Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2
Danach wird Deutschland nicht wiederzuerkennen sein
Karl Weiss - Die Kinderschänder sind los! Das Sexualstrafrecht muss verschärft werden! Endlich wird die Bundesregierung aktiv! Kaum ein Thema lässt sich so leicht cherungsverwaemotional hochspielen und demagogisch ausbeuten wie das Sexualstrafrecht, denn die Vorstellung eines obskuren Kinderschänders, der sich heimlich an die Kinder heranmacht, sie entführt, missbraucht und evtl. tötet, ist der extremste Albtraum jeder Eltern – und überhaupt jeder vernünftigen Person.
Nur geht die Vernunft auch unheimlich leicht verloren, wenn es sich um dieses Thema handelt. Ist da nicht die neunjährige X. Ermordet worden? War da nicht vor einem Jahr der Fall des 7-jährigen Y.? Bundesjustizministerin Zypries kündigt an: „Die Verschärfung des Sexualstrafrechts wird jetzt zügig angegangen.“
Verschärfung gegen Kinderschänder?
Die Aufsehen erregenden Fälle: Sexualmorde an Kindern. Man sagt Sexualstrafrecht, aber man meint: Kinderschänder. Sind Sie für Milde gegen Kinderschänder? Na sehen Sie. Ist doch alles in Ordnung. Fast.
Tatsächlich gibt es Täter, die Kinder anlocken, sich an ihnen vergehen und sie dann oft auch umbringen. Das ist allerdings – im Vergleich zur Gesamtheit der sexuellen Straftaten gegen Kinder – eine verschwindend geringe Anzahl. Die Chance im Lotto zu gewinnen ist weit höher als Opfer eines solchen Täters zu werden.
Die bestehenden Gesetze gegen solche Taten sind vollständig ausreichend. Sie erlauben die lebenslange Strafe und zusätzlich auch das Verhängen von Sicherheitsverwahrung, also das wirklich lebenslange Wegsperren, wenn befürchtet werden muss, der Täter könnte rückfällig werden. Die Politiker, die uns weismachen wollen, die jetzt geplanten Verschärfungen seien gegen solche Täter gerichtet, lügen unverschämt.
In Wirklichkeit finden weit über 95 % der sexuellen Übergriffe gegen Kinder zuhause statt, durch Familienangehörige oder eng mit der Familie verbundenen Personen, die sich unter Ausnützen der völligen Abhängigkeit der Kinder von der Familie an sie heranmachen.
Verringerung schwerer Sexualstraftaten auf ein Drittel
Aber dennoch - sind die schweren Sexualstraftaten in letzter Zeit nicht unheimlich angestiegen – vielleicht verursacht durch das Internet? Um wie viel Prozent, glauben Sie, sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten die schweren Sexualdelikte in Deutschland angestiegen? 20%? 50%, 260%?
Nach einer Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen glauben die Deutschen (im Schnitt), dass die Zahl der Sexualmorde zwischen 1993 und 2003 um 260 Prozent angestiegen sei. Tatsächlich sank die Zahl der schweren Sexualverbrechen in den alten Bundesländern zwischen 1981 und 2004 auf ein Drittel (der Bezug auf die alten Bundesländer hier nur wegen der Vergleichbarkeit).
Falls das Internet irgendeinen Zusammenhang mit solchen Straftaten hat, dann kann es also nur im Sinne einer Verringerung gewirkt haben.
Die Aufsehen erregenden Fälle stellen aber nicht nur weniger als 1% der wirklichen Fälle von sexuellen Übergriffen gegen Kinder dar, sie werden nach jetzt beabsichtigten Verschärfungen auch nicht mehr als 0,1% der Verurteilungen sein.
Auf die spektakulären medienwirksamen Entführungen und Morde bezieht sich die ganze aufgeregte Diskussion, doch die vielen anderen normalen Fälle von Sexualstraftaten und vermeintlichen Sexualstraftaten fallen nun unter die Verschärfungen. In Wirklichkeit sind nur sie von den Verschärfungen betroffen. Jene 99,9% der Verurteilten, die niemals Kinder entführt haben, niemals Kinder zu Sex gezwungen haben, niemals getötet, die aber vielleicht als Jugendlicher mit einem anderen jungen Menschen Sex gemacht haben.
Es geraten jetzt Fälle aus der Grauzone in den Bereich der Sexualdelikte, die zwar von sehr religiösen Menschen manchmal auch als schlimme Vergehen gewertet werden, aber von der großen Mehrzahl der Menschen in Deutschland nicht.
Was nennt man die Grauzone?
Vor allem handelt es sich um sexuelle Aktivitäten von Jugendlichen. 16-jährige mit 15-jährigen, 17-jährige mit 16-jährigen und auch schon mal 14-jährige mit 13-jährigen usw. Die christlichen Extremisten in den USA (die jetzt auch ihre neuen Gesetzestexte in Europa durchsetzen) sind der Meinung, es müsse mit harter Hand verhindert werden, dass junge Menschen sich sexuell betätigen vor der Hochzeit.
So haben sie bereits in vielen Staaten der USA Regeln und Gesetzgebungen durchgesetzt, die z.B. intime Berührungen von Jugendlichen untereinander als „Kinderschändung“ ansehen, die jegliche sexuelle Aktivitäten von Jugendlichen als „geistige Krankheit“ denunzieren und mit Internierung in geschlossene Institutionen bestrafen – ohne dass dafür gerichtliche Einweisungen nötig wären. Bereits Kinder zwischen 8 und 14 Jahren werden in solche geschlossenen psychiatrischen Institutionen eingeliefert, wenn irgendetwas Sexuelles bei ihnen bemerkt wurde.
Dies trifft auch auf Kinder und Jugendliche zu, die überhaupt keine sexuellen Kontakte mit anderen Personen hatten, aber bei sexuellen Aktivitäten erwischt wurden, sei es beim Masturbieren oder mit Porno-Zeitschriften und/oder –Bildern.
Im ersten Teil des Artikels wurde hierzu schon einiges ausgeführt, u.a. dass im Moment geschätzt wird, in den USA seien etwa 50 000 Jugendliche und Kinder in einer solchen Art von „Behandlung der Geisteskrankheit Sex“ in einer geschlossenen Einrichtung.
Dies ist im Moment noch keine Praxis in Europa, doch es kann kein Zweifel bestehen, die extremistischen Christen in den USA werden auch in diesem Fall darauf bestehen, dass ihre US-Regelungen von der EU übernommen werden und dann in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Angesichts des allgemeinen Kadavergehorsams europäischer Regierungen gegenüber der hysterischen Bush-Clique kann davon ausgegangen werden, man wird dies versuchen durchzuführen. Da die ersten Gesetzentwürfe dieser Art (siehe die deutsche Regelung, die bereits in den Bundestagsausschüssen ist) auf keine heftigen Proteste getroffen sind (sie wurden ja auch praktisch geheim gehalten), darf der nächste Schritt bald erwartet werden.
Die andere Art von Grauzonen-Ereignissen sind solche, in denen bereits erwachsene junge Leute (18- bis 21-jährige) mit minderjährigen Jugendlichen (14 bis 18–jährige) sexuelle Kontakte haben, seien es Zungenküsse (das wird von den extremistischen Christen der Bush-Fraktion bereits als sexueller Kontakt ausgelegt und ist in einer Anzahl von US-Bundestaaten bereits Teil der mit Gefängnis bedrohten Taten), sei es „Petting“, also Berührungen primärer oder sekundärer Geschlechtsmerkmale. Ganz zu schweigen natürlich von oralem Sex oder dann „richtigem“ Sex mit Penetration.
Ein dritter Teil der Grauzone sind einmalige, geringfügige „Ausrutscher“. Einer der Sachverständigen bei der Anhörung des Ausschusses im Bundestag nannte als Beispiel einen Lehrer, der sich nie etwas zuschulden kommen ließ, aber während einer schweren Ehekrise im Schwimmbad einer Schülerin an die Brust fasste, als einmaliges Geschehen. Auch sexuelle Übergriffe gegen Kinder, die kurzzeitig und einmalig sind, werden in vielen Ländern nicht als schwere Sexualdelikte behandelt. Man geht davon aus, dass vor allem die Situation des Ausgesetz-Sein gegenüber häufigen und längerdauernden sexuellen Übergriffen dauernde psychische Schäden verursacht. Ebenso wird jede Art von Doktor-Spielen unter Kindern als absolut außerhalb irgendeines staatlich strafwürdigen Bereichs behandelt. Grauzonen-Fälle werden bestenfalls als Erziehungsprobleme oder Ordnungswidrigkeiten angesehen, aber nicht als Sexualdelikte.
Schutzalter in Deutschland
Diese ganze Grauzone ist im Moment noch in den meisten europäischen Ländern völlig außerhalb des strafbaren Bereiches. In Deutschland als typischem Beispiel gilt das Schutzalter von 14 Jahren, wobei jegliche sexuelle Handlung an oder mit jüngeren durch Erwachsene (also über 18-jährige) strafbar ist. Für den Bereich der Jugendlichen zwischen 14 und 16 ist sexueller Kontakt strafbar, wenn der Partner mehr als 5 Jahre älter ist (das ergibt also im Fall eines 16-jährigen Jugendlichen ein Höchstalter von 21 Jahren, ab dem Strafbarkeit gegeben ist). Über 16 gibt es keine Strafbarkeit mehr, unabhängig vom Alter des Partners, sondern es gelten die Regeln des normalen Strafrechts, das natürlich die Fälle der Bestrafung bei Anwendung von Gewalt und bei Ausnützen von Abhängigkeit festlegt.
Der neue Gesetzentwurf
All dies soll jetzt völlig abgeschafft und durch eine andersartige absurde Regelung ersetzt werden: Sowohl das Täter- als auch Opfer-Alter soll generell auf 18 Jahre heraufgesetzt werden, mit anderen Worten, die Unterscheidung in Kinder (bis 14) und Jugendliche (bis 18) wird aus dem Sexualstrafrecht gestrichen – und zwar, wie einer der Sachverständigen bei der Anhörung im Bundestagsausschuss betonte, unter Aufhebung der bei anderen Straftaten gültigen Jugendstrafrechts und des Einbeziehens von Kinder und Jugendlichen ins Erwachsenenstrafrecht, ausschließlich für die Fälle von Sexualstraftaten.
Das gilt sowohl für jenen Paragraphen, der bisher die Kinder (bis 14) vor jeglichen „sexuellen Handlungen“ schützte („Kinder-Missbrauch-Paragraph“), als auch für jenen, der jegliche Darstellung (in Text oder Bildern) von „sexuellen Handlungen“ mit, an oder vor Kindern (bis 14) verbot („Kinderpornoparagraph“).
Der „Kinderschänder“-Paragraph
Die Basis der Argumentation war, Kinder (bis 14) können kein Einverständnis mit sexuellen Handlungen mit Erwachsenen (ab18) gültig erklären, denn sie sind immer in einer abhängigen Situation und vermögen nicht einzuschätzen, auf was sie sich eventuell einlassen. Dies wird im Gesetz so ausgedrückt, dass sie in einer Zwangslage befinden bzw. dass der Erwachsene eine Zwangslage ausnutzt, wenn er sich darüber hinwegsetzt. Anders ausgedrückt: Kinder (bis 14) können grundsätzlich keine wirksame Einverständniserklärung mit Sex abgeben.
Nun hat man aber den gleichen Gesetzestext benutzt, nur hat man in Bezug auf die Täter „ab 18“ weggelassen, also alle Jugendlichen und Kinder in den Täterkreis einbezogen und auf der Seite der Opfer „bis 14“ weggelassen und durch „bis 18“ ersetzt, wodurch nun plötzlich alle Jugendlichen ebenfalls für unfähig erklärt werden zu wissen, worauf sie sich bei sexuellen Kontakten einlassen – was einfach Unsinn ist. Bis 18 gäbe es dann nicht mehr die Möglichkeit, wirksam sein Einverständnis zu Sex zu erklären.
Da über die Frage der „Zwangslage“ eine ausführliche Rechtssprechung besteht, die in der Praxis alle, die unter diesen Paragraphen fallen, automatisch in einer solchen Zwangslage sieht, bedeutet dies, alle Jugendlichen wären dann immer bei sexuellen Kontakten in einer Zwangslage, auch wenn sie unter Gleichaltrigen stattfinden. In der Praxis der Rechtssprechung bedeutet das, es ist genauso, als ob die Worte „unter Ausnutzen einer Zwangslage“ gar nicht im Gesetzestext stehen würde.
Es ist zwar möglich und denkbar, dass die Gerichte angesichts des neuen Paragraphen eine andere Rechtsprechung entwickeln, in denen der Begriff „Zwangslage“ wieder deutlich enger ausgelegt wird, aber das ist nicht sicher. Es ist auch nicht akzeptabel, dass man ein Gesetz macht, das anschließend von den Gerichten uminterpretiert werden muss, um nicht in Absurditäten auszuarten, speziell in einem Fall wie diesem, in dem das geltende Recht völlig korrekt und ausreichend ist..
In Bezug auf diesen Paragraphen gibt es überhaupt keine Begründung für irgendeine Änderung. Es wird lediglich gesagt, die europäische Rahmenregelung müsse umgesetzt werden. Die wiederum bezieht sich auf eine von der UNO empfohlene Verschärfung, die dort wiederum von US-Beauftragten durchgesetzt wurde und teilweise wörtlich den Text von neuen US-Gesetzen wiedergibt.
Wenn ein juristischer Laie den neuen Gesetzestext liest, so kann er das wahre Ausmass der Änderung in der Regel nicht erkennen, denn er wird den Begriff „Zwangslage“ wie ein normaler Mensch auslegen und nicht juristisch und sieht daher gar keine Gefahr, denn er assoziiert mit Zwangslage Prostitution und sieht dann eine Bestrafung angemessen.
Dies geschah z.B. mit dem Moderator „Jomira“ in einem Forum der „Uni-Protokolle“, wo der erste Teil dieses Artikels diskutiert wurde:
Er schreibt zu diesem ersten Teil, der am Anfang des Threads mit seinen beiden Veröffentlichungen verlinkt worden war:
„Die Darstellung in den beiden ersten Links sind schlicht und einfach falsch. Die Anhebung des Schutzalters auf 18 betrifft lediglich den Fall, in dem ein eventuelle Zwangslage (sprich: Prostitution vorliegt oder Pornographische Aufnahmen gemacht werden). Es betrifft aber nicht eine Beziehung zwischen Jugendlichen (...) Zu den Befürchtungen vom Heise-Blog:
Meiner Meinung nach wird hier eine ganz schöne Hysterie verbreitet, so wird von einer "Flut" von Anzeigen gegenüber Ex-Freunden gesprochen. Das halte ich doch für fragwürdig, da ein letztendlich nachgewiesen werden müßte, dass von dem Verdächtigem psychischer Druck ausgeübt wurde. Und auch hier gilt: Im Zweifel für den Angeklagten. (...) Aber ich lasse mich gerne korrigieren.“
Bei einem Thema, in dem so viele hysterische Reaktionen vorkommen, nun ausgerechnet denen, die vor den Folgen der Veränderung warnen, Hysterie vorzuwerfen, ist schon etwas abseitig.
Die Frage des psychischen Drucks, der hier als schwierig zu beweisen angenommen wird, ist in der Praxis des Sexes zwischen Jugendlich aber eben keineswegs selten und oft wirklich vorhanden – wenn auch in leichter Form (die aber in der Rechtsprechung als ausreichend angesehen wird). Schon die Annahme eines Mädchens, der Junge könnte eventuell mit ihr Schluss machen, wenn sie ihn nicht küssen, nicht „Petting“ machen lässt oder nicht Sex mit ihm macht, wird als solcher psychischer Druck ausgelegt, womit schon eine Riesenzahl Fälle von neugierigen oder verliebten Kontakten unter Jugendlichen unter den Paragraphen fallen.
Dies ist besonders von Bedeutung, da ja die Freundschaften unter Jugendlichen nur selten für die Ewigkeit gemacht sind und fast jedes Mal nach einer „Trennung“ eine junge Person mit viel Wut auf die andere Person übrig bleibt. Bettina Winsemann hat in ihrem diesbezüglichen Artikel in „telepolis“, der wenige Tage nach dem ersten Teil dieses Artikel erschien, besonders auf die damit eröffneten Möglichkeiten der Rache durch Anzeigen und Zeugenaussagen für den „verlassenen“ Partner aufmerksam gemacht, worauf sich der Moderator im oben zitierten Posting mit der Aussage zum „Heise-Blog“ bezieht.
Andere weisen darauf hin, dass es ja sicher verständige Richter gibt, die Verfahren einstellen werden, in denen lediglich einverständlich sexuelle Handlungen unter Jugendlichen angeklagt sind. Das ist sicher richtig. Die Neufassung der Paragraphen würde wahrscheinlich nicht zu Millionen von unschuldig Verurteilten führen. Das ist ja auch nicht der Kern der Gefahr, die in solchen Gesetzen liegt.
Dieser liegt vielmehr darin:
Ein weitgehend eindeutiges Gesetz, das klar beschriebene Taten unter Strafandrohung stellt und dem gesellschaftlichen Konsens zu dieser Art von Straftaten entspricht, wird ohne jede inhaltliche Begründung durch radikal veränderte Paragraphen ersetzt, die nun einer weiten Auslegung Raum geben, ohne jegliche Diskussion hierzu in der Öffentlichkeit.
Jegliche Rechtssicherheit in Bezug auf junge Leute, die verliebt sind und dementsprechend und naturgegeben handeln, ist aufgehoben. Solche jungen Leute sind plötzlich aufgrund von hierzulande als selbstverständlich geltendem Handeln der Gefahr ausgesetzt, von Denunzianten vor Gericht und eventuell zu Verurteilungen gebracht zu werden, ohne irgendetwas Verwerfliches getan zu haben. Da reicht es nicht aus, damit zu argumentieren, viele Richter würden da schon vernünftig sein, speziell in einem Land, in dem ein Schill Richter werden konnte.
Versuch strafbar
Der absolute Abschuss ist nun, man will nach der deutschen Gesetzesvorlage auch noch den Versuch strafbar machen. Das eröffnet noch weitere, noch absurdere Missbrauchsmöglichkeiten dieses Gesetzes für Personen, die aus welchen Gründen auch immer, anderen schaden wollen. Wenn das „Kind“ in Wirklichkeit überhaupt nicht sexuell angegriffen wurde, sondern nur ein Versuch vermutet wird, weil irgendjemand etwas gesagt hat, was ein anderer auf seine Art interpretiert hat, so fragt sich wirklich, wo hier der Sinn einer vorgesehenen Bestrafung liegen soll. Außer man hätte im Sinn, neue Möglichkeiten zu schaffen, unliebsame Personen auf die Anklagebank und evtl. ins Gefängnis zu bringen, ohne dass sie wirklich etwas getan haben.
Von einer Bundesregierung, die den kritischen Wissenschaftler Andrej H. ins Gefängnis hat stecken lassen, weil er in einer wissenschaftlichen Arbeit, die sich kritisch mit dem Kapitalismus auseinandersetzt, die Worte „Reproduktion“, „politische Praxis“ und „marxistisch-leninistisch“ verwendet hat, ist eine solche Absicht zuzutrauen.
Ehrvernichtende Anklage
Dabei geht es hier eben nicht um die Anklage eines Ladendiebstahles oder einer Steuerhinterziehung, die dem Ansehen einer Person in der Regel nicht so stark schaden. Hier geht es um die Anklage der „Kinderschändung“ bzw. der „Verwicklung in Kinderporno-Fälle“, die – selbst ohne Verurteilung schon – zum Vernichtendsten gehören, was man einem Menschen vorwerfen kann. Schon allein der Vorwurf, selbst wenn er sich nur auf den Konsum von Kinderporno bezog, wie im Fall der Anklagen der „Operation Ore“, vernichtete viele Firmen und das Leben von Hunderten von Menschen, führte zu 39 Selbstmorden allein in Großbritannien und wurde von allen Betroffenen als die „reine Hölle“ beschrieben. Zu „Operation Ore“ siehe diese drei Artikel: Teil 1, Teil 2 & Teil 3.
Was kommt nach?
Da das Ganze aus den USA kommt, muss man bei der Kritik dieser Gesetzesvorhaben eben auch sehen, was dort vor sich geht. Dort liegen eben bereits die Verurteilungen von jungen Leuten über 14 vor, die nichts als ein wenig Oralsex gemacht haben (siehe auch diesen Artikel: „Schon in den USA, bald auch bei uns: Gefängnis für Sex unter 18“).
Ebenso muss man sehen, diese Rahmenrichtlinie der EU ist nur der erste von wahrscheinlich vielen Anläufen. Die ursprünglich vorgesehene Regelung von vier Jahren Mindeststrafe (die im ersten Teil des Artikels bereits mit in die Beispiele einbezogen wurde, was zu Missverständnissen geführt hat) ist in der endgültigen Fassung herausgelassen worden, aber sie wird bei der nächsten Rahmenrichtlinie (und der entsprechenden Umsetzung in Deutschland) mit Sicherheit kommen.
Das gleiche gilt für die Straftat des „Verleitens“ zu sexuellen Handlungen, die im deutschen Gesetzesvorschlag nicht mehr vorkommt, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. In den Beispielen im ersten Teil des Artikels wurde sie zum Teil auch mit erwähnt, um deutlicher zu machen, was da auf Deutschlands junge Leute zukommt.
Genauso sind noch viele weitere Verschärfungen in den USA bereits in einem Teil der Bundesstaaten Gesetz, die in der Folge mit Sicherheit (über die EU oder direkt) zu weiteren Versuchen von Neuerungen in unserem Sexualstrafrecht führen werden:
Die generelle Einbeziehung von Kindern (als Täter) in die Strafbarkeit, unabhängig vom Alter,
die Wiedereinführung der Strafbarkeit jeglicher homosexueller Kontakte,
die Einführung der Strafbarkeit von ehelicher Untreue,
die Strafbarkeit von Oralsex,
die Strafbarkeit von Analsex,
die Definition des sexuellen Verlangens als Geisteskrankheit,
die Strafbarkeit der Prostitution bezüglich der Prostituierten,
die Strafbarkeit der Prostitution bezüglich der Freier,
die absolute Strafbarkeit der Abtreibung und dann schliesslich auch
die Strafbarkeit jedes Sexes ausserhalb der Ehe.
Wird die jetzt vorgesehene Änderung Gesetz, so ist ein Loch in den Damm geschlagen, den die Aufklärung gegenüber dem Durchsetzen von christlich-extremistischen Moralvorstellungen mit dem Mittel des Strafrechts errichtet hat. Dann wird es nur noch schwerlich ein Halten geben.
Der Kinderpornoparagraph
Etwas Vergleichbares gilt auch für den anderen Paragraphen, der geändert werden soll: Der Kinderpornoparagraph.
Seine jetzige Fassung sieht vor, es müssen wirklich Kinder abgebildet oder beschrieben sein, also Personen unter 14 Jahren, und es müssen eindeutig sexuelle Handlungen abgebildet oder beschrieben sein, sei es solche, die an den Kindern, von den Kindern oder vor den Kindern vorgenommen werden. Das ist umfassend und völlig ausreichend. Dazu kommt, diese Regelung wurde bereits von den Gerichten bis ins Extrem ausgelegt. So wurde z.B. als „sexuelle Handlung“ bereits bezeichnet, wenn ein nacktes Mädchen seine Beine öffnete – ebenso ist ein Junge mit einem erigierten Penis als „sexuelle Handlung“ eingestuft.
Was da nun im neuen Paragraphen steht, ist etwas völlig anderes, das nicht nur jede Nacktheit an sich bereits kriminalisiert, sondern sich darüber hinaus auf angezogene Mädchen und Jungs erstreckt. Dabei wird auch hierbei die Altersgrenze von 14 auf 18 Jahre erhöht, was zu unglaublichen Folgen führt, wie man sich leicht vorstellen kann.
So wird eine Abbildung von dem, was bisher absolut erlaubt ist, nämlich sexuelle Handlungen zwischen 14- bis 18 Jährigen, nun als Abbildung zum Kinderporno – und Kinderporno ist Schwerverbrechen.
Der Weg, wie dies erreicht wurde – neben der Frage des Anhebens der Altersgrenze - (auf den ersten Blick am Gesetzestext nicht leicht zu erkennen), ist das Einbeziehen von „Posing“ in die Strafbarkeit. Dies ist der einzige Punkt, in dem überhaupt argumentiert wird in der Gesetzesvorlage. Es wird argumentiert, hier habe es bisher eine Lücke gegeben, denn Bilder, in denen ein „Kind“ (alles bis 18) in extremer Weise seine nackten Geschlechtsteile zeigt und diese im Mittelpunkt der Abbildung stünden, seien bisher nicht strafbar gewesen.
Das könnte man so und mit diesen Worten im Gesetzestext noch akzeptieren, jedenfalls wenn es sich wirklich auf Kinder (bis 14) und nicht auf „Kinder“ (bis 18) bezieht, aber der Text umfasst weit mehr. Der Trick ist, es wird mit dem Wort „aufreizend“ (ohne dass dies für den Laien gleich ersichtlich ist) wiederum die Frage des Standpunkts des Betrachters eingeführt, der eben eventuell ein manisch-extremistischer Christ sein kann.
Damit wird das „unzüchtig“ (also die moralische Kategorie, Bestrafung für das, was extremistische Christen für unmoralisch ansehen) wieder eingeführt, das in den siebziger Jahren nach langem Kampf endlich aus der Sexualstrafrecht verbannt worden war. Es war ein entscheidender Fortschritt damals, es wird nicht mehr etwas bestraft, was im Kopf eines eventuellen Betrachters („unzüchtig“) vor sich geht, sondern nur, was wirklich an Bestrafenswertem mit Kindern gemacht wird und dann abgebildet ist.
Mit dem Begriff „aufreizend“ (der kommt aus der Übersetzung aus dem englischen Original des Paragraphen in den USA) wird genau das wieder eingeführt. Jegliche Nacktheit von Personen unter 18 auf einer Abbildung, die mag noch so harmlos sein, ist im US-Original strafbar (das führt zu so weitgehenden Folgen, dass es fast unglaublich ist, siehe unten). Das ist mit der Verwendung des Begriffs „aufreizend“ nun auch in Deutschland vorgesehen.
Darüber hinaus ist aber überhaupt keine Nacktheit erforderlich. Jegliche Abbildung (auch Zeichnungen, Gemälde, Kunst) von Personen unter 18, die von irgendjemand als „aufreizend“ angesehen werden kann, ist strafbar – ebenso jegliche Beschreibung in Worten.
Es ist aber nicht nur keine Nacktheit nötig, es müssen auch nicht etwa primäre oder sekundäre Geschlechtsmerkmale sich unter der Kleidung abzeichnen. Ebenso wenig ist nötig, dass das „Kind“ (unter 18) eine eindeutig herausfordernde (oder sexy) Pose einnimmt, (was eigentlich der Ursprung der Idee des „Posing“ war). Es reicht aus, die Abbildung wird von irgendjemand als „aufreizend“ angesehen. Da dieser „irgendjemand“ nicht definiert ist, zum Beispiel als der „vernünftige Durchschnitts-Mitteleuropäer“ oder irgend etwas von der Art, ist damit jeglicher Willkür Tür und Tor geöffnet.
Zu was dies führt, kann man im Ursprungs-Land bereits jetzt sehen: USA-Urlauber werden vom deutschen auswärtigen Amt ausdrücklich mit einer Verlautbarung konfrontiert, die u.a. sagt:
"...in den USA reicht es unter Umständen aus, am Strand Fotos von den nicht vollständig bekleideten eigenen Kindern zu machen, um in Untersuchungshaft zu landen. „Die Grenzen zwischen harmlosen Familienfotos und strafbaren „sexuell suggestiven“ Fotos verlaufen in den Augen der Ermittlungsbeamten fließend“
Quelle Sueddeutsche.
Man lese genau: Ihre eigenen Kindern müssen am Strand vollständig bekleidet sein, wenn Sie von ihnen Fotos machen!
Ist doch interessant: Die deutschen Massenmedien regen sich fürchterlich auf, wenn in der Türkei ein deutscher Siebzehnjähriger eingesperrt wird, der „irgendetwas sexuelles“ mit einer englischen Dreizehnjährigen in der Türkei gemacht hat, aber sie finden es kaum einer Erwähnung wert, wenn in den USA, dem wichtigsten Verbündeten des deutschen Staates, jemand ins Gefängnis geworfen wird, weil er Fotos von seinen eigenen Kindern in Badekleidung am Strand macht.
Das charakterisiert diese gleichen Massenmedien, die bis heute nicht über den wirklichen Hintergrund und die wirklichen Absichten der neuen deutschen Gesetze informiert haben.
Scheinkinder
Das ist aber noch nicht alles bezüglich Kinderporno bzw. „Kinderporno“. Denn es werden auch Personen einbezogen, die jünger als 18 aussehen, auch wenn sie schon 18 sind, die so genannten Scheinkinder. War dies mit der Altersgrenze von 14 Jahren schon umstritten, so wird es mit der Altersgrenze von 18 Jahren vollends absurd.
Der Kinderpornoparagraph soll ja Kinder vor sexuellen Angriffen schützen, die durch das Abbilden dann geschäftlich ausgenutzt werden und außerdem durch die Verbreitung zu zusätzlichem Leiden der abgebildeten Kinder führen. Es ist offensichtlich, mit dem Anheben der Altersgrenze wird dieser eigentliche Schutzzweck ad absurdum geführt, mit der Einbeziehung von Personen über 18, wenn sie „jünger aussehen“ wird er in Wirklichkeit zu einem fast vollständigen Porno-Verbot. Es muss vermutet werden, auch dies war beabsichtigt.
Ausschlaggebend ist laut dem vorgesehenen Gesetzestext ausschließlich das Aussehen, wobei man „vergessen“ hat anzugeben, wie man denn herausfindet, eine Person über 18 sähe so aus wie unter 18. Es gibt also nicht den befreienden Gegenbeweis, wenn man etwa belegen kann, die gezeigte Person war über 18. Dieser Gegenbeweis wird vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen. Beides zusammen macht diese Regelung, ähnlich wie oben das „aufreizend“, zu einem völligen Willkürparagraphen. Da nicht definiert ist, wie man denn das „jünger aussehen“ misst, kann jeder, der ein Pornobild besitzt, plötzlich unter den Kinderpornoparagraphen fallen und ist völlig von der Interpretation von Untersuchungsbeamten, Staatsanwaltschaften und Richtern abhängig.
Dies umso mehr, als die gesamte Pornoindustrie seit ihrem Bestehen eifrig daran arbeitet, die Modelle, die ja immer 18 oder älter sein müssen, jünger aussehen zu lassen. Mit der Ausnahme von seltenen Fällen wie „Oma-Porn“ oder „Big-Porn“ wird ja fast alles, was da so produziert wird, auf „jung“ gemacht, weil sich dies offenbar besser verkauft. Damit würde bei der vorgesehenen Regelung jeder Benutzer von Porno mit einem Bein im Gefängnis stehen.
Auch hier wiederum, wie schon oben, mag jemand argumentieren, man werde doch wohl davon ausgehen können, dass Richter eine solche Regelung vernünftig anwenden. Das mag meist der Fall sein, aber es ist unannehmbar bei Handlungen, die von der Gesellschaft als normal und akzeptabel angesehen werden von der gutwilligen Interpretation eines Richters abhängig zu sein. Denn die Alternative, selbst wenn sie nicht häufig vorkommen mag, ist mit der Verurteilung wegen Kinderporno eine der vernichtendsten und ehrraubendsten aller möglichen Verurteilungen.
Auch hier wieder eröffnen sich Möglichkeiten, gegen unliebsame Personen vorgehen zu können, wie dies oben schon aufgezeigt wurde.
Reaktionen auf den ersten Teil des Artikels
In einigen Reaktionen auf den ersten Teil des Artikels kann auch der hohe Grad an Emotionalität erkannt werden, den das Thema generell hat. Da wird einem, der die geplanten Verschärfungen kritisiert oder die Strafverfolgung ausschließlich von Konsumenten, ohne die eigentlichen Hersteller von Kinderpornos aufs Korn zu nehmen, schon mal vorgeworfen, doch offenbar selbst „so einer“ zu sein.
So schreibt zum Beispiel der Diskutant „Werner“ im Forum der „FKK-Freunde“, wo sein Alter mit 59 angegeben wird:
„Es wurde fälschlich von einem „Schlag gegen Kinderpornoringe“ gesprochen, in Wirklichkeit hatte man lediglich (Hervorhebung durch mich) Konsumenten im Visier.“ „...und stattdessen nur Konsumenten ins Visier genommen.“
Wer solch unerträgliche Verharmlosungen publiziert, hat ja wohl ein dringendes eigenes Interesse daran, sich gegen JEDE Strafverfolgung zu wenden, die mit dem Mißbrauch von Kindern zu tun hat. Damit disqualifiziert er sich für mich sofort als Informationsquelle - unbeschadet dessen, ob seine Informationen nun korrekt sind oder nicht.
Wer keine Flöhe bekommen will, darf sich nicht mit Hunden ins Bett legen.“
Das ist dann schon wirklich ärgerlich für den Autor, zumal aus dem Zusammenhang völlig eindeutig hervorgeht: Die Worte „lediglich“ und „nur“ stellen keine Verharmlosung dar, sondern bezogen sich eindeutig auf den Vorwurf an die Strafverfolgungsbehörden, im Fall der Operation Mikado nicht gegen die eigentlichen Hersteller jener Kinderpornos vorgegangen zu sein, sonder nur und lediglich gegen Konsumenten.
Ähnlich Ärgerliches hatte auch ein anderer Diskutant im gleichen Forum zu bieten, der sich als „FKK-Freund“ bezeichnet:
„So wurde der pure Besitz von Fotos oder Videos, auf denen nackte Kinder zu sehen sind, bereits unter Strafe gestellt. Was daran strafbar sein soll, blieb der (offenbar blühenden) Phantasie der Politiker überlassen. Zwar ist im Moment noch Bedingung, dass die Kinder „in eindeutigen Positionen“, „aufreizend“ und „unter besonderer Betonung ihrer Geschlechtsorgane“ gezeigt werden, aber das sind dehnbare Begriffe. Ein von christlichen Gefühlen überwältigter Richter mag dies bereits in ganz normalen Abbildungen, z.B. von FKK-Stränden, erkennen.“
Dieser Abschnitt ist wohl ein noch besserer Beleg für die Richtigkeit von Werners Aussage.
Das sind absolut keine dehnbaren Begriffe. Wir können uns in der Bildergalerie hier mal sämtliche Bilder anschauen und wir werden uns sicher absolut darüber einig sein, welche Bilder zu welchem Zweck gemacht wurden...“
Nein, „FKK-Freund“, es werden sich kaum einmal zwei Personen absolut einig sein, welche Abbildungen von nackten Kindern harmlos und welche eventuell „aufreizend“ sein könnten. Wenn man zehn Personen über 100 solcher Bilder urteilen lässt, wird man sehrwahrscheinlich zehn verschiedene Ansichten finden usw.
Das Problem an Bildern von Nackten, erst recht von nackten Kindern, ist eben, es findet im Kopf des Betrachters eine Einstufung statt, die extrem subjektiv ist. Was einer dazu meint, hängt viel von seinen Anschauungen über Moral, „Schicklichkeit“ und „Schamhaftigkeit“ ab. Einhellige Meinungen kann man vielleicht unter Anhängern von extremistisch religiösen Christen finden und vielleicht auch unter Anhängern der Freikörperkultur, aber eben diese Ansicht in einem Forum von „FKK-Freunden“ zeigt schon, nicht einmal dies funktioniert.
Die Begriffe „aufreizend“ und „unter besonderer Betonung der Geschlechtsorgane“ ist nicht nur dehnbar, es ist schlicht und einfach undefinierbar. Zwar mag es extreme Fälle geben, die in der einen oder anderen Richtung einvernehmlich sind, aber die grosse Zahl der Fälle dazwischen lässt jedem graue Haare wachsen, der sich mit diesem Thema in dem Sinne beschäftigt, man müsse die Frage „aufreizend oder nicht“ objektiv entscheiden können.
Während wir es an vielen Stränden in Europa für völlig normal halten, wenn sich unsere Frauen ohne die lästigen Oberteile des Bikini sonnen, wäre ein solches Verhalten an irgendeinem US-amerkanischen Strand Objekt des heftigsten Eingreifens der örtlichen Polizei und auch von gesalzenen Geld- und Gefängnis-Strafen, abhängig vom Bundesstaat. Übrigens trifft das auch auf Brasilien zu, von wo der Autor dies schreibt, obwohl hier in den Karnevalsumzügen vor Zehntausenden von Zuschauern die Zahl der bloßen Brüste Legion ist.
Andererseits sind die Unterteile der Bikinis, die durchweg hier in Brasilien an den Stränden getragen werden, üblicherweise das, was hier als „Zahn-Seide“ bezeichnet wird. Das heißt, der hintere Teil ist so fein wie Zahnseide und verschwindet üblicherweise zwischen den Backen, was die beiden Hinterbacken in ihrer Gänze sichtbar werden lässt.
Ein solcher Bikini würde in Europa üblicherweise als „ungehörig“ oder jedenfalls als „schreiend“ angesehen und kaum eine Frau würde es wagen, so etwas zu tragen.
In Deutschland ist es am Strand oder in der Badeanstalt absolut üblich, dass man sich nach dem Baden die feuchte Badekleidung auszieht, um dann trockene Sachen anzuziehen, wobei man für einige Momente eventuell nackt sichtbar ist. Dies wird hier nicht als Problem angesehen. Das gleiche Verhalten wäre in Brasilien undenkbar. Hier hat man seine Sachen über die feuchte Badekleidung anzuziehen oder Verrenkungen mit einem Handtuch zu machen, die jegliche Sichtbarkeit ausschließen.
Ähnlich unterschiedliche Ansichten könnte man noch reihenweise aufzählen. In Wirklichkeit ist der Begriff „dehnbar“ für diese Fragen noch untertrieben. Genau dies ist ja auch der Grund, warum der Autor bei der Wiedergabe des ersten Teils dieses Artikels im Blog des Autors Fotos von FKK-Stränden bzw. –Camps in den Artikel mit einbezogen hat, denn daran kann man genau diese völlig unterschiedlichen Ansichten festmachen.
Ein Teil der Diskutanten in Foren, wo über diesen ersten Teil in seinem Abdruck im Blog diskutiert wurde, erklärten die Fotos schlicht als Kinderporno, während andere der Meinung waren, es sei klar erkennbar, es handelt sich um Familienfotos von Anhängern des Naturismus.
Das ist eben der Grund, warum die bestehenden Gesetze in der Bundesrepublik ein wahrer Glücksfall sind: Sie hängen in ihrer Anwendung nicht mehr von diesen individuellen Einschätzungen ab, sondern beziehen sich auf objektiv feststellbare Tatsachen: „Eindeutig sexuelle Handlungen“. Dagegen sind der vorgeschlagene Gesetzentwurf wie auch die bisher noch nicht offiziell verlautbarten weiteren Änderungspläne die Einführung der Strafbarkeit aufgrund von moralischen Urteilen, noch dazu offen lassend, wessen Moralvorstellungen verwendet werden.
Sicherungsverwahrung für Jugendliche
Ein weiteres Thema der vorgesehenen Änderungen darf hier nicht vergessen werden, wie einer der Kommentare auf den ersten Teil dieses Artikesl richtig bemerkt. Die Bundesregierung hat in diesen Tagen beschlossen, die Möglichkeit des Verhängens von Sicherungsverwahrung auch auf das Jugendstrafrecht auszudehnen. Sicherungsverwahrung bedeutet lebenslanges Wegsperren ohne die Möglichkeiten wie bei „lebenslänglich“, doch noch einmal frei zu kommen.
Es wurde aber überhaupt nicht angegeben, für welche exakten Taten des Jugendstrafrechts eine so radikale Maßnahme überhaupt für denkbar gehalten wird, wenn man berücksichtigt, dass ein Jugendlicher eben noch sein ganzes Leben vor sich hat. Der Wortlaut des Gesetzentwurfs liegt noch nicht vor, aber man muss befürchten, auch in diesem Fall wird wieder eine „Generalklausel“ vom Typ „aufreizend“ verwendet, die in der Praxis der Rechtssprechung das Resultat weitgehend von persönlichen Ansichten des Richters abhängig machen wird.
Willkürjustiz
Die einem solchen Gesetz offenbar zugrunde liegende Vorstellung, es gäbe Jugendliche, also Personen zwischen 14 und 18, die sich nie mehr im Leben ändern könnten, ist fremdartig. Woran sollte man dies eventuell feststellen können? Auch hier wieder die Tendenz zur Willkürjustiz, welche die Bundesregierung nun offenbar mit aller Gewalt einführen will.
Willkürjustiz bedeutet ja nicht, dass in jedem Einzelfall ungerecht und willkürlich vorgegangen wird, sondern die Möglichkeit, Personen mit Willkür zu überziehen, die eventuell aus anderen Gründen unliebsam sind, z.B. Dissidenten.
Öffentliches Register der ehemaligen Sexualstraftäter
Schließlich und endlich muss noch auf das Thema der Register von Sexualstraftäter eingegangen werden, das in den USA bereits das schreiendste Unrecht ist und auch in Großbritannien schon zu absonderlichen Folgen geführt hat.
Es ist charakteristisch, die Forderung nach einem solchen Register kam bereits mehrmals in Deutschland von so genannten christlichen Politikern auf, u.a. von nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers und von Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo. Interessant, dass es gerade solche Politiker sind, die Lafontaine Populismus vorwerfen.
Es geht dabei nicht um die Frage, ob ein solches Register existiert (bei der Polizei sind entsprechende Unterlagen ja sowieso vorhanden), sondern dass es ein ÖFFENTLICHES Register gibt. In den USA ist das landesweite Register im Internet so organisiert: man braucht nur seine Postleitzahl eingeben, dann erscheinen alle Personen, die schon einmal eine Strafe wegen Sexualstraftaten begangen haben und in diesem bereich wohnen, auf dem Bildschirm, mit Name Adresse, Bild usw.
Auf diese Art und Weise hat sich eine Treibjagd auf ehemalige Sexualstraftäter gebildet, die nur mit mittelalterlichen Hexenjagden vergleichbar ist. In diesen „Sexual Offender Register“ sind nämlich keineswegs nur Straftäter enthalten, die wirklich Übergriffe gegen Kinder begangen haben, sondern alle Verurteilten und alle, die wegen einer sexuellen Übertretung in psychiatrischen Institutionen interniert waren.
Dazu gehören eben auch solche, die mit 12 Jahren mit einem Pornoheft erwischt wurden, die mit 11 Jahren masturbiert haben, 14-Jährige, die ihrer kleinen Schwester zwischen die Beine gefasst haben und schließlich auch alle unter 18-Jährigen, die wegen Sex mit Gleichaltrigen erwischt und verurteilt wurden.
Ein solches Register auch nur in Erwägung zu ziehen, zeigt, wes Geistes Kind solche Politiker sind. Wenn all dies verwirklicht ist, wird Deutschland nicht mehr wieder zu erkennen sein.
Erster Teil: Verschärfung im Sexualstrafrecht - Was Experten zu den neuen Gesetzen sagen
Karl Weiss - Die Kinderschänder sind los! Das Sexualstrafrecht muss verschärft werden! Endlich wird die Bundesregierung aktiv! Kaum ein Thema lässt sich so leicht cherungsverwaemotional hochspielen und demagogisch ausbeuten wie das Sexualstrafrecht, denn die Vorstellung eines obskuren Kinderschänders, der sich heimlich an die Kinder heranmacht, sie entführt, missbraucht und evtl. tötet, ist der extremste Albtraum jeder Eltern – und überhaupt jeder vernünftigen Person.
Nur geht die Vernunft auch unheimlich leicht verloren, wenn es sich um dieses Thema handelt. Ist da nicht die neunjährige X. Ermordet worden? War da nicht vor einem Jahr der Fall des 7-jährigen Y.? Bundesjustizministerin Zypries kündigt an: „Die Verschärfung des Sexualstrafrechts wird jetzt zügig angegangen.“
Verschärfung gegen Kinderschänder?
Die Aufsehen erregenden Fälle: Sexualmorde an Kindern. Man sagt Sexualstrafrecht, aber man meint: Kinderschänder. Sind Sie für Milde gegen Kinderschänder? Na sehen Sie. Ist doch alles in Ordnung. Fast.
Tatsächlich gibt es Täter, die Kinder anlocken, sich an ihnen vergehen und sie dann oft auch umbringen. Das ist allerdings – im Vergleich zur Gesamtheit der sexuellen Straftaten gegen Kinder – eine verschwindend geringe Anzahl. Die Chance im Lotto zu gewinnen ist weit höher als Opfer eines solchen Täters zu werden.
Die bestehenden Gesetze gegen solche Taten sind vollständig ausreichend. Sie erlauben die lebenslange Strafe und zusätzlich auch das Verhängen von Sicherheitsverwahrung, also das wirklich lebenslange Wegsperren, wenn befürchtet werden muss, der Täter könnte rückfällig werden. Die Politiker, die uns weismachen wollen, die jetzt geplanten Verschärfungen seien gegen solche Täter gerichtet, lügen unverschämt.
In Wirklichkeit finden weit über 95 % der sexuellen Übergriffe gegen Kinder zuhause statt, durch Familienangehörige oder eng mit der Familie verbundenen Personen, die sich unter Ausnützen der völligen Abhängigkeit der Kinder von der Familie an sie heranmachen.
Verringerung schwerer Sexualstraftaten auf ein Drittel
Aber dennoch - sind die schweren Sexualstraftaten in letzter Zeit nicht unheimlich angestiegen – vielleicht verursacht durch das Internet? Um wie viel Prozent, glauben Sie, sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten die schweren Sexualdelikte in Deutschland angestiegen? 20%? 50%, 260%?
Nach einer Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen glauben die Deutschen (im Schnitt), dass die Zahl der Sexualmorde zwischen 1993 und 2003 um 260 Prozent angestiegen sei. Tatsächlich sank die Zahl der schweren Sexualverbrechen in den alten Bundesländern zwischen 1981 und 2004 auf ein Drittel (der Bezug auf die alten Bundesländer hier nur wegen der Vergleichbarkeit).
Falls das Internet irgendeinen Zusammenhang mit solchen Straftaten hat, dann kann es also nur im Sinne einer Verringerung gewirkt haben.
Die Aufsehen erregenden Fälle stellen aber nicht nur weniger als 1% der wirklichen Fälle von sexuellen Übergriffen gegen Kinder dar, sie werden nach jetzt beabsichtigten Verschärfungen auch nicht mehr als 0,1% der Verurteilungen sein.
Auf die spektakulären medienwirksamen Entführungen und Morde bezieht sich die ganze aufgeregte Diskussion, doch die vielen anderen normalen Fälle von Sexualstraftaten und vermeintlichen Sexualstraftaten fallen nun unter die Verschärfungen. In Wirklichkeit sind nur sie von den Verschärfungen betroffen. Jene 99,9% der Verurteilten, die niemals Kinder entführt haben, niemals Kinder zu Sex gezwungen haben, niemals getötet, die aber vielleicht als Jugendlicher mit einem anderen jungen Menschen Sex gemacht haben.
Es geraten jetzt Fälle aus der Grauzone in den Bereich der Sexualdelikte, die zwar von sehr religiösen Menschen manchmal auch als schlimme Vergehen gewertet werden, aber von der großen Mehrzahl der Menschen in Deutschland nicht.
Was nennt man die Grauzone?
Vor allem handelt es sich um sexuelle Aktivitäten von Jugendlichen. 16-jährige mit 15-jährigen, 17-jährige mit 16-jährigen und auch schon mal 14-jährige mit 13-jährigen usw. Die christlichen Extremisten in den USA (die jetzt auch ihre neuen Gesetzestexte in Europa durchsetzen) sind der Meinung, es müsse mit harter Hand verhindert werden, dass junge Menschen sich sexuell betätigen vor der Hochzeit.
So haben sie bereits in vielen Staaten der USA Regeln und Gesetzgebungen durchgesetzt, die z.B. intime Berührungen von Jugendlichen untereinander als „Kinderschändung“ ansehen, die jegliche sexuelle Aktivitäten von Jugendlichen als „geistige Krankheit“ denunzieren und mit Internierung in geschlossene Institutionen bestrafen – ohne dass dafür gerichtliche Einweisungen nötig wären. Bereits Kinder zwischen 8 und 14 Jahren werden in solche geschlossenen psychiatrischen Institutionen eingeliefert, wenn irgendetwas Sexuelles bei ihnen bemerkt wurde.
Dies trifft auch auf Kinder und Jugendliche zu, die überhaupt keine sexuellen Kontakte mit anderen Personen hatten, aber bei sexuellen Aktivitäten erwischt wurden, sei es beim Masturbieren oder mit Porno-Zeitschriften und/oder –Bildern.
Im ersten Teil des Artikels wurde hierzu schon einiges ausgeführt, u.a. dass im Moment geschätzt wird, in den USA seien etwa 50 000 Jugendliche und Kinder in einer solchen Art von „Behandlung der Geisteskrankheit Sex“ in einer geschlossenen Einrichtung.
Dies ist im Moment noch keine Praxis in Europa, doch es kann kein Zweifel bestehen, die extremistischen Christen in den USA werden auch in diesem Fall darauf bestehen, dass ihre US-Regelungen von der EU übernommen werden und dann in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Angesichts des allgemeinen Kadavergehorsams europäischer Regierungen gegenüber der hysterischen Bush-Clique kann davon ausgegangen werden, man wird dies versuchen durchzuführen. Da die ersten Gesetzentwürfe dieser Art (siehe die deutsche Regelung, die bereits in den Bundestagsausschüssen ist) auf keine heftigen Proteste getroffen sind (sie wurden ja auch praktisch geheim gehalten), darf der nächste Schritt bald erwartet werden.
Die andere Art von Grauzonen-Ereignissen sind solche, in denen bereits erwachsene junge Leute (18- bis 21-jährige) mit minderjährigen Jugendlichen (14 bis 18–jährige) sexuelle Kontakte haben, seien es Zungenküsse (das wird von den extremistischen Christen der Bush-Fraktion bereits als sexueller Kontakt ausgelegt und ist in einer Anzahl von US-Bundestaaten bereits Teil der mit Gefängnis bedrohten Taten), sei es „Petting“, also Berührungen primärer oder sekundärer Geschlechtsmerkmale. Ganz zu schweigen natürlich von oralem Sex oder dann „richtigem“ Sex mit Penetration.
Ein dritter Teil der Grauzone sind einmalige, geringfügige „Ausrutscher“. Einer der Sachverständigen bei der Anhörung des Ausschusses im Bundestag nannte als Beispiel einen Lehrer, der sich nie etwas zuschulden kommen ließ, aber während einer schweren Ehekrise im Schwimmbad einer Schülerin an die Brust fasste, als einmaliges Geschehen. Auch sexuelle Übergriffe gegen Kinder, die kurzzeitig und einmalig sind, werden in vielen Ländern nicht als schwere Sexualdelikte behandelt. Man geht davon aus, dass vor allem die Situation des Ausgesetz-Sein gegenüber häufigen und längerdauernden sexuellen Übergriffen dauernde psychische Schäden verursacht. Ebenso wird jede Art von Doktor-Spielen unter Kindern als absolut außerhalb irgendeines staatlich strafwürdigen Bereichs behandelt. Grauzonen-Fälle werden bestenfalls als Erziehungsprobleme oder Ordnungswidrigkeiten angesehen, aber nicht als Sexualdelikte.
Schutzalter in Deutschland
Diese ganze Grauzone ist im Moment noch in den meisten europäischen Ländern völlig außerhalb des strafbaren Bereiches. In Deutschland als typischem Beispiel gilt das Schutzalter von 14 Jahren, wobei jegliche sexuelle Handlung an oder mit jüngeren durch Erwachsene (also über 18-jährige) strafbar ist. Für den Bereich der Jugendlichen zwischen 14 und 16 ist sexueller Kontakt strafbar, wenn der Partner mehr als 5 Jahre älter ist (das ergibt also im Fall eines 16-jährigen Jugendlichen ein Höchstalter von 21 Jahren, ab dem Strafbarkeit gegeben ist). Über 16 gibt es keine Strafbarkeit mehr, unabhängig vom Alter des Partners, sondern es gelten die Regeln des normalen Strafrechts, das natürlich die Fälle der Bestrafung bei Anwendung von Gewalt und bei Ausnützen von Abhängigkeit festlegt.
Der neue Gesetzentwurf
All dies soll jetzt völlig abgeschafft und durch eine andersartige absurde Regelung ersetzt werden: Sowohl das Täter- als auch Opfer-Alter soll generell auf 18 Jahre heraufgesetzt werden, mit anderen Worten, die Unterscheidung in Kinder (bis 14) und Jugendliche (bis 18) wird aus dem Sexualstrafrecht gestrichen – und zwar, wie einer der Sachverständigen bei der Anhörung im Bundestagsausschuss betonte, unter Aufhebung der bei anderen Straftaten gültigen Jugendstrafrechts und des Einbeziehens von Kinder und Jugendlichen ins Erwachsenenstrafrecht, ausschließlich für die Fälle von Sexualstraftaten.
Das gilt sowohl für jenen Paragraphen, der bisher die Kinder (bis 14) vor jeglichen „sexuellen Handlungen“ schützte („Kinder-Missbrauch-Paragraph“), als auch für jenen, der jegliche Darstellung (in Text oder Bildern) von „sexuellen Handlungen“ mit, an oder vor Kindern (bis 14) verbot („Kinderpornoparagraph“).
Der „Kinderschänder“-Paragraph
Die Basis der Argumentation war, Kinder (bis 14) können kein Einverständnis mit sexuellen Handlungen mit Erwachsenen (ab18) gültig erklären, denn sie sind immer in einer abhängigen Situation und vermögen nicht einzuschätzen, auf was sie sich eventuell einlassen. Dies wird im Gesetz so ausgedrückt, dass sie in einer Zwangslage befinden bzw. dass der Erwachsene eine Zwangslage ausnutzt, wenn er sich darüber hinwegsetzt. Anders ausgedrückt: Kinder (bis 14) können grundsätzlich keine wirksame Einverständniserklärung mit Sex abgeben.
Nun hat man aber den gleichen Gesetzestext benutzt, nur hat man in Bezug auf die Täter „ab 18“ weggelassen, also alle Jugendlichen und Kinder in den Täterkreis einbezogen und auf der Seite der Opfer „bis 14“ weggelassen und durch „bis 18“ ersetzt, wodurch nun plötzlich alle Jugendlichen ebenfalls für unfähig erklärt werden zu wissen, worauf sie sich bei sexuellen Kontakten einlassen – was einfach Unsinn ist. Bis 18 gäbe es dann nicht mehr die Möglichkeit, wirksam sein Einverständnis zu Sex zu erklären.
Da über die Frage der „Zwangslage“ eine ausführliche Rechtssprechung besteht, die in der Praxis alle, die unter diesen Paragraphen fallen, automatisch in einer solchen Zwangslage sieht, bedeutet dies, alle Jugendlichen wären dann immer bei sexuellen Kontakten in einer Zwangslage, auch wenn sie unter Gleichaltrigen stattfinden. In der Praxis der Rechtssprechung bedeutet das, es ist genauso, als ob die Worte „unter Ausnutzen einer Zwangslage“ gar nicht im Gesetzestext stehen würde.
Es ist zwar möglich und denkbar, dass die Gerichte angesichts des neuen Paragraphen eine andere Rechtsprechung entwickeln, in denen der Begriff „Zwangslage“ wieder deutlich enger ausgelegt wird, aber das ist nicht sicher. Es ist auch nicht akzeptabel, dass man ein Gesetz macht, das anschließend von den Gerichten uminterpretiert werden muss, um nicht in Absurditäten auszuarten, speziell in einem Fall wie diesem, in dem das geltende Recht völlig korrekt und ausreichend ist..
In Bezug auf diesen Paragraphen gibt es überhaupt keine Begründung für irgendeine Änderung. Es wird lediglich gesagt, die europäische Rahmenregelung müsse umgesetzt werden. Die wiederum bezieht sich auf eine von der UNO empfohlene Verschärfung, die dort wiederum von US-Beauftragten durchgesetzt wurde und teilweise wörtlich den Text von neuen US-Gesetzen wiedergibt.
Wenn ein juristischer Laie den neuen Gesetzestext liest, so kann er das wahre Ausmass der Änderung in der Regel nicht erkennen, denn er wird den Begriff „Zwangslage“ wie ein normaler Mensch auslegen und nicht juristisch und sieht daher gar keine Gefahr, denn er assoziiert mit Zwangslage Prostitution und sieht dann eine Bestrafung angemessen.
Dies geschah z.B. mit dem Moderator „Jomira“ in einem Forum der „Uni-Protokolle“, wo der erste Teil dieses Artikels diskutiert wurde:
Er schreibt zu diesem ersten Teil, der am Anfang des Threads mit seinen beiden Veröffentlichungen verlinkt worden war:
„Die Darstellung in den beiden ersten Links sind schlicht und einfach falsch. Die Anhebung des Schutzalters auf 18 betrifft lediglich den Fall, in dem ein eventuelle Zwangslage (sprich: Prostitution vorliegt oder Pornographische Aufnahmen gemacht werden). Es betrifft aber nicht eine Beziehung zwischen Jugendlichen (...) Zu den Befürchtungen vom Heise-Blog:
Meiner Meinung nach wird hier eine ganz schöne Hysterie verbreitet, so wird von einer "Flut" von Anzeigen gegenüber Ex-Freunden gesprochen. Das halte ich doch für fragwürdig, da ein letztendlich nachgewiesen werden müßte, dass von dem Verdächtigem psychischer Druck ausgeübt wurde. Und auch hier gilt: Im Zweifel für den Angeklagten. (...) Aber ich lasse mich gerne korrigieren.“
Bei einem Thema, in dem so viele hysterische Reaktionen vorkommen, nun ausgerechnet denen, die vor den Folgen der Veränderung warnen, Hysterie vorzuwerfen, ist schon etwas abseitig.
Die Frage des psychischen Drucks, der hier als schwierig zu beweisen angenommen wird, ist in der Praxis des Sexes zwischen Jugendlich aber eben keineswegs selten und oft wirklich vorhanden – wenn auch in leichter Form (die aber in der Rechtsprechung als ausreichend angesehen wird). Schon die Annahme eines Mädchens, der Junge könnte eventuell mit ihr Schluss machen, wenn sie ihn nicht küssen, nicht „Petting“ machen lässt oder nicht Sex mit ihm macht, wird als solcher psychischer Druck ausgelegt, womit schon eine Riesenzahl Fälle von neugierigen oder verliebten Kontakten unter Jugendlichen unter den Paragraphen fallen.
Dies ist besonders von Bedeutung, da ja die Freundschaften unter Jugendlichen nur selten für die Ewigkeit gemacht sind und fast jedes Mal nach einer „Trennung“ eine junge Person mit viel Wut auf die andere Person übrig bleibt. Bettina Winsemann hat in ihrem diesbezüglichen Artikel in „telepolis“, der wenige Tage nach dem ersten Teil dieses Artikel erschien, besonders auf die damit eröffneten Möglichkeiten der Rache durch Anzeigen und Zeugenaussagen für den „verlassenen“ Partner aufmerksam gemacht, worauf sich der Moderator im oben zitierten Posting mit der Aussage zum „Heise-Blog“ bezieht.
Andere weisen darauf hin, dass es ja sicher verständige Richter gibt, die Verfahren einstellen werden, in denen lediglich einverständlich sexuelle Handlungen unter Jugendlichen angeklagt sind. Das ist sicher richtig. Die Neufassung der Paragraphen würde wahrscheinlich nicht zu Millionen von unschuldig Verurteilten führen. Das ist ja auch nicht der Kern der Gefahr, die in solchen Gesetzen liegt.
Dieser liegt vielmehr darin:
Ein weitgehend eindeutiges Gesetz, das klar beschriebene Taten unter Strafandrohung stellt und dem gesellschaftlichen Konsens zu dieser Art von Straftaten entspricht, wird ohne jede inhaltliche Begründung durch radikal veränderte Paragraphen ersetzt, die nun einer weiten Auslegung Raum geben, ohne jegliche Diskussion hierzu in der Öffentlichkeit.
Jegliche Rechtssicherheit in Bezug auf junge Leute, die verliebt sind und dementsprechend und naturgegeben handeln, ist aufgehoben. Solche jungen Leute sind plötzlich aufgrund von hierzulande als selbstverständlich geltendem Handeln der Gefahr ausgesetzt, von Denunzianten vor Gericht und eventuell zu Verurteilungen gebracht zu werden, ohne irgendetwas Verwerfliches getan zu haben. Da reicht es nicht aus, damit zu argumentieren, viele Richter würden da schon vernünftig sein, speziell in einem Land, in dem ein Schill Richter werden konnte.
Versuch strafbar
Der absolute Abschuss ist nun, man will nach der deutschen Gesetzesvorlage auch noch den Versuch strafbar machen. Das eröffnet noch weitere, noch absurdere Missbrauchsmöglichkeiten dieses Gesetzes für Personen, die aus welchen Gründen auch immer, anderen schaden wollen. Wenn das „Kind“ in Wirklichkeit überhaupt nicht sexuell angegriffen wurde, sondern nur ein Versuch vermutet wird, weil irgendjemand etwas gesagt hat, was ein anderer auf seine Art interpretiert hat, so fragt sich wirklich, wo hier der Sinn einer vorgesehenen Bestrafung liegen soll. Außer man hätte im Sinn, neue Möglichkeiten zu schaffen, unliebsame Personen auf die Anklagebank und evtl. ins Gefängnis zu bringen, ohne dass sie wirklich etwas getan haben.
Von einer Bundesregierung, die den kritischen Wissenschaftler Andrej H. ins Gefängnis hat stecken lassen, weil er in einer wissenschaftlichen Arbeit, die sich kritisch mit dem Kapitalismus auseinandersetzt, die Worte „Reproduktion“, „politische Praxis“ und „marxistisch-leninistisch“ verwendet hat, ist eine solche Absicht zuzutrauen.
Ehrvernichtende Anklage
Dabei geht es hier eben nicht um die Anklage eines Ladendiebstahles oder einer Steuerhinterziehung, die dem Ansehen einer Person in der Regel nicht so stark schaden. Hier geht es um die Anklage der „Kinderschändung“ bzw. der „Verwicklung in Kinderporno-Fälle“, die – selbst ohne Verurteilung schon – zum Vernichtendsten gehören, was man einem Menschen vorwerfen kann. Schon allein der Vorwurf, selbst wenn er sich nur auf den Konsum von Kinderporno bezog, wie im Fall der Anklagen der „Operation Ore“, vernichtete viele Firmen und das Leben von Hunderten von Menschen, führte zu 39 Selbstmorden allein in Großbritannien und wurde von allen Betroffenen als die „reine Hölle“ beschrieben. Zu „Operation Ore“ siehe diese drei Artikel: Teil 1, Teil 2 & Teil 3.
Was kommt nach?
Da das Ganze aus den USA kommt, muss man bei der Kritik dieser Gesetzesvorhaben eben auch sehen, was dort vor sich geht. Dort liegen eben bereits die Verurteilungen von jungen Leuten über 14 vor, die nichts als ein wenig Oralsex gemacht haben (siehe auch diesen Artikel: „Schon in den USA, bald auch bei uns: Gefängnis für Sex unter 18“).
Ebenso muss man sehen, diese Rahmenrichtlinie der EU ist nur der erste von wahrscheinlich vielen Anläufen. Die ursprünglich vorgesehene Regelung von vier Jahren Mindeststrafe (die im ersten Teil des Artikels bereits mit in die Beispiele einbezogen wurde, was zu Missverständnissen geführt hat) ist in der endgültigen Fassung herausgelassen worden, aber sie wird bei der nächsten Rahmenrichtlinie (und der entsprechenden Umsetzung in Deutschland) mit Sicherheit kommen.
Das gleiche gilt für die Straftat des „Verleitens“ zu sexuellen Handlungen, die im deutschen Gesetzesvorschlag nicht mehr vorkommt, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. In den Beispielen im ersten Teil des Artikels wurde sie zum Teil auch mit erwähnt, um deutlicher zu machen, was da auf Deutschlands junge Leute zukommt.
Genauso sind noch viele weitere Verschärfungen in den USA bereits in einem Teil der Bundesstaaten Gesetz, die in der Folge mit Sicherheit (über die EU oder direkt) zu weiteren Versuchen von Neuerungen in unserem Sexualstrafrecht führen werden:
Die generelle Einbeziehung von Kindern (als Täter) in die Strafbarkeit, unabhängig vom Alter,
die Wiedereinführung der Strafbarkeit jeglicher homosexueller Kontakte,
die Einführung der Strafbarkeit von ehelicher Untreue,
die Strafbarkeit von Oralsex,
die Strafbarkeit von Analsex,
die Definition des sexuellen Verlangens als Geisteskrankheit,
die Strafbarkeit der Prostitution bezüglich der Prostituierten,
die Strafbarkeit der Prostitution bezüglich der Freier,
die absolute Strafbarkeit der Abtreibung und dann schliesslich auch
die Strafbarkeit jedes Sexes ausserhalb der Ehe.
Wird die jetzt vorgesehene Änderung Gesetz, so ist ein Loch in den Damm geschlagen, den die Aufklärung gegenüber dem Durchsetzen von christlich-extremistischen Moralvorstellungen mit dem Mittel des Strafrechts errichtet hat. Dann wird es nur noch schwerlich ein Halten geben.
Der Kinderpornoparagraph
Etwas Vergleichbares gilt auch für den anderen Paragraphen, der geändert werden soll: Der Kinderpornoparagraph.
Seine jetzige Fassung sieht vor, es müssen wirklich Kinder abgebildet oder beschrieben sein, also Personen unter 14 Jahren, und es müssen eindeutig sexuelle Handlungen abgebildet oder beschrieben sein, sei es solche, die an den Kindern, von den Kindern oder vor den Kindern vorgenommen werden. Das ist umfassend und völlig ausreichend. Dazu kommt, diese Regelung wurde bereits von den Gerichten bis ins Extrem ausgelegt. So wurde z.B. als „sexuelle Handlung“ bereits bezeichnet, wenn ein nacktes Mädchen seine Beine öffnete – ebenso ist ein Junge mit einem erigierten Penis als „sexuelle Handlung“ eingestuft.
Was da nun im neuen Paragraphen steht, ist etwas völlig anderes, das nicht nur jede Nacktheit an sich bereits kriminalisiert, sondern sich darüber hinaus auf angezogene Mädchen und Jungs erstreckt. Dabei wird auch hierbei die Altersgrenze von 14 auf 18 Jahre erhöht, was zu unglaublichen Folgen führt, wie man sich leicht vorstellen kann.
So wird eine Abbildung von dem, was bisher absolut erlaubt ist, nämlich sexuelle Handlungen zwischen 14- bis 18 Jährigen, nun als Abbildung zum Kinderporno – und Kinderporno ist Schwerverbrechen.
Der Weg, wie dies erreicht wurde – neben der Frage des Anhebens der Altersgrenze - (auf den ersten Blick am Gesetzestext nicht leicht zu erkennen), ist das Einbeziehen von „Posing“ in die Strafbarkeit. Dies ist der einzige Punkt, in dem überhaupt argumentiert wird in der Gesetzesvorlage. Es wird argumentiert, hier habe es bisher eine Lücke gegeben, denn Bilder, in denen ein „Kind“ (alles bis 18) in extremer Weise seine nackten Geschlechtsteile zeigt und diese im Mittelpunkt der Abbildung stünden, seien bisher nicht strafbar gewesen.
Das könnte man so und mit diesen Worten im Gesetzestext noch akzeptieren, jedenfalls wenn es sich wirklich auf Kinder (bis 14) und nicht auf „Kinder“ (bis 18) bezieht, aber der Text umfasst weit mehr. Der Trick ist, es wird mit dem Wort „aufreizend“ (ohne dass dies für den Laien gleich ersichtlich ist) wiederum die Frage des Standpunkts des Betrachters eingeführt, der eben eventuell ein manisch-extremistischer Christ sein kann.
Damit wird das „unzüchtig“ (also die moralische Kategorie, Bestrafung für das, was extremistische Christen für unmoralisch ansehen) wieder eingeführt, das in den siebziger Jahren nach langem Kampf endlich aus der Sexualstrafrecht verbannt worden war. Es war ein entscheidender Fortschritt damals, es wird nicht mehr etwas bestraft, was im Kopf eines eventuellen Betrachters („unzüchtig“) vor sich geht, sondern nur, was wirklich an Bestrafenswertem mit Kindern gemacht wird und dann abgebildet ist.
Mit dem Begriff „aufreizend“ (der kommt aus der Übersetzung aus dem englischen Original des Paragraphen in den USA) wird genau das wieder eingeführt. Jegliche Nacktheit von Personen unter 18 auf einer Abbildung, die mag noch so harmlos sein, ist im US-Original strafbar (das führt zu so weitgehenden Folgen, dass es fast unglaublich ist, siehe unten). Das ist mit der Verwendung des Begriffs „aufreizend“ nun auch in Deutschland vorgesehen.
Darüber hinaus ist aber überhaupt keine Nacktheit erforderlich. Jegliche Abbildung (auch Zeichnungen, Gemälde, Kunst) von Personen unter 18, die von irgendjemand als „aufreizend“ angesehen werden kann, ist strafbar – ebenso jegliche Beschreibung in Worten.
Es ist aber nicht nur keine Nacktheit nötig, es müssen auch nicht etwa primäre oder sekundäre Geschlechtsmerkmale sich unter der Kleidung abzeichnen. Ebenso wenig ist nötig, dass das „Kind“ (unter 18) eine eindeutig herausfordernde (oder sexy) Pose einnimmt, (was eigentlich der Ursprung der Idee des „Posing“ war). Es reicht aus, die Abbildung wird von irgendjemand als „aufreizend“ angesehen. Da dieser „irgendjemand“ nicht definiert ist, zum Beispiel als der „vernünftige Durchschnitts-Mitteleuropäer“ oder irgend etwas von der Art, ist damit jeglicher Willkür Tür und Tor geöffnet.
Zu was dies führt, kann man im Ursprungs-Land bereits jetzt sehen: USA-Urlauber werden vom deutschen auswärtigen Amt ausdrücklich mit einer Verlautbarung konfrontiert, die u.a. sagt:
"...in den USA reicht es unter Umständen aus, am Strand Fotos von den nicht vollständig bekleideten eigenen Kindern zu machen, um in Untersuchungshaft zu landen. „Die Grenzen zwischen harmlosen Familienfotos und strafbaren „sexuell suggestiven“ Fotos verlaufen in den Augen der Ermittlungsbeamten fließend“
Quelle Sueddeutsche.
Man lese genau: Ihre eigenen Kindern müssen am Strand vollständig bekleidet sein, wenn Sie von ihnen Fotos machen!
Ist doch interessant: Die deutschen Massenmedien regen sich fürchterlich auf, wenn in der Türkei ein deutscher Siebzehnjähriger eingesperrt wird, der „irgendetwas sexuelles“ mit einer englischen Dreizehnjährigen in der Türkei gemacht hat, aber sie finden es kaum einer Erwähnung wert, wenn in den USA, dem wichtigsten Verbündeten des deutschen Staates, jemand ins Gefängnis geworfen wird, weil er Fotos von seinen eigenen Kindern in Badekleidung am Strand macht.
Das charakterisiert diese gleichen Massenmedien, die bis heute nicht über den wirklichen Hintergrund und die wirklichen Absichten der neuen deutschen Gesetze informiert haben.
Scheinkinder
Das ist aber noch nicht alles bezüglich Kinderporno bzw. „Kinderporno“. Denn es werden auch Personen einbezogen, die jünger als 18 aussehen, auch wenn sie schon 18 sind, die so genannten Scheinkinder. War dies mit der Altersgrenze von 14 Jahren schon umstritten, so wird es mit der Altersgrenze von 18 Jahren vollends absurd.
Der Kinderpornoparagraph soll ja Kinder vor sexuellen Angriffen schützen, die durch das Abbilden dann geschäftlich ausgenutzt werden und außerdem durch die Verbreitung zu zusätzlichem Leiden der abgebildeten Kinder führen. Es ist offensichtlich, mit dem Anheben der Altersgrenze wird dieser eigentliche Schutzzweck ad absurdum geführt, mit der Einbeziehung von Personen über 18, wenn sie „jünger aussehen“ wird er in Wirklichkeit zu einem fast vollständigen Porno-Verbot. Es muss vermutet werden, auch dies war beabsichtigt.
Ausschlaggebend ist laut dem vorgesehenen Gesetzestext ausschließlich das Aussehen, wobei man „vergessen“ hat anzugeben, wie man denn herausfindet, eine Person über 18 sähe so aus wie unter 18. Es gibt also nicht den befreienden Gegenbeweis, wenn man etwa belegen kann, die gezeigte Person war über 18. Dieser Gegenbeweis wird vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen. Beides zusammen macht diese Regelung, ähnlich wie oben das „aufreizend“, zu einem völligen Willkürparagraphen. Da nicht definiert ist, wie man denn das „jünger aussehen“ misst, kann jeder, der ein Pornobild besitzt, plötzlich unter den Kinderpornoparagraphen fallen und ist völlig von der Interpretation von Untersuchungsbeamten, Staatsanwaltschaften und Richtern abhängig.
Dies umso mehr, als die gesamte Pornoindustrie seit ihrem Bestehen eifrig daran arbeitet, die Modelle, die ja immer 18 oder älter sein müssen, jünger aussehen zu lassen. Mit der Ausnahme von seltenen Fällen wie „Oma-Porn“ oder „Big-Porn“ wird ja fast alles, was da so produziert wird, auf „jung“ gemacht, weil sich dies offenbar besser verkauft. Damit würde bei der vorgesehenen Regelung jeder Benutzer von Porno mit einem Bein im Gefängnis stehen.
Auch hier wiederum, wie schon oben, mag jemand argumentieren, man werde doch wohl davon ausgehen können, dass Richter eine solche Regelung vernünftig anwenden. Das mag meist der Fall sein, aber es ist unannehmbar bei Handlungen, die von der Gesellschaft als normal und akzeptabel angesehen werden von der gutwilligen Interpretation eines Richters abhängig zu sein. Denn die Alternative, selbst wenn sie nicht häufig vorkommen mag, ist mit der Verurteilung wegen Kinderporno eine der vernichtendsten und ehrraubendsten aller möglichen Verurteilungen.
Auch hier wieder eröffnen sich Möglichkeiten, gegen unliebsame Personen vorgehen zu können, wie dies oben schon aufgezeigt wurde.
Reaktionen auf den ersten Teil des Artikels
In einigen Reaktionen auf den ersten Teil des Artikels kann auch der hohe Grad an Emotionalität erkannt werden, den das Thema generell hat. Da wird einem, der die geplanten Verschärfungen kritisiert oder die Strafverfolgung ausschließlich von Konsumenten, ohne die eigentlichen Hersteller von Kinderpornos aufs Korn zu nehmen, schon mal vorgeworfen, doch offenbar selbst „so einer“ zu sein.
So schreibt zum Beispiel der Diskutant „Werner“ im Forum der „FKK-Freunde“, wo sein Alter mit 59 angegeben wird:
„Es wurde fälschlich von einem „Schlag gegen Kinderpornoringe“ gesprochen, in Wirklichkeit hatte man lediglich (Hervorhebung durch mich) Konsumenten im Visier.“ „...und stattdessen nur Konsumenten ins Visier genommen.“
Wer solch unerträgliche Verharmlosungen publiziert, hat ja wohl ein dringendes eigenes Interesse daran, sich gegen JEDE Strafverfolgung zu wenden, die mit dem Mißbrauch von Kindern zu tun hat. Damit disqualifiziert er sich für mich sofort als Informationsquelle - unbeschadet dessen, ob seine Informationen nun korrekt sind oder nicht.
Wer keine Flöhe bekommen will, darf sich nicht mit Hunden ins Bett legen.“
Das ist dann schon wirklich ärgerlich für den Autor, zumal aus dem Zusammenhang völlig eindeutig hervorgeht: Die Worte „lediglich“ und „nur“ stellen keine Verharmlosung dar, sondern bezogen sich eindeutig auf den Vorwurf an die Strafverfolgungsbehörden, im Fall der Operation Mikado nicht gegen die eigentlichen Hersteller jener Kinderpornos vorgegangen zu sein, sonder nur und lediglich gegen Konsumenten.
Ähnlich Ärgerliches hatte auch ein anderer Diskutant im gleichen Forum zu bieten, der sich als „FKK-Freund“ bezeichnet:
„So wurde der pure Besitz von Fotos oder Videos, auf denen nackte Kinder zu sehen sind, bereits unter Strafe gestellt. Was daran strafbar sein soll, blieb der (offenbar blühenden) Phantasie der Politiker überlassen. Zwar ist im Moment noch Bedingung, dass die Kinder „in eindeutigen Positionen“, „aufreizend“ und „unter besonderer Betonung ihrer Geschlechtsorgane“ gezeigt werden, aber das sind dehnbare Begriffe. Ein von christlichen Gefühlen überwältigter Richter mag dies bereits in ganz normalen Abbildungen, z.B. von FKK-Stränden, erkennen.“
Dieser Abschnitt ist wohl ein noch besserer Beleg für die Richtigkeit von Werners Aussage.
Das sind absolut keine dehnbaren Begriffe. Wir können uns in der Bildergalerie hier mal sämtliche Bilder anschauen und wir werden uns sicher absolut darüber einig sein, welche Bilder zu welchem Zweck gemacht wurden...“
Nein, „FKK-Freund“, es werden sich kaum einmal zwei Personen absolut einig sein, welche Abbildungen von nackten Kindern harmlos und welche eventuell „aufreizend“ sein könnten. Wenn man zehn Personen über 100 solcher Bilder urteilen lässt, wird man sehrwahrscheinlich zehn verschiedene Ansichten finden usw.
Das Problem an Bildern von Nackten, erst recht von nackten Kindern, ist eben, es findet im Kopf des Betrachters eine Einstufung statt, die extrem subjektiv ist. Was einer dazu meint, hängt viel von seinen Anschauungen über Moral, „Schicklichkeit“ und „Schamhaftigkeit“ ab. Einhellige Meinungen kann man vielleicht unter Anhängern von extremistisch religiösen Christen finden und vielleicht auch unter Anhängern der Freikörperkultur, aber eben diese Ansicht in einem Forum von „FKK-Freunden“ zeigt schon, nicht einmal dies funktioniert.
Die Begriffe „aufreizend“ und „unter besonderer Betonung der Geschlechtsorgane“ ist nicht nur dehnbar, es ist schlicht und einfach undefinierbar. Zwar mag es extreme Fälle geben, die in der einen oder anderen Richtung einvernehmlich sind, aber die grosse Zahl der Fälle dazwischen lässt jedem graue Haare wachsen, der sich mit diesem Thema in dem Sinne beschäftigt, man müsse die Frage „aufreizend oder nicht“ objektiv entscheiden können.
Während wir es an vielen Stränden in Europa für völlig normal halten, wenn sich unsere Frauen ohne die lästigen Oberteile des Bikini sonnen, wäre ein solches Verhalten an irgendeinem US-amerkanischen Strand Objekt des heftigsten Eingreifens der örtlichen Polizei und auch von gesalzenen Geld- und Gefängnis-Strafen, abhängig vom Bundesstaat. Übrigens trifft das auch auf Brasilien zu, von wo der Autor dies schreibt, obwohl hier in den Karnevalsumzügen vor Zehntausenden von Zuschauern die Zahl der bloßen Brüste Legion ist.
Andererseits sind die Unterteile der Bikinis, die durchweg hier in Brasilien an den Stränden getragen werden, üblicherweise das, was hier als „Zahn-Seide“ bezeichnet wird. Das heißt, der hintere Teil ist so fein wie Zahnseide und verschwindet üblicherweise zwischen den Backen, was die beiden Hinterbacken in ihrer Gänze sichtbar werden lässt.
Ein solcher Bikini würde in Europa üblicherweise als „ungehörig“ oder jedenfalls als „schreiend“ angesehen und kaum eine Frau würde es wagen, so etwas zu tragen.
In Deutschland ist es am Strand oder in der Badeanstalt absolut üblich, dass man sich nach dem Baden die feuchte Badekleidung auszieht, um dann trockene Sachen anzuziehen, wobei man für einige Momente eventuell nackt sichtbar ist. Dies wird hier nicht als Problem angesehen. Das gleiche Verhalten wäre in Brasilien undenkbar. Hier hat man seine Sachen über die feuchte Badekleidung anzuziehen oder Verrenkungen mit einem Handtuch zu machen, die jegliche Sichtbarkeit ausschließen.
Ähnlich unterschiedliche Ansichten könnte man noch reihenweise aufzählen. In Wirklichkeit ist der Begriff „dehnbar“ für diese Fragen noch untertrieben. Genau dies ist ja auch der Grund, warum der Autor bei der Wiedergabe des ersten Teils dieses Artikels im Blog des Autors Fotos von FKK-Stränden bzw. –Camps in den Artikel mit einbezogen hat, denn daran kann man genau diese völlig unterschiedlichen Ansichten festmachen.
Ein Teil der Diskutanten in Foren, wo über diesen ersten Teil in seinem Abdruck im Blog diskutiert wurde, erklärten die Fotos schlicht als Kinderporno, während andere der Meinung waren, es sei klar erkennbar, es handelt sich um Familienfotos von Anhängern des Naturismus.
Das ist eben der Grund, warum die bestehenden Gesetze in der Bundesrepublik ein wahrer Glücksfall sind: Sie hängen in ihrer Anwendung nicht mehr von diesen individuellen Einschätzungen ab, sondern beziehen sich auf objektiv feststellbare Tatsachen: „Eindeutig sexuelle Handlungen“. Dagegen sind der vorgeschlagene Gesetzentwurf wie auch die bisher noch nicht offiziell verlautbarten weiteren Änderungspläne die Einführung der Strafbarkeit aufgrund von moralischen Urteilen, noch dazu offen lassend, wessen Moralvorstellungen verwendet werden.
Sicherungsverwahrung für Jugendliche
Ein weiteres Thema der vorgesehenen Änderungen darf hier nicht vergessen werden, wie einer der Kommentare auf den ersten Teil dieses Artikesl richtig bemerkt. Die Bundesregierung hat in diesen Tagen beschlossen, die Möglichkeit des Verhängens von Sicherungsverwahrung auch auf das Jugendstrafrecht auszudehnen. Sicherungsverwahrung bedeutet lebenslanges Wegsperren ohne die Möglichkeiten wie bei „lebenslänglich“, doch noch einmal frei zu kommen.
Es wurde aber überhaupt nicht angegeben, für welche exakten Taten des Jugendstrafrechts eine so radikale Maßnahme überhaupt für denkbar gehalten wird, wenn man berücksichtigt, dass ein Jugendlicher eben noch sein ganzes Leben vor sich hat. Der Wortlaut des Gesetzentwurfs liegt noch nicht vor, aber man muss befürchten, auch in diesem Fall wird wieder eine „Generalklausel“ vom Typ „aufreizend“ verwendet, die in der Praxis der Rechtssprechung das Resultat weitgehend von persönlichen Ansichten des Richters abhängig machen wird.
Willkürjustiz
Die einem solchen Gesetz offenbar zugrunde liegende Vorstellung, es gäbe Jugendliche, also Personen zwischen 14 und 18, die sich nie mehr im Leben ändern könnten, ist fremdartig. Woran sollte man dies eventuell feststellen können? Auch hier wieder die Tendenz zur Willkürjustiz, welche die Bundesregierung nun offenbar mit aller Gewalt einführen will.
Willkürjustiz bedeutet ja nicht, dass in jedem Einzelfall ungerecht und willkürlich vorgegangen wird, sondern die Möglichkeit, Personen mit Willkür zu überziehen, die eventuell aus anderen Gründen unliebsam sind, z.B. Dissidenten.
Öffentliches Register der ehemaligen Sexualstraftäter
Schließlich und endlich muss noch auf das Thema der Register von Sexualstraftäter eingegangen werden, das in den USA bereits das schreiendste Unrecht ist und auch in Großbritannien schon zu absonderlichen Folgen geführt hat.
Es ist charakteristisch, die Forderung nach einem solchen Register kam bereits mehrmals in Deutschland von so genannten christlichen Politikern auf, u.a. von nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers und von Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo. Interessant, dass es gerade solche Politiker sind, die Lafontaine Populismus vorwerfen.
Es geht dabei nicht um die Frage, ob ein solches Register existiert (bei der Polizei sind entsprechende Unterlagen ja sowieso vorhanden), sondern dass es ein ÖFFENTLICHES Register gibt. In den USA ist das landesweite Register im Internet so organisiert: man braucht nur seine Postleitzahl eingeben, dann erscheinen alle Personen, die schon einmal eine Strafe wegen Sexualstraftaten begangen haben und in diesem bereich wohnen, auf dem Bildschirm, mit Name Adresse, Bild usw.
Auf diese Art und Weise hat sich eine Treibjagd auf ehemalige Sexualstraftäter gebildet, die nur mit mittelalterlichen Hexenjagden vergleichbar ist. In diesen „Sexual Offender Register“ sind nämlich keineswegs nur Straftäter enthalten, die wirklich Übergriffe gegen Kinder begangen haben, sondern alle Verurteilten und alle, die wegen einer sexuellen Übertretung in psychiatrischen Institutionen interniert waren.
Dazu gehören eben auch solche, die mit 12 Jahren mit einem Pornoheft erwischt wurden, die mit 11 Jahren masturbiert haben, 14-Jährige, die ihrer kleinen Schwester zwischen die Beine gefasst haben und schließlich auch alle unter 18-Jährigen, die wegen Sex mit Gleichaltrigen erwischt und verurteilt wurden.
Ein solches Register auch nur in Erwägung zu ziehen, zeigt, wes Geistes Kind solche Politiker sind. Wenn all dies verwirklicht ist, wird Deutschland nicht mehr wieder zu erkennen sein.
Erster Teil: Verschärfung im Sexualstrafrecht - Was Experten zu den neuen Gesetzen sagen
sfux - 4. Sep, 08:11 Article 18913x read
Wir sehen den Wald nicht...