Europa Addio? – EU-Afrika-Gipfel in Lissabon
Dr. Alexander von Paleske ----- 8.12.2007 ---Vor 42 Jahren kam der italienische Film „Afrika Addio“ des Regisseurs Gualtiero Jacopetti in die Kinos, er zeigt Afrika in der frühen Phase des Postkolonialismus als reine Apokalypse mit Massentötungen, marodierenden Söldnerhaufen, unter ihnen auch der Deutsche Kongo-Müller, und Misswirtschaft. Wobei geflissentlich unterschlagen wird, welch üble Rolle z.B. Belgien im postkolonialen Zaire/Kongo gespielt hat, beginnend mit der Ermordung des ersten Premiers Patrice Lumumba, für die sich die belgische Regierung erst vor kurzem zu einer Entschuldigung durchringen konnte. Dieses Bild von Afrika hat sich als Vorurteil in den Köpfen bei vielen Menschen nicht nur in Europa festgesetzt.
Nur wird gerne übersehen, dass es in Afrika Schwellenländer wie Südafrika, Botswana, Namibia und Tunesien und selbst wohlhabende Länder wie Libyen gibt, sondern auch gestandene Demokratien wie in Botswana und Länder, die einen bemerkenswerten Übergang, fast an ein Wunder grenzend, hinter sich haben: Südafrika mit Nelson Mandela.
Die Zeiten haben sich geändert
An diesem Wochenende findet der EU-Afrika-Gipfel in Lissabon statt, trotz der Anwesenheit des Diktators Robert Mugabe aus Simbabwe. Vergeblich hatte die britische Regierung versucht, die Einladung zu verhindern. Die anderen afrikanischen Regierungschefs drohten, für diesen Fall erst gar nicht zu erscheinen. Auch dies ein Zeichen, wie sich die Gewichte mittlerweile verschoben haben.
Erdöl und andere Rohstoffe
Die europäischen Regierungschefs stehen unter Druck, denn längst hat die Jagd auf die afrikanischen Reichtümer begonnen, dies Mal nicht Elfenbein und Kautschuk, sondern Erdöl, Eisenerz, aber auch Uran - das immer knapper wird sowie Nickel, Kupfer, Kohle, Gold und Coltan - der Rohstoff, der in jedem Handy und Laptop zu finden ist. All das ist in Afrika reichlichst vorhanden.
Gerade beginnt Uganda mit der Erdölförderung und weitere Länder werden neben den Hauptförderländern Nigeria, Angola, Äquatorial Guinea und Gabun noch hinzukommen, auch der Tschad fördert mittlerweile. Weitere Kandidaten sind die Insel SaoTome, Elfenbeinküste. Kamerun und Ghana.
Die USA beziehen mittlerweile 18 Prozent ihres Erdöls aus Afrika, bald sollen es 25 Prozent werden. Und diese Rohstoffe braucht Europa nicht weniger dringend als andere rohstoffarme Industrienationen und Staaten, die zu Industrienationen werden, wie die VR China. Und da die Rohstoffpreise durch die Bank gewaltig angestiegen sind, wittern die Industrienationen auch Absatzmärkte.
Es sitzen aber zwei, vielleicht auch drei weitere Gäste im Geist mit am Verhandlungstisch, die längst die Rohstoffjagd eingeläutet haben, wenn auch mit völlig unterschiedlichen Strategien: Die VR China, die USA und ein wenig auch schon Indien, auch wenn sie nicht eingeladen sind. Denn immer wieder können sich nun die afrikanischen Länder fragen: Können wir woanders einen besseren Deal bekommen?
Das stärkt die Position der afrikanischen Länder und macht sie selbstbewusster. Europa will auf nun in Augenhöhe mit Afrika verhandeln, das wirkt natürlich umso gezwungener, weil es spät und unter Druck geschieht.
Chinas Position
China kann sich in Afrika auf einen enormen Goodwill stützen. Während Margaret Thatcher noch 1985 den ANC, die jetzige Regierungspartei Südafrikas, als eine Gruppe von kommunistischen Terroristen bezeichnet hatte, und die deutsche Bundesregierung 1978 Spendengelder für die simbabwische Befreiungsbewegung beschlagnahmte, die Anwesenheit des damaligen Außenministers Genscher an den Unabhängigkeitsfeiern 1980 war an die Freigabe des Geldes geknüpft, unterstützte die VR China sämtliche Befreiungsbewegungen des südlichen Afrikas, im Fall Angolas gleich drei, und zwar ohne Bedingungen zu stellen. Das ist hier in Afrika keineswegs vergessen.
Und China baute, damals selbst noch ein Entwicklungsland, mit mehreren zehntausend chinesischen und mehreren tausend afrikanischen Arbeitern und Ingenieuren die 1850 Kilometer lange Tazara-Eisenbahn von Dar-es-Salaam in den sambischen Kupfergürtel, nachdem die Weltbank eine Kreditgewährung verweigert hatte. Die Strecke wurde Mitte der 1970er Jahre fertiggestellt.
Der damalige einflussreiche Präsident Tanzanias, Julius Nyerere, war insgesamt 13 Mal zu Staatsbesuch in China.
Die Position der USA: Africom
Die USA setzen, wie auch im Irak, auf die militärische Karte. Zu diesem Zweck haben sie ein Afrika-Kommando, Africom, gegründet, das den Rohstoffnachschub sichern und gleichfalls Terroristen jagen soll. Daneben auch noch humanitäre Hilfe.
Bisher ist das Kommando, das vor zwei Monaten errichtet wurde und im Herbst nächsten Jahres voll einsatzfähig sein soll, in der Kelley-Kaserne in Stuttgart Möhringen stationiert. Es soll aber in ein afrikanisches Land verlegt werden und eine Stärke von 1000 Soldaten haben. Es soll quasi als Quartiermacher für eine größere Einsatztruppe dienen, die sich dann auf die vorhandene Logistik stützen könnte. Und da beginnen die Probleme. Die Afrikaner haben kein Interesse an militärischen Abenteuern. Zu lange haben Staaten, wie beispielsweise Angola, auf ihrem Territorium Stellvertreterkriege gehabt, die das Land völlig verwüstet haben.
Der Kommandeur von Africom, US-General William „Kip“ Ward, im September vom US-Senat bestätigt, war gerade am Montag dieser Woche in Botswana, um Africom schmackhaft zu machen. In Nordafrika hatten sich Emissäre des Pentagon nur Abfuhren geholt, auch der südafrikanische Verteidigungsminister Lekota hatte kein Interesse, Ward zu treffen.
Die europäischen Regierungen müssen aber nicht nur gegen den Goodwill von China antreten, sondern auch gegen deren beachtliche Entwicklungshilfe. So hat die chinesische Regierung bei dem letzten chinesisch-afrikanischen Gipfeltreffen in Beijing im November letzten Jahres unter anderem zugesagt, die Entwicklungshilfe für Afrika bis zum Jahre 2009 zu verdoppeln, 3 Milliarden an zinsgünstigen Krediten zu vergeben, die Streichung der Schulden aus zinslosen Krediten, die bis zum Jahre 2005 fällig wurden für die ärmsten Staaten, die Ausbildung von 15.000 Spezialisten, die Errichtung von 30 Krankenhäusern, die Errichtung von 100 ländlichen Schulen, die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, um das einzig noch weitgehend wirksame Antimalariamittel Arthemeter, das in China entwickelt wurde, einkaufen zu können u.s.w.
Natürlich, früher aus Prinzip und heute aus Geschäftssinn, mischt sich China nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein.
Die afrikanischen Staatsmänner sind nicht als Almosenempfänger nach Lissabon gereist, um dort schulmeisterlich behandelt zu werden. Sonst könnte es wirklich heißen: Europa Addio.
Nur wird gerne übersehen, dass es in Afrika Schwellenländer wie Südafrika, Botswana, Namibia und Tunesien und selbst wohlhabende Länder wie Libyen gibt, sondern auch gestandene Demokratien wie in Botswana und Länder, die einen bemerkenswerten Übergang, fast an ein Wunder grenzend, hinter sich haben: Südafrika mit Nelson Mandela.
Die Zeiten haben sich geändert
An diesem Wochenende findet der EU-Afrika-Gipfel in Lissabon statt, trotz der Anwesenheit des Diktators Robert Mugabe aus Simbabwe. Vergeblich hatte die britische Regierung versucht, die Einladung zu verhindern. Die anderen afrikanischen Regierungschefs drohten, für diesen Fall erst gar nicht zu erscheinen. Auch dies ein Zeichen, wie sich die Gewichte mittlerweile verschoben haben.
Erdöl und andere Rohstoffe
Die europäischen Regierungschefs stehen unter Druck, denn längst hat die Jagd auf die afrikanischen Reichtümer begonnen, dies Mal nicht Elfenbein und Kautschuk, sondern Erdöl, Eisenerz, aber auch Uran - das immer knapper wird sowie Nickel, Kupfer, Kohle, Gold und Coltan - der Rohstoff, der in jedem Handy und Laptop zu finden ist. All das ist in Afrika reichlichst vorhanden.
Gerade beginnt Uganda mit der Erdölförderung und weitere Länder werden neben den Hauptförderländern Nigeria, Angola, Äquatorial Guinea und Gabun noch hinzukommen, auch der Tschad fördert mittlerweile. Weitere Kandidaten sind die Insel SaoTome, Elfenbeinküste. Kamerun und Ghana.
Die USA beziehen mittlerweile 18 Prozent ihres Erdöls aus Afrika, bald sollen es 25 Prozent werden. Und diese Rohstoffe braucht Europa nicht weniger dringend als andere rohstoffarme Industrienationen und Staaten, die zu Industrienationen werden, wie die VR China. Und da die Rohstoffpreise durch die Bank gewaltig angestiegen sind, wittern die Industrienationen auch Absatzmärkte.
Es sitzen aber zwei, vielleicht auch drei weitere Gäste im Geist mit am Verhandlungstisch, die längst die Rohstoffjagd eingeläutet haben, wenn auch mit völlig unterschiedlichen Strategien: Die VR China, die USA und ein wenig auch schon Indien, auch wenn sie nicht eingeladen sind. Denn immer wieder können sich nun die afrikanischen Länder fragen: Können wir woanders einen besseren Deal bekommen?
Das stärkt die Position der afrikanischen Länder und macht sie selbstbewusster. Europa will auf nun in Augenhöhe mit Afrika verhandeln, das wirkt natürlich umso gezwungener, weil es spät und unter Druck geschieht.
Chinas Position
China kann sich in Afrika auf einen enormen Goodwill stützen. Während Margaret Thatcher noch 1985 den ANC, die jetzige Regierungspartei Südafrikas, als eine Gruppe von kommunistischen Terroristen bezeichnet hatte, und die deutsche Bundesregierung 1978 Spendengelder für die simbabwische Befreiungsbewegung beschlagnahmte, die Anwesenheit des damaligen Außenministers Genscher an den Unabhängigkeitsfeiern 1980 war an die Freigabe des Geldes geknüpft, unterstützte die VR China sämtliche Befreiungsbewegungen des südlichen Afrikas, im Fall Angolas gleich drei, und zwar ohne Bedingungen zu stellen. Das ist hier in Afrika keineswegs vergessen.
Und China baute, damals selbst noch ein Entwicklungsland, mit mehreren zehntausend chinesischen und mehreren tausend afrikanischen Arbeitern und Ingenieuren die 1850 Kilometer lange Tazara-Eisenbahn von Dar-es-Salaam in den sambischen Kupfergürtel, nachdem die Weltbank eine Kreditgewährung verweigert hatte. Die Strecke wurde Mitte der 1970er Jahre fertiggestellt.
Der damalige einflussreiche Präsident Tanzanias, Julius Nyerere, war insgesamt 13 Mal zu Staatsbesuch in China.
Die Position der USA: Africom
Die USA setzen, wie auch im Irak, auf die militärische Karte. Zu diesem Zweck haben sie ein Afrika-Kommando, Africom, gegründet, das den Rohstoffnachschub sichern und gleichfalls Terroristen jagen soll. Daneben auch noch humanitäre Hilfe.
Bisher ist das Kommando, das vor zwei Monaten errichtet wurde und im Herbst nächsten Jahres voll einsatzfähig sein soll, in der Kelley-Kaserne in Stuttgart Möhringen stationiert. Es soll aber in ein afrikanisches Land verlegt werden und eine Stärke von 1000 Soldaten haben. Es soll quasi als Quartiermacher für eine größere Einsatztruppe dienen, die sich dann auf die vorhandene Logistik stützen könnte. Und da beginnen die Probleme. Die Afrikaner haben kein Interesse an militärischen Abenteuern. Zu lange haben Staaten, wie beispielsweise Angola, auf ihrem Territorium Stellvertreterkriege gehabt, die das Land völlig verwüstet haben.
Der Kommandeur von Africom, US-General William „Kip“ Ward, im September vom US-Senat bestätigt, war gerade am Montag dieser Woche in Botswana, um Africom schmackhaft zu machen. In Nordafrika hatten sich Emissäre des Pentagon nur Abfuhren geholt, auch der südafrikanische Verteidigungsminister Lekota hatte kein Interesse, Ward zu treffen.
Die europäischen Regierungen müssen aber nicht nur gegen den Goodwill von China antreten, sondern auch gegen deren beachtliche Entwicklungshilfe. So hat die chinesische Regierung bei dem letzten chinesisch-afrikanischen Gipfeltreffen in Beijing im November letzten Jahres unter anderem zugesagt, die Entwicklungshilfe für Afrika bis zum Jahre 2009 zu verdoppeln, 3 Milliarden an zinsgünstigen Krediten zu vergeben, die Streichung der Schulden aus zinslosen Krediten, die bis zum Jahre 2005 fällig wurden für die ärmsten Staaten, die Ausbildung von 15.000 Spezialisten, die Errichtung von 30 Krankenhäusern, die Errichtung von 100 ländlichen Schulen, die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, um das einzig noch weitgehend wirksame Antimalariamittel Arthemeter, das in China entwickelt wurde, einkaufen zu können u.s.w.
Natürlich, früher aus Prinzip und heute aus Geschäftssinn, mischt sich China nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein.
Die afrikanischen Staatsmänner sind nicht als Almosenempfänger nach Lissabon gereist, um dort schulmeisterlich behandelt zu werden. Sonst könnte es wirklich heißen: Europa Addio.
onlineredaktion - 8. Dez, 22:30 Article 4353x read