Rettet Rupert Murdoch den guten Journalismus?
Dr. Alexander von Paleske ----29.12. 2008 --- Der Medienunternehmer Rupert Murdoch beschäftigt zur Zeit die Medien in Deutschland.
Der Grund: Murdochs erneuter Anlauf Deutschland zum Bezahlfernsehland zu machen, über den Sender Premiere, der offenbar vor dem Absturz stand.
Dies interessiert uns allerdings weniger, vielmehr richtet sich unser Augenmerk auf die Zukunft des Journalismus. Genauer gesagt: Auf dem unabhängigen Qualitätsjournalismus. Denn in der Wochenzeitung "Die Zeit" vom 11.12.2008 wird von dem drohenden Untergang der Tageszeitungen in den USA berichtet.
Der Artikel stammt von der Journalistin Eva C. Schweitzer. Titel : "Schreiben das sich lohnt".
Bereits in zwei vorangegangenen Artikeln haben wir die Herangehensweise dieser Wochenzeitung an das Problem kritisiert.
Nachdem im jüngsten Artikel der Autorin Schweitzer zunächst dargestellt wird, welchen Auflagenrückgang die Tageszeitungen in den USA im letzten Jahr zu verzeichnen hatten - nämlich 4,6 Prozent - wird berichtet, wie auch die renommiertesten Tageszeitungen in den USA, wie etwa die WASHINGTON POST, CHICAGO TRIBUNE und die LOS ANGELES TIMES in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Und sie werden nun noch einmal durch den rezessionsbedingten Rückgang im Anzeigengeschäft verschärft werden.
Die Reichen als Retter?
Doch es besteht Hoffnung. Jedenfalls nach Auffassung der ZEIT: Die Reichen könnten sich als Wohltäter eine Zeitung leisten.
Auf Deutschland übertragen würde das dann wohl heißen: Frau Klatten, tun Sie Gutes. Kaufen Sie eine Tageszeitung, die ihnen zwar nur Verluste aber auf der anderen Seite viel Prestige einbringt.
Verständlich, dass eine solche Tageszeitung nichts über die dunklen Seiten der Quandts wie die AFA und das KZ Stoecken berichten würde und natürlich auch nichts Negatives über BMW.
Als besonders lobenswertes Beispiel aus den USA wird Rupert Murdoch herausgehoben.
Murdoch? Der Mann, der bisher eher als Totengräber des unabhängigen Qualitätsjournalismus in Erscheinung trat. Hat sich hier jemand vom Saulus zum Paulus gewandelt? Im Artikel heißt es wörtlich:
"Zur Überraschung vieler Beobachter ist auch einer in den Kreis der Milliardäre, die viel Geld in guten Journalismus stecken, getreten, den dort niemand vermutet hätte: Rupert Murdoch. Der Medienunternehmer hatte das Wall Street Journal vor einem Jahr übernommen und seither sogar neue Journalisten eingestellt."
Murdoch und der Qualitätsjournalismus
Im Film "Outfoxed"wird nur allzu deutlich dokumentiert, dass Murdoch mit unabhängigem Qualitätsjournalismus noch nie etwas am Hut hatte. Die Redakteure seiner Medien haben lediglich die Freiheit, die Linie umzusetzen, die er, seine "Apparatschicks" und seine Chefredakteure vorgeben.
Murdochs Eingriffe in die Redaktion ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Verlegerleben, bis zum heutigen Tage. Das soll jetzt beim Wall Street Journal alles anders sein?
Das Wall Street Journal, 1882 von den Finanzreportern Charles Dow und Edward Jones gegründet, war im Jahre 1981 die größte Zeitung in den USA. Die Bancroft Familie, Besitzer des WSJ seit Jahrzehnten, mischten sich nicht in die Redaktion ein. Selbst dann nicht, als der Gewinn fiel und die Aktie abstürzte. Die Auflage lag schließlich bei 2,1 Millionen, nach USA TODAY immer noch die zweitgrößte Zeitung der USA.
Für 5,6 Milliarden Dollar – nahezu dem Doppelten des Marktpreises - kaufte Murdoch vor einem Jahr das Prestigeobjekt.
Die von der Familie Bancroft beim Verkauf verlangten und von Murdoch zugestandenen Sicherungen, zu denen unter anderem ein unabhängiger Redaktionsausschuss ("Special Committee") zählte und die journalistische Unabhängigkeit und Kontinuität erhalten sollten, wurden von Murdoch nach dem Kauf des WSJ bei der Bestellung eines neuen Chefredakteurs glatt übergangen.
Der bisherige Chefredakteur Marcus Brauchli wurde von Murdoch einfach herausgedrängt und durch Murdochs Spezi Robert Thomson ersetzt. Thomson hatte sich für Murdoch bereits bestens bewährt, als er die britische TIMES - einstmals durch Seriosität bekannt - durch Umwandlung in ein Boulevardblatt profitabel gemacht hatte.
Nun gibt Thomson die Linie vor, der sich die Redakteure unterzuordnen haben. Von wegen "Hochhalten des unabhängigen Qualitätsjournalismus". Den hat es bei Murdoch weder zu seiner Zeit in Australien noch bei der TIMES, der NEW YORK POST, dem Massenbaltt SUN und schon gar nicht bei FOX gegeben.
Und so heißt es dann auch in einem Artikel der Schweizer Zeitung BILANZ vom 6. Juni 2008:
"Als Pakt mit dem Teufel sahen viele (Redakteure) Murdochs Einstieg. Sie können ihren Job behalten, aber sie mögen ihn nicht mehr wie zuvor."
Murdoch bläst zum Angriff
Murdoch greift mit der Änderung des Blattes, das jetzt über mehr Nachrichten, Sport und eine wöchentliche Magazinausgabe vefügt, auch die ehrwürdige NEW YORK TIMES an. Dies hat zumindest der neue Chefredakteur Thomson schon durchblicken lassen:.
"Die NEW YORK TIMES wird nicht mehr der Standard des amerikanischen Journalismus sein",
sagte Thomson an seinem ersten Arbeitstag. Jene liberale Zeitung, die immer wieder aufdeckte, wie Murdoch insbesondere mit seinem News-Channel "Fox News" übelste Meinungsmanipulation betrieb. Die NYT soll offenbar sturmreif geschossen werden.
Murdoch kann, im Gegensatz zur NYT, dank seines immensen Reichtums mit dem WSJ durchaus auch eine längere Durststrecke ohne Gewinne problemlos überbrücken.
Und während das WALL STREET JOURNAL nach der Neuausrichtung der Auflage leicht zulegte, verlor die NEW YORK TIMES mehr als 3,8 Prozent an Auflage. An Wochenenden liegt der Verlust sogar bei fast 10 Prozent.
All das verschweigt der ZEIT- Artikel. Kein Ruhmesblatt also. Denn einen solchen, oberflächlichen Journalismus, der jegliche Tiefe meidet, den finden wir inzwischen allzuoft in den Tageszeitungen. Er sollte eigentlich bei der Wochenzeitung ZEIT nichts zu suchen haben. Eigentlich...!
E-Mail avpaleske@botsnet.bw
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Der Grund: Murdochs erneuter Anlauf Deutschland zum Bezahlfernsehland zu machen, über den Sender Premiere, der offenbar vor dem Absturz stand.
Dies interessiert uns allerdings weniger, vielmehr richtet sich unser Augenmerk auf die Zukunft des Journalismus. Genauer gesagt: Auf dem unabhängigen Qualitätsjournalismus. Denn in der Wochenzeitung "Die Zeit" vom 11.12.2008 wird von dem drohenden Untergang der Tageszeitungen in den USA berichtet.
Der Artikel stammt von der Journalistin Eva C. Schweitzer. Titel : "Schreiben das sich lohnt".
Bereits in zwei vorangegangenen Artikeln haben wir die Herangehensweise dieser Wochenzeitung an das Problem kritisiert.
Nachdem im jüngsten Artikel der Autorin Schweitzer zunächst dargestellt wird, welchen Auflagenrückgang die Tageszeitungen in den USA im letzten Jahr zu verzeichnen hatten - nämlich 4,6 Prozent - wird berichtet, wie auch die renommiertesten Tageszeitungen in den USA, wie etwa die WASHINGTON POST, CHICAGO TRIBUNE und die LOS ANGELES TIMES in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Und sie werden nun noch einmal durch den rezessionsbedingten Rückgang im Anzeigengeschäft verschärft werden.
Die Reichen als Retter?
Doch es besteht Hoffnung. Jedenfalls nach Auffassung der ZEIT: Die Reichen könnten sich als Wohltäter eine Zeitung leisten.
Auf Deutschland übertragen würde das dann wohl heißen: Frau Klatten, tun Sie Gutes. Kaufen Sie eine Tageszeitung, die ihnen zwar nur Verluste aber auf der anderen Seite viel Prestige einbringt.
Verständlich, dass eine solche Tageszeitung nichts über die dunklen Seiten der Quandts wie die AFA und das KZ Stoecken berichten würde und natürlich auch nichts Negatives über BMW.
Als besonders lobenswertes Beispiel aus den USA wird Rupert Murdoch herausgehoben.
Murdoch? Der Mann, der bisher eher als Totengräber des unabhängigen Qualitätsjournalismus in Erscheinung trat. Hat sich hier jemand vom Saulus zum Paulus gewandelt? Im Artikel heißt es wörtlich:
"Zur Überraschung vieler Beobachter ist auch einer in den Kreis der Milliardäre, die viel Geld in guten Journalismus stecken, getreten, den dort niemand vermutet hätte: Rupert Murdoch. Der Medienunternehmer hatte das Wall Street Journal vor einem Jahr übernommen und seither sogar neue Journalisten eingestellt."
Murdoch und der Qualitätsjournalismus
Im Film "Outfoxed"wird nur allzu deutlich dokumentiert, dass Murdoch mit unabhängigem Qualitätsjournalismus noch nie etwas am Hut hatte. Die Redakteure seiner Medien haben lediglich die Freiheit, die Linie umzusetzen, die er, seine "Apparatschicks" und seine Chefredakteure vorgeben.
Murdochs Eingriffe in die Redaktion ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Verlegerleben, bis zum heutigen Tage. Das soll jetzt beim Wall Street Journal alles anders sein?
Das Wall Street Journal, 1882 von den Finanzreportern Charles Dow und Edward Jones gegründet, war im Jahre 1981 die größte Zeitung in den USA. Die Bancroft Familie, Besitzer des WSJ seit Jahrzehnten, mischten sich nicht in die Redaktion ein. Selbst dann nicht, als der Gewinn fiel und die Aktie abstürzte. Die Auflage lag schließlich bei 2,1 Millionen, nach USA TODAY immer noch die zweitgrößte Zeitung der USA.
Für 5,6 Milliarden Dollar – nahezu dem Doppelten des Marktpreises - kaufte Murdoch vor einem Jahr das Prestigeobjekt.
Die von der Familie Bancroft beim Verkauf verlangten und von Murdoch zugestandenen Sicherungen, zu denen unter anderem ein unabhängiger Redaktionsausschuss ("Special Committee") zählte und die journalistische Unabhängigkeit und Kontinuität erhalten sollten, wurden von Murdoch nach dem Kauf des WSJ bei der Bestellung eines neuen Chefredakteurs glatt übergangen.
Der bisherige Chefredakteur Marcus Brauchli wurde von Murdoch einfach herausgedrängt und durch Murdochs Spezi Robert Thomson ersetzt. Thomson hatte sich für Murdoch bereits bestens bewährt, als er die britische TIMES - einstmals durch Seriosität bekannt - durch Umwandlung in ein Boulevardblatt profitabel gemacht hatte.
Nun gibt Thomson die Linie vor, der sich die Redakteure unterzuordnen haben. Von wegen "Hochhalten des unabhängigen Qualitätsjournalismus". Den hat es bei Murdoch weder zu seiner Zeit in Australien noch bei der TIMES, der NEW YORK POST, dem Massenbaltt SUN und schon gar nicht bei FOX gegeben.
Und so heißt es dann auch in einem Artikel der Schweizer Zeitung BILANZ vom 6. Juni 2008:
"Als Pakt mit dem Teufel sahen viele (Redakteure) Murdochs Einstieg. Sie können ihren Job behalten, aber sie mögen ihn nicht mehr wie zuvor."
Murdoch bläst zum Angriff
Murdoch greift mit der Änderung des Blattes, das jetzt über mehr Nachrichten, Sport und eine wöchentliche Magazinausgabe vefügt, auch die ehrwürdige NEW YORK TIMES an. Dies hat zumindest der neue Chefredakteur Thomson schon durchblicken lassen:.
"Die NEW YORK TIMES wird nicht mehr der Standard des amerikanischen Journalismus sein",
sagte Thomson an seinem ersten Arbeitstag. Jene liberale Zeitung, die immer wieder aufdeckte, wie Murdoch insbesondere mit seinem News-Channel "Fox News" übelste Meinungsmanipulation betrieb. Die NYT soll offenbar sturmreif geschossen werden.
Murdoch kann, im Gegensatz zur NYT, dank seines immensen Reichtums mit dem WSJ durchaus auch eine längere Durststrecke ohne Gewinne problemlos überbrücken.
Und während das WALL STREET JOURNAL nach der Neuausrichtung der Auflage leicht zulegte, verlor die NEW YORK TIMES mehr als 3,8 Prozent an Auflage. An Wochenenden liegt der Verlust sogar bei fast 10 Prozent.
All das verschweigt der ZEIT- Artikel. Kein Ruhmesblatt also. Denn einen solchen, oberflächlichen Journalismus, der jegliche Tiefe meidet, den finden wir inzwischen allzuoft in den Tageszeitungen. Er sollte eigentlich bei der Wochenzeitung ZEIT nichts zu suchen haben. Eigentlich...!
E-Mail avpaleske@botsnet.bw
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onlinedienst - 29. Dez, 18:05 Article 5864x read