Messe-Highlight in der Schweiz: Folterflieger zum Anfassen
World Content News - Ausgerechnet in der Geburtsstadt des Völkerrechts, in Genf, hat man ein Flugzeug öffentlich zur Schau gestellt, das für zahlreiche Entführungen von Terrorverdächtigen durch den US-Geheimdienst benutzt wurde. Die Boeing 737 mit der ehemaligen Registriernummer N313P (jetzt: N720MM), die u.a. auch Khaled el Masri nach Afghanistan entführte, wurde auf der Flugzeugmesse EBACE 2008 diese Woche für 83 Millionen Dollar zum Verkauf angeboten. Nicht weit von der Maschine entfernt fand sich ein weiterer CIA-Bomber.
Nach 23-tägiger Gefangenschaft in einem Hotelzimmer in Skopje wird er zum Flughafen gebracht. Schwarz gekleidete, maskierte Männer schlagen ihn, schneiden ihm mit Messern die Kleidung vom Leib, durchsuchen seine Körperöffnungen und fotografieren ihn nackt. Danach werden dem Opfer eine Windel und ein Overall angezogen. An Händen und Füßen gefesselt, seine Ohren sind verstopft, mit einem Sack über dem Kopf und unter Drogen gesetzt wird er ins Flugzeug gesteckt. Dort wird er auf eine Matte oder einen Stuhl gebunden. Am 23. Januar 2004 morgens um 2:35 Uhr hebt die Boeing N313P ab, zunächst Richtung Bagdad, später wird die Maschine ihren Kurs ändern und nach Kabul fliegen.
"Torture Taxi" ex-N313P: Sack über den Kopf,
und dann Business as usual
Soweit der erste Teil des Leidensweges eines Mannes, der wegen der Verwechselung seines Nachnamens als Terrorverdächtiger herhalten musste. Weitere Demütigungen und Folter im berüchtigten Foltergefängnis "Salzhöhle" folgten. Was damals geschah - dem schmucken Flugzeug auf dem Ausstellungsgelände sieht man es nicht an, längst wurden alle Spuren beseitigt, mögliches Spezialzubehör der CIA im Cockpit wurde auf einer US-Luftwaffenbasis in San Antonio, Texas wieder ausgebaut.
Scheinbar eine ganz normale Boeing, die viel herumgekommen ist in ihrem Leben, unter anderem landete sie unter der CIA-Firma Premier Executive Transport Services seit September 2003 auch mindestens viermal auf dem Gefangenenstützpunkt in Guantanamo. Regelmäßig war sie ab diesem Zeitpunkt auch in Libyen zu Gast, lange bevor Diktator Gaddafi sich im Kampf gegen den Terror öffentlich auf die Seite der USA stellte. Das Flugzeug muss wohl fast sämtliche Geheimgefängnisse der USA angeflogen haben, vermutlich ziemlich oft mit Insassen in orangenen Overalls, die keinesfalls freiwillig mitflogen. Anfang 2005 wechselte sie ihre Registriernummer, flog fortan unter N4476S auch nach Äthiopien und in den Sudan, die rabiaten Eigentümer blieben die gleichen.
Aber das sind natürlich Blut und Tränen von gestern, die Medien haben längst von der Berichterstattung Abstand genommen - die Entführer, zum Teil mit Name und Anschrift bekannt und per Haftbefehl wenigstens pro forma gesucht, gehen womöglich unbekümmert mit anderen Flugzeugen weiter ihren schmutzigen Geschäften nach.
Eintritt kein Problem: "Wo bitte saß nochmal Khaled el Masri?"
Die besagte Boeing dagegen ist ins "zivile Leben" zurückgekehrt. Seit August 2006 hat sie einen neuen, zumindest in Finanzkreisen, sehr respektablen Besitzer: Der Multimilliardär und Casinokönig Kirk Kerkorian, 89, laut Forbes auf Rang 31 der reichsten Menschen der Welt (15 Mia.+, Stand 2007) hat sie sich über seine Firma MGM Mirage an Land gezogen, sie pendelt nach fast einem Jahr Ruhezustand seitdem hauptsächlich zwischen Los Angeles und Las Vegas brav vor sich hin. Warum Kerkorian den Flieger jetzt so schnell wieder loswerden möchte, bleibt freilich sein Geheimnis.
Dass die Boeing-Aussteller dieses Vehikel jetzt öffentlich auf dem Präsentierteller vorzeigen (natürlich ohne auf die Vergangenheit hinzuweisen) und dem Publikum zugänglich machen, ist nicht nur eine Verhöhnung des demokratischen Rechtsstaates. Offensichtlich sind die sonst so sicherheitsfixierten Behörden noch gar nicht auf die Idee gekommen, dass eine solche Gelegenheit nicht nur Flugzeugliebhaber anziehen könnte. Terroristen hätten sich jederzeit freien Zugang zu dem Objekt verschaffen können, das oft Unschuldige, wohl aber auch Anhänger von Al Kaida transportiert hat. Größere Kontrollen gab es nicht, findige Reporter der Schweizer Boulevardzeitung "Blick" durften das ehemalige Foltertaxi sogar von innen begutachten.
Nun ja - ganz ohne geheimdienstliche Aufsicht war die Boeing dann doch nicht. Nur wenige Meter weiter war eine Gulfstream V (ebenfalls käuflich) zu bewundern. Nicht dass da jetzt jemand dick "CIA" auf den Rumpf gemalt hätte, Kenner aber wussten sofort, um was es sich hier handelte, nämlich um eine des öfteren auch auf diesem Blog berichtete 20-sitzige Kommando-Maschine der CIA. Stets zu Gast in aller Welt, wechselte sie öfters den Besitzer, wurde für gewöhnlich aber von der Frontfirma Presidential Aviation geflogen, die mit einer anderen Maschine (N829MG) des Flugzeugparkes von Mark J. Gordon den Syrer Maher Arar entführte und auch kurz vor dem Überfall auf Abu Omar in der Schweiz zugegen war:
Frontflugzeug N500GV: Einige Schritte weiter wartet die CIA ...
09/02/2003 0920 N500GV EGNX EAST MIDLANDS LSGS LS SION
12/02/2003 1318 N500GV EGLF FARNBOROUGH LSGS LS SION
(Quelle: CRCO)
Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie die Entführungscrew dort abgesetzt hat, wenige Autostunden von Mailand entfernt. Fünf Tage später wurde Abu Omar auf offener Straße gekidnappt, die N500GV befand sich zu diesem Zeitpunkt längst wieder in den USA (St. Petersburg-Clearwater, FL).
Es ist also für die Behörden kaum ein Problem, dass Folterflugzeuge der CIA weiterhin den europäischen Luftraum unsicher machen dürfen. Und man muss wahrlich kein Flugzeugexperte sein, um anhand der Seriennummer des Herstellers einer Maschine die gegenwärtige Registrierung herauszufinden. Mit sogenannten Flight-Trackern lässt sich oft ein Flugzeug Stunden vorher auf seinem Weg über den Atlantik live verfolgen, bevor es am angemeldeten Zielflughafen angekommen ist. Ein lohnendes zielgerichtetes Objekt also für anschlagswillige Terroristen. Doch in diesem Punkt scheinen die sonst so panischen Politiker keine Sicherheits-Bedenken zu haben, sonst hätten sie die CIA-Flüge längst unterbunden.
Wer sich jetzt fragt: was bringt das, so auf der ursprünglichen Herkunft von Flugzeugen herumzureiten, sollte sich im klaren sein, dass die Geschehnisse in der Vergangenheit immer noch den derzeitigen Status Quo bedeuten. Nach einer kurzen Aussetzung der Transporte im September 2006 hat die CIA ihre Verschleppungspraxis längst wieder aufgenommen, wenn auch nicht mehr in dem selben Umfang wie zuvor.
Nichts hat sich geändert. Der Geheimdienst besitzt auch weiterhin die Erlaubnis, seine Gefangenen zu misshandeln und zu foltern. Amnesty International und andere Organisationen beklagen, es würden immer noch mindestens 30 Menschen in geheimen Gefängnissen rund um den Globus gefangen gehalten.
Ein britischer Rechtsanwalt, der über 50 Gefangene in Guantanamo betreut, behauptete sogar kürzlich in einem Interview, dass in den Gulags der USA noch wesentlich mehr Personen verschwunden sind als bisher bekannt: Insgesamt 27.000 Gefangene würden widerrechtlich festgehalten, die meisten sollen aus anderen Ländern in den Irak hinein verschleppt worden sein. Und der Journalist Stephen Grey lässt in seinem Film "Extraordinary Rendition" die Opfer zu Wort kommen, darunter auch Frauen und Kinder aus Ostafrika.
Erschütternde Zeugnisse hier, Business as usual mit dem Folterflugzeug dort. Und alle Verkäufer wissen genau Bescheid, selbst Boeing-Firmen waren schließlich an dieser Entführungsindustrie beteiligt.
Quellen:
83 Millionen für Folter-Jet (Blick, 23.05.2008)
Flug ins Schattenreich (Spiegel Online, 25.09.2006)
Andere beziehungsreiche Artikel auf diesem Blog:
Ausgestiegen: Die Sekte Scientology verliert einen ihrer größten Geldgeber (11. Mai. 2008)
N987SA: Neue Spuren im Dschungel von Drogen und CIA
(11. Okt. 2007)
Neue Erkenntnisse über die Entführung von Khaled el Masri
(8. Jun. 2007)
Deutschland: Haftbefehle gegen 13 CIA-Entführer (31. Jan. 2007)
Ausgedient: "Guantanamo Bay Express" an Milliardär verkauft (15. Feb. 2006)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
Nach 23-tägiger Gefangenschaft in einem Hotelzimmer in Skopje wird er zum Flughafen gebracht. Schwarz gekleidete, maskierte Männer schlagen ihn, schneiden ihm mit Messern die Kleidung vom Leib, durchsuchen seine Körperöffnungen und fotografieren ihn nackt. Danach werden dem Opfer eine Windel und ein Overall angezogen. An Händen und Füßen gefesselt, seine Ohren sind verstopft, mit einem Sack über dem Kopf und unter Drogen gesetzt wird er ins Flugzeug gesteckt. Dort wird er auf eine Matte oder einen Stuhl gebunden. Am 23. Januar 2004 morgens um 2:35 Uhr hebt die Boeing N313P ab, zunächst Richtung Bagdad, später wird die Maschine ihren Kurs ändern und nach Kabul fliegen.
"Torture Taxi" ex-N313P: Sack über den Kopf,
und dann Business as usual
Soweit der erste Teil des Leidensweges eines Mannes, der wegen der Verwechselung seines Nachnamens als Terrorverdächtiger herhalten musste. Weitere Demütigungen und Folter im berüchtigten Foltergefängnis "Salzhöhle" folgten. Was damals geschah - dem schmucken Flugzeug auf dem Ausstellungsgelände sieht man es nicht an, längst wurden alle Spuren beseitigt, mögliches Spezialzubehör der CIA im Cockpit wurde auf einer US-Luftwaffenbasis in San Antonio, Texas wieder ausgebaut.
Scheinbar eine ganz normale Boeing, die viel herumgekommen ist in ihrem Leben, unter anderem landete sie unter der CIA-Firma Premier Executive Transport Services seit September 2003 auch mindestens viermal auf dem Gefangenenstützpunkt in Guantanamo. Regelmäßig war sie ab diesem Zeitpunkt auch in Libyen zu Gast, lange bevor Diktator Gaddafi sich im Kampf gegen den Terror öffentlich auf die Seite der USA stellte. Das Flugzeug muss wohl fast sämtliche Geheimgefängnisse der USA angeflogen haben, vermutlich ziemlich oft mit Insassen in orangenen Overalls, die keinesfalls freiwillig mitflogen. Anfang 2005 wechselte sie ihre Registriernummer, flog fortan unter N4476S auch nach Äthiopien und in den Sudan, die rabiaten Eigentümer blieben die gleichen.
Aber das sind natürlich Blut und Tränen von gestern, die Medien haben längst von der Berichterstattung Abstand genommen - die Entführer, zum Teil mit Name und Anschrift bekannt und per Haftbefehl wenigstens pro forma gesucht, gehen womöglich unbekümmert mit anderen Flugzeugen weiter ihren schmutzigen Geschäften nach.
Eintritt kein Problem: "Wo bitte saß nochmal Khaled el Masri?"
Die besagte Boeing dagegen ist ins "zivile Leben" zurückgekehrt. Seit August 2006 hat sie einen neuen, zumindest in Finanzkreisen, sehr respektablen Besitzer: Der Multimilliardär und Casinokönig Kirk Kerkorian, 89, laut Forbes auf Rang 31 der reichsten Menschen der Welt (15 Mia.+, Stand 2007) hat sie sich über seine Firma MGM Mirage an Land gezogen, sie pendelt nach fast einem Jahr Ruhezustand seitdem hauptsächlich zwischen Los Angeles und Las Vegas brav vor sich hin. Warum Kerkorian den Flieger jetzt so schnell wieder loswerden möchte, bleibt freilich sein Geheimnis.
Dass die Boeing-Aussteller dieses Vehikel jetzt öffentlich auf dem Präsentierteller vorzeigen (natürlich ohne auf die Vergangenheit hinzuweisen) und dem Publikum zugänglich machen, ist nicht nur eine Verhöhnung des demokratischen Rechtsstaates. Offensichtlich sind die sonst so sicherheitsfixierten Behörden noch gar nicht auf die Idee gekommen, dass eine solche Gelegenheit nicht nur Flugzeugliebhaber anziehen könnte. Terroristen hätten sich jederzeit freien Zugang zu dem Objekt verschaffen können, das oft Unschuldige, wohl aber auch Anhänger von Al Kaida transportiert hat. Größere Kontrollen gab es nicht, findige Reporter der Schweizer Boulevardzeitung "Blick" durften das ehemalige Foltertaxi sogar von innen begutachten.
Nun ja - ganz ohne geheimdienstliche Aufsicht war die Boeing dann doch nicht. Nur wenige Meter weiter war eine Gulfstream V (ebenfalls käuflich) zu bewundern. Nicht dass da jetzt jemand dick "CIA" auf den Rumpf gemalt hätte, Kenner aber wussten sofort, um was es sich hier handelte, nämlich um eine des öfteren auch auf diesem Blog berichtete 20-sitzige Kommando-Maschine der CIA. Stets zu Gast in aller Welt, wechselte sie öfters den Besitzer, wurde für gewöhnlich aber von der Frontfirma Presidential Aviation geflogen, die mit einer anderen Maschine (N829MG) des Flugzeugparkes von Mark J. Gordon den Syrer Maher Arar entführte und auch kurz vor dem Überfall auf Abu Omar in der Schweiz zugegen war:
Frontflugzeug N500GV: Einige Schritte weiter wartet die CIA ...
09/02/2003 0920 N500GV EGNX EAST MIDLANDS LSGS LS SION
12/02/2003 1318 N500GV EGLF FARNBOROUGH LSGS LS SION
(Quelle: CRCO)
Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie die Entführungscrew dort abgesetzt hat, wenige Autostunden von Mailand entfernt. Fünf Tage später wurde Abu Omar auf offener Straße gekidnappt, die N500GV befand sich zu diesem Zeitpunkt längst wieder in den USA (St. Petersburg-Clearwater, FL).
Es ist also für die Behörden kaum ein Problem, dass Folterflugzeuge der CIA weiterhin den europäischen Luftraum unsicher machen dürfen. Und man muss wahrlich kein Flugzeugexperte sein, um anhand der Seriennummer des Herstellers einer Maschine die gegenwärtige Registrierung herauszufinden. Mit sogenannten Flight-Trackern lässt sich oft ein Flugzeug Stunden vorher auf seinem Weg über den Atlantik live verfolgen, bevor es am angemeldeten Zielflughafen angekommen ist. Ein lohnendes zielgerichtetes Objekt also für anschlagswillige Terroristen. Doch in diesem Punkt scheinen die sonst so panischen Politiker keine Sicherheits-Bedenken zu haben, sonst hätten sie die CIA-Flüge längst unterbunden.
Wer sich jetzt fragt: was bringt das, so auf der ursprünglichen Herkunft von Flugzeugen herumzureiten, sollte sich im klaren sein, dass die Geschehnisse in der Vergangenheit immer noch den derzeitigen Status Quo bedeuten. Nach einer kurzen Aussetzung der Transporte im September 2006 hat die CIA ihre Verschleppungspraxis längst wieder aufgenommen, wenn auch nicht mehr in dem selben Umfang wie zuvor.
Nichts hat sich geändert. Der Geheimdienst besitzt auch weiterhin die Erlaubnis, seine Gefangenen zu misshandeln und zu foltern. Amnesty International und andere Organisationen beklagen, es würden immer noch mindestens 30 Menschen in geheimen Gefängnissen rund um den Globus gefangen gehalten.
Ein britischer Rechtsanwalt, der über 50 Gefangene in Guantanamo betreut, behauptete sogar kürzlich in einem Interview, dass in den Gulags der USA noch wesentlich mehr Personen verschwunden sind als bisher bekannt: Insgesamt 27.000 Gefangene würden widerrechtlich festgehalten, die meisten sollen aus anderen Ländern in den Irak hinein verschleppt worden sein. Und der Journalist Stephen Grey lässt in seinem Film "Extraordinary Rendition" die Opfer zu Wort kommen, darunter auch Frauen und Kinder aus Ostafrika.
Erschütternde Zeugnisse hier, Business as usual mit dem Folterflugzeug dort. Und alle Verkäufer wissen genau Bescheid, selbst Boeing-Firmen waren schließlich an dieser Entführungsindustrie beteiligt.
Quellen:
83 Millionen für Folter-Jet (Blick, 23.05.2008)
Flug ins Schattenreich (Spiegel Online, 25.09.2006)
Andere beziehungsreiche Artikel auf diesem Blog:
Ausgestiegen: Die Sekte Scientology verliert einen ihrer größten Geldgeber (11. Mai. 2008)
N987SA: Neue Spuren im Dschungel von Drogen und CIA
(11. Okt. 2007)
Neue Erkenntnisse über die Entführung von Khaled el Masri
(8. Jun. 2007)
Deutschland: Haftbefehle gegen 13 CIA-Entführer (31. Jan. 2007)
Ausgedient: "Guantanamo Bay Express" an Milliardär verkauft (15. Feb. 2006)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
zugluft - 26. Mai, 12:42 Article 4205x read