Freiheitsberaubung durch die Polizei
Das es am Rande des später verbotenen „Anti-Islamisierungskongress“ der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Pro NRW“ in Köln zeitweilig zu militanten Ausschreitungen einiger „Autonomer“ kam ist unbestritten. Die Reaktion der Polizei – gleich drei Kessel indem jeweils mehrere hundert DemonstrantInnen festgehalten wurden – war jedoch vollkommen unangemessen.
Michael Schulze von Glaßer - Kurz nach 13Uhr kam es am vergangenen Samstag in Köln zu Steinwürfen auf die Polizei. An der Ecke Mühlenbach/Mathiasstraße zündeten eine Handvoll „Autonomer“ mehrere Müllcontainer an und griffen die Polizei an.
Einige „Autonome“ zündeten Müllcontainer an und…
…bewarfen die Polizei mit Steinen.
Die Situation entspannte sich jedoch schon nach kurzer Zeit – besonders als bekannt wurde, dass die Polizei den rechtspopulistischen Kongress verboten hat. Die Polizei soll zeitweilig mit bis zu 3.000 Kräften im Einsatz gewesen sein – neben Wasserwerfern fuhren auch Räumpanzer und mehrere Hundestaffeln auf, die jedoch alle nicht zum Einsatz kamen.
Ein Wasserwerfer steht vor der friedlichen Blockade am Rheinufer/Hotel Maritim – die Besatzung ist bereits ausgestiegen.
Die Polizei war gleich mit mehreren Fahrzeugen vor Ort – keines kam zum Einsatz.
Auch zahlreiche Hundestaffeln waren in der Domstadt unterwegs.
Die Massenblockaden hatten ihren Zweck erfüllt. Daher sollte es eine spontane heitere Demonstration durch die Kölner Innenstadt geben. Nach rund einstündiger Verhandlung mit der Polizeiführung bewegten sich tausende DemonstrantInnen vom Rheinufer Richtung Innenstadt – die Polizei lief mit. Was dann innerhalb von Minuten passierte war unfassbar. Die friedliche Demonstration wurde von mehreren brachial anmutenden Polizeieinheiten umstellt – kein Durchkommen mehr.
Mit Brustpanzern, Helm, Schienbeinschonern, Handschuhen und Sturmhaube ausgerüstete Polizeieinheiten kesselten mehrere hundert DemonstrantInnen auf der Mühlenbachstraße…
…und der Rheingasse ein.
Stundenlang mussten die eingekesselten Menschen ohne ausreichende Verpflegung, sanitäre Anlagen und medizinische Betreuung (auch alte und kranke Menschen waren im Kessel gefangen) ausharren.
Die Polizei schien auch nicht so recht zu wissen was sie mit den Menschen im Kessel anfangen sollte, erst nach Stunden wurden einige DemonstrantInnen wieder freigelassen.
Dieser Kessel war von langer Hand geplant – die Polizei führte die DemonstrantInnen absichtlich in die Falle. In den Kesseln befanden sich sowohl Jugendliche als auch Kinder. Nur wenige „Autonome“ waren im Kessel gefangen. Nach dem Grund für die Freiheitsberaubung fragte ein Demonstrant die Polizei vergebens – später hieß es, die Polizei suche nach den Randalierern der vorherigen Straßenschlacht. Dumm nur, dass die Polizei den „Autonomen“ Steinewerfern über eine Stunde Zeit zum abhauen gab und stattdessen eine vollkommen friedliche Demonstration einkesselten. Erst nach Stunden kamen die ersten DemonstrantInnen wieder frei. Sie wurden gleich mehrmals durchsucht, fotografiert und abgefilmt – dass sie ihre Personalien abgeben mussten versteht sich von selbst.
Weil eine Handvoll „Autonomer“ Steine auf die Polizei geworfen haben wurden gleich mehrere Hundert Menschen von der Polizei schikaniert.
Die freigelassenen Personen bekamen einen Platzverweis für das Stadtgebiet Köln und wurden wieder Richtung Rheinufer geschickt – dass der Weg zum Hauptbahnhof von der Polizei abgesperrt wurde und die Menschen von auswärts die Stadt daher nicht verlassen konnten war natürlich mehr als ungünstig. Die PolizistInnen an der Absperrung meinten sogar, die DemonstrantInnen sollen wieder umkehren womit diese aktiv gegen ihren Platzverweis verstoßen und deswegen ins Gefängnis hätten kommen können. Erst nach Telefonaten eines Demonstranten mit der Einsatzleitung durfte eine Handvoll AktivistInnen das abgesperrte Areal – ein nur 200 Meter langer Steifen der Rheinpromenade - unter Polizeibegleitung durchqueren. Diese Verhandlung dauert nochmals eine halbe Stunde – wobei sich die PolizistInnen gegenüber den DemonstrantInnen und selbst gegenüber der Presse nicht ausweisen wollten.
Die nach stundenlangem Warten freigekommenen Menschen hatten jedoch noch Glück. Einige AktivistInnen verbrachten die Zeit bis zum Abend im Kessel, wurden dann – ohne Anklage, Gerichtsverfahren oder sonstige Rechtsprechung – in die Gefangenensammelstelle Brühl gebracht und kamen erst am nächsten Morgen wieder frei.
Die Kessel waren wohl der Höhepunkt der übertriebenen polizeilichen Maßnahmen. Am Rande der Massenblockaden kam es immer wieder zu kleineren Rangeleien und Handgemengen zwischen der Polizei und den BlockiererInnen. Teilweise stürmten Polizeihundertschaften ohne ersichtlichen Grund in friedliche Sitzblockaden und griffen DemonstrantInnen an. Dabei muss festgehalten werden, dass die Polizei den BlockiererInnen nie direkt gegenüberstand, sondern immer eine Polizeiabsperrung dazwischen war – es sei denn die Polizei stürmte in die Menge. Selbst auf den Bahngleisen der oberirdisch verlaufenden U-Bahn Station Heumarkt, an der die RechtspopulistInnen ankommen sollten, waren Polizeiabsperrungen.
An der Polizeiabsperrung der U-Bahn Station Heumarkt kam es…
…zu unschönen Szenen. Ein Polizist greift einer mit dem Rücken zu ihm stehenden Demonstrantin ins Gesicht und hält ihr Augen, Mund und Nase zu. Der …
…Polizeizaun befindet sich im Rücken der Frau.
Was die Demonstrantin – die nicht gerade gewaltbereit aussieht – verbrochen hat bleibt ihr der Polizist wohl schuldig.
Die anderen DemonstrantInnen empören sich über das Verhalten des Polizisten – die anderen Ordnungshüter ignorieren die Misshandlung.
Auch andere DemonstrantInnen wurden von der Polizei drangsaliert.
Die Antwort auf die Frage warum die Polizei so aggressiv in die Blockaden eingriff hat, bleibt die Einsatzleitung den geschundenen DemonstrantInnen bisher schuldig. In den Pressemitteilungen der Einsatzleitung ist immer wieder von sechs leichtverletzten PolizistInnen, einem Sachschaden in fünfstelliger Höhe und 400 Ingewahrsamnahmen die Rede – eine ausreichende Begründung für den Freiheitsentzug der 400 Menschen – damit sind nur die gemeint, die nach Brühl gebracht wurden und nicht die, die nach stundenlangem Ausharren aus den Polizeikesseln freigelassen wurden – gibt die Polizei nicht.
„‚Uns ist aber auch wichtig, über die Gründe die zu Festnahmen und Ingewahrsamnahmen geführt haben, in einen Meinungsaustausch zu kommen’, so Polizeipräsident Klaus Steffenhagen. Ein Thema liegt ihm dabei besonders am Herzen, nämlich die Frage: ‚Wie halte ich mich von Gewalttätern und Gewaltaktionen fern, um nicht in die Gewaltfalle zu geraten?’“
Ein Eingeständnis dafür hunderte unschuldiger Menschen die rein zufällig in der Nähe der Krawalle waren festgenommen zu haben? Wegen der zahlreichen Beschwerden möchte die Polizei den Ablauf von der Ingewahsamnahme bis zur Freilassung nochmals prüfen. Es ist jedoch zu befürchten, dass dies – wie so oft – im Sande verlaufen wird. Bleibt zu hoffen, dass viele der unschuldig eingesperrten Menschen rechtlich gegen den unangemessenen Polizeieinsatz vorgehen.
Michael Schulze von Glaßer - Kurz nach 13Uhr kam es am vergangenen Samstag in Köln zu Steinwürfen auf die Polizei. An der Ecke Mühlenbach/Mathiasstraße zündeten eine Handvoll „Autonomer“ mehrere Müllcontainer an und griffen die Polizei an.
Einige „Autonome“ zündeten Müllcontainer an und…
…bewarfen die Polizei mit Steinen.
Die Situation entspannte sich jedoch schon nach kurzer Zeit – besonders als bekannt wurde, dass die Polizei den rechtspopulistischen Kongress verboten hat. Die Polizei soll zeitweilig mit bis zu 3.000 Kräften im Einsatz gewesen sein – neben Wasserwerfern fuhren auch Räumpanzer und mehrere Hundestaffeln auf, die jedoch alle nicht zum Einsatz kamen.
Ein Wasserwerfer steht vor der friedlichen Blockade am Rheinufer/Hotel Maritim – die Besatzung ist bereits ausgestiegen.
Die Polizei war gleich mit mehreren Fahrzeugen vor Ort – keines kam zum Einsatz.
Auch zahlreiche Hundestaffeln waren in der Domstadt unterwegs.
Die Massenblockaden hatten ihren Zweck erfüllt. Daher sollte es eine spontane heitere Demonstration durch die Kölner Innenstadt geben. Nach rund einstündiger Verhandlung mit der Polizeiführung bewegten sich tausende DemonstrantInnen vom Rheinufer Richtung Innenstadt – die Polizei lief mit. Was dann innerhalb von Minuten passierte war unfassbar. Die friedliche Demonstration wurde von mehreren brachial anmutenden Polizeieinheiten umstellt – kein Durchkommen mehr.
Mit Brustpanzern, Helm, Schienbeinschonern, Handschuhen und Sturmhaube ausgerüstete Polizeieinheiten kesselten mehrere hundert DemonstrantInnen auf der Mühlenbachstraße…
…und der Rheingasse ein.
Stundenlang mussten die eingekesselten Menschen ohne ausreichende Verpflegung, sanitäre Anlagen und medizinische Betreuung (auch alte und kranke Menschen waren im Kessel gefangen) ausharren.
Die Polizei schien auch nicht so recht zu wissen was sie mit den Menschen im Kessel anfangen sollte, erst nach Stunden wurden einige DemonstrantInnen wieder freigelassen.
Dieser Kessel war von langer Hand geplant – die Polizei führte die DemonstrantInnen absichtlich in die Falle. In den Kesseln befanden sich sowohl Jugendliche als auch Kinder. Nur wenige „Autonome“ waren im Kessel gefangen. Nach dem Grund für die Freiheitsberaubung fragte ein Demonstrant die Polizei vergebens – später hieß es, die Polizei suche nach den Randalierern der vorherigen Straßenschlacht. Dumm nur, dass die Polizei den „Autonomen“ Steinewerfern über eine Stunde Zeit zum abhauen gab und stattdessen eine vollkommen friedliche Demonstration einkesselten. Erst nach Stunden kamen die ersten DemonstrantInnen wieder frei. Sie wurden gleich mehrmals durchsucht, fotografiert und abgefilmt – dass sie ihre Personalien abgeben mussten versteht sich von selbst.
Weil eine Handvoll „Autonomer“ Steine auf die Polizei geworfen haben wurden gleich mehrere Hundert Menschen von der Polizei schikaniert.
Die freigelassenen Personen bekamen einen Platzverweis für das Stadtgebiet Köln und wurden wieder Richtung Rheinufer geschickt – dass der Weg zum Hauptbahnhof von der Polizei abgesperrt wurde und die Menschen von auswärts die Stadt daher nicht verlassen konnten war natürlich mehr als ungünstig. Die PolizistInnen an der Absperrung meinten sogar, die DemonstrantInnen sollen wieder umkehren womit diese aktiv gegen ihren Platzverweis verstoßen und deswegen ins Gefängnis hätten kommen können. Erst nach Telefonaten eines Demonstranten mit der Einsatzleitung durfte eine Handvoll AktivistInnen das abgesperrte Areal – ein nur 200 Meter langer Steifen der Rheinpromenade - unter Polizeibegleitung durchqueren. Diese Verhandlung dauert nochmals eine halbe Stunde – wobei sich die PolizistInnen gegenüber den DemonstrantInnen und selbst gegenüber der Presse nicht ausweisen wollten.
Die nach stundenlangem Warten freigekommenen Menschen hatten jedoch noch Glück. Einige AktivistInnen verbrachten die Zeit bis zum Abend im Kessel, wurden dann – ohne Anklage, Gerichtsverfahren oder sonstige Rechtsprechung – in die Gefangenensammelstelle Brühl gebracht und kamen erst am nächsten Morgen wieder frei.
Die Kessel waren wohl der Höhepunkt der übertriebenen polizeilichen Maßnahmen. Am Rande der Massenblockaden kam es immer wieder zu kleineren Rangeleien und Handgemengen zwischen der Polizei und den BlockiererInnen. Teilweise stürmten Polizeihundertschaften ohne ersichtlichen Grund in friedliche Sitzblockaden und griffen DemonstrantInnen an. Dabei muss festgehalten werden, dass die Polizei den BlockiererInnen nie direkt gegenüberstand, sondern immer eine Polizeiabsperrung dazwischen war – es sei denn die Polizei stürmte in die Menge. Selbst auf den Bahngleisen der oberirdisch verlaufenden U-Bahn Station Heumarkt, an der die RechtspopulistInnen ankommen sollten, waren Polizeiabsperrungen.
An der Polizeiabsperrung der U-Bahn Station Heumarkt kam es…
…zu unschönen Szenen. Ein Polizist greift einer mit dem Rücken zu ihm stehenden Demonstrantin ins Gesicht und hält ihr Augen, Mund und Nase zu. Der …
…Polizeizaun befindet sich im Rücken der Frau.
Was die Demonstrantin – die nicht gerade gewaltbereit aussieht – verbrochen hat bleibt ihr der Polizist wohl schuldig.
Die anderen DemonstrantInnen empören sich über das Verhalten des Polizisten – die anderen Ordnungshüter ignorieren die Misshandlung.
Auch andere DemonstrantInnen wurden von der Polizei drangsaliert.
Die Antwort auf die Frage warum die Polizei so aggressiv in die Blockaden eingriff hat, bleibt die Einsatzleitung den geschundenen DemonstrantInnen bisher schuldig. In den Pressemitteilungen der Einsatzleitung ist immer wieder von sechs leichtverletzten PolizistInnen, einem Sachschaden in fünfstelliger Höhe und 400 Ingewahrsamnahmen die Rede – eine ausreichende Begründung für den Freiheitsentzug der 400 Menschen – damit sind nur die gemeint, die nach Brühl gebracht wurden und nicht die, die nach stundenlangem Ausharren aus den Polizeikesseln freigelassen wurden – gibt die Polizei nicht.
„‚Uns ist aber auch wichtig, über die Gründe die zu Festnahmen und Ingewahrsamnahmen geführt haben, in einen Meinungsaustausch zu kommen’, so Polizeipräsident Klaus Steffenhagen. Ein Thema liegt ihm dabei besonders am Herzen, nämlich die Frage: ‚Wie halte ich mich von Gewalttätern und Gewaltaktionen fern, um nicht in die Gewaltfalle zu geraten?’“
Ein Eingeständnis dafür hunderte unschuldiger Menschen die rein zufällig in der Nähe der Krawalle waren festgenommen zu haben? Wegen der zahlreichen Beschwerden möchte die Polizei den Ablauf von der Ingewahsamnahme bis zur Freilassung nochmals prüfen. Es ist jedoch zu befürchten, dass dies – wie so oft – im Sande verlaufen wird. Bleibt zu hoffen, dass viele der unschuldig eingesperrten Menschen rechtlich gegen den unangemessenen Polizeieinsatz vorgehen.
netnews - 22. Sep, 20:22 Article 7906x read
Toller Fotoroman
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