wurde durch den harten Wasserstrahl die Hose zerfetzt. Dabei verlor er auch sein Portemonnaie mit seinem Geld.
Neun Wasserwerfer versperrten den 50 Meter breiten Zugang zur Straße bei den Bäumen im Hintergrund.
Schließlich zogen sich die Demonstranten in ein Waldstück zwischen den Orten „Steffenshagen“ und „Hinter Bollhagen“ zurück und türmten dort Meter hohe Barrikaden aus Ästen und Bäumen auf.
Drei Fahrzeuge der Polizei fuhren in den Wald in Richtung der Barrikaden, wurden jedoch von etwa 200 Demonstranten umringt.
Ein Demonstrant kletterte sogar auf das Dach des Polizeifahrzeuges und tanzte darauf.
Dort stand auch ein Lautsprecherwagen der Demonstranten über den Musik gespielt wurde, die zum Tanzen und Feiern anregte. Dies nahmen die zum Teil vermummten, aber nicht in schwarz gekleideten Personen zum Anlass, den Lautsprecherwagen der Polizei, der ebenfalls in den Menschenmob geriet, einmal kräftig durchzuschütteln.
Ein Anderer setzte sich auf die Motorhaube und wieder andere klemmten Blumen hinter die Scheibenwischer. Die Polizisten fanden dies gar nicht gut – vielleicht erinnerten sie sich an den schrecklichen Vorfall vom 2. Juni, bei dem einzelne Gewalt bereite Demonstranten aus dem Schwarzen Block ein Einsatzfahrzeug der Polizei und deren Insassen mit Steinen beworfen hatten und nur schwer verletzt entkamen. Glücklicherweise aber blieb es in diesem Fall friedlich. Den Polizisten selbst geschah nichts, sie wurden nur geschüttelt. Ein Dienstfahrzeug aber wurde demoliert: Scheibenwischer abgeknickt, Blinker eingeschlagen. Ein Fahrzeug hatte einen Plattfuß.
Die Polizei-Fahrzeuge wurden auch teilweise geschmückt.
Aus den Lautsprechern deines Polizeiwagens klang derweilen etwas Verzweiflung: „Bitte lassen Sie uns weiterfahren“.
Einige Minuten später wurde es deutlicher: „Vergessen Sie nicht, wir haben auch Schusswaffen dabei!“
Auch diesen Worten wichen die partyfreudigen Demonstranten nicht. Nun gab der Fahrer des Wagens Gas und schoss durch die fliehende Menschenmenge in Richtung Wald. Dort warteten die Beamten in ihren Wagen vor den Barrikaden auf Hilfe. Die G8-Gegner ließen die Polizisten, die sich in ihren Wagen verschanzten in Ruhe.
Um 19.31 Uhr stürmten Polizisten aus allen Richtungen in den Wald.
Die Demonstranten wichen ohne Gegenwehr zurück. Einige gingen in den Ort „Steffenshagen“, andere fuhren sofort in ihr Camp.
Zuvor hatte die Polizei noch eine kleinere Menschenblockade aus dem Weg geräumt. Die Holzbarrikaden im Wald wurden kurzerhand abgetragen und mit Räumpanzern durchbrochen. Durch den Wald irrten noch bis in die Nacht einzelne Demonstranten. Die Lage stabilisierte sich.
In Bad Doberan, einer 11.500-Menschen-Stadt, ganz in der Nähe von Heiligendamm, schlugen die G8-Gegner ihren Haupt-Infopunkt auf.
Dort wurde ihnen von Aktivisten gesagt, welche der vier Blockaden noch personelle Unterstützung bräuchte; von Bad Doberan wurden an diesem Donnerstag die Blockaden um den G8-Tagungsort Heiligendamm dirigiert. Die Blockade in „Rethwisch-Börgerende“ war ebenso stabil wie die 2.000 Menschen umfassende Blockade nahe der Galopp-Rennbahn am Osttor und der Schmalspurbahn „Molli“. Nur am Westtor bei dem kleinen Dorf „Hinter Bollhagen“, bei der es schon am Abend zuvor zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war, wurde die Lage der Blockierer zunehmend kritisch, da die Polizei hier besonders auf eine Räumung erpicht war, um wenigstens einen Weg frei zu haben.
Bei der Blockade am Westtor bot sich ein beeindruckendes Bild: Tausende Demonstranten lagen auf einer riesigen Wiese, die bis vor den 12 Millionen Euro teuren Sperrzaun, der rund um den Tagungsort gezogen war, reichte.
Um die Demonstranten bei Laune zu halten, wurden große Wannen mit Essen von der einige Kilometer entfernten Volksküche zur Blockade gebracht.
Für Demonstranten sollte spätestens 200 Meter vor dem Zaun Schluss sein – dort, so hatte die Regierung beschlossen, durften die Demonstranten dann ohne vorherige Warnung festgenommen werden, doch gelangten sie an dieser Stelle sogar bis zu fünfzig Meter vor den Zaun - an anderer Stelle konnten Demonstranten den mit NATO-Stacheldraht gespickten Zaun sogar berühren.
Eine Kette von Polizisten hielt die Demonstranten am Westtor von dem Zaun fern.
Auch Polizeipferde und Hunde waren im Einsatz. Am spektakulärsten waren jedoch die zehn Hubschrauber, die immer wieder auf der Wiese landeten, um Hundertschaften der Polizei vor dem Zaun abzusetzen.
Heftig lärmend landeten immer wieder Hubschrauber zwischen dem Sperrzaun und der davor stehenden Polizeikette.
Die eigentliche Blockade auf der Landstraße 12, die zum Westtor führte, gab es um 13 Uhr nicht mehr – die Polizei hatte sie mithilfe von Wasserwerfern und Hundertschaften schon früher geräumt. Dabei gab es fünf Schwerverletzte, einer der Aktivisten verlor durch einen Wasserstrahl des Wasserwerfers ein Auge.
Nun saßen die Demonstranten knapp neben der Straße auf der Wiese. Fahrzeuge kamen dennoch nicht nach Heiligendamm durch, einerseits lag es an der immer noch sehr angespannten Lage und anderseits versperrten nun die dicken Wasserwerfer der Polizei die Straße.
Bei strahlender Sonne und um die 30°C schwitzten die Beamten in ihrer Kampfmontur mit Helmen.
Einige Demonstranten riefen spaßeshalber „Hamburger Wetter – wir wollen Hamburger Wetter“ und forderten damit den Einsatz der Wasserwerfer zur Kühlung der Demonstranten.
Diesen Gefallen tat die Polizei ihnen jedoch nicht, gerade deshalb nicht, weil einer der Wasserwerfer scheinbar kaputt war und ein Polizist auf dem Dach des Fahrzeuges an den Wasserspritzen herum werkelte.
Um 16.40 Uhr eskalierte die Situation plötzlich. Einer der drei Wasserwerfer feuerte ohne Vorwarnung mit Wasser auf die Demonstranten.
Schon zuvor hatten sich die Hundertschaften mit Schilden bewaffnet – die Aktivisten waren also quasi vorgewarnt, wenn sie die Aktion beobachtet hatten.
Nach vorherigen Durchsagen der Polizei, schossen um 16.53 Uhr alle drei Wasser auf das etwa 50 Meter breite Straßenstück, wo die Demonstranten Platz gefunden hatten.
Die Wasserwerfer schossen wild in die Menge, selbst Journalisten wurden nicht verschont.
Mit der Durchsage „Haben Sie keine Angst – wir verschaffen uns nur ein wenig Platz!“ drängten die Wasserwerfer in Richtung der bis dahin relativ friedlichen Demonstranten, die nun jedoch Plastikflaschen auf die Beamten warfen. Über die Straße rückten immer wieder Wasserwerfer und Polizisten nach.
„Wasser marsch“ - Minutenlang wurde auf die Demonstranten gefeuert. Die Demonstranten wurden etwa hundert Meter auf die Wiese gedrängt – zuletzt mit neun Wasserwerfern! Auch bei dieser Attacke gab es Verletzte unter den Demonstranten. Besonders viele G8-Gegner wurden von Polizisten mit Pfefferspray besprüht und verletzt.
Einem Demonstranten wurde durch den harten Wasserstrahl die Hose zerfetzt. Dabei verlor er auch sein Portemonnaie mit seinem Geld.
Neun Wasserwerfer versperrten den 50 Meter breiten Zugang zur Straße bei den Bäumen im Hintergrund.
Schließlich zogen sich die Demonstranten in ein Waldstück zwischen den Orten „Steffenshagen“ und „Hinter Bollhagen“ zurück und türmten dort Meter hohe Barrikaden aus Ästen und Bäumen auf.
Drei Fahrzeuge der Polizei fuhren in den Wald in Richtung der Barrikaden, wurden jedoch von etwa 200 Demonstranten umringt.
Ein Demonstrant kletterte sogar auf das Dach des Polizeifahrzeuges und tanzte darauf.
Dort stand auch ein Lautsprecherwagen der Demonstranten über den Musik gespielt wurde, die zum Tanzen und Feiern anregte. Dies nahmen die zum Teil vermummten, aber nicht in schwarz gekleideten Personen zum Anlass, den Lautsprecherwagen der Polizei, der ebenfalls in den Menschenmob geriet, einmal kräftig durchzuschütteln.
Ein Anderer setzte sich auf die Motorhaube und wieder andere klemmten Blumen hinter die Scheibenwischer. Die Polizisten fanden dies gar nicht gut – vielleicht erinnerten sie sich an den schrecklichen Vorfall vom 2. Juni, bei dem einzelne Gewalt bereite Demonstranten aus dem Schwarzen Block ein Einsatzfahrzeug der Polizei und deren Insassen mit Steinen beworfen hatten und nur schwer verletzt entkamen. Glücklicherweise aber blieb es in diesem Fall friedlich. Den Polizisten selbst geschah nichts, sie wurden nur geschüttelt. Ein Dienstfahrzeug aber wurde demoliert: Scheibenwischer abgeknickt, Blinker eingeschlagen. Ein Fahrzeug hatte einen Plattfuß.
Die Polizei-Fahrzeuge wurden auch teilweise geschmückt.
Aus den Lautsprechern deines Polizeiwagens klang derweilen etwas Verzweiflung: „Bitte lassen Sie uns weiterfahren“.
Einige Minuten später wurde es deutlicher: „Vergessen Sie nicht, wir haben auch Schusswaffen dabei!“
Auch diesen Worten wichen die partyfreudigen Demonstranten nicht. Nun gab der Fahrer des Wagens Gas und schoss durch die fliehende Menschenmenge in Richtung Wald. Dort warteten die Beamten in ihren Wagen vor den Barrikaden auf Hilfe. Die G8-Gegner ließen die Polizisten, die sich in ihren Wagen verschanzten in Ruhe.
Um 19.31 Uhr stürmten Polizisten aus allen Richtungen in den Wald.
Die Demonstranten wichen ohne Gegenwehr zurück. Einige gingen in den Ort „Steffenshagen“, andere fuhren sofort in ihr Camp.
Zuvor hatte die Polizei noch eine kleinere Menschenblockade aus dem Weg geräumt. Die Holzbarrikaden im Wald wurden kurzerhand abgetragen und mit Räumpanzern durchbrochen. Durch den Wald irrten noch bis in die Nacht einzelne Demonstranten. Die Lage stabilisierte sich.
onlineredaktion - 21. Jun, 07:23 Article 3364x read