Welt-Tuberkulose Tag - eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch
Dr. Alexander von Paleske --- 24.3. 2009 ----- Heute ist Welt-Tuberkulose Tag. 9,27 Millionen Menschen waren weltweit an im Jahre 2007 an Tuberkulose erkrankt.
In Europa leiden 445.000 Menschen an Tuberkulose mit etwa 55.000 Todesfällen im Jahre 2005. In der Dritten Welt sterben 1,5 Millionen Menschen jährlich an TB,
Tuberkelbakterien (rot) im Lymphknotenpunktat von einem HIV-positiven Patienten. Mikroskopfotos: Dr. v. Paleske
Wirksame Medikamente versagen
Die Geißel Tuberkulose kann erst seit 55 Jahren wirksam mit Medikamenten behandelt werden. Aber Resistenzen werden nun zunehmend beobachtet.
Thomas Mann beschreibt in seinem Buch "Zauberberg" anschaulich, wie die Tuberkukose ehemals mit Liegekuren, kalorienreicher Ernährung und einseitigem Lungenkollaps höchst unzureichend behandelt wurde.
In den 60er und 70er Jahren kam es dann – jedenfalls in Europa - zu einem weitgehenden Rückgang dieser Erkrankung, von Alkoholikern, Obdachlosen und Immunsupprimierten einmal abgesehen, die nach wie vor häufig betroffen blieben.
Auch in der Dritten Welt wurde die Tuberkulose dank des Einsatzes wirksamer Medikamente erfolgreich bekämpft und ging in vielen Regionen kontinuierlich zurück. Das hat sich mittlerweile völlig geändert.
Insbesondere in Afrika ist es zu einem dramatischen Anstieg der Tuberkuloseerkrankungen gekommen. Der Grund: Die Immunschwächeerkrankung HIV/AIDS. Als weitere begünstigende Faktoren kommen Mangelernährung und Erkrankungen wie Diabetes hinzu.
Der Zusammenbruch des Immunsystems als Folge der HIV-Erkrankung macht den Körper wehrlos gegen Infektionskrankheiten.
Entweder kommt es zu einer Reaktivierung der nach einer früher durchgemachten TB Infektion noch im Körper vorhandenen, jedoch normalerweise von einem intakten Immunsystem in Schach gehaltenen Tuberkelbakterien, oder aber von außen zu einer Neuinfektion.
In Südafrika ist die Tuberkulose mittlerweile die häufigste Todesursache der HIV-Krankheit.
Regelmässige Medikamenteneinnahme erforderlich
Die Tuberkulose kann medikamentös nur erfolgreich bekämpft werden, wenn die Medikamente absolut regelmässig und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten eingenommen werden.
Erfahrungen hier vor Ort zeigen jedoch, das diese Prämissen kaum zu erreichen sind, wenn der Patient mit den Medikamenten für jeweils einen Vierwochen-Zeitraum versorgt wird. Es hat sich gezeigt, dass dann die Medikamente in vielen Fällen nicht regelmäßig eingenommen werden und sich als Folge Resistenzen unter der Therapie bilden.
Somit bleibt nur die überwachte tägliche Einnahme (DOT) und setzt ein organisiertes Gesundheitssystem mit vielen lokalen Kliniken voraus. Doch genau daran mangelt es in vielen Ländern, selbst in Schwellenländern wie beispielsweise Südafrika.
MDR und XDR
Die Folgen einer unregelmäßigen Einnahme zeigen sich in zwei Resistenz-Typen: zum einen in der Multidrugresistenz (MDR), die Tuberkulosemedikamente erster Wahl wirkungslos macht und zur Umstellung auf (teure) Medikamente der zweiten Wahl zwingt.
Zum anderen in einer völligen Resistenz (XDR), gegen die keine wirksamen Medikamnte mehr verfügbar sind.
Folgen der XDR-Resistenz sind der Tod des Patienten, der in mehr als 95 Prozent aller Fälle innerhalb von wenigen Wochen eintritt.
Zwischen 2001 und 2006 haben 81 Länder MDR- Tuberkulosefälle an die WHO gemeldet. Im Jahre 2006 allein 490.000 Fälle.
Am stärksten betroffen ist Russland, wo MDR bereits 19% aller Tuberkulosefälle betrifft. In den Gefängnissen sind es rund 50%. 7% der MDR- Fälle in Russland sind tatsächlich XDR.
Eine Katastrophe, die sich anbahnt.
Im Jahre 2006 meldeten 45 Länder Fälle von XDR-Tuberkulose.
Weltweit wurden im gleichen Jahre 2006 bei untersuchten Proben in zwei Prozent der Fälle eine XDR festgestellt.
Südafrika ist dabei Spitzenreiter mit allein 200 Fällen in der Problemprovinz KwaZulu-Natal. In dem Ort Tugela Ferry waren es 24% aller TB Fälle. Im Jahre 2012 könnten 25% aller stationären Aufnahmen in ländlichen Gebieten XDR-Tuberkulose sein. Eine Horrorvision.
Die Ansteckung findet dabei vorwiegend im Krankenhaus und zu Hause statt.
Während in Europa derartige Patienten strikt isoliert werden, liegen sie in Südafrika - aber nicht nur dort - oftmals auf einer internistischen Allgemeinstation und stecken weitere Patienten, Besucher und das Krankenhauspersonal an.
Die weitere Frage drängt sich auf: Wohin sollen die XDR-Patienten entlassen werden? Rufe nach einer Zwangsisolierung werden laut,.
Keine wirklich neuen Medikamente in Aussicht
Zwar gibt es immer wieder Meldungen von neuen Medikamenten für die Behandlung der Tuberkulose, aber bisher ist noch kein wirklich neues Medikament auf dem Markt erschienen oder in Studien getestet..
Zweifelhafte Prophylaxe
Hier in Botswana wird auf Vorschlag und mit Billigung des Centers for Disease Control (CDC) in Atlanta/USA jeder HIV-positive Patient für eine bestimmte Zeit prophylaktisch mit einem einzigen TB-Medikament, INH, behandelt.
Eine nicht ungefährliche Vorgehensweise, da auch eine ganze Reihe von Patienten bereits (unerkannt) an Tuberkulose leiden und dann zügig resistent gegen eines der wichtigsten Medikamente zur Behandlung der TB werden können.
Globale Finanzkrise und ihre Auswirkungen
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise fördert Verarmung und verknappt Forschungsmittel.
Mittel zur Erforschung neuer Wege der TB-Behandlung, also die Entwicklung neuer Medikamente sind dringend und überfällig.
Angesichts der globalen Wirtschaftskrise wird es jedoch zu einer völlig gegenläufigen Entwick;lung kommen.
Während Hunderte von Millliarden US- Dollar in das marode Bankensystem gepumpt werden, werden mehr Menschen in die absolute Armut abgleiten, der ideale Nährboden für Tuberkulose.
20 Millionen mehr für 1% weniger
Für jeden Prozentpunkt Absinken des Weltwirtschaftswachstums wird mit 20 Millionen zusätzlichen Armen gerechnet, wie die hochangesehene Medizinzeitung LANCET vorrechnet.
Nicht vergessen werden sollte, dass in 23 Ländern 30% und mehr des Budgets für das Gesundheitswesen fremdfinanziert ist, also durch sogenannte „Geberländer", die aber nun ihr Geld vornehmlich in die Banken und in die Wirtschaft pumpen.
Mehr Menschen werden nun nicht in der Lage sein, sich selbst die preiswertesten Medikamente zu leisten.
Keine guten Aussichten am Welt-Tuberkulose Tag.
In Europa leiden 445.000 Menschen an Tuberkulose mit etwa 55.000 Todesfällen im Jahre 2005. In der Dritten Welt sterben 1,5 Millionen Menschen jährlich an TB,
Tuberkelbakterien (rot) im Lymphknotenpunktat von einem HIV-positiven Patienten. Mikroskopfotos: Dr. v. Paleske
Wirksame Medikamente versagen
Die Geißel Tuberkulose kann erst seit 55 Jahren wirksam mit Medikamenten behandelt werden. Aber Resistenzen werden nun zunehmend beobachtet.
Thomas Mann beschreibt in seinem Buch "Zauberberg" anschaulich, wie die Tuberkukose ehemals mit Liegekuren, kalorienreicher Ernährung und einseitigem Lungenkollaps höchst unzureichend behandelt wurde.
In den 60er und 70er Jahren kam es dann – jedenfalls in Europa - zu einem weitgehenden Rückgang dieser Erkrankung, von Alkoholikern, Obdachlosen und Immunsupprimierten einmal abgesehen, die nach wie vor häufig betroffen blieben.
Auch in der Dritten Welt wurde die Tuberkulose dank des Einsatzes wirksamer Medikamente erfolgreich bekämpft und ging in vielen Regionen kontinuierlich zurück. Das hat sich mittlerweile völlig geändert.
Insbesondere in Afrika ist es zu einem dramatischen Anstieg der Tuberkuloseerkrankungen gekommen. Der Grund: Die Immunschwächeerkrankung HIV/AIDS. Als weitere begünstigende Faktoren kommen Mangelernährung und Erkrankungen wie Diabetes hinzu.
Der Zusammenbruch des Immunsystems als Folge der HIV-Erkrankung macht den Körper wehrlos gegen Infektionskrankheiten.
Entweder kommt es zu einer Reaktivierung der nach einer früher durchgemachten TB Infektion noch im Körper vorhandenen, jedoch normalerweise von einem intakten Immunsystem in Schach gehaltenen Tuberkelbakterien, oder aber von außen zu einer Neuinfektion.
In Südafrika ist die Tuberkulose mittlerweile die häufigste Todesursache der HIV-Krankheit.
Regelmässige Medikamenteneinnahme erforderlich
Die Tuberkulose kann medikamentös nur erfolgreich bekämpft werden, wenn die Medikamente absolut regelmässig und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten eingenommen werden.
Erfahrungen hier vor Ort zeigen jedoch, das diese Prämissen kaum zu erreichen sind, wenn der Patient mit den Medikamenten für jeweils einen Vierwochen-Zeitraum versorgt wird. Es hat sich gezeigt, dass dann die Medikamente in vielen Fällen nicht regelmäßig eingenommen werden und sich als Folge Resistenzen unter der Therapie bilden.
Somit bleibt nur die überwachte tägliche Einnahme (DOT) und setzt ein organisiertes Gesundheitssystem mit vielen lokalen Kliniken voraus. Doch genau daran mangelt es in vielen Ländern, selbst in Schwellenländern wie beispielsweise Südafrika.
MDR und XDR
Die Folgen einer unregelmäßigen Einnahme zeigen sich in zwei Resistenz-Typen: zum einen in der Multidrugresistenz (MDR), die Tuberkulosemedikamente erster Wahl wirkungslos macht und zur Umstellung auf (teure) Medikamente der zweiten Wahl zwingt.
Zum anderen in einer völligen Resistenz (XDR), gegen die keine wirksamen Medikamnte mehr verfügbar sind.
Folgen der XDR-Resistenz sind der Tod des Patienten, der in mehr als 95 Prozent aller Fälle innerhalb von wenigen Wochen eintritt.
Zwischen 2001 und 2006 haben 81 Länder MDR- Tuberkulosefälle an die WHO gemeldet. Im Jahre 2006 allein 490.000 Fälle.
Am stärksten betroffen ist Russland, wo MDR bereits 19% aller Tuberkulosefälle betrifft. In den Gefängnissen sind es rund 50%. 7% der MDR- Fälle in Russland sind tatsächlich XDR.
Eine Katastrophe, die sich anbahnt.
Im Jahre 2006 meldeten 45 Länder Fälle von XDR-Tuberkulose.
Weltweit wurden im gleichen Jahre 2006 bei untersuchten Proben in zwei Prozent der Fälle eine XDR festgestellt.
Südafrika ist dabei Spitzenreiter mit allein 200 Fällen in der Problemprovinz KwaZulu-Natal. In dem Ort Tugela Ferry waren es 24% aller TB Fälle. Im Jahre 2012 könnten 25% aller stationären Aufnahmen in ländlichen Gebieten XDR-Tuberkulose sein. Eine Horrorvision.
Die Ansteckung findet dabei vorwiegend im Krankenhaus und zu Hause statt.
Während in Europa derartige Patienten strikt isoliert werden, liegen sie in Südafrika - aber nicht nur dort - oftmals auf einer internistischen Allgemeinstation und stecken weitere Patienten, Besucher und das Krankenhauspersonal an.
Die weitere Frage drängt sich auf: Wohin sollen die XDR-Patienten entlassen werden? Rufe nach einer Zwangsisolierung werden laut,.
Keine wirklich neuen Medikamente in Aussicht
Zwar gibt es immer wieder Meldungen von neuen Medikamenten für die Behandlung der Tuberkulose, aber bisher ist noch kein wirklich neues Medikament auf dem Markt erschienen oder in Studien getestet..
Zweifelhafte Prophylaxe
Hier in Botswana wird auf Vorschlag und mit Billigung des Centers for Disease Control (CDC) in Atlanta/USA jeder HIV-positive Patient für eine bestimmte Zeit prophylaktisch mit einem einzigen TB-Medikament, INH, behandelt.
Eine nicht ungefährliche Vorgehensweise, da auch eine ganze Reihe von Patienten bereits (unerkannt) an Tuberkulose leiden und dann zügig resistent gegen eines der wichtigsten Medikamente zur Behandlung der TB werden können.
Globale Finanzkrise und ihre Auswirkungen
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise fördert Verarmung und verknappt Forschungsmittel.
Mittel zur Erforschung neuer Wege der TB-Behandlung, also die Entwicklung neuer Medikamente sind dringend und überfällig.
Angesichts der globalen Wirtschaftskrise wird es jedoch zu einer völlig gegenläufigen Entwick;lung kommen.
Während Hunderte von Millliarden US- Dollar in das marode Bankensystem gepumpt werden, werden mehr Menschen in die absolute Armut abgleiten, der ideale Nährboden für Tuberkulose.
20 Millionen mehr für 1% weniger
Für jeden Prozentpunkt Absinken des Weltwirtschaftswachstums wird mit 20 Millionen zusätzlichen Armen gerechnet, wie die hochangesehene Medizinzeitung LANCET vorrechnet.
Nicht vergessen werden sollte, dass in 23 Ländern 30% und mehr des Budgets für das Gesundheitswesen fremdfinanziert ist, also durch sogenannte „Geberländer", die aber nun ihr Geld vornehmlich in die Banken und in die Wirtschaft pumpen.
Mehr Menschen werden nun nicht in der Lage sein, sich selbst die preiswertesten Medikamente zu leisten.
Keine guten Aussichten am Welt-Tuberkulose Tag.
onlinedienst - 24. Mär, 20:54 Article 9644x read