Netzwerk-Multi-Level- Marketing : (K)ein Ausweg aus Arbeitslosigkeit und Finanznot?
Dr. Alexander von Paleske - 12.1. 2009 -- Die aus der Finanzkrise geborene Wirtschaftskrise bedeutet die erneute Zunahme der Arbeitslosigkeit, und damit für Arbeitslose die Suche nach neuen Einkommensmöglichkeiten.
Da der Stellenmarkt aber nicht mehr hergibt, im Gegenteil, Entlassungen anstehen geht also für viele die Suche nach Alternativen los. Und da bieten sich seit Jahren schon sogenannte Netzwerke oder Multi-Level- Marketing- Firmen an. Ausgezeichnete Verdiensmöglichkeiten werden versprochen. Doch sind diese Versprechungen wirklich zutreffend?
Multi-Level Marketing (MLM) oder Netzwerk- Marketing besteht im Wesentlichen aus dem Direktverkauf von Produkten, meistens Haushaltsmitteln, Körperpflegemitteln oder Produkten für das „Gesündere Leben“ also all das, was es auch im Supermarkt oder in der Drogerie um die Ecke zu kaufen gibt.
Damit lässt sich bestenfalls, wenn überhaupt, nur ein bescheidenes Nebeneinkommen erzielen. Und zwar auch nur dann, wenn der Produktverkauf nicht nur die Kosten deckt.
Der alleinige Direktverkauf ist bei einer nicht geringen Zahl von MLM Firmen aber nur der eine Teil, bei manchen der unbedeutendere. Bei diesen Firmen liegt der klare Schwerpunkt auf der Gewinnung neuer Verkäufer.
Vertrauensbasis als Türöffner
Und für den neugewonnenen Netzwerker gibt es als Kunden erst einmal nur den Freundes-und Bekanntenkreis. Die Vertrauensbasis, die zwischen Freunden und engen Bekannten besteht, soll für den Vetrieb nutzbar gemacht werden, die nichtmerkantile Freundschaftsbeziehung wird sozusagen verdinglicht.
Aber nicht nur als Konsumenten der oftmals teuren bis sehr teuren Produkte sollen die Freunde und Bekannten dienen, sondern selbst zu Verkäufern werden, und dann wiederum selbst Verkäufer finden und so weiter. Man selbst wird damit – Erfolg vorausgesetzt - zu einem Zwischenverkäufer erster Ordnung, dann zweiter Ordnung und dann dritter Ordnung, steigt damit in der Hierarchie und den damit verbundenen besseren Verdienstmöglichkeiten auf.
Schneebälle oder nicht?
Aber handelt es sich damit nicht um ein verbotenes Schneeballsystem?
Nein, ein illegales Schneeballsystem wäre es nur, wenn die Mitglieder für das Werben neuer Verkäufer mehr Geld erhalten würden, als für den Verkauf der Produkte. Und so vermeiden alle Firmen peinlich diese Grenze zu überschreiten und sich in das Minenfeld illegaler Geschäfte zu begeben.
Und deshalb schaffen sie es, sich juristisch erfolgreich gegen derartige Vorwürfe zur Wehr zu setzen.
Das Hickhack ob Schneeballsystem oder nicht, lenkt von der Frage ab: Kann man für seinen Einsatz ein angemessenes zusätzliches Einkommen erreichen oder nicht?
In einem Gerichtsverfahren in Grossbritannien wurde offenbar vorgetragen, und unter Beweis gestellt, dass dort nur 90 von 33.000 Netzwerkern der weltweit grössten MLM-Firma AMWAY
ein Einkommen erzielten, das nicht nur die Kosten deckte, sondern als einträgliches Geschäft bezeichnet werden konnte.
Das sind weniger als 1%.
Ein unermüdlicher Streiter gegen Verkäufer-Rekrutierungs MLM’s, Robert L. Fitzpatrick, bestätigt offenbar diese Zahlen
Sein Verdikt sieht zusammengefasst so aus:
- Die Rekrutierung von Netzwerkern in diesen Firmen
ähnele offenbar einem Pyramiden-Schema
- 99% der Netzwerker verdienten netto weniger als 10
US Dollar pro Woche
- Die Totalverluste der „Fusssoldaten“ beziffert er auf
rund 5 Milliarden US Dollar pro Jahr
-84% der Kommissionsgelder gingen an 1% der
Netzwerker
-60% aller Netzwerker seien neu rekrutiert was auf
einen hohen „Turnover“ schliessen liesse
- 60-90% der Netzwerker gäben früher oder später auf
Die Konsumenten der Artikel sind nach seinen Feststellungen bei diesen speziellen MLM’s fast ausschliesslich die Netzwerker selbst, es gebe keinen eigentlichen nenneswerten Markt ausserhalb der Netzwerker, was zu immer neuer Rekrutierung von Verkäufer-Konsumenten zwinge.
.
Der Netzwerker – und seine Dienste
Der NetzwerkerIn am Fuss der Hierarchie ist in einer Person: Verkäufer, Lagerist, Auslieferer, Berater, Acquisiteur, Werber, Partylöwe.
Die Waschmittel, Zahnpastas und anderes bekommt der NetzwerkerIn von der Firma direkt oder über Distributoren, die eigene Wohnung wird gleichzeitig Lagerraum.
Die Auslieferung der Produkte im eigenen PKW selbstverständlich auf eigene Kosten.
Parties und geselliges Zusammensein mit den potentiellen neuen Netzwerkern, ebenfalls auf eigene Kosten.
„Weiterbildungsmaterial“ der Firmen, gegen Entgelt , also ebenfalls auf eigene Kosten.
Nicht zu vergessen, die regelmässigen Firmenveranstaltungen mit Essen - auch auf eigene Kosten
Und dort geht es bei vielen MLM-Firmen richtig hoch her. Dort treten „erfolgreiche“ Distributoren auf und erzählen der staunenden „Fangemeinde“ wieviel Geld sie gemacht haben, was sie sich jetzt alles leisten konnten, Rolex am Arm, teures Auto vor der Tür, eigenes Haus. Money go!
Es wird eine Hochstimmung erzeugt, wie bei einer Happy- Clapper-Sekte, eine ansteckende Hochstimmung, die den Netzwerker zu weiterer Arbeit antreibt, bis er schliesslich in grosser Zahl das Handtuch wirft.
Eine ganze Reihe von Kommentaren frustrierter ehemaliger Netzwerker, diesmal von der MLM Firma HERBALIFE, findet sich hier
Materieller und immaterieller Schaden
Nun bräuchte uns das nicht weiter zu interessieren, wenn jemand, sagen wir nach einigen Wochen, merkt, es läuft nicht. „Versucht und nicht geklappt“.
Aber das läuft bei vielen MLMs mit Verkäufergewinnung leider nicht so. Der Schaden sowohl emotional wie finanziell ist nicht selten beträchtlich.
Neben den finanziellen Verlusten gehen durch die Verdinglichung der Freundschaftsbeziehungen nicht selten auch auch lange Freundschaften in die Brüche, und der Netzwerker, der ein Jahr oder noch länger dranbleibt, getrieben von dem Ehrgeiz es irgendwie zu schaffen, wird verständlicherweise versuchen, Druck auf seine Freunde auszuüben, seine Freundschaften nur auf den Gesichtspunkt der Nützlichkeit für sein Geschäft reduzieren. Und er wird, nachdem er viel Zeit und Aufwand in dieses „Unternehmen“ gesteckt hat, finanziell ebenfalls schlechter dastehen:. Geld weg, Freundschaft weg, Hoffnung weg.
Dies beschreibt ausführlich Eric Scheibeler in seinem Buch „Merchants of Deception“.
Und Eric Scheibeler war nicht jemand, der irgendwo unten es mal versucht hat. Nein, er hatte es in der Hierarchie der MLM Firma AMWAY weit nach oben gebracht, bis zum „Emerald-Dealer“. Nach 10 Jahren seiner Mitwirkung bei Amway stieg er schliesslich aus und fasste seine betrüblichen Erfahrungen in Buchform zusammen.
Was nach einem Ausstieg bleibt ist oftmals, neben dem Verlust von Freundschaften, das Gefühl des persönlichen Versagens, mit dem der Netzwerker alleingelassen ist.
Ein Versagensgefühl, dass sich aufpfropft auf das durch Arbeitslosigkeit und die vielen erfolglosen Bewerbungen oftmals ohnehin schon angeschlagene Selbstwertgefühl.
MLM global
Auch in Ländern der Dritten Welt sind diese Firmen mittlerweile aktiv, beispielsweise hier in Botswana.
So konnte ich feststellen, dass eine ganze Reihe von Aerzten und Krankenschwestern versuchen, sich damit ein Nebeneinkommen zu verschaffen.
Im Jahre 2005 brachte die lokale Wochenzeitung „Sunday Standard" einen investigativen Bericht darüber.
Dabei kommt in diesen Ländern noch dazu, dass diese Produkte nicht nur teuer sind, sondern mit den knappen Devisen importiert werden, und in diesen Ländern Produkte wie Wasch- und Reinigungsmittel oftmals lokal produziert werden, für die daher nicht die knappen Devisen ausgegeben werden müssen.
E-Mail avonpaleske@yahoo.de
Da der Stellenmarkt aber nicht mehr hergibt, im Gegenteil, Entlassungen anstehen geht also für viele die Suche nach Alternativen los. Und da bieten sich seit Jahren schon sogenannte Netzwerke oder Multi-Level- Marketing- Firmen an. Ausgezeichnete Verdiensmöglichkeiten werden versprochen. Doch sind diese Versprechungen wirklich zutreffend?
Multi-Level Marketing (MLM) oder Netzwerk- Marketing besteht im Wesentlichen aus dem Direktverkauf von Produkten, meistens Haushaltsmitteln, Körperpflegemitteln oder Produkten für das „Gesündere Leben“ also all das, was es auch im Supermarkt oder in der Drogerie um die Ecke zu kaufen gibt.
Damit lässt sich bestenfalls, wenn überhaupt, nur ein bescheidenes Nebeneinkommen erzielen. Und zwar auch nur dann, wenn der Produktverkauf nicht nur die Kosten deckt.
Der alleinige Direktverkauf ist bei einer nicht geringen Zahl von MLM Firmen aber nur der eine Teil, bei manchen der unbedeutendere. Bei diesen Firmen liegt der klare Schwerpunkt auf der Gewinnung neuer Verkäufer.
Vertrauensbasis als Türöffner
Und für den neugewonnenen Netzwerker gibt es als Kunden erst einmal nur den Freundes-und Bekanntenkreis. Die Vertrauensbasis, die zwischen Freunden und engen Bekannten besteht, soll für den Vetrieb nutzbar gemacht werden, die nichtmerkantile Freundschaftsbeziehung wird sozusagen verdinglicht.
Aber nicht nur als Konsumenten der oftmals teuren bis sehr teuren Produkte sollen die Freunde und Bekannten dienen, sondern selbst zu Verkäufern werden, und dann wiederum selbst Verkäufer finden und so weiter. Man selbst wird damit – Erfolg vorausgesetzt - zu einem Zwischenverkäufer erster Ordnung, dann zweiter Ordnung und dann dritter Ordnung, steigt damit in der Hierarchie und den damit verbundenen besseren Verdienstmöglichkeiten auf.
Schneebälle oder nicht?
Aber handelt es sich damit nicht um ein verbotenes Schneeballsystem?
Nein, ein illegales Schneeballsystem wäre es nur, wenn die Mitglieder für das Werben neuer Verkäufer mehr Geld erhalten würden, als für den Verkauf der Produkte. Und so vermeiden alle Firmen peinlich diese Grenze zu überschreiten und sich in das Minenfeld illegaler Geschäfte zu begeben.
Und deshalb schaffen sie es, sich juristisch erfolgreich gegen derartige Vorwürfe zur Wehr zu setzen.
Das Hickhack ob Schneeballsystem oder nicht, lenkt von der Frage ab: Kann man für seinen Einsatz ein angemessenes zusätzliches Einkommen erreichen oder nicht?
In einem Gerichtsverfahren in Grossbritannien wurde offenbar vorgetragen, und unter Beweis gestellt, dass dort nur 90 von 33.000 Netzwerkern der weltweit grössten MLM-Firma AMWAY
ein Einkommen erzielten, das nicht nur die Kosten deckte, sondern als einträgliches Geschäft bezeichnet werden konnte.
Das sind weniger als 1%.
Ein unermüdlicher Streiter gegen Verkäufer-Rekrutierungs MLM’s, Robert L. Fitzpatrick, bestätigt offenbar diese Zahlen
Sein Verdikt sieht zusammengefasst so aus:
- Die Rekrutierung von Netzwerkern in diesen Firmen
ähnele offenbar einem Pyramiden-Schema
- 99% der Netzwerker verdienten netto weniger als 10
US Dollar pro Woche
- Die Totalverluste der „Fusssoldaten“ beziffert er auf
rund 5 Milliarden US Dollar pro Jahr
-84% der Kommissionsgelder gingen an 1% der
Netzwerker
-60% aller Netzwerker seien neu rekrutiert was auf
einen hohen „Turnover“ schliessen liesse
- 60-90% der Netzwerker gäben früher oder später auf
Die Konsumenten der Artikel sind nach seinen Feststellungen bei diesen speziellen MLM’s fast ausschliesslich die Netzwerker selbst, es gebe keinen eigentlichen nenneswerten Markt ausserhalb der Netzwerker, was zu immer neuer Rekrutierung von Verkäufer-Konsumenten zwinge.
.
Der Netzwerker – und seine Dienste
Der NetzwerkerIn am Fuss der Hierarchie ist in einer Person: Verkäufer, Lagerist, Auslieferer, Berater, Acquisiteur, Werber, Partylöwe.
Die Waschmittel, Zahnpastas und anderes bekommt der NetzwerkerIn von der Firma direkt oder über Distributoren, die eigene Wohnung wird gleichzeitig Lagerraum.
Die Auslieferung der Produkte im eigenen PKW selbstverständlich auf eigene Kosten.
Parties und geselliges Zusammensein mit den potentiellen neuen Netzwerkern, ebenfalls auf eigene Kosten.
„Weiterbildungsmaterial“ der Firmen, gegen Entgelt , also ebenfalls auf eigene Kosten.
Nicht zu vergessen, die regelmässigen Firmenveranstaltungen mit Essen - auch auf eigene Kosten
Und dort geht es bei vielen MLM-Firmen richtig hoch her. Dort treten „erfolgreiche“ Distributoren auf und erzählen der staunenden „Fangemeinde“ wieviel Geld sie gemacht haben, was sie sich jetzt alles leisten konnten, Rolex am Arm, teures Auto vor der Tür, eigenes Haus. Money go!
Es wird eine Hochstimmung erzeugt, wie bei einer Happy- Clapper-Sekte, eine ansteckende Hochstimmung, die den Netzwerker zu weiterer Arbeit antreibt, bis er schliesslich in grosser Zahl das Handtuch wirft.
Eine ganze Reihe von Kommentaren frustrierter ehemaliger Netzwerker, diesmal von der MLM Firma HERBALIFE, findet sich hier
Materieller und immaterieller Schaden
Nun bräuchte uns das nicht weiter zu interessieren, wenn jemand, sagen wir nach einigen Wochen, merkt, es läuft nicht. „Versucht und nicht geklappt“.
Aber das läuft bei vielen MLMs mit Verkäufergewinnung leider nicht so. Der Schaden sowohl emotional wie finanziell ist nicht selten beträchtlich.
Neben den finanziellen Verlusten gehen durch die Verdinglichung der Freundschaftsbeziehungen nicht selten auch auch lange Freundschaften in die Brüche, und der Netzwerker, der ein Jahr oder noch länger dranbleibt, getrieben von dem Ehrgeiz es irgendwie zu schaffen, wird verständlicherweise versuchen, Druck auf seine Freunde auszuüben, seine Freundschaften nur auf den Gesichtspunkt der Nützlichkeit für sein Geschäft reduzieren. Und er wird, nachdem er viel Zeit und Aufwand in dieses „Unternehmen“ gesteckt hat, finanziell ebenfalls schlechter dastehen:. Geld weg, Freundschaft weg, Hoffnung weg.
Dies beschreibt ausführlich Eric Scheibeler in seinem Buch „Merchants of Deception“.
Und Eric Scheibeler war nicht jemand, der irgendwo unten es mal versucht hat. Nein, er hatte es in der Hierarchie der MLM Firma AMWAY weit nach oben gebracht, bis zum „Emerald-Dealer“. Nach 10 Jahren seiner Mitwirkung bei Amway stieg er schliesslich aus und fasste seine betrüblichen Erfahrungen in Buchform zusammen.
Was nach einem Ausstieg bleibt ist oftmals, neben dem Verlust von Freundschaften, das Gefühl des persönlichen Versagens, mit dem der Netzwerker alleingelassen ist.
Ein Versagensgefühl, dass sich aufpfropft auf das durch Arbeitslosigkeit und die vielen erfolglosen Bewerbungen oftmals ohnehin schon angeschlagene Selbstwertgefühl.
MLM global
Auch in Ländern der Dritten Welt sind diese Firmen mittlerweile aktiv, beispielsweise hier in Botswana.
So konnte ich feststellen, dass eine ganze Reihe von Aerzten und Krankenschwestern versuchen, sich damit ein Nebeneinkommen zu verschaffen.
Im Jahre 2005 brachte die lokale Wochenzeitung „Sunday Standard" einen investigativen Bericht darüber.
Dabei kommt in diesen Ländern noch dazu, dass diese Produkte nicht nur teuer sind, sondern mit den knappen Devisen importiert werden, und in diesen Ländern Produkte wie Wasch- und Reinigungsmittel oftmals lokal produziert werden, für die daher nicht die knappen Devisen ausgegeben werden müssen.
E-Mail avonpaleske@yahoo.de
onlinedienst - 12. Jan, 18:27 Article 5538x read